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Reinlichkeit ist wenig die Rede. - Getragen werden die Kindlein auf dem Rücken in dem um den Leib befestigten Kaross. Sind sie es schon im Stande, so lässt man sie auch oft auf der Hüfte reiten, besonders beim Säugen. Oft wird dem Kinde, wenn es das Genick noch nicht steif halten kann, ein Riemen mehrmals um den Hals gewunden, damit der Kopf aufrecht bleibe. - Die Knaben werden, sobald sie dazu fähig sind, zum Hüten der Schafe und Ziegen angestellt; die Mädchen werden mit Aufsicht und Wartung ihrer jüngeren Geschwister beschäftigt. Die Hütejungen vergnügen sich im Felde mit Fechtübungen, zu welchen Schild und Stöcke dienen; sie üben sich auch im Werfen mit Wurfkeulen, stellen Jagden nach Hasen und kleinerem Wild an, stellen Sprenkel auf und legen Leimruthen u. s. w. Als Vogelleim dient die Frucht einer auf den Acacien wachsenden Mistel, welche einen sehr klebrigen Stoff enthält; mit letzterem werden Grashalme bestrichen und diese dann an Büschen befestigt, so dass die kleinen Vögel, die sich auf dieselben setzen, bangen bleiben. Die armen Vögelchen werden oft bei lebendigem Leibe gerupft, ebenso grausam ist man gegen die Heuschrecken. Dieselben werden lebendig auf eine Ruthe aufgespiesst und aneinander gereiht und so auf's Feuer zum Braten gelegt. Einmal sah ich auch, dass Knaben einen Igel gefangen und ihm einen Bindfaden ans Bein gebunden hatten. Sie liessen das Thierchen ein wenig laufen, dann rissen sie es an dem Bindfaden wieder zurück; an diesem brutalen Spiel hatten sie ihr grösstes Vergnügen. Ein besonderer Zeitvertreib der Knaben ist das schon erwähnte Formen von Thonfiguren. Die Mädchen vergnügen sich mit Springen über einen geschwungenen Riemen, sowie mit einem dem,Sautreiben" ähnlichen Spiel u. dgl., auch mit Tanzen; mit Bauen von Kraalen aus Sand, mit Formen von Töpfen u. s. w. Im vorgerückten Sommer, wenn ein gewisses Unkraut hochgeschossen ist, bauen sich die Kinder von Letzterem Hütten. Werden die Mädchen grösser, so müssen sie anfangen, sich am Holzholen und Wassertragen zu betheiligen. Haben sie das sogenannte „Backfischalter“, so müssen sie mit auf's Feld, um den Feldbau zu lernen. Auf diese Weise werden sie nach und nach für ihren künftigen weiblichen Beruf geschult.

Zur Einführung des jungen Volkes in den Kreis der Erwachsenen dient ein besonderer Act, das pollo; die Bedeutung desselben ist die Erklärung der weiblichen Reife. Für das männliche Geschlecht findet dabei die Beschneidung Statt. Pollo von volla (im Tzvana volola) heisst „Auszug“, weil die Betreffenden hinaus ins Feld ziehen. Das Verb wird im Tzoana auch für den Auszug zum Kriege gebraucht. Das pollo findet nicht jedes Jahr Statt und auch nicht zu gleicher Zeit für beide Geschlechter. Wer sich ihm nicht unterwerfen wollte, würde getödtet, zum mindesten verjagt werden. Alle, die zusammen das pollo durchgemacht, bilden eine vera, Kameradschaft. Jede oera hat einen bestimmten Ort. Dort wird vom naka die Beschneidung vollzogen. Wehe dem, der dabei Angst zeigt oder Zeichen des Schmerzes von sich gibt! Er erhält unbarmherzige Schläge mit Ruthen von dem beiwohnenden älteren Mannsvolke. Nach vollzogener Beschneidung wird die

gewöhnliche Bedeckung der Lenden, das kyésóa, nicht wieder angethan, sondern ein dem der Mädchen ähnlicher Schurz. Die Beschnittenen bleiben drei Monate im Felde, bis sie völlig heil sind. Währenddem vertreiben sie sich die Zeit mit Singen und Tanzen; ausserdem werden sie geschult“ von einem dazu gesetzten Aufseher (bei dem auch vorher die Anmeldung zur Theilnahme am pollo zu geschehen hat). Die Schulung betrifft die Einweihung in alles, was ein Mann zu beobachten hat. Bei derselben erhalten die Schüler von den sie besuchenden älteren Beschneidungsclassen oft unbarmherzige Schläge, die um so unbarmherziger sind, je mehr Einer Zeichen des Schmerzes von sich gibt. Ich habe sehr oft die dicken wulstigen Narben von Ruthenhieben gesehen, welche beim pollo empfangen worden waren. Eine bestimmte Zeit dürfen die Neubeschnittenen kein Wasser trinken. Harte Stäupe lohnt Uebertretung dieses Verbotes. Die Speise wird den Beschnittenen täglich von bestimmten männlichen Personen ins Feld getragen. Eine weibliche Person darf ihnen nicht nahen. Nach Verlauf von drei Monaten ziehen die Beschnittenen, mit einem neuen kyésoa angethan, nach Hause. - Das pollo der Mädchen hat mildere Formen. Sie ziehen in Begleitung ihrer Aufseherinnen nach einer Stelle am Wasser, wo es tiet genug zum Untertauchen ist. Dort müssen sie einen ins Wasser geworfenen Armring tauchend herausholen. Des Tages treiben sie sich im Felde umler, um für den weiblichen Beruf „geschult“ zu werden, daneben zu tanzen und zu singen; aber Nachts brauchen sie nicht im Felde zu bleiben; doch leben sie abgesondert. Sie schmieren sich mit Asche. An einem Orte sah ich, dass sie Flechten von Gras (ähnlich den Strohseilen) wie Shawls um Hals und Brust gewunden trugen und zwar über der Brust gekreuzt und auf dem Rücken zusammengebunden. In der Zeit ihres pollo darf ihnen keine männliche Person zu nahe kommen; sie wird sonst von den Aufseherinnen mit Ruthen durchgehauen. Das Weibervolk ist in der Zeit überhaupt wie unsinnig; sie nehmen Vermummungen vor, ziehen Männerkleidung an und tragen Waffen; am Mannsvolk üben sie allerhand Muthwillen, der in einzelnen Fällen bis zum Todschlag geht, der dann nicht geahndet wird. Die Mädchen des pollo nehmen während desselben bestimmte Waschungen am Wasser vor. Den Schluss von Allem macht ein Fest im Januar oder Februar, der Erntezeit der ersten grünen Feldfrüchte, zu dem die zuletzt beschnittenen Bursche eingeladen werden. Da gibt's Schmauserei, Tanzvergnügen und Unzucht. Ueber den Ursprung der Beschneidung geht unter den Sotho die Sage, es sei einmal Einer gekommen, der sie hätte bewegen wollen die Beschneidung anzunehmen. Da habe man sich erst vergewissern wollen, ob man nicht vom Beschneiden sterbe. Man habe also erst an einem Fremdling den Act probirt, und als man gesehen, dass es ihm nichts geschadet, habe man die Beschneidung eingeführt. Daher noch heut stets Jünglinge von andern Stämmen am pollo theilnähmen. Nach dieser Sage könnte die Beschneidung muhamedanischen Ursprunges sein, wofür auch spricht, dass sie bei manchen verwandten Stämmen nicht stattfindet. Wäre sie, wie wahrscheinlich andere, noch zu

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erwähnende Dinge, äthiopischen Ursprunges, dann würde die Sage davon ebensowenig wissen, als über den Ursprung eben dieser Dinge. Nur ein Umstand möchte für äthiopische Herkunft der Beschneidung bei den Sotho sprechen, nämlich dass in Nationalliedern die bildliche Benennung der Beschnittenen „nouna'-kõéna“ = „Crocodilskind", d. h. Crocodil, häufig vorkommt Doch könnte dies vielleicht auch nur auf die mit dem pollo verbundenen Waschungen Bezug haben.

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Wir gehen über zu den Gebräuchen in Betreff der Heirath. Weiber werden gekauft, doch wird dieser Kauf mit einem anderen Namen henannt, als der gewöhnliche, weil es kein Tauschhandel ist. Der Preis ist verschieden, je nach der Vornehmheit des Weibes, bis zu zehn Stück Rindvieh. Zuerst wird ein Angeld gezahlt (molomo= Mund), später das Uebrige. Die Mädchen werden oft schon als Kinder verkauft. Sobald der Handel ab. geschlossen, das molomo gezahlt und das Mädchen mannbar ist, erfolgt ohne Weiteres der eheliche Umgang; nur bleibt das Weib vorläufig noch zu Hause bei seinen Eltern bis zum Feste der Heimholung (xo veka). Zu diesem finden sich Verwandte und Bekannte ein, sonderlich die vera (Classengenossen) des Paares. Eine Schmauserei wird veranstaltet. Wenn man dann zuletzt des Nachts schlafen geht, begiebt sich das Paar nebst den kyonyana (Hochzeitsgesellen, Bursche und Mädchen) zusammen in eine dunkle Hütte, wo schändlicher Unzucht gefröhnt wird, die aber in diesem Falle legal ist. Ein zum Weibe erkauftes, noch nicht heimgeholtes Mädchen trägt eine kleine KalebassDose am Halse, die noana (Kind) genannt wird. Diese wird abgelegt, sobald nach der Heirath Schwangerschaft eintritt. Nach der Neigung eines Mädchens wird oft gar nicht gefragt; der Meistbietende erhält die Tochter. Es gibt aber auch Väter, die auf die Tochter Rücksicht nehmen. Ist ein Mann zu arm, um bald den Preis für sein Weib zu zahlen, so wird ihm etwa gestattet, nach Zahlung des molomo die Letztere heimzuholen. So lange er aber seine Schuld noch nicht getilgt hat, gehören seine Kinder nicht ihm, sondern dem Schwiegervater resp. dessen Erben. In Folge dieses alle Familienbande lockernden heidnischen Rechtes kommen Kinder oft in ganz fremde Hände. Auch bei den Sotho herrscht die Polygamie. Je nachdem einer vermögend ist, schafft er sich Weiber an. Bei Häuptlingen steigt, soweit meine Kenntniss reicht, deren Zahl etwa bis vierzig. Oft hat ein Häuptling schon eine Anzahl Weiber, aber noch keine „grosse" Frau, die ihm ebenbürtig ist, bis er endlich auch eine solche heimholt. Je mehr ein Weib Töchter gebiert, eine desto grössere Quelle des Reichthums wird sie für ihren Mann; denn je mehr Töchter, desto mehr Vieh, seinen Abgott, bekommt er einmal dafür. Kinder müssen überhaupt zur Bereicherung ihrer Eltern dienen. Was ein Sohn verdient, nehmen ihm seine Eltern nach Gefallen ab. Freilich haben Letztere auch die Verpflichtung, dem Sohne, wenn er alt genug ist, ein Weib zu kaufen. Je mehr Einer Weiber hat, desto mehr kann er Korn bauen und also auch auf diese Weise seine Wohlhabenheit erhöhen.

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Häuptlinge führen dafür, dass sie so viele Weiber nehmen, auch den Grund an, dass sie so viele Gäste zu bewirthen hätten. Was Scheidung zwischen Mann und Weib betrifft, so ist sie für Ersteren nicht schwierig; entlässt einfach das Weib; nur hat er für ihren Unterhalt zu sorgen, es wäre denn, dass sie vor Gericht für schuldig befunden würde oder sich anderweitig verheirathete; auch büsst er das gezahlte Vieh ein. Für das Weib ist Scheidung schwieriger. Gefällt's ihm nicht mehr bei seinem Manne, so läuft es wohl weg yon ihm, kann aber von ihrem Vater zur Rückkehr gezwungen werden, weil sonst dieser das für die Tochter erhaltene Vieh zurückzahlen müsste. Wo es zu definitiver Scheidung kommt und Kinder vorhanden sind. da fallen diese dem für unschuldig befundenen Theile zu. Bei so zerrütteten ehelichen Verhältnissen kann man nicht erwarten, dass unter dem Volke Keuschheit vorhanden. Die sovoro (die Unreifen) zwar noch nicht, aber die das pollo hinter sich haben, haben damit gleichsam einen Freibrief zur Unzucht. Um ein Hurenlohn (Perlen oder dgl.) ist ein Mädchen leicht feil. Doch darf ein solches nicht gebären; dies weiss man durch gewisse Mittel zu verhüten. Häuptlinge geben oft einem oder dem anderen ihrer Diener eins ihrer Weiber zur Concubine, die aber rechtlich des Häuptlings Weib bleibt; auch die in solchem Concubinat erzeugten Kinder gehören dem Häuptlinge. - Bei alledem sind die Sotho doch nicht so in Unzucht versunken, wie manche anderen heidnischen Nationen. Venerische Krankheit wie bei den Kora herrscht nicht unter ihnen; ich habe davon nur in solchen vereinzelten Fällen gehört, wo sie eingeschleppt war und sich auf das betreffende Individuum beschränkte.

Dass von eigentlichem Familienleben bei den Sotho nicht die Rede ist, ist unter den corrupten ehelichen Verhältnissen nicht zu verwundern. Charakteristisch hierfür ist, dass Kinder ihre Eltern auch bei ihren Eigennamen rufen. Doch nicht bloss die Eheverhältnisse sind hieran Schuld; auch die ein häusliches Familienleben unmöglich machende, zum Leben im Freien nöthigende und so eine grössere Zerstreuung der Familienglieder verursachende Bauart der Häuser hat ihren Antheil daran.

Noch ist zu erwähnen die Leviratsehe, die auch bei den Sotho stattfindet.

Von den Lebenden gehen wir nun zu den Todten. Ist Jemand gestorben, so wird um ihn die Todtenklage erhoben, die weithin schallt. Die Beerdigung geschieht sobald als möglich. Der Todte wird in hockender Stellung begraben; zu diesem Behute werden die Arme und Beine mit Riemen in der Art gebunden, dass der Todte die erforderliche Stellung einnimmt. Ist er schon steif geworden, so werden die hindernden Sehnen durchschnitten. Am liebsten begräbt man in der Nähe des Hauses, damit der Todte möglichst von der Wärme der Lebenden und ihrer Feuer sein Theil bekomme. Bei Häuptlingen muss das Vieh des Verstorbenen über dem Grabe schlafen, um ihn zu erwärmen. Das Zeichen der Trauer ist bei Erwachsenen eine etwa

thalergrosse Tonsur auf dem Scheitel, bei Kindern das Kahlscheeren des Kopfes. Ueberhaupt wird bei eingetretenem Todesfalle allen Familiengliedern das Haar beschoren, das abgeschnittene zu Kohle verbrannt, diese mit Fett zu einer Salbe verrieben, mit welcher dann die Leidtragenden eingeschmiert werden. Das älteste resp. grosse" Kind ist Universalerbe des Vaters, ausgenommen wenn es eine nach auswärts verheirathete Tochter ist. Da die meisten Töchter sich verheirathen, so ist in der Regel der „grosse" Sohn der Erbe. Nach dem Tode der Eltern ist derselbe auch der Vater" aller seiner jüngeren Geschwister, mit allen Rechten und Pflichten eines solchen.

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Was das Gebiet der Krankheiten betrifft, so herrschen bei den Sotho am meisten Ausschläge, sonderlich bei Kindern, und zwar sehr häufig um die Lenden. Auch haben die Kinder meist dicke Bäuche: Eigentlichen Aussatz habe ich nicht beobachtet, auch hat die Sprache keinen Namen dafür. Ohreneiterung habe ich öfter behandelt, einigemale auch Knochenfrass. Von epidemischen Ausschlagskrankheiten habe ich Masern, Schafpocken und echte Pocken gesehen. Man kennt auch eine Pockenimpfung, aber mit Menschenpockenlymphe. Sie geschieht am Knie. Häutige Bräune ist mir unter den Sotho nicht vorgekommen, aber Lungenentzündung häufig bei Kindern. An Lungenschwindsucht sterben manchmal ganze Familien aus. Sehr häufig sind Augenentzündungen, die oft den Verlust eines Auges zur Folge haben, daher man vielfach einäugige Leute sieht. Nachtblindheit ist mir verschiedene Male bei Weibern vorgekommen. Von Wahnsinnigen, die ich gesehen, lief die eine Person, ein grosses Frauenzimmer, schwatzend im Felde hin und her; eine andere, ein junger Mann, wurde mitunter durch Wuthanfälle gefährlich; eine dritte, ein Mann, der mit Mordversuchen drohte, wurde nur mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen umherlaufen gelassen. Liegt Jemand krank, so wird zum Zeichen dessen ein Holz quer vor die Thür gelegt, damit Niemand hineingehe. Bei Kopfweh wird dem Patienten ein schwacher Riemen fest um den Kopf gebunden; bei Halsweh oder Schwäche des Genickes windet man einen Riemen mehrmals um den Hals, damit der Patient den Kopf besser aufrecht halten könne. Zur Beseitigung örtlicher Leiden werden oft Hauteinschnitte gemacht, auch Arznei in letztere eingestreut. Gegen Rheumatismus wird Schröpfen angewandt. Dieses geschieht folgendermassen: Man macht Hauteinschnitte an dem leidenden Theile, setzt ein kleines Horn darauf, welches an der Spitze ein Loch hat, und saugt durch letzteres die Luft aus, so dass das Horn sich festsaugt und das Blut herausgezogen wird. Auf Wunden streut man ein grauröthliches Pulver von einer Wurzel oder Rinde dick auf. Bei Arm- und Beinbrüchen legt man Schienen von Rohrstäben an, die fest mit Bast umwunden werden. Wenn man nicht weiss, wo es einem Kranken fehlt, so wird eine gesunde Ziege genommen, mit dem Kopfe in ein Gefäss mit Wasser gesteckt, in welches letztere „Medicin" gethan worden. Ist die Ziege erstickt, so wird sie abgeschlachtet und

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