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eine ausserordentliche Aehnlichkeit mit jenen hat, welche Hensche aus den Gräbern bei Fürstenwalde und Bähr aus denen der Liven bei Aschenrade beschrieben hat; diese letzten Gräberfelder rühren aber aus einer relativ neuen Zeit her, nämlich aus dem 11. und 12. Jahrhundert nach Chr. Geb. und wir hätten demnach auch das Liebenthaler Grab nicht viel weiter zurückzusetzen. Was aber den kraniologischen Karakter der beiden Schädel K und L angeht, so haben dieselben sowohl in ihrer Form als auch in ihren Maassen eine ausserordentliche Verwandtschaft mit jenem Typus, den His Siontypus, Ecker die Hügelgräberform und Hölder die breitere germanische Form nannte, ohne dass damit eine ethnologische Bezeichnung ausgedrückt werden soll. Auch die Capacität derselben stimmt mit diesen Typus gut zusammen.

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Vergleichen wir dieselben aber speciell mit den andern östlich von der Weichsel gefundenen Schädeln, so zeigen sie die meiste Verwandtschaft mit dem III. Fürstenwalder und stellen, wie dieser, eine Mittelform zwischen den beiden Extremen des Deutsch-Eilauer Grabes dar, welche sich indess mehr der dolichocephalen als der entgegengesetzten Grenze nähert.

Zum Schluss geben wir nach v. Wittich's1) Beschreibung einen kurzen Bericht über den Briesener Schädel der Königsberger Sammlung, einmal weil ich im Stande hin, hier eine Abbildung desselben hinzuzufügen, die jener Beschreibung fehlt und dann um das Material für den 2. Theil dem Leser im Zusammenhange vorzuführen.

Bei dem Chausséebau nach Bahnhof Briesen stiess man 1 Meter tief auf 2 menschliche Skelette, welche von kleinen Feldsteinen eingefasst waren; zur Rechten des einen Gerippes lag ein 11 Centimeter langes und 2 Centm. breites spitzes Messer aus schwarzem Feuerstein von roher Arbeit. Ein Schädel konnte nur gerettet werden und gelangte nach Königsberg in die Sammlung der physik. - ökonomischen Gesellschaft; v. Wittich hat denselben genau beschrieben aber nicht abgebildet, unsere Abbildung ist nach einer Photographie gemacht, welche Herr Scharlock in Graudenz von dem Schädel besorgt hat, bevor er nach Königsberg geschickt wurde.

Der Schädel (Figur 22) ist gut erhalten, die Nähte sind fast ganz ossifirirt, die Zähne sehr abgenutzt, die Scheitelansicht ist oval, der ganze Schädel klein. v. Wittich giebt unter anderen folgende Maasse an:

1) Schrift der physik.-ökonomischen Gesellschaft. XIII. S. 155. Zeitschrift für Ethnologie, Jahrgang 1874.

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und fährt dann fort: „Vergleicht man seine relativen Maasse mit jenen der in der Copenhager Sammlung von Virchow bestimmten, so entspricht sein Breitenindex (805) dem der Finnen (803), sein Höhenindex (790) am meisten noch dem der Steinzeitschädel (779), wie er sich auch hinsichts seines Verhältnisses zwischen Höhe und Breite (101,9) entschieden der letzten Schädelgruppe (100,7) nähert." Nach einer Verwahrung gegen eine Bestimmung des Schädeltypus der preussischen Steinzeitmenschen aus diesem einem Schädel, fährt er fort: wohl finden sich unter den Steinzeitschädeln einzelne, deren relative Maasse fast vollkommen denen des vorliegenden entsprechen, so zeigt beispielsweise in Virchow's Tab. I der unter Nr. 16 ausgeführte Schädel:

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So viel auch seit Retzius über kraniologische Messungen geschrieben. worden, so viel verschiedene Messungssysteme auch noch aufgestellt werden. mögen, ein Verhältniss wird stets allen weiteren Betrachtungen zu Grunde gelegt werden müssen, weil es den ersten Eindruck am genausten ausspricht, das Verhältniss der grössten Länge zur grössten Breite. Wo man die einzelnen Abtheilungen machen will, scheint mir ganz konventionell zu sein, der Index genügt ja zur Verständigung. Ordnen wir nun die oben beschriebenen Schädel nach dem Horizontalindex, so erhalten wir folgende Reihe:

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1) Wir machen darauf aufmerksam, dass die von Virchow angegebenen Zahlen einen etwas abweichenden Index ergeben, nämlich A : B = 797, A : C = 797 und B: C = 100.

2) Die mit Zahlen bezeichneten sind Neustettiner, die mit Buchstaben Danziger und die mit Namen Königsberger Schädel.

In diese Reihe können aber die von v. Wittich beschriebenen Königsberger Schädel nicht gebracht werden, weil derselbe den Index nach der Entfernung der beiden Scheitelhöcker von einander berechnet. Es erscheint deshalb zweckmässig, alle Schädel nochmals nach dem Wittich'schen Horizontalindex zu ordnen und dann erhalten wir folgende vollständige Reihe:

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Wenngleich die Ordnung der Schädel in der 2. Reihe etwas anders geworden ist, als in der ersten, weil eben die Scheitelbreite nicht mit der grössten Breite ab- und zunimmt, so bietet eine Vergleichung beider Reihen immerhin einen Anhalt für die Beurtheilung der Königsberger Schädel nach ihrem wahren Breitenindex.

Nach Welcker's1) Tabelle würden in der ersten Reihe die 7 ersten Schädel reine Dolichocephalen, 8-11 Subdolichocephalen und 12-19 Orthocephalen sein. Will man hiernach die 2. Reihe ordnen, so empfiehlt es sich die Dolichocephalen und Subdolichocephalen zusammen zu fassen, wie ja dies von andern Autoren (v. Jhering, Weissbach) auch geschehen, weil eben der v. Wittich'sche Index ohnedies subtilere Vergleiche mit der Welcker'schen Tabelle ausschliesst und wir hätten dann die ersten 22 Schädel (mit Ausnahme von 3, 16 und 17, welche ja nach der ersten richtigeren Reihenfolge

1) Archiv für Anthropologie. I. S. 135.

orthocephal sind) zu den Dolichocephalen, dann die eben genannten 3 und Nr. 2332 zu den Orthocephalen und Nr. 33-38 zu den Brachycephalen zu rechnen.

Schon dieses einfache Ergebniss, dass von 38 Gräberschädeln der nordöstlichen preussischen Provinzen 19 Dolichocephale sind, wie sie heute in ganz Deutschland so schmal kaum vorkommen dürften, ist von grossem ethnologischen Interesse. Aber noch mehr. Virchow hat bekanntlich in den Verhandlungen der Berliner anthropologischen Gesellschaft vom 10. Februar 1872 eine Reihe von Gräberschädeln des nordöstlichen Deutschlands beschrieben und dort unter 12 nur 3 Dolichocephale, 5 Orthocephale und 4 Brachycephale gefunden; von jenen 3 Dolichocephalen stammen 2 ebenfalls aus dem östlichen Deutschland'), aus der Gegend von Schwerin in der Provinz Posen, her. Es ist also wohl zu konstatiren, dass in dem nordöstlichen Preussen auffallend viele dolichocephale Gräberschädel gefunden worden sind. Aus jener Virchow'schen Untersuchung in demselben Sitzungsbericht will ich nur noch einen Punkt hervorheben. Von dem einen der vorgelegten Schädel, dem von Pakosz bei Jankowo, welcher einen Breitenindex von 75, Höhenindex von 77,6 hat, sagt dieser Forscher: „ein solcher Schädel gehört jetzt bei uns zu den allergrössten Seltenheiten; ich wüsste nicht, dass noch irgend ein Bruchtheil unserer Bevölkerung Langschädel von solcher Regelmässigkeit besässe. "

Wenn dem aber so ist und wer wäre durch seine Forschungen zu einem solchen Ausspruch berechtigter als Virchow? so müssen wir uns fragen, welchen andern Völkern, die heute noch leben, können jene Menschen angehört haben, die in den Gräbern der preussischen Ostseeprovinzen so zahlreich vertreten sind? Ich weiss zwar sehr gut, dass wir nach dem Breitenindex allein nimmermehr eine positive ethnologische Diagnose machen können; allein zur Exklusion reicht derselbe offenbar vollständig aus.

Sehen wir nun noch einmal die Welcker'sche Tabelle an, so finden wir unter den Dolichocephalen nur Neger, Eskimos, Hindus's, Papua's und andere Völker angeführt, von denen ausser den Irländern schwerlich eines für die Abstammung der alten preussischen Ureinwohner in Erwägung gezogen werden dürfte. Die Irländer aber, oder vielmehr die Celten sind in der That von v. Wittich als die Stammesverwandten unserer Gräberschädel angesehen worden und es liesse sich ja dagegen von kraniologischer Seite her nichts einwenden, wenn die verschiedenen Forscher nur darüber einig wären, was sie unter Celten kraniologisch und ethnologisch verstehen. Sehr zweifelhaft wird aber diese celtische Verwandtschaft, sobald wir die Zeit erwägen, aus welcher diese Gräber herstammen. In den meisten Fällen, sehen wir, sind Beigaben aus Eisen gefunden, gerade die meisten Dolichocephalen, wie der Balgarder Schädel, wie A und B beweisen durch ihren eiserne Messer und

1) Zeitschrift für Ethnologie II. 5/6 S. 472.

Schwerter, dass sie in einer relativ neuen Zeit hier gelebt haben. Denn mag man den Beginn der Eisenzeit für die Ostseeküste noch so früh ansetzen, früher als um die Zeit von Christi Geburt dürfte es wohl Keinem in den Sinn kommen. Was lehren nun aber unsere ältesten historischen Quellen über diese Gegenden und ihre Bewohner?

Dunkel, aber doch bestimmt genug erwähnen unsere ältesten Nachrichten, welche Caspar Zeuss in seinem Werke „die Deutschen und die Nachbarstämme" znsammengestellt, dass germanische Stämme1) „einst die ganze Südküste der Ostsee von der Trave bis zur Memel inne hatten" und wahrscheinlich nahe zu gleicher Zeit an die römischen Grenzen vorgedrungen waren und zwar wohnten in dem heutigen Pommern die Ruger, dann in dem heutigen Westpreussen westlich von der Mündung der Weichsel die Turcilinger, weiter auf dem rechten Weichselufer die Sciren und dann weiter in dem heutigen Ostpreussen bis an die Memel die Gothen.'). Um die 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts etwa brachen zuerst die Gothen gegen Süden auf und ihnen folgten nach und nach die Sciren, Turcilinger und Ruger, während andere Völker die von ihnen verlassenen Wohnsitze einnahmen, so die Pruzzen oder Aistier oder Preussen, ein lettisches Volk das Gebiet der Gothen und Sciren, die Pomoranen, ein wendisches Volk, das Gebiet der Ruger und Turcilinger; die Pruzzen nun haben ihre Nationalität zwischen Weichsel, Memel und Drewenz bis zu ihrer Bekehrung und Unterwerfung durch den deutschen Orden im Anfang unseres Jahrtausends tapfer vertheidigt, die Pomoranen3) dagegen haben sich allmählich germanisirt und nur ein kleiner Theil von ihnen, die Kassuben, haben in dem heutigen Pommerellen trotz der Annahme des Christenthums ihre ursprünglich slavische Nationalität festgehalten.

Während nun über das Auftreten jener germanischen Stämme vor Rom viele sichere Zeugnisse vorliegen,1) sind uns über ihre ursprünglichen Sitze an der baltischen Küste nur mangelhafte Andeutungen aus dem Ptolemäus bekannt und es fragt sich nun, ob unsere kraniologischen Untersuchungen eine Beziehung zu den ältesten Berichten ergeben. Man kann nun wohl ganz bestimmt sagen, dass wenn man die Platydolichocephalen der heutigen Welt ausschliesst, kein Volk in dem Breitenindex und der ganzen Beschaffenheit seiner Schädel eine so grosse Aehnlichkeit mit unseren reinen Langschädeln zeigt, als dasjenige, dessen Reste in den Reihengräbern Süddeutschlands vertreten sind.

1) S. 489.

2) L. c. S. 271.

3) L. c. S. 664 und 666.

*) Odoacer genere Rugus, Turcilingorum, Scirorum, Herulorumque turbis munitus, Italiam invasit. Jornandes de regnor. success. p. 59.

Ferner Odoacer, Turcilingorum Rex habens secum Sciros, Herulos, diversarum gentium auxiliarios Italiam occupavit. Idem de rebus Get. c. 46.

Nach Zeuss S. 489.

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