Ein Stammbaum der englischen Könige, zurückgeführt bis auf Adam. Nach einem Manuscripte der Harlejanischen Bibliothek des Britischen Museums. Mitgetheilt von Dr. K. Böddeker. Die vermuthlich von Gottfried von Monmouth erfundene Brutussage fand durch die zahlreichen Chronisten Englands im Mittelalter eine weite Verbreitung und genoss, wie es scheint, überall das Ansehen einer historisch treuen Ueberlieferung. Es dürfte aber wenig bekannt sein, dass die patriarchalischpatriotischen Verfasser solcher Chroniken sogar, und zwar mit Erfolg bemüht gewesen sind, den Stammbaum der „kunden" (d. h. racenechten) Könige Englands, der keltischen wie der sächsischen und normännischen, wieder aufzufinden und denselben bis auf Adam als seine Urwurzel zu verfolgen. Wer der Zusammensteller dieser Geschlechtstafel war, wird sich kaum entscheiden lassen; es genüge daher die Thatsache, dass dieselbe in verschiedenen Chroniken anzutreffen ist. Die englischen Geschichtsdarsteller des Mittelalters legten der legalen Geburt eines Herrschers, seiner directen Abstammung aus dem Königsgeschlechte und den auf das Geburtsrecht begründeten Thronansprüchen einen ausserordentlich hohen Werth bei. Mag auch ein Regent sich um sein Land in jeder Beziehung verdient machen; mag er sich beugen unter das Joch der Hierarchie, Kirchen und Klöster erbauen, die Privilegien des Adels unangetastet lassen, den nationalen Feind auf's Haupt schlagen; ist er nicht der „kunde king," so ist es vorauszusehen, er wird untergehen, oder doch sein Geschlecht wird nicht lange auf dem Throne verbleiben. Diese patriarchalische Vorstellung von der Wurzelechtheit des königlichen Geschlechts hat durch ihre biedere Alterthümlichkeit etwas Rührendes. Sie erinnert an das alttestamentliche Königthum, an welches sie sich auch thatsächlich anlehnt. Es lag für den mittelalterlichen Priesterstolz in dieser, der christlichen Religion entsprossenen und mit alttestamentlichen Beimischungen versetzten Auffassung des Königthums eine Genugthuung, eine beruhigende Befriedigung. Das mittelalterliche Mönchthum hielt daher auch an der Idee des echten Königthums, aus dem später das Königthum von Gottes Gnaden erblühte, fest, trotz der blutigen Fehden, welche Staat und Kirche in jener Zeit gegen einander auszufechten hatten. Wie anziehend musste es für das durch die eigene Lehre zum Gehorsam gegen den Staat verpflichtete und doch nur mit schwerer Selbstüberwindung dieser Verpflichtung genügende Priesterthum sein, die Wurzel, aus welcher der anzuerkennende Staatsbeherrscher hervorgegangen war, bis auf den Urvater des Menschengeschlechts aus dem vergrabenden Schutt, den dunkle Zeitalter auf sie geworfen, hervorholen zu können. Wer also auch diese Wurzel zuerst entdeckt haben mag, der Glaube an ihre Echtheit war so angenehm, dass er zahlreiche Anhänger finden musste. Und wer hätte ihn auch erschüttern wollen in jenen dunklen Tagen, in denen alle Forschung, in dunkler Zelle betrieben, verborgen vor den unkritischen Blicken einer unwissenden Generation, der Eitelkeit und den Parteizwecken eben dieser Hierarchie dienen durfte? Die Bemerkungen zu der nachfolgenden Geschlechtstafel, welche in dem M. S. bis auf Heinrich VI. fortgeführt ist, sollen die Quellen nachweisen, aus denen der Erfinder derselben geschöpft hat. Zugleich werden sie einen Blick in die Art der Zusammenstellung dieses Stammbaumes thun lassen, von welchem allerdings nicht unbedeutende Theile ohne irgend welchen Anschluss an etwas Gegebenes aus absoluter Imagination erwachsen sind. Ferner ist ein Vergleich mit der wichtigsten und bekanntesten der altenglischen Chroniken, der gereimten Chronik des Robert of Gloucester, durchgeführt und auf die Uebereinstimmung resp. Abweichung, welche zwischen beiden stattfindet, hingewiesen worden. Den Stammbaum vollständig mitzutheilen erschien unthunlich wegen der ausserordentlichen Verzweigung, die er von der Zeit der Normannen ab nimmt. Es soll ein Beitrag zu der sagenhaften Urgeschichte Englands geliefert werden, deren volksthümliche Gestalten (Leir, Merlin etc.) und Glanzepochen (wie die Zeit des Königs Arthur) von grosser Bedeutung für die Literaturen sämmtlicher modernen Kulturvölker geworden sind; somit bedingt auch der Zweck der Mittheilung ein Hinausgehen über Wilhelm den Eroberer nicht. Die folgende Stammtafel ist dem MS. Harl. 53 des Britischen Museums entnommen, derselben Handschrift, nach welcher ich die Geschichte Arthurs mitgetheilt habe. Sie findet sich auf den ersten Blättern dieses Manuscriptes. Jeder Name ist in einen Kreis eingeschrieben, welcher für den Fall, dass der Träger des Namens ein König war, oben das Profil einer Krone trägt. 5 Genesis 5. 6 Genesis 5. 1 Genesis 4. 2 Genesis 4 und 5. Genesis 5. 3 Genesis 5. 8 Genesis 5. 4 Mahalaleel, Genesis 5. 9 Genesis 5. 10 Genesis 5. 11 Genesis 10, v. 2. 7 Methusalah, 12 Kithim, Genesis 10, v. 5. 13 Hier wird die Cypern). alttestamentliche Ueberlieferung verlassen. Die Namen Ciprius und Cretus sind wohl eine Reminiscenz an die Zerstreuung des Menschengeschlechts (Thurmbau zu Babel) und die Auswanderung der Nachkommen Japheths nach Westen (Creta und 14 Uebergang zur griechischen Mythologie. Celius-Coelus (Uranos) war der Urvater des gesammten hellenischen Göttergeschlechts. 15 Janus, der älteste Gott Italiens, war nach der römischen Mythologie ein Sohn des Uranos. 16 Saturnus Italien und wurde von Janus als Mitregent anerkannt. (der Titane Kronos), in der griechischen Mythologie als ein Sohn des Uranos bezeichnet, kam nach römischer Sage nach 17 Jupiter, der Kronide, galt für den Sohn des Saturnus. 18 DarDie Römer leiteten von ihm ihren Ursprung ab, weil Aeneas einer seiner Nachkommen war. danus, der Gründer der Stadt Dardanus, des späteren Troja, war der Sage nach ein Sohn des Zeus und der Plejade Electra. sich die Tafel an die griechische Götterlehre ohne Abweichung an. 19 Bis auf Ascanius schliesst 20 Stammheros und König der Troer, nach welchem das Reich benannt wurde. Nach Robert of Gloucester war er ein Sohn des Dardanus: „Dardan bizet troye, bat god man was and wis." 21 Gewöhnlich Capys genannt. . nach R. of G. Gurgust, und auf diesen „anoper Sicille." Dies „anoþer“ kann nur auf einem Irrthum des Dichters beruhen, da noch kein Sicille vorangegangen ist. Der zweite Sicillius regiert verschiedene Generationen später, er ist nach unsrer Tafel Sohn und Nachfolger des Entellinus. Dann, nachdem des Sicille Erwähnung gethan ist, fährt die Chronik des R. of G. fort: "And monion suppe afterward of wan we mote be stille. So bat atte laste gurgnout was kyng." Die Geschichte kinges monion. þer were here in engelond des Gurgnout (Gurguntus, filius Bellini, unsrer Tafel) wird mitgetheilt, und dann heisst es weiter: „After king gurgnout .me ne may not telle echon. Aboute ane four hondred zer after him per A king þat was lud icluped." Zwischen Gurguntus, filius Bellini, und Lud führt unsre Handschrift 44 Könige auf. Erwägt man, dass nach unsrer Tafel 5 Söhne und 6 Enkel des Morindus nach einander regiert haben deren Regierungen com. Rex Glontres 33 ortus heres Britannie |