I. Origines Romae. Nr. II (c. 5, 1, 1-70). Hoc, quodcumque vides, hospes, qua maxima Romast, II. Mit diesem Gedicht eröffnet Properz eine Reihe von Elegien, in denen er nach dem Muster der Altia des Kallimachos die ältesten Sagen Roms behandeln wollte (v. 69 s). Diese gelehrten Gedichte scheinen der früheren Jugend des Properz anzugehören. Erhalten sind von diesen Origines urbis noch fünf Gedichte. Das erste handelt von Aeneas, der seinen Vater Anchises aus den Flammen Trojas rettet und nach langer Fahrt nach Latium gelangt, wo sein Sohn Iulus Alba Longa gründet. 2. Phrygem Aenean] Sohn des Anchises und der Venus, Fürst der phrygischen Dardaner. collis et herba] ἓν διὰ δυοῖν. Vgl. Ovid fast. 5, 91 ss.: Exul ab Arcadia Latios Euander in agros venerat, inpositos attuleratque deos. hic, ubi nunc Roma est, orbis caput, arbor et herbae et paucae pecudes et casa rara fuit; Tib. Nr. VII, 25 ss. 3. Navali Phoebo] Augustus weihte dem Apollo zur Erinnerung an den Seesieg bei Actium einen Tempel auf dem palatinischen Hügel; derselbe war mit den Schiffsschnäbeln der erbeuteten Schiffe verziert; vgl. Ovid a. a. 3, 119 s.: quae nunc sub Phoebo ducibusque Palatia fulgent, quid nisi araturis pascua bubus erant? 4. profugae] umherschweifend. Euander soll aus Arcadien hier ein .5 gewandert sein und sich auf dem palatinischen Hügel angesiedelt haben. 5. haec aurea templa] die Tempel, die jetzt von Gold strotzen. crevere] sie bildeten sich von selbst aus Felsen und Laubwerk. Götterbilder aus Thon, statt aus kostbarem Metall, werden oft als Zeichen alter Einfachheit erwähnt; vgl. Ovid fast. 1, 201 s., wo auch vom Capitol die Rede ist: Iuppiter angusta vix totus stabat in aede, inque lovis dextra fictile fulmen erat. Senec. ep. 31 extr.: finges autem non auro, non argento, non potest ex hac materia imago deo exprimi similis; cogita illos, cum propitii essent, fictiles fuisse. 6. Ein schlichtes Häuschen ward noch nicht verspottet. Vielleicht spielt Properz hiermit auf die Hütte an, in welcher Romulus gewohnt haben sollte; vgl. Ovid fast. 1, 199: dum casa Martigenam capiebat parva Quirinum. Diese Hütte stand noch zu des Dichters Zeiten auf dem Palatin. 7. Tarpeius pater] = Iuppiter, weil der Tempel desselben auf dem tarpejischen Felsen, einem Theil des Capitols, stand. nuda de rupe] bevor das Capitol daselbst erbaut war. 8. Betone bubus: nur Rinderherden floss der Tiber damals entgegen. Ein bei römischen Dichtern oft wie Qua gradibus domus ista Remi se sustulit, olim Cum tremeret patrio pendula turba sacro, derkehrender Gedanke; vgl. Verg. Aen. 8, 360 s.; Ovid fast. 1, 244; Tib. Nr. VII, 25. Ovid fast. 5, 639 ss.: haec loca desertas vidi sine moenibus herbas: pascebat sparsas utraque ripa boves. et quem nunc gentes Tiberim noruntque timentque, tunc etiam pecori despiciendus eram. advena] der jetzt uns ganz zugehörige Strom war für uns damals noch ein Fremdling. 9. domus Rem:] die Hütte des Romulus und Remus; zuweilen wird nur der eine derselben erwähnt, so bei Catull: Remi nepotes 58, 5, neben Romuli nepotes 49, 1. Aehnlich Castor statt der beiden Dioskuren. gradibus] vgl. Plut. Rom. 20: ᾤκει δὲ (Ρώμυλος) παρὰ τοὺς λεγομένους βαθμούς καλῆς ἀκτῆς οὗτοι δὲ εἰσι περὶ τὴν εἰς τὸν ἱππόδρομον τὸν μέγαν ἐκ Παλαν τίου κατάβασιν. Diese gradus hiessen die scalae Gai. 11. In der Curie versammelten sich die mit dem breiten Purpurstreifen (der praetexta) versehenen Magistratspersonen (Senatoren). Vgl. Ovid a. a. 3, 117 s.: curia concilio nunc est dignissima tanto: de stipula Tatio regna tenente fuit. 13. ad verba] zur Versammlung. Theaterbesucher gegen Unwetter und die Sonnenstrahlen schützten. cavo] rund; vergl. Ovid a. a. 1, 103 s.: tunc neque marmoreo pendebant vela theatro, nec fuerant liquido pulpita rubra croco. 16. Das Theater ward mit Saffranessenz, einem beliebten Parfüm, besprengt; vgl. Hor. ep. II, 1, 79 s.: recte necne crocum floresque perambulet Attae fabula si dubitem. 18. pendula turba] furchtsam, in heiliger Scheu vor den Göttern. 19 s. Ueber die Parilia oder Palilia vgl. zu Tib. Nr. VII, 85. Prop. Nr. IV, 77 s. 20. Nach uralter Sitte ward das Blut, das von dem abgehauenen Schweif eines im October dem Mars geopferten Pferdes (curtus equus) herabträufelte, aufgefangen und geronnen an den Palilien als Räucherwerk verbrannt; vgl. Ovid fast. 4, 733: sanguis equi suffimen erit. lustra] die Sühnung. nunc] auch jetzt noch, wie in der guten alten Zeit. 21. Am Fest der Vesta ward der Esel, der sonst im Dienst der Hausgöttin in der Tretmühle thätig war, bekränzt und hatte Ruhetag; vgl. Ovid fast. 6, 309 ss.: venit in hos annos aliquid de more vetusto : fert missos Vestae pura patella cibos; ecce coronatis panis dependet asel Ducebant macrae vilia sacra boves. Unde licens Fabius sacra Lupercus habet. lis, et velant scabras florida serta 22. ducere sacra] gr. iɛgà йyew; ebenso Verg. Aen. 8, 665 s.: castae ducebant sacra per urbem - matres. macrae] von vieler Arbeit. 23. porci] später opferte man ausser diesen auch noch Lämmer und Kälber. An den Kreuzwegen (compita) wurde an den ländlichen Festen den Laren geopfert (Compitalia). 25 30 35 Lucumon nannten sich die Luceres, nach Tatius die Tities. rerum] seines Eigenthums; sein hauptsächlicher Reichthum bestand in seinen Schafherden. 31. Die drei alten Tribus; der Singular Titiens steht collectiv neben den zwei Pluralen. coloni] heissen die Luceres, weil sie von Lucumo aus Etrurien wie eine Colonie nach Rom geführt waren. 32. quattuor albos equos] vier weisse Rosse zogen den Triumphwagen. 33. Bovillae, das jetzt eine Vorstadt Roms ist (suburbanae), lag damals fern (eminus) von dem noch unbedeutenden Rom. 34. Rom triumphierte bald über die benachbarten Städte, welche, jetzt mit der Hauptstadt vereinigt, ihr damals noch feindlich gegenüberstanden. Bovillae und Gabii, das kaum noch existiert, waren maxima turba: „volkreiche Städte." 35. Alba Longa sollte der Sage nach seinen Namen daher haben, dass an der Stelle, wo es später erbaut ward, Aeneas eine weisse Sau fand. 36. Alba stand dort, wo es weit war nach Fidenae zu gehn, d. h. Nil patrium nisi nomen habet Romanus alumnus : der Weg von Alba nach Fidenae, der Spätern nicht weit erschien, galt in damaliger Zeit für sehr weit. Alba Longa ward von den Römern wegen des Verrathes des Mettus Fuffetius zerstört. 37. Das jetzige verweichlichte Rom hat mit den alten tapfern Römern nur den Namen gemein. alumnus] vom Bewohner eines Landes; vgl. Verg. Aen. 6, 877. 38 s. Die kriegerischen Römer schämten sich nicht von einer Wölfin ernährt zu sein; in einem kriegerischeren Lande konnte Troja gar nicht Zuflucht finden. 39. melius] es war besser, sicherer, die Penaten hierher zu schicken, als sie in dem von Feinden zerstörten Troja zu lassen. 40. quali ave] unter wie günstigen Vorzeichen; avis der Vogelflug und die durch denselben angedeuteten Vorzeichen. Dardana] = trojanisch, von Dardanus, dem Ahnherrn Trojas, einem Sohn des Iuppiter und der Electra. 41. illam] sc. puppim, die mit Aeneas absegelnden Gefährten. Es war ein gutes Vorzeichen für die Zukunft Roms, dass die mit Aeneas entfliehenden Gefährten dem Untergang Trojas, der durch das hölzerne Pferd herbeigeführt war, entgiengen. Vgl. Nr. XXXIV, 25. 40 45 43. Vgl. Ovid e P. I, 1, 33 s.: cum foret Aeneae cervix subiecta parenti, dicitur ipsa viro flamma dedisse viam. 45. tunc venere] mit Aeneas wanderte damals unter dem Schutz der Venus in Latium jener kühne Muth ein, der sich in den Nachkommen zeigte. animi Deci] der Muth des P. Decius Mus, der sich für das Vaterland in der Schlacht am Vesuv gegen die Latiner opferte. Brutus liess als Consul (secures) seine Söhne hinrichten, weil sie heimlich Verbindungen mit den Tarquiniern angeknüpft hatten. 46. Venus selbst, von deren Enkel Julus (Sohn des Aeneas) das Julische Geschlecht seine Herkunft ableitete, kämpfte bei Actium für Augustus. Die Julier verehrten die Venus Victrix als ihre Schutzgöttin. = 47. resurgentis Troiae] Roms; vgl. V. 87 dicam: Troia cades, et Troica Roma resurges; Ovid fast. 1, 523: victa tamen vinces eversaque, Troia, resurges. Vgl. Verg. Aen. 1, 206: illic fas regna resurgere Troiae. 49. Avernalis Sibyllae] der Sibylle von Cumae oder vom Averner See; vgl. Verg. Aen. 3, 441 ss.: huc ubi delatus Cumaeam accesse Dixit Aventino rura pianda Remo, Moenia namque pio conor disponere versu: Hei mihi, quod nostro est parvus in ore sonus! gama flammae, num minus hic toto est altior orbe cinis? 60. Vgl. Ovid e P. 4, 8, 65 s.: si quid adhuc igitur vivi, Germanice, nostro restat in ingenio, serviet omne tibi. 61 s. Der epische Dichter Ennius hatte die Geschichte Roms in seinen Annalen besungen. hirsuta corona] mit dem rauheren Lorbeerkranz des epischen Dichters, im Gegensatz zum zartern Epheukranz des elegischen Dichters. Den Bacchus ruft er an als den Beschützer der lyrischen und elegischen Poesie, der Poesie des Weins und der Liebe. |