Vincula, quae maneant semper, dum tarda senectus Inducat rugas inficiatque comas. Haec veniat natalis avis prolemque ministret, Ludat et ante tuos turba novella pedes. Nr. VII (c. 5). Phoebe, fave: novus ingreditur tua templa sacerdos: Hochzeit war; daher hat Hyme- soccum. 20. inficialque comas] Runzeln und weisse Haare werden wiederholt als Zeichen des Alters neben einander genannt; vgl. Hor. Od. IV, 13, 11 s. quia rugae turpant et capitis nives; Ovid a. a. 2, 117 s.: et tibi iam venient cani, formose, capilli, iam venient rugae, quae tibi corpus arent. 21. haec avis] als ein glückliches Vorzeichen; gemeint ist das Erscheinen Amors. VII. Vornehme junge Römer wurden oft zu dem Amt der XV viri sacris faciundis et Sibyllinis libris inspiciundis oder sacerdotes Sibyllini gewählt. Aufgabe derselben war es, auf Befehl des Senates die heiligen sibyllinischen Bücher aufzuschlagen, welche Prophezeiungen über das Geschick des römischen Staates enthalten sollten. So war auch M. Valerius Messalinus, der ältere Sohn des M. Valerius Messala Corvinus zu diesem ehrenvollen Amt erwählt worden. Zur Feier dieses freudigen Ereignisses hat Tibull das folgende Gedicht verfasst und darin dem Sohn 20 5 und zugleich dem Vater gratuliert. Es ist etwa im J. 21 v. Chr. verfertigt. 1-18. „Apollo, nimm den neu eintretenden Messalinus gütig auf und lehre ihn die Bücher der Sibylle verstehn." 1. Phoebe] im palatinischen Tempel des Apollo, der von Octavian 28 gegründet war, wurden die sibyllinischen Bücher aufbewahrt; über diese vgl. Verg. Aen. 6, 71 ss. und 3, 443 ss. 4. Apollo soll dem Dichter die Worte gefügig machen, das Lob des Messalinus zu verkünden; denn sonst pflegte er andere, leichtere Stoffe zu besingen. 5. triumphali lauro] Apollo soll dem Triumph des Messala zu Ehren mit dem Lorbeer des Triumphators erscheinen, mit welchem geschmückt er ja auch den Sieg seines Vaters über Saturn gepriesen hatte. 6. cumulant aras] vgl. Curt. 5, 1, 20: altaria non ture modo sed omnibus odoribus cumulaverat; Verg. Aen. 11, 50: cumulatque altaria donis. 7. sed] komm nicht nur, sondern komm auch im festlichen, Glück verheissenden Schmuck. 8. sepositam] nicht im alltäglichen Gewande. Qualem te memorant Saturno rege fugato Tu procul eventura vides, tibi deditus augur (Nec fore credebat Romam, cum maestus ab alto Romulus aeternae nondum formaverat urbis 11. Nachgeahmt von Lygdamus III, 4, 47 s.: at mihi fatorum leges aevique futuri eventura pater posse videre dedit. 15. frustrata] sc. est. Die sibyllinischen Bücher, welche Weissagungen über die Zukunft Roms enthielten, sollten namentlich von der Sibylle zu Cumae, einer Seherin, die in einer Höhle bei dem dortigen Tempel des Apollo wohnte, herrühren. Nachdem die älteren sibyllinischen Bücher im Marsischen Krieg auf dem Capitol verbrannt waren, hatte der Senat neue aufsuchen lassen. Sie wurden nur in schwierigen Lagen des Staates befragt. 16. senis pedibus] in Hexametern. 19-66. Dieselbe Sibylle prophezeite dem Aeneas die Weltherrschaft der Römer. 19. Dies beschreibt Verg. Aen. 6, 77 ss. 20. Vgl. Verg. Aen. 1, 378 s.: sum pius Aeneas, raptos qui ex hoste Penates classe veho mecum. 21-38. Diese VV. enthalten eine Digression, in welcher Tibull die Gegend schildert, in der später Rom gegründet wurde; dies war ein Lieblingsthema der römischen Dichter, das namentlich noch von Ovid und Properz behandelt worden ist; Prop. Nr. II; Ovid fast. 1, 509 ss.; Verg. Aen. 8, 357 ss. 22. deos] die Götterbilder. 23. aeternae] vgl. Verg. Aen. 1, 276 ss.: Mavortia condet (Romulus) moenia Romanosque suo de nomine dicet; his ego nec metas rerum nec tempora pono; imperium sine fine dedi. 27. Pan lacte madens] die ländlichen Gottheiten wurden bei Opfern mit Milch besprengt, so auch Pales; vgl. Nr. I, 36. 29. votum] ein Geschenk, das den Göttern gelobt war; hier die Hirtenflöte, die dem Silvanus geweiht wird. Garrula silvestri fistula sacra deo, Ad iuvenem festa est vecta puella die, Troica qui profugis sacra vehis ratibus, 31. Ovid met. 8, 189 ss. schildert die fistula in folgender Weise: ponit in ordine pennas, a minima coeptas, longam breviore sequente, ut clivo crevisse putes. sic rustica quondam fistula disparibus paulatim surgit avenis. tum lino medias et ceris alligat imas. 33. Das Velabrum war eine Ebene zwischen dem capitolinischen, palatinischen und aventinischen Hügel, die in älterer Zeit oft vom Tiber überfluthet wurde; vgl. Prop. Nr. III, 7 und V, 5. 35. magister gregis] der Hirt, der im folgenden Vers iuvenis genannt wird. placitura] dem Geliebten zu gefallen. 37. Reichbeschenkt vom Geliebten kehrt sie vom Fest (den Palilien, am 21. April) heim. 39 ss. Die Sibylle weissagt dem Aeneas. Venus war die Mutter des Aeneas und des Amor; bei Verg. Aen. 1, 667 s. sagt Venus zu Amor: frater ut Aeneas pelago tuus omnia circum litora iactetur. 30 35 40 45 41. Laurentes agros] Aeneas kam zu Latinus, dem Könige der Laurenter, welche am Tiber wohnten, und ward von ihm gastfreundlich aufgenommen. 43. Aeneas stürzte sich nach der Schlacht am Flusse Numicius oder Numicus, in welcher er die Etrusker und Rutuler besiegte, in den Fluss und verschwand; er ward darauf als Iuppiter Indiges (der einheimische) verehrt; vgl. Ovid met. 14, 581 ss. veneranda] weil Aeneas in dem Fluss seinen Tod gefunden; vgl. Liv. 1, 2, 6: situs est, quemcumque eum dici ius fasque est, super Numicum fluvium; lovem indigetem appellant. Der Fluss Numicus ergiesst sich südlich von Lavinium ins Meer. 45. Die Siegesgöttin bringt den Trojanern den Sieg über die Rutuler. fessas] von der langen Seefahrt. 47. Turnus] der König der Rutuler; er verbrennt die trojanischen Schiffe, fällt aber darauf von Aeneas' Hand. Iam tibi praedico, barbare Turne, necem. Qua sua de caelo prospicit arva Ceres, Quidquid Amalthea, quidquid Marpesia dixit Quasque Aniena sacras Tiburs per flumina sortes (Haec fore dixerunt belli mala signa cometen, 49. Aeneas hatte nach seiner Landung an der Küste Latiums im Gebiet der Laurenter ein Lager befestigt und darauf Lavinium gegründet; sein Sohn Ascanius erbaute nach dem Tode des Vaters Alba Longa. 52. Ilia] oder Rhea Silvia, die Tochter des Numitor, eine Vestalin, die Mutter des Romulus und Remus. 58. amnis] Oceanus; vgl. Lygdam. III, 4, 17 s.: iam Nox aetherium nigris emensa quadrigis mundum caeruleo laverat amne rotas; auch Homer nennt den Oceanus ποταμόν. 59. se] sich, in ihrer Tochterstadt Rom. 61 s. laurus vescar] die Wahrsagerinnen kaueten Lorbeerblätter, um von Apollo, dem diese heilig waren, begeistert zu werden. vesci C. acc. nach älterem Sprachgebrauch. 50 55 60 65 62. Verg. Aen. 5, 735 nennt sie casta Sibylla. 64. caput ante]: ante frontem. 65-78. Was die Sibylle, Amalthea, und was die anderen Sibyllen verkündeten (sie verkündeten Kometen und Steinregen als Vorzeichen des Krieges: das wunderlichste und fürchterlichste erschien auf ihre Voraussagung noch zuletzt bei Cäsars Tode), das alles war sonst nun tilge du alles ungeheure noch bevor es sich zeigt". Lachmann. Amalthea, Name der Sibylle, ebenso Herophile (Marpesia genannt vom Orte Marpessus oder Mermessus bei Troja) und Phoeto; diese heisst Graia im Gegensatz zur Trojanerin Herophile. 67. Albunea, die tiburtische Sibylle, soll ihre Weissagungen trocken durch den Aniofluss getragen haben. 69. haec] nom. plur. femin. Das Erscheinen eines Kometen sollte Multus ut in terras deplueretque lapis: Krieg bedeuten; auch zeigte sich 70. que] erst dem fünften Wort angehängt; vgl. Nr. III, 38 und I, 6, 54. 71. Vgl. Ovid met. 15, 783 ss.: arma ferunt inter nigras crepitantia nubes terribilesque tubas auditaque cornua caelo praemonuisse nefas; solis quoque tristis imago lurida sollicitis praebebat lumina terris. 72. lucos] Stimmen aus den Hainen. fugam] Niederlagen römischer Heere; vgl. Verg. georg. 1, 476 s. : Vox quoque per lucos volgo exaudita silentis ingens etc. 73. Plinius und Plutarch (Caes. 69) berichten, dass die Sonne fast ein volles Jahr lang nach Cäsars Ermordung trübe und glanzlos gewesen sei; vgl. Ovid met. 15,783 ss. 74. nubilus annus] Verg. georg. I, 466 ss.: ille etiam extincto miseratus Caesare Romam, cum caput obscura nitidum ferrugine texit inpiaque aeternam timuerunt saecula noctem. 76. vocales] mit menschlicher Stimme begabt. 78. Dem Meere schrieben die Alten eine besonders reinigende Kraft zu; vgl. Cat. 89, 4 ss.: ecqui scis quantum suscipiat sceleris? suscipit, o Gelli, quantum non ultima Tethys nec genitor nympharum abluit Oceanus. 79. Nach dem Knistern brennender Lorbeerblätter prophezeite man; lautes Knistern bedeutete Glück; vgl. Verg. buc. 8, 81: sparge molam et fragilis incende bitumine laurus; man bestrich also die Lorbeerreiser mit Erdpech, damit sie besser brennen sollten. 79-110. „Möge das Knistern des Lorbeers Heil und ein gesegnetes Jahr verkünden"; Beschreibung des Jahressegens und der ländlichen Feste. 84. lacus] vgl. zu Nr. I, 10. Der aus den Weintrauben mit den Füssen ausgepresste Saft kam zunächst in die lacus, dann in dolia (Tonnen), in denen er zu gähren hatte; dann in die amphoras. Cato de r. r. 113: de lacu quamprimum vinum in dolia indito. post dies XL diffundito in amphoras. 85. Die Palilien, ein Fest zu Ehren der ländlichen Gottheit Pales, wurden am 21. April gefeiert; vgl. Ovid |