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drinischen Vorbildern bei weitem überlegen. Seine Sprache ist oft zu künstlich und nur schwer verständlich. Im Bau des Distichons übertrifft er Tibull noch insofern, als er in seinen spätern Gedichten den mehr als zweisilbigen Ausgang des Pentameters vermeidet; sonst gestattet er sich in der Metrik grössere Freiheiten als Tibull.

Ovid ist der grösste römische Verskünstler; seine Sprache ist überaus leicht und gewandt, und fliesst glatt dahin. Aber eben so leichtfertig und flüchtig sind auch seine Gedanken. Er spielt mit Empfindungen und oft haben wir das Gefühl, als ob es ihm mehr auf schöne Form als auf Tiefe der Gedanken angekommen wäre. Ueberall merkt man, dass er in der Schule der Rhetoren vorgebildet war. Er besitzt einen unerschöpflichen Reichthum anmuthiger Bilder und Gedanken, die er spielend und formgewandt aneinander reiht, so namentlich in seinen amores; selbst den sprödesten Stoff weiss er geschickt zu verwerthen, wie in den fasti, und auch, wo trübe Gedanken ihn ernst stimmen, wie in seinen Briefen aus der Verbannung (den Tristia und den Epistulae ex Ponto), kleidet er dieselben in eine leichte Form.

Die folgenden Gedichte sind eine Auswahl aus Catull, Tibull und Properz, den Triumviri amoris.

C. Valerius Catullus.

Was wir von diesem Dichter wissen, verdanken wir fast ausschliesslich den Angaben seiner eigenen Gedichte, in denen er die Freuden und Leiden seines Lebens nach Dichterart besungen hat. Den Stoff zu den meisten und schönsten seiner kleineren Gedichte entnahm er dem eigenen Gemüthsleben er freut sich in ihnen mit seinen Freunden, denen er unverbrüchliche Treue und zärtliche Anhänglichkeit entgegenbringt; er hasst seine Feinde mit der Leidenschaft des Südländers und verfolgt sie mit dem bittern Spott seiner Jamben und Epigramme, die sicher wie die Pfeile des Schützen trafen und verwundeten; er trauert um den Tod seines Bruders und den Verlust seiner Lesbia. Ueberall zeigt er sich. offenherzig und lauter, von wahrem, tiefem Gefühl beseelt. Er steht in dieser Beziehung in wohlthuendem Gegensatz zu manchem der spätern römischen Dichter, die zwar in der

Form glätter sind, dafür aber ihr eigenes Denken oft hinter kalten Formeln und mythologischer Gelehrsamkeit verstecken.

Geboren ist er im J. 87 vor Chr. zu Verona, wo sein Vater, der ihn wahrscheinlich überlebt hat, ein angesehener und wohlhabender Bürger war. Gern gedenkt er seiner Heimath, namentlich des Gardasees, auf dessen Halbinsel Sirmio er eine Villa besass. Dorthin zog er sich zurück, wenn Trauer und Schmerz ihm das laute Treiben der Hauptstadt besonders fühlbar machten. Früh wanderte er nach dem Brauch der Zeit aus der Provinz in die Hauptstadt, um sich dort in den Wissenschaften zu vervollkommnen, etwa damals als Catilina die sittenlose Jugend Roms um sich versammelte. Catull, der schon sehr jung zu dichten angefangen hatte, erwähnt denselben nicht; wir finden ihn vielmehr bald in einem Kreise hochbegabter Dichter und Redner eifrig mit dichterischen Arbeiten beschäftigt. Namentlich studierte er die Werke der Alexandriner, welche damals die römische Litteratur beherrschten, daneben aber auch ältere griechische Lyriker, wie die Sappho, den Archilochos, auch den Euripides und Homer, und übersetzte sie zum Theil. Wir besitzen von ihm noch die Uebertragung einer Sapphischen Ode und eines Kallimacheischen Gedichts, der Locke der Berenike. Hierdurch wurde er bald in weitern Kreisen bekannt; der berühmte Redner Hortensius, selbst ein Dichter, ward sein Gönner, desgleichen sein Landsmann Cornelius Nepos, der des jungen Freundes in seinen Werken ehrenvoll gedenkt. Auch Asinius Pollio, der Freund des Vergil und Horaz, der Dichter Furius Bibaculus aus Cremona und Quintilius Varus, derselbe, dessen Tod Horaz in einer Ode betrauert hat, werden in Catulls Gedichten als Freunde erwähnt. Von den jüngern Talenten zählte er den Dichter Helvius Cinna, den Verfasser eines Epos Smyrna, und den Redner und Dichter Licinius Calvus zu seinen nächsten Bekannten; namentlich mit Letzterem finden wir Catulls Namen fast stehend vereint genannt. Calvus war das Haupt einer neuen Rednerschule, die es sich zur Aufgabe stellte, den für schwülstig und allzu pathetisch gehaltenen Rednern Hortensius und Cicero entgegen zu treten und sich mehr an die schlichten, classischen Formen des Demosthenes anzuschliessen. Cicero bekämpfte sie dafür nicht nur als Redner, sondern auch als Dichter und verspottete ihre Nachahmung der Alexandriner, indem er sie cantores

Euphorionis (Nachäffer des Euphorion, eines alexandrinischen Dichters) nannte.

Neben den Gedichten, welche diesem Freundeskreise gewidmet sind, und in denen der Dichter ihr Zusammenleben sowie ihre kleinen Abenteuer ausplaudert, gehen die Gedichte an Lesbia, die Geliebte des Dichters, her, in denen er theils seinem Liebesglück, theils seinem Schmerz über die Untreue der Unwürdigen Ausdruck giebt. Wir wissen, dass nach römischem Dichtergebrauch der Name Lesbia ein fingierter war, und dass das besungene Mädchen mit wahrem Namen Clodia hiess. Es ist wahrscheinlich, dass diese Clodia die geistreiche, aber sittenlose Schwester des P. Clodius Pulcher, die Gemahlin des Q. Metellus war, dieselbe, welche Cicero in seinen Briefen und Reden geschildert hat. Sie dichtete selbst (auf Sappho anspielend nennt Catull sie Lesbia) und verstand es, den um mehrere Jahre jüngern Dichter durch ihren Geist und ihre Schönheit längere Zeit an sich zu fesseln. Erst nach langem Zögern und schwerem Kampfe entsagte der Dichter der Liebe zu ihr; aber ihr Name lebt ewig fort in seinen Gedichten.

Im J. 57 ging Catull mit seinem Freunde Cinna in der Cohors 1) des Praetors Memmius Gemellus nach Bithynien; auf der Rückreise von dort besuchte er am Vorgebirge Rhoeteum in Troas das Grab seines früh und fern von der Heimath verstorbenen Bruders, dessen er wiederholt in rührender Klage gedenkt. Er lebte darauf einige Zeit fern von Rom in seiner Heimath; dort war es auch, wo er mit Caesar zusammenkam den er nebst seinen Creaturen Vatinius und Mamurra als eifriger Republikaner ebenso wie Calvus und Furius Bibaculus bis dahin mit seinen beissendsten Epigrammen verfolgt hatte. Caesar, der bei seinem Aufenthalt in Oberitalien die Gastfreundschaft von Catulls Vater genoss, bot dem jungen Dichter die Hand zur Versöhnung dar. Dies war im J. 54, und da wir kein Gedicht Catulls haben, in welchem Ereignisse aus spätern Jahren erwähnt werden, so ist es wahrscheinlich, dass der Dichter in diesem Jahre vor der Zeit 2) gestorben ist.

Seine Gedichte gehörten zu den beliebtesten der Zeit und erhielten sich lange in der Gunst der Gebildeten.

1) Vergl. zu Tibull Nr. III, 2.

2) Ovid am. III, 9, 61 s.: hedera iuvenalia cinctus tempora docte Catulle.

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CATULL.

I. An die Freunde.

Nr. I (c. 1).

Quoi dono lepidum novum libellum
Arida modo pumice expolitum?
Corneli, tibi: namque tu solebas
Meas esse aliquid putare nugas
Iam tum cum ausus es unus Italorum
Omne aevum tribus explicare cartis,
Doctis, Iuppiter, et laboriosis.

Quare habe tibi quicquid hoc libelli,

I. Mit diesem Gedicht widmet Catull eine Gedichtsammlung, wahrscheinlich nur einen Theil derjenigen, welche uns erhalten ist, seinem Gönner und Landsmann Cornelius Nepos, dem bekannten Geschichtschreiber.

1. quoi] ältere Form für cui. dono] man erwartete donem; Unterschied? vgl. quid ago? „was soll ich thun?"

lepidum] hier vom zierlichen Aeussern.

2. arida pumice] pumex ist gewöhnlich masc. Die Ränder der Bücherrollen, welche aus Papyrus angefertigt waren, wurden mit Bimsstein geglättet; cf. Tib. Nr. VIII, 10. Ov. trist. I, 1, 11: nec fragili geminae poliantur pumice frontes; Mart. VIII, 72, 1 ss.: nondum murice cultus asperoque morsu pumicis aridi politus Arcanum properas sequi, libelle.

5. ausus] audere „unternehmen".

5

carta] eig. zubereitetes Papyrusblatt, dann übertr. für ein ganzes Buch.

6. Cornelius hatte eine Universalgeschichte in 3 Büchern geschrieben (libr. 3 chronicorum). Beachte den Gegensatz zwischen omne und tribus, da tres überhaupt eine kleine Anzahl bezeichnet. Vgl. zu Prop. Nr. VI, 26. Aehnlich schreibt Cicero von den Annalen des Atticus [Brut. 3, 14]: libri.., quo iste omnem rerum memoriam breviter et.... perdiligenter complexus est.

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o. aev. expl.] ähnlich sagte Nepos Epam. 4, 6: vitam explicare und Pelop. 1, 1: res explicare. Timoth. 4, 6: rationem expl.; Hannib. 13, 4: imperatores Rom. expl.; pr. 8: ea quae exorsus sum expl.

7. Iuppiter] dient zur Bekräftigung, wie unser: bei Gott. Verg. Aen. 4, 590; sonst häufiger Hercules, hercle, Castor.

8. habe tibi] die gewöhnliche

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