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Erste Sitzung der archäologischen Sektion.

Donnerstag den 25. September. Nachmittags 4 Uhr.

Von Einem der Anwesenden wird zunächst der zweite Präsident, Herr Walz, unter Zustimmung der Versammelten, gebeten, auch in diesen Sitzungen die Leitung der Verhandlungen zu übernehmen, worauf derselbe an Dr. Haakh die Aufforderung richtet, den des Vormittags in der allgemeinen Sitzung angekündigten Vortrag zu halten.

Vortrag des Dr. A. Haakh über die Entstehungszeit einiger Kunstwerke des Alterthums: des vatikanischen Herakles - Torso, des belvederischen Apollo und der Laokoons-Gruppe. 1)

,,Meine verehrten Herrn!

Als ich gestern Abend durch Umfrage bei manchen Einzelnen aus Ihrer Mitte für die Bildung einer archäologischen Sektion mich interessirte, so vernahm ich von mehreren Seiten die Bemerkung, dass denjenigen, die zur Bildung einer solchen Sektion den Anstoss geben, auch die Pflicht obliege, für den nöthigen Stoff der Verhandlungen zu sorgen. Das Richtige dieser Bemerkung erkennend, entschloss ich mich, der darin liegenden Aufforderung Folge zu leisten, und skizzirte diesen Vormittag einen Vortrag, für den ich um Ihre gütige Nachsicht zu bitten mir erlaube. Die Resultate, die ich Ihrem Urtheile unterstellen werde, sind allerdings nicht erst seit gestern gewonnen; und ich theilte sie auch vor etlichen Wochen brieflich Herrn E. Gerhard mit, der mir kürzlich, bei seiner hiesigen Anwesenheit, sagte, dass er für seine archäologische Zeitung aus meiner Mittheilung auszüglich Gebrauch gemacht habe. 2)

Das Symbol auf dem Gebiete der Kunst und Poesie ist ein Ersatz des Begriffs. Des Besonderen wird der menschliche Geist, bevor und statt dass er es auf dem Wege der Reflexion zur Allgemeinheit des Begriffs erhebt, als eines Allgemeinen dadurch sich bewusst, dass er dasselbe in einem Spiegelbilde anschaut ein Prozess, der dem menschlichen Geiste, auch nachdem er zur Abstraction des Begriffs sich erhoben hat, natürlich bleibt; daher niemals das

1) Die unter den Text der Vorträge (in der ersten und zweiten Sitzung) wie unter den der Verhandlungen gesetzten Citate und Anmerkungen sind spätere Zusätze. Die Beigabe der Copieen antiker Denkmäler verdanken die Mitglieder der Versammlung wie die Käufer des Protokolls der Liberalität des k. württemberg. Chefs des Departements des Kirchen- und Schulwesens, Herrn Staatsraths v. Rümelin, der einer an ihn gerichteten Bitte geneigtest entsprechend, die Bestreitung der Kosten aus der für Zwecke der Versammlung von der k. Regierung ausgesetzten Summe bewilligte. Ausgeführt sind dieselben nach Zeichnungen eines mit der Antike vertrauten Künstlers in der galvanotypischen Anstalt des Herrn A. Mauch in Stuttgart, dessen neuerfundene Methode für archäologische Publikationen sich vornehmlich empfehlen dürfte.

2) Die betreffende Nummer der Zeitung ist inzwischen gedruckt; s.,,Denkmäler und Forschungen," September 1856, Nr. 93, S. 239 f. (,,Zum Belvederischen Torso.") Die von Herrn Gerhard beigefügte Bemerkung:,,Als Probe eines grösseren Werkes" etc. beruht auf Missverständniss.

Symbol, sondern nur die Allegorie einem Tadel unterliegen kann, sofern diese, statt wie das Symbol das Besondere im Besondern zu spiegeln, das Allgemeine als solches darzustellen unternimmt, und Poesie oder Kunst mit Philosophie auf unreine Weise vermischend Begriffe dichtet oder malt. Das Spiegelbild des Symbols wird indessen das Besondere als Allgemeines am sichersten dann reflectiren, wenn es einem andern Kreise als jenes Besondere, das es spiegeln soll, entnommen ist. So wird dem einfachen Naturmenschen die Thierwelt ein Spiegel der Menschenwelt; und nachdem menschliche Eigenschaften auf die Götter übertragen sind, so dient die Thiersymbolik selbst zur Darstellung der Götterwelt, sei es, dass die Thiere die Gottheiten selbst vorstellen, wie auf dem Gebiete asiatischer Religion und Kunst die Kuh die nährende Göttermutter (Kuh und Kalb die Aphrodite und den Eros), oder das sie zu Attributen herabgesetzt die Eigenschaften des menschlich vorgestellten Gottes durch ein beigesetztes Symbol zu veranschaulichen dienen.

Auf der Stufe antiker Cultur aber, die eine ausgebildete Heroen- und Göttersage entwickelt hat, dienen als Spiegelbilder menschlicher Personen und geschichtlicher Vorgänge und Thatsachen auch Heroen- und Göttergestalten und Heroen- und Göttermythen; und je natürlicher auch diese Symbolisirung aus dem Wesen antiker Kunst und Religion überhaupt sich ergab, desto leichter bot sie sich insbesondere den Hohen dieser Erde oder denen, die sie zu ehren beflissen waren, als Mittel der Schmeichelei oder der Selbstüberhebung.

Je enger nun die Kunst in den Zeiten des Alterthums dem Leben verschwistert war, desto häufiger lagen künstlerischen Darstellungen aus der Götter und Heroenwelt menschliche und geschichtliche Bezüge zu Grunde: und bei mehr als einer der bedeutendsten uns erhaltenen Antiken dient der Nachweis zeitgeschichtlicher Motive zur Fixirung der bestrittenen Entstehungszeit.

In die Reihe solcher Denkmäler gehört der Torso des Herakles, der Apoll vom Belvedere, die Laokoonsgruppe.

Das Motiv der verstümmelten Heraklesbildsäule des Vatikans, 3) das in früherer Zeit unter den Archäologen vielfach bestritten war, scheint seit den Untersuchungen und Proben, die der dänische Bildhauer Jerichau in den vierziger Jahren am Torso selbst vornahm,) einem gegründeten Zweifel nicht mehr zu unterliegen. Herakles war ruhend dargestellt, in der rechten Hand den Becher, in der linken die Keule haltend ein Nachbild jener

3) Die Litteratur über den Torso s. bei O. Müller, Archäol. der Kunst, §. 411, 3. (3. A., 1848. S. 684), und vgl. ausserdem: Fr. Thiersch, Epochen der bildenden Kunst bei den Griechen, 2. A. (1829) S. 332-337. Fr. G. Welcker, das akadem. Kunstmuseum zu Bonn, 2. A. (1841) S. 15. C. Schnaase, Gesch. der bild. Künste bei den Alten, I. (1848) S. 339 f. H.Hettner, Vorschule der bild. Kunst bei den Alten, I. (1848) S. 269–271. F. Hand, P. Papinii Statii Hercules Epitrapezius, Jena, 1849. 4. (s. E. Gerhard, Archäol. Anzeiger, 1849. S. 104). A. Feuerbach, Gesch. der griech. Plastik, II. (Nachgelassene Schriften, III. 1853.) S. 159 f. J. Overbeck, kunstarchäologische Vorlesungen (1853) S. 154-160. H. Brunn, Gesch. der griech. Künstler, I. (1853) S. 542 f. 563-566. (vgl. E. Braun, Neue Jahrb. für Philol. u. Pädag., 1854. S. 282-287.) C. W. Göttling, d. archäolog. Museum der Univ. Jena, 3. A. (1854) S. 59 f. E. Braun, die Ruinen und Museen Roms (1854) S. 288-292. A. Stahr, Torso, II. (1855) S. 20-27. (und „ein Jahr in Italien“ III. 1850. S. 247–256.) L. Stephani, der ausruhende Herakles (Mémoires de l'Acad. Imp. des Sciences de St. Petersbourg, Sixième Série, T. VIII. 1855.) S. 149 f. G. Planche, l'art grecque et la sculpture réaliste, Revue des deux Mondes, 1856. Oct., p. 539-541.

*) Vgl. Welcker, zu Müllers Archäol., S. 684. Hettner, a. a. O., S. 270 f. (L. Stephani, a. a. O., S. 149).

Bronzestatuette des 'Hoaxins eniτQaлésios von Lysipp, die wir aus einem Gedichte des Statius (Silv. IV, 6) und zwei Epigrammen des Martialis (IX, 43. 44.) kennen. 5) Eines der letzteren (43) besagt, dass das Bild sich zuerst im Besitze Alexanders des Grossen, später in dem des Hannibal und endlich in den Händen des Sulla befunden habe.

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5) Der Ansicht Jerichau's, der zufolge dem Torso das Vorbild der Erzstatuette des Lysippos zu Grunde läge, hat allerdings neuestens sein Freund Stephani (a. a. O.) die Einrede entgegengesetzt, dass die starke Beugung der rechten Seite in Verbindung mit der fast aufrechten Haltung der Linken und mit dem stark seitwärts in die Höhe gewendeten Nacken durch die einfache Handlung des ,,Trinkens" nicht hinreichend erklärt sei. Er selbst will den Schwierigkeiten durch die Annahme begegnen, dass Herakles nicht die Keule, sondern vielmehr einen Stab gehalten habe, der länger war als die Keule füglich sein konnte, und auf dessen oberem, dem Kinne sich nähernden Ende die linke Hand oder der

linke Vorderarm ruhte, während der Stab weiter unten auch von der rechten Hand gehalten wurde. Statt den Torso in die Classe der Heraklesdenkmäler zu setzen denen das Motiv des Genusses in der Ruhe zu Grunde liegt, betrachtet er ihn vielmehr als der Classe von Kunstwerken zugehörig die den Helden kummervoll darstellen, und denkt sich demgemäss den Moment,,wie derselbe sein schweres Haupt, nachdem er es eine Zeit lang in stummem Schmerz auf jener Stütze hatte ruhen lassen, noch einmal mühsam emporhob und in banger Verzweiflung seitwärts zum Himmel, zu seinem Vater Zeus aufblickte, damit dieser helfe in der furchtbaren Noth." - Dürfte nun aber das Theatralische dieses Motivs, bei dessen Ausführung überdiess der Körper des Helden durch den Stab auf eine unschöne Weise geschnitten würde, mit dem Geist der Antike schwer sich vertragen, so gewähren uns andererseits die Gedichte des Statius und Martial - welche L. Friedländer (über den Kunstsinn der Römer, Königsberg 1852, S. 19., vgl. Stephani, a. a. O., S. 151. 154., und s. dagegen Feuerbach, der vatik. Apollo, S. 298 f.) mit offenbarer Befangenheit beurtheilt und in ihren feineren Beziehungen verkannt hat über unsern Torso und seine Motive einen Aufschluss, welcher keine Schwierigkeit zurücklässt.

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Hic, qui dura sedens porrecto saxa leone

Mitigat, exiguo magnus in aere Deus,

Quaeque tulit, spectat resupino sidera vultu,

Cujus laeva calet robore, dextra mero

diess sind die Worte Martials (IX, 44, 1-4.), mit welchen diejenigen des Statius (Silv. IV, 6, 56 ff.) übereinkommen:

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Wie in der Statuette des Lysippus zugleich das colossale Werk des Apollonius geschildert wird, kann der aufmerksameren Betrachtung nicht entgehen. Auf einem Felsen sitzend, über den er das Fell des erlegten Nemeäischen Löwen gebreitet, schaut der Held mit stolz zurückgeworfenem Haupte (resupino vultu; vgl. Ovid Metam. VI, 275, von der stolzen Niobe: tulerat gressus resupina per urbem, und Seneca Ep. 80: ille qui in scena elatus [Fickert: latus] incedit et haec resupinus dicit: en impero Argis, cett.) zu dem Himmel empor, den er als Preis für seine siegreich beendigten Kämpfe davongetragen. Während er mit der Rechten,,den erschlaffenden Becher des Bruders" (Dionysus) hält, so hat die Linke noch immer kraftvoll die Keule gefasst, mit der er Ungeheuer erlegt und alle Feinde bezwungen hat. Wer sollte nicht, durch die Worte der Dichter in das Geheimniss des Kunstwerks eingeweiht, in der lässig gesenkten rechten und der straff angespannten linken Seite des Heros den Contrast einer weichen Ruhe mit harter Thatkraft erkennen, und so jenes Doppelmotiv, das an dem in stehender Haltung ruhenden (Farnesischen) Herakles von Stephani selbst (S. 173 ff.) so schön entwickelt ist, auch in unserem Heraklesbilde wiederfinden?

Hoc habuit numen Pellaei mensa tyranni,

Qui cito perdomito victor in orbe jacet.

Hunc puer ad Libycas juraverat Hannibal aras:

Jusserat hic Sullam ponere regna trucem.

Das Bild des ruhenden Hercules also hatte Sulla vor Augen, und den ruhenden Hercules ahmte er nach, indem er am Abend seines Lebens, um nach mühevollem Heldenlauf einer genussvollen Ruhe sich hinzugeben, der ihm von keinem Feinde mehr bestrittenen Herrschaft sich. entäusserte. Auch von der Stelle des Martialis abgesehen ist der Herculescult des Sulla durch die schriftlichen Quellen mehrfach bezeugt; 6) und die eifrige Verehrung des Jupiter, dessen capitolinischen Tempel herzustellen noch die einzige öffentliche Sorge des in den Privatstand zurückgetretenen Dictators war, begreift sich im Zusammenhang mit dieser Verehrung des Jupitersohnes. Wie aber der Hercules verehrer auch den Hercules spielte, das kann, obwohl Schriftsteller nicht direkt es bezeugen, dem schärferblickenden Auge nicht entgehen. Gleichwie der ruhende und geniessende Herakles auf Kunstwerken nicht selten von bacchischem Gefolge umgeben erscheint ich erinnere an jenes Albanische Relief, welches neuestens dem Petersburger Akademiker L. Stephani den Anlass zu seiner inhaltsreichen Arbeit über den ruhenden Herakles gab)—so genoss auch Sulla die Freuden seiner Ruhezeit, von Mimen und Flötenspielern (dem dionysischen Thiasos) umgeben (Plut. Sull. 36. vgl. Athenaeos VI. p. 261.). Noch mehr wie Herakles nach vollbrachtem Heldenlaufe mit der jugendlichen Hebe sich vermählte, so ist die junge Valeria, von deren romantischem Ehebunde mit dem bejahrten Sulla Plutarch (Sull. 35) uns berichtet, die Hebe des neuen Herakles und sie ist es selbst dem Namen nach; denn Valeria (von dem Zeitwort valere) entspricht dem griechischen Worte "Hẞn, dessen Grundbedeutung die Jugendkraft ist. o)

-

Wer war nun der Meister der Heraklesstatue? Die Inschrift besagt es: Arollovios Neoτwoos Avalos Eлoiei, und die Züge der Inschrift gestatten und gebieten uns, das Werk in das erste Jahrhundert vor Christus zu setzen. Einen Athener Apollonios nennt uns aber eine Stelle des Chalkidios zu Platons Timäos (die Herr Professor C. P. Bock aus Brüssel gefunden und L. Lersch in einem zu Rom im archäologischen Institute gehaltenen Vortrage publicirt

*) Vgl. Plutarch Sulla 35. (Αποθύων δὲ τῆς οὐσίας ἁπάσης ὁ Σύλλας τῷ Ἡρακλεῖ δεκάτην κ. τ. λ.) und Ovid Fast. VI, 212 (vom Tempel des Hercules Custos im Circus Maximus: Si titulos quaeris, Sulla probavit opus). Ueber den Hercules Sullanus in den Regionen der Stadt Rom s. unten, n. 10.

') Ueber andere Denkmäler dieser Art s. Stephani a. a. O., S. 129. vgl. 131. (Nicht erwähnt vom Verfasser, und den Werken zugehörig die er S. 151 ff. aufzählt, ist ein Cippus des Museums Chiaramonti, der auf der Vorderseite den Heros sitzend, mit dem Becher in der Linken und die Rechte über das Haupt gelegt, und ihm zur Seite eine Bachantin zeigt, die das Tympanon schlägt, auf den beiden Nebenseiten einen Satyr und Faun; s. Museo Chiaram. I., Tab. XLII. p. 100-102, und französ. Ausg., Milan 1822 pl. XLII und XLII. A. B. p. 323–330.)

A

*) Wohlbekannt und in neuerer Zeit vielbesprochen ist jene den Alten geläufige Beziehung der Namen von Sterblichen auf Namen oder Beinamen von Göttern; und wie in späterer römischer Kaiserzeit die Valerii aus Anlass ihres Namens den Mithras (als den starken Gott, Pollens, Invictus) sich zum Schutzherrn erwählten, das gedenkt der Schreiber dieser Zeilen durch Zusammenstellung der zahlreichen Inschriften aus den verschiedensten Theilen des römischen Reiches, durch welche Valerier als Mithrasverehrer bezeugt sind, an anderem Orte darzulegen (und verweist zunächst auf seinen Artikel Valerii, Realencyclop. der class. Alt.-Wissensch. VI, S. 2366 f., wo eine Anzahl solcher Inschriften mitgetheilt, der wirkliche Sachverhalt indessen noch nicht erkannt ist).

hat) als Künstler, der ein chryselephantines Bild des Jupiter Capitolinus arbeitete. Heinrich Brunn in seiner Geschichte der griechischen Künstler (I. S. 543.) hat nun mit Recht erinnert, dass nach dem Brande des capitolinischen Tempels unter Sulla die Nothwendigkeit vorhanden sein musste, das zu Grunde gegangene Bild des Gottes durch ein neues, wo möglich glänzenderes, zu ersetzen, und dass eben zu jener Zeit von einer Wiederbelebung der chryselephantinen Kunst sich Spuren finden. 9) Welche Combination liegt folglich näher, als dass der athenische Künstler, der für Sulla das Bild des capitolinischen Jupiters arbeitete, im Auftrage Sullas auch das Bild des Herakles schuf, das jenen selbst zu verherrlichen dienen sollte? Nur ein Torso des Bildes ist erhalten, und der Torso selbst trägt Spuren gewaltsamer Verstümmlung. Welcher Gedanke liegt folglich näher, als dass in denselben Zeiten der demokratischen Reaktion, in denen der junge Cäsar die Trophäen wie die Bildsäule des Marius wieder aufrichtete, das Bild des Hercules-Sulla der entbrannten Volkswuth anheimfiel? Und wenn neben den Spuren der Verstümmlung auch Spuren versuchter Restauration sich zeigen, so dürfte die Vermuthung nicht trügen, dass derselbe Cäsar, der nach dem Siege über Pompejus die vom Volke umgestürzte Bildsäule seines Gegners wieder aufstellte, auch das Denkmal des ihm einst so verhassten Aristokratenhaupts, dessen Herrschaft über Rom er nunmehr mit andern Augen zu betrachten gedrungen war, wieder herzustellen befohlen habe? 10)

9) Ein elfenbeinernes Bild (des Jupiter, im Tempel des Metellus) wird insbesondere von Pasiteles erwähnt (Plin. H. N. XXXVI, 5, 40.), dessen Hauptthätigkeit allerdings in die Zeit des Pompejus fällt (s. Plin. XXXIII, 12, 156), daher Brunn (a. a. O.) auch den Apollonios als Zeitgenossen des Pompejus und Cäsar bezeichnet, so wie er hinsichtlich des capitolinischen Tempels bemerkt:,,er war unter Sulla abgebrannt; aber noch 691 ward an seiner Wiederherstellung gearbeitet, da Cäsar am ersten Tage seiner Prätur dem Catulus die Aufsicht über den Bau zu entreissen strebte." Einen Grund jedoch, der die Annahme verböte, dass Apollonios die Capitolinische Bildsäule für Sulla gearbeitet habe (der während seines Aufenthaltes zu Athen die Bekanntschaft des Künstlers gemacht haben konnte), gestehen wir nicht einzusehen. Wenn A. Ellissen (zur Gesch. Athens nach dem Verluste seiner Selbständigkeit, Göttinger Studien, 1847, 2. Abth., S. 785.) bemerkt:,,an Kunstsachen entführte der Sieger von Chäronea (aus Athen) wie es scheint nur einige für den Tempel des olympischen Zeus bestimmt gewesene Säulen, um sie in dem des Jupiter Capitolinus aufzurichten," so beruht diese Annahme zwar unseres Wissens auf keinem Zeugnisse, liegt aber keineswegs ausserhalb der Grenzen des Wahrscheinlichen.

10) Wenn die Regionen der Stadt Rom in der Regio Quinta (Esquiliae) einen Herculem Syllanum (Curiosum Urbis; H. Sullanum, Notitia) nennen. (vgl. Preller, die Regionen etc. p. 8. 9.), so bemerkt dazu Becker (Röm. Alterthümer, I. S. 551.), dass man ebensowohl an eine blose Statue, wie deren mehrere zur Bestimmung der Grenzen genannt werden, als an einen Tempel denken könne. Setzt man eine Bildsäule voraus, so fühlt man sich zu der Frage versucht; ob der Hercules Sullanus nicht eben das von Apollonios für Sulla gearbeitete Bild des Jupitersohnes sei, und ob nicht etwa Augustus es selbst in seiner verstümmelten Gestalt zu den pretiosissimis deorum simulacris gefügt habe, die er nach Sueton. Aug. 57. vicatim dedicabat (ut Apollinem Sandaliarium et Jovem Tragoedum). Dass diese Bilder, nach welchen die vici oft benannt wurden, an den Kreuzwegen aufgestellt zu denken seien, die schönsten an den belebtesten, bemerkt Preller, im Commentare zu den Regionen, S. 81. Anm. (vgl. S. 194.). Bei näherer Prüfung ergeben sich jedoch gegen diese Annahme gewichtige Bedenken. Denn um von der Verstümmlung der Bildsäule abzusehen, so lautet für's Erste die Stelle bei Suetonius: simulacra mercatus vicatim dedicabat; und zwar kaufte August diese Kunstwerke aus dem Erlös von Geschenken des Volks, indem ordines omnes in lacum Curtii quotannis ex voto pro salute ejus stipem jaciebant, item Kalendis Januariis strenam in Capitolio, etiam absenti: ein Umstand, der für den klugen und gemässigten Herrscher Beweggrund genug enthalten musste, um bei der Auswahl der Kunstwerke widrige Erinnerungen zu vermeiden. Zweitens aber wurde der Torso (zu Anfang des 16. Jahrhunderts, unter Julius II.) im Campo del Fiore, wo das Theatrum Pompeji stand, in der Regio X (Circus Flaminius), Verhandlungen der XVI. Philologen-Versammlung. 21

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