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Berathung der Thesen über das Privatstudium die Berathung der anderen gedruckt versandten Thesen fortgesetzt werden soll und zwar in folgender Weise: Besprochen werden soll zuerst die These Adams von Heilbronn über das Versemachen. Uebergangen werden sollen die Thesen Reuschles und Pahls wegen deren Nichtanwesenheit. Endlich soll Oberstudienrath Roth gebeten werden, aus dem Reichthum seiner Thesen die Punkte 2 und 3 a und b in weiterer Ausführung vorzutragen.

Von den mündlich vorgeschlagenen Thesen sollen die neugestalteten Sätze Zellers nicht berathen werden, da der Gegenstand bereits in einer früheren Versammlung zu Erlangen im Wesentlichen erörtert worden sei, wo von dem Verhältniss des Gymnasiums zum Christenthum, der gelehrten Schule zur Kirche die Rede gewesen, es scheine bei der Fülle von Berathungsgegenständen nicht zweckmässig, früher Behandeltes wieder vorzunehmen. Die These von Oberstudienrath Klumpp soll nicht vorgenommen werden, weil die Versammlung in ihrer Zusammensetzung hiefür nicht competent sei. Dagegen soll Adams These über das Turnen noch zur Verhandlung kommen, wenn die Zeit dazu reiche.

Bäumlein beginnt die Verhandlung über das Privatstudium mit der Bitte, dass die Debatte möglichst auf das Wesentliche sich beziehen möge; er selbst eröffnet sie mit den Worten: Wir sind wohl Alle einig, dass es Aufgabe der Schule ist, sowohl der Alumnate als der freieren Schulen, ihre Schüler allmählig möglichst zur Selbstthätigkeit und Selbständigkeit in Beziehung auf Intelligenz und Charakter zu bilden und ebenso unläugbar ist es auch, dass das Privatstudium eine freudige Selbstthätigkeit bei dem Schüler weckt.

Oberstudienrath Roth sagt, dass er bei aller Anerkennung der Nothwendigkeit und Heilsamkeit der Leitung der Privatstudien doch in dieser Sache mit einem kleinen Widerspruche • gegen das von dem verehrten Präsidium Vorgetragene beginnen müsse. Er glaube, an das erinnern zu können, was in Zeitschriften und an andern Orten bemerkt worden sei, dass nämlich die Selbstthätigkeit unserer Jugend bedauerlich abgenommen habe. Nun glaube er, dass diese Selbstthätigkeit, wo sie auf das allergeringste Mass zurückgegangen sei, nur dadurch wieder hervorgebracht werden könne, dass man die Thätigkeit des Schülers in der Schule selbst und zu Hause möglichst regle. Es ist, sagt er, das was ein junger Mensch aus eignem Antrieb arbeitet, viel werth, aber wir müssen von diesem sozusagen psychologischen Stande der Zeit ausgehen, und da glaube ich doch, dass die Concentrirung der Thätigkeit des Schülers das Nothwendigste ist. Wollten wir zum Privatstudium aufmuntern, so würden wir bei den meisten Schülern, soweit ich es wenigstens von dem mir übersehbaren Kreise aus sagen kann, eine gewisse Getheiltheit der Bestrebungen hervorbringen, welche den Zweck, den wir im Auge haben, nicht befördern würde. Ich habe mich darüber schon amtlich ausgesprochen und im württembergischen Correspondenzblatt für Gelehrte- und Realschulen die Sache weiter ausgeführt. Es soll in und für die Schule ernstlich gearbeitet werden, und sind dann Einige vorhanden, welche zu besondern Studien Lust haben, so werden diese allerdings mit Vortheil begünstigt und geleitet werden. Etwas Allgemeines kann beim gegenwärtigen Stand der Dinge darüber nicht ausgemacht werden, es hängt das von dem Bestand der Anstalten und der Qualification. der Lehrer zu sehr ab. Von dem Bestand der Anstalt in mancherlei Hinsicht: wo die Lehranstalt zugleich Erziehungsanstalt ist, wie in den württembergischen Seminarien und den sächsischen Fürstenschulen, da geht es leicht, nicht aber in den Gymnasien. Auch die Qualification

der Lehrer hiezu ist verschieden: der eine hat Anlage hiezu, der andere nicht; es wird desshalb von Seiten des Schülers bloss Sache des persönlichen Vertrauens sein, an welchen von seinen Lehrern er sich wenden will; vielleicht ist es nicht immer gerade sein Ordinarius. Machen wir ein allgemeines Institut daraus, dass neben den Dingen, welche in und für die Schule zu behandeln sind, noch andere nebenhergehen müssen, wie es vor meiner Zeit in Stuttgart eingeführt gewesen, dass z. B. bei Livius neben dem, was statarisch in der Schule gelesen wurde, auch noch andere Partien zu Hause gelesen werden sollten, so kann das zuweilen schädlich wirken. Man sollte das den Schülern durchaus überlassen, was sie thun und wem sie sich dabei anvertrauen wollen. Machen wir etwas Stabiles daraus, so wird der Zweck der Sache nicht erreicht. Desshalb trage er, schliesst Roth, darauf an, dass diese These, obgleich sehr richtig, doch nur sehr kurz behandelt werden soll.

Bäumlein möchte, was das erste Bedenken betrifft, bemerken, dass er nicht glaube, die Richtung des Lehrers auf Weckung der Selbstthätigkeit in der Schule stehe im Gegensatz zu der Kultur des Privatstudiums. Es schliesst sich, sagt er, Beides nicht aus. Gerade die von Roth bemerkte Abnahme der Selbstthätigkeit sollte ein Motiv sein, Alles zu thun, um sie wiederherzustellen. Ich fürchte nicht, dass darunter die Concentration der Schüler leiden würde. Ich setze voraus, dass die Privatstudien unter Leitung eines Lehrers stehen. Die Thätigkeit des Lehrers wird sich einfach auf das beschränken, was auch sonst in seinem Berufe liegt; er wird berücksichtigen, ob die getroffene Wahl mit der Fähigkeit des Betreffenden, seinen gemachten und noch zu machenden Studien im Einklang stehe oder nicht; ferner wird sich der Lehrer überzeugen müssen, wie und ob im rechten Masse Privatstudien betrieben werden; es sollte das von jedem Lehrer erwartet werden.

Roth erwiedert, bei dem Stande der Dinge, über welchen von anderer Seite mehr geklagt werden sei, als er selbst zu klagen habe, scheine ihm, dass die Selbstthätigkeit der Schüler, wo es nothwendig sei, zu allererst dadurch wieder angepflanzt werden solle, dass sie durch gehörige Leitung dahin gebracht würden, für die Schule recht zu arbeiten. Er fürchte, dass von einem Aufrufe zur Privatthätigkeit die Schule zu leiden haben werde. Es komme die grosse Getheiltheit der Unterrichtsfächer und Anderes hinzu, was wir den Schülern nach vorgeschriebenen Unterrichtsplanen zumuthen müssen. Desshalb sollte man sich in Betreff der Privatstudien durchaus auf den guten Willen der Besseren beschränken. Nach mehr als vierzigjähriger Erfahrung habe er es als Hauptsatz aufzustellen, dass wir uns in der Gesammtthätigkeit der Schule nach der grossen Mehrzahl richten müssen, welche genug und mehr als genug zu thun habe für die Schule. Der Zweck der Concentration, welche auf's Neue angepflanzt werden soll, werde durch das vorgeschlagene Mittel bei der Mehrheit nicht erreicht. Den Erfahrungen Bäumleins stehen eben die seinigen gegenüber, darüber streiten könne man nicht.

Hierauf führt Büumlein noch weiter aus, dass er nie gemeint gewesen sei, das Privatstudium zwangsweise zu fordern, sondern geglaubt habe, es gehe aus seinen Thesen hervor, dass es eben nach Möglichkeit gefordert werden soll, mit Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse. Wenn in einer Schule der gute Wille in Thätigkeit gesetzt werden soll, sagt er, so darf ja dieser nicht zum Voraus in Frage gestellt werden. Als Lehrer und Vorstand suche er bei, seinen Zöglingen das Privatstudium anzuregen, er fordere sie auf, dass die, welche nach

Erfüllung der Pflichten für die Schule noch Zeit übrig haben, sich irgend eine Privatbeschäftigung selbst suchen sollen.

Eckstein wünscht vor Allem eine genauere Bestimmung des Ausdrucks „Privatstudium“. Soll darunter nichts Weiteres verstanden werden, als die freie halb wissenschaftliche Thätigkeit des Schülers der obersten Classe, so sei das etwas ganz Anderes, als wenn man darunter diejenige freie Thätigkeit der Schüler verstehe, welche neben den Schularbeiten auch in den untern Classen immer hergehen müsse und solle.

Die verlangte Definition wird von Bäumlein, obgleich er sie schon in den Thesen implicite gegeben zu haben glaubt, dahin abgegeben, dass Privatstudien im Gegensatze stehen zu den öffentlichen Aufgaben, dass für sie der freie Entschluss zu dieser oder jener Arbeit wesentlich sei, welche jedoch im Einklang stehen müsse zu dieser oder jener Lection und den Bedürfnissen der Schule überhaupt.

Eckstein findet aber das zu wenig; diese Art von Privatstudien würde nur auf die obersten Classen beschränkt sein.

Bäumlein erwidert, er habe diesen Ausdruck gewählt, damit nach Verschiedenheit der Schulen und der Benennung ihrer Classen die Grenze nicht zu enge gezogen werde. Mit dem Ausdruck,,obere Gymnasialklassen" in seiner These 1 wolle er lediglich die Zeit vom 14. Jahre und darüber bezeichnet haben.

Kramer will unterscheiden zwischen Privatstudien und Privatarbeiten. Die ersteren seien für die oberen Classen, die andern auch für die untern nützlich und nothwendig. Die ersteren werden sich leicht regeln lassen, die zweiten seien schwieriger.

Classen möchte recht concret Bäumleins und Anderer Erfahrungen in der Sache hören. Er habe, sagt er, es immer schwierig gefunden, den rechten Antrieb zu geben und den Gang zu ordnen. Im Allgemeinen werde es darauf ankommen, die Lektüre nicht über die Grenze der Schule hinauszuführen, innerhalb derselben aber zu erweitern; auch werden nur einzelne Schüler der obersten Classen zu derartigen Aufgaben und nur zu solchen aufzufordern sein, welche eine gewisse Concentration erfordern. In Erwiederung darauf theilt

Baumlein mit, er habe in seiner Gymnasial- und Seminarlehrerthätigkeit die Privatstudien gepflegt als ein Erbstück aus alter Zeit. Die 7 aufgestellten Punkte enthalten nur die Erfahrungen seiner Praxis. Die Erfolge, berichtet er, sind bei verschiedenen Cursen verschicden und sehr wechselnd gewesen. Ich habe Promotionen gehabt, welche in verschiedenen Zweigen sehr Anerkennungswerthes geleistet haben, so dass die Lehrer mit Freude und Stolz auf diese eignen Leistungen der Schüler gesehen haben. Diese Leistungen sind aus der freien Wahl der Zöglinge hervorgegangen. Da wo eine gewisse Selbständigkeit sich gebildet hat, ist diese nicht unterdrückt, sondern gehoben und gepflegt worden. So haben sich die einen Zöglinge mit lateinischen, griechischen oder hebräischen Autoren beschäftigt, andere mit Mathematik, Geschichte, Französisch. Mehrere haben in den verschiedenen Semestern mit verschiedenen Studien abgewechselt. Die Leistungen sind von der Art gewesen, dass, wo wir es für geeignet befunden, die Schüler auch über das Mass der Schule hinausgehen durften. Es sind Zöglinge in der Anstalt gewesen, welche nach Erledigung Homers sich mit andern griechischen Dichtern z. B. Hesiod und der Anthologie, andere welche sich mit Thukydides und Aeschylus beschäftigt haben. So sind auch begabtere Mathematiker angeleitet worden, in ihren Studien höher zu

gehen, als das in der Schule möglich gewesen, Geschichtsfreunde sind tiefer in die Quellen eingeführt worden. Es versteht sich übrigens, dass Studien, welche ganz ausserhalb der Sphäre des betreffenden Cursus fallen, weder gewählt noch gewünscht werden konnten.

Auch Eckstein theilt seine Erfahrungen mit. Er sagt, dieselben seien in Bezug auf das Privatstudium noch jung und veranlasst durch eine Anordnung der Unterrichtsbehörde in Preussen. Bisher habe er nur Privatarbeiten in den obersten Classen gehabt, Lectüre von Schriftstellern, welche nicht in der Schule gelesen worden seien. Nach der neuen Anordnung sollen bei der Maturitätsprüfung freie Arbeiten der Schüler vorgelegt werden und solche selbst einen Dispens von den gewöhnlichen Arbeiten möglich machen. Seit einem halben Jahre haben sich die Schüler Themata zu irgend einer Arbeit gewählt, ihm vorgelegt und mit ihm berathen. Ein Schüler habe aus Cic. de orat. nach Anleitung von Nägelsbachs Stilistik die Phrasen ausgezogen, ein anderer über das Leben des Germanicus nach Tacitus geschrieben. Die Schüler haben dabei immer Autoren lesen müssen. Nach einem richtigen Ausspruch von Döderlein müsse der Schüler immer wissen, was er mit dem, was er lese, machen solle.

Decan Werner von Waiblingen gibt Erfahrungen aus der alten Zeit. In der Klosterschule Maulbronn, erzählt er, deren Zögling er gewesen sei, habe man damals nicht blos für die Lectionen, sondern auch privatim viel gearbeitet. Nach den Lectionen seien immer zwei oder drei zusammengetreten, um sich den Inhalt des Vorgekommenen zu wiederholen, und zu zwei oder drei haben sie sich auch wieder auf die nächste Lection vorbereitet. Jeder von ihnen habe aber auch sein Privatstudium gehabt, welches immer mit der Lection und dem Beruf in irgend einer Verbindung gestanden habe. In Bebenhausen aber, zwei Jahre nachher, habe das gemeinschaftliche Arbeiten aufgehört. Er empfehle für das Privatstudium besonders das gemeinschaftliche Arbeiten.

Seine eigenen Jugenderfahrungen erzählt auch Nägelsbach. Auf dem Baireuther Gymnasium habe es eine eigentliche controlirte Privatarbeit nicht gegeben. Was sie freiwillige Arbeiten damals genannt haben, sei freiwillig in allen Beziehungen gewesen. Der Mediciner habe Physik getrieben, ein Anderer Mathematik, wieder ein Anderer habe den Schiller auswendig gelernt; Viele haben auch klassische Lectüre vorgenommen und diese sehr ernst und oft gemeinsam, so z. B. auch einmal Thiersch's griechische Grammatik; es seien schriftliche Aufsätze und auch sehr viele Gedichte geliefert worden. Joh. Ad. Schäfer zu Anspach, der Uebersetzer des Plinius, habe in der ganzen Prima keine einzige Aufgabe gegeben und sei doch mit Privatarbeiten, meist deutschen, fast überschüttet worden; derselbe habe auch lateinische Aufsätze und Gedichte corrigirt. In Nürnberg sodann, wo er als Lehrer thätig gewesen, habe zuerst aus dem Groben herausgearbeitet werden müssen, wesshalb strenges Arbeiten für die Schule vor Allem nothwendig gewesen sei. Später habe er auch Privatarbeiten hervorzurufen gesucht, aber in einer sechzehnjährigen Lehrerthätigkeit seien ihm nicht soviele Arbeiten geliefert worden, als in Anspach in einem Jahre. Der allgemeine Schluss aus seinen Erfahrungen sei: Es ist unerlässlich und eine conditio sine qua non, dass gewissenhaft und treu für die Schule gearbeitet werde, aber es ist schön und eine Zierde der Anstalt, aber beschränkt auf Wenige, dass selbständig in der angegebenen Weise gearbeitet werde. Das eine ist nothwendig, das andere ist schön. Die streng angeordnete und controlirte Privatlectüre aber gehört nicht unter diese Kategorie, diese ist Schularbeit.

Verhandlungen der XVI. Philologen-Versammlung.

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Ueber die sächsischen Fürstenschulen berichtet Dietsch aus Grimma. Was man dort Privatstudium heisse, sagt er, gehöre nicht hieher. Man gebe dort zu gewissen Zeiten den Schülern freie Zeit zur Arbeit. Dieses Privatstudium sei aber Forderung für die Schule und auf Lectüre der Klassiker beschränkt; nur werde längere Zeit bei grösseren Aufgaben gegeben und erst später corrigirt. Schon dem Quartaner werde für den „Studientag" eine Arbeit gegeben, etwa zehn Kapitel im Cäsar zur Uebersetzung und Erklärung. In Prima und Secunda werde an solchen Arbeiten oft ein bis zwei Monate lang gearbeitet. Es sei bei ihnen ein alter Kanon: der Tertianer solle, ehe er aus der Classe austritt, die ganze Odyssee und Cäsar de bello Gallico gelesen haben; der Secundaner die ganze Ilias, drei bis vier Reden Cicero's und einige Bücher Virgils, der Primaner einige griechische Prosaiker und Dichter, lateinische Dichter und schwerere ciceronianische Reden. Man verlange hiebei nicht von dem Schüler, dass er die Mittel, wie er zum Verständniss gekommen, angebe; man sehe es gerne, wenn er sich Phrasen oder antiquarische Notizen aus dem Gelesenen ziehe, verlange es aber nicht. Freiwillige Arbeiten schliessen sich daran, Aufsätze und lateinische Gedichte; sie werden vorgezeigt, aber nicht strenge corrigirt; der Lehrer lese sie, bespreche die gröbsten Fehler und gebe sein Urtheil im Allgemeinen; allein eine Hauptforderung sei, dass man in allen öffentlichen Arbeiten Früchte dieses Privatstudiums sehe.

Zu den Mittheilungen von Nägelsbach gibt Ströbel aus Stuttgart noch weitere von derselben Anstalt. Er erinnert sich, dass daselbst jeden Samstag Vormittag zwei Stunden dazu angewandt wurden, um eine lateinische Abhandlung, welche der Reihe nach von einem Schüler ausgearbeitet wurde, vorzutragen und zu besprechen. Es konnte einer sich lange vorher seinen Stoff wählen und ausarbeiten, gab aber am Donnerstag vorher ein Exemplar der Arbeit dem Vorstande, ein anderes dem sogenannten Opponenten; beide corrigirten sie, und am Samstag war Besprechung derselben in der Classe, welche ebenfalls lateinisch geführt wurde. Wie es auf der alten Schulpforte gehalten worden, wird von

v. Thiersch erzählt. Die Schule hatte wenige Stunden, die Arbeiten für die Schule nahmen wenige Zeit in Anspruch. Gleichwohl musste des Morgens um drei bis vier Uhr aufgestanden werden; somit war viele Zeit für freie Arbeiten gegeben. Man hatte damals die Ansicht, dass die Leistung einer lateinischen Schule durch strenge Ordnung, Regelmässigkeit, und Controle von oben bedingt sei. Für die Schule dagegen, welche mit dem 14. Jahre anfing, hatte man ein anderes Princip. Man glaubte zwar, gewisse Dinge, wie Styl, Verse u. dgl.. müssten in der Schule geübt werden, die jungen Leute sollten nicht blos wissen, sondern auch können. Namentlich wurde die lateinische Versification in grosser Ausdehuung geübt, wobei nicht blos poetische Form und Phraseologie bezweckt wurde, sondern das Gemüth des Jünglings sollte poetisch angehaucht werden, die ganze Schule war auf ein poetisches Element gegründet. Für das dagegen, was nicht Sache der Uebung war, gab der Lehrer möglichst viele freie Zeit und fragte auch nicht, was in derselben gelesen werde. Man wollte Selbständigkeit und freie Bewegung. Auf diese Weise konnte bei mässiger Arbeit ein ächt freier, poetischer Geist in der Schule erhalten werden. Bei dieser freien, selbständigen und die edlen Gemüther weckenden Thätigkeit verging vieles Geringe, vieles Mittelmässige blieb mittelmässig, aber der Gewinn bei den bessern Geistern war um so grösser. Unsere Zeit, fährt Thiersch fort, hat die Aufmerksamkeit mehr auf Alle gerichtet, mütterlich nimmt sie sich Aller an, es ist aber

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