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1800.

Auch sind nun Schillers neueste Stücke von dem beliebten Coleridge, aus der Handschrift übersetzt worden; die Piccolomini sind bereits ausgegeben: und Wallensteins Lager und Tod sind unter der Presse. Die Übersetzung wird mit einem Versuche über Schillers dramatischen Geist vermehrt. Intelligenzblatt zur Allgemeinen Literatur-Zeitung, Jena und Leipzig, 1800, 21. May.

Von einem jungen Gelehrten ist vor kurzem „die Geschichte des 30jährigen Krieges von Schiller“ ins Englische übersezt worden. Der Nahme des Überseßers ist aber nicht bekannt.

Gothaische gelehrte Zeitungen, Gotha, 1800, 4. Junius.

Ueber Macbeth nach der neuen Bearbeitung

von Schiller.

Weimar, d. 18. May.

Gestern wurde Macbeth nach der neuen, metrischen Bearbeitung von Schillern zum zweyten mal hier aufgeführt. Was man von der Hand eines Meisters, wie Schiller, im voraus erwarten konnte, daß durch seine Versifikation alles dem hohen Urbilde noch näher gebracht und dem vergleichenden, so wie dem bloß genießenden Zuschauer ein hoher Genuß bereitet werde, wurde bey der Vorstellung selbst ganz erfüllt, und bewies uns unwidersprechlich, daß wenn nur der metrische Bearbeiter der Shakespearischen Stücke das Werk mit wahrer Genialität zu treiben und sich dem sclavischen Joche des ängstlichen Zuzählens der Verse zur rechten Zeit zu entziehen wisse, eine in Jamben gebundene Uebersehung weit mehr Wirkung thue, als eine in Prosa aufgelöste, und hätte ihr auch Bürger selbst seinen Wohllaut eingeflößt. Dem Kenner des Originals entgehen die klugen Abänderungen und Ausbesserungen nicht, die Schiller an mehrern Orten anbrachte, und es wird ihm lehrreich seyn, die Gründe zu errathen, die ihn zu solchen Milderungen oder Verkürzungen be

wogen. Daß Stellen, wie die Mordszene im Schlosse der Lady 1800. Macduff, oder die Kropfheilende Kraft der Könige von England betreffend, ganz wegbleiben, andere, wie das berühmte Hunderegister, sehr verkürzt werden würden, ließ sich in voraus erwarten; aber auch in den Herenszenen und sonst waren manche flugberechnete Veränderungen bemerkbar. So läßt der teutsche Dichter z. B. in der dritten Szene des zweyten Acts den Thürhüter, den das Original die Stelle des damaligen Clown oder Lustigmachers vertreten, und nach dem Geschmack jenes Zeitalters in den niedrigsten equivocations baaren Unsinn plaudern läßt, ein von ihm neu dazu gedichtetes Morgenlied absingen, das durch seinen Inhalt wunderbare Ahnungen vorbereitet und frohmüthige Sicherheit athmend den Contrast mit dem gleich darauf folgenden Jammergeschrey gewaltig herbey führt. Ueber die Mittel, welche Schiller angewandt hatte, die berühmten Zaubererscheinungen und Herentänze mit ihrer ganzen berüchtigten Szenerey für den gebildetern Geschmack weniger auffallend zu machen, und gleichsam auf höhere Cothurnen zu stellen, waren die Meinungen der Zuschauer sehr getheilt. Die meisten hätten ohne Zweifel statt der drey unbeweglichen und langsam tönenden Zwittergestalten lieber drey schnelltrippelnde, vielgewandte, geschäftige Herenmütterchen (wie sie auch stets auf der englischen Bühne erscheinen und Riechard in seiner Musik bezeichnet hat) hier gesehen, so wie man auch die Hecate selbst nach den Begriffen alles alten und neuen Zauberspuks eher in Flammen aus dem Abgrund, als im Wolkenwagen vom Himmel kommend erwartete. Doch mag auch für die veredelnde Manier unsers Dichters manches gegen die ächt englische Darstellungsart erinnert werden.

Man ist es seit längerer Zeit von unsrer ganzen Schauspielergesellschaft schon gewohnt, daß sie zu einer wahren künstlerischen Darstellung durch Einen Geist belebt, selbst der schwerern Aufgabe fröhlich zuvoreilen. Dieß zeigte sich auch bey der Aufführung dieses neuen Macbeths. Vor allen erfüllten Hr. Vohs als Macbeth und Mad. Teller als Lady Macbeth durch festes kunstgerechtes Aufgreifen und Durchführen ihrer Rollen alle Forderungen zur allgemeinen Zufriedenheit. Der Triumph der einsichtsvollen Schauspielerin schien die Stelle, wo sie dem wankenden Gatten ihren Muth einhaucht; Hr. Vohs sprach die Stelle: aber ich konnte nicht Amen sagen! mit erschütternder, un

1800. übertroffener Wahrheit aus. Erstere hätte man vielleicht in der berühmten Szene des Blutabwaschens am Ende mehr als dumpfhinstarrende, stille Traumwandlerin mit gebundenen Sinnen und ohne jene heftigen Bewegungen des Körpers und der Hände, lezteren in der Vision des Dolchs mehr vorwärts als aufwärts schauend und greifend zu erblicken gewünscht. Doch läßt sich darüber mancherley meynen und urtheilen. Ueber beyde Szenen haben die Britten ihre eigene Kunstüberlieferung. Beyde verdienen eine besondere dramaturgische Erwägung und Erörterung, die vielleicht anderswo gegeben werden kann.

Journal des Luxus und der Moden, Weimar, 1800, Juny, pag. 308-311.

Wallenstein, ein dramatisches Gedicht von Schiller. 2 Theile. 1800. Tübingen bey Cotta. in 8. (Preis auf Schreibpapier 2 Rthlr. und auf geglättetem Velinpapier 3 Rthlr. 12 Gr.)

1. Wallensteins Lager.

2. Die Piccolomini.
3. Wallensteins Tod.

Eine neue dramatische Schöpfung, welche Schiller nach einer Pause von nicht weniger als vierzehn Jahren (seit seinem Don Carlos) in Deutschland aufgestellt hat und aus deren gesunder und reicher Natur sich erwarten läßt, daß ihr bald mehrere nachfolgen werden.

Es ist ein Charakterzug des Schillerschen Geistes (so wie aller großen Schriftsteller überhaupt,) daß er sich seines Stoffes mit Adlerkraft schon ganz bemächtiget hat, wenn er den Griffel zur Ausführung anseht. Dieß gilt von seinen poetischen wie von seinen prosaischen Werken; und ganz vorzugsweise von diesem Wallenstein. Aus jeder Scene, aus jeder Aeußerung der flüchtigsten Nebenperson springt diese monarchische Herrschaft über sein Thema hervor. Man merkt es deutlich, wie viel er unterdrückt, wie viel er uns noch hätte zum Besten geben können, wenn es die Dekonomie seines Plans erlaubt hätte. Ohne eine solche

alles umfassende Herrschaft, läßt sich auch weder von dem 1800. Künstler, noch vom Schriftsteller je ein ächtes Meisterwerk er warten.

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Wer da glaubte, daß Schillers Genius seit dem Geisterseher und dem Don Carlos erschöpft, und aus Noth zur Brosa herabgestiegen sey der irrte sich sehr: denn er hat seit vier Jahren, in seinem M. Almanach, und in seinen Horen, und jezt mit diesem Wallenstein, Dichterwerke aufgestellt, die mit den gelungensten seiner Jünglingsjahre wetteifern. Das glühende Vesuvfeuer, das kühne Leidenschaftliche, die schwindelnden Höhen, die grauenvollen Tiefen, die nie gehörten Gedanken- und überhaupt die ganze gewagte Intensität und Spannung seiner frühern Produkte findet man freylich hier nicht mehr; aber desto mehr Wahrheit, desto mehr ruhige Schönheit, attische Feinheit, und Lebensphilosophie. Der Charakter dieses Gedichts im Ganzen besteht in einer gewissen fast durchgehends herrschenden Jovialität und Leichtigkeit, in einer gewissen Deutschheit und herzlichen Naivetät, verbunden mit einem trefflich getroffenen martialischen Air, und einer tiefen, herzergreifenden, und Thränen auspressenden Empfindung meistens Eigenschaften, die in den früheren Schauspielen dieses Verf. eben nicht herrschend sind. Dieser Cha= rakter erstreckt sich sogar auf die Sprache, welche viel leichter ungezwungener, und natürlicher ist, als im Fiesto und Carlos, und sogar da und dort in absichtliche Nachläßigkeit ausartet. Manche Scenen sind so, daß man sich unmöglich erwehren kann, an Göthe's Manier zu denken: besonders trägt Wallensteins Lager diesen Stempel so auffallend, daß man im Beginnen des Lesens Göthe's jovialische Muse leibhaftig zu hören glaubt. Dieß verliert sich jedoch, so wie der Ernst der Handlung anhebt, und wir erkennen gleich in den ersten Scenen der Piccolomini die genialische, tief greifende Schillersche Manier, die inund außerhalb Deutschland längst bekannt ist, und in ganz eigener Glorie strahlt. Das Lager ist gereimt; die beyden andern Stücke sind in fünffüßigen Jamben geschrieben. Unmöglich können wir uns überreden, daß der deutsche Knittelreim auf dem ernsten. Theater eine gute Wirkung thun dürfte, wenn er auch noch so sorgfältig deklamirt wird. Die Worte sind öfter zu poßierlich verstellt, als daß nicht die Illusion nothwendig leiden sollte. Herrlich, altdeutsch, und ganz in der Kernmanier eines Sebastian

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1800. Brand's, oder Burkhard Waldis ist übrigens dieses Lager gedacht und dargestellt.

Die ausgeführtesten, hervorragendsten Charaktere beyder Stücke sind: Wallenstein, Max, Oktavio, Buttler, Gräfinn Terzky, Thekla, Jsolani, Gordon, Jllo. Diese alle stehen hier in Lebensgröße vor uns; sie handeln und reden so consequent, daß man sie sogleich, selbst bey verdeckten Nahmen, aus ein Par Zeilen erkennt; und es ist einem nach Durchlesung des Werkes nicht anders, als zählte man sie unter seinen Bekannten.

Im ersten Stücke ist Wallenstein noch nicht fest entschlossen zur That, und hält sich eifersüchtig noch immer seine Freyheit offen (zu seinem Kaiser zurückzukehren). Zu Anfange des zweyten Stückes erst erwärmt die Gräfinn Terzky in einer Meisterscene seinen Entschluß zur That; und nun sieht man den großen Mann in Bewegung sieht ihn größer und größer, je mehr ihm Hülfsmittel von außen abgeschnitten werden, und er genöthiget wird, in die Tiefen seiner eigenen Seele hinabzusteigen.

„Es ist entschieden! nun ists gut und schnell

Bin ich geheilt von allen Zweifelsqualen.

Die Brust ist wieder frey, der Geist ist hell;

Nacht muß es seyn, wo Friedlands Sterne strahlen.“

Max und Thekla erscheinen wie zweh freundliche Lichtstrahlen in der rauhen Gruppe dieser Krieger. Die schönsten Stellen des Stückes sind Maxen in den Mund gelegt. Er hat die Prinzessinn ins Lager gebracht: auf dieser Reise entspann sich eine Liebe zwischen ihm und ihr: alles was er spricht ist nun in diese schmelzende Leidenschaft getaucht:

Max.

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,, schöner Tag! wenn endlich der Soldat
Ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit
Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,
Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch.
Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken

Mit grünen Mayn, dem lezten Raub der Felder!

u. s. m.

Seine weiche, im Lager halb verwilderte Natur kehrt in die Heimath schöner Menschlichkeit zurück. Durch diese Liebe wird

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