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einem Gemälde in ihrem gewöhnlichen Colorit, auch eine Elegie 1797. von ächt römischem Zuschnitte, der ihr gar nicht übel gerathen ist. In zwey der längern Stücke von Herrn Kose garten giebt es freylich ein Paar küne Pinselstriche; dafür aber auch Stellen, wo falsches Pathos, sprachwidrige Wendung, und der Kizel etwas Unerhörtes zu sagen, alles Umherblühende zerstören. Die Legende des Herrn Langbein ist nicht ohne Werth, und hat überdieß das Verdienst, kurz zu seyn. Pfeffels kleine Fabel weiß ebenfalls in wenig Worten den Geist des Sanscülottismus zu versinnlichen.

Wer zu dem dießjährigen Bündel am meisten betrug, ist Herr von Göthe und der Herausgeber selbst. Aus der Brieftasche des Erstern, steht eine Erzählung, Idylle rubrizirt, und in Elegienform dargestellt, an der Spiße des Almanachs. Daß es an trefflichen Zügen ihr nicht fehle, versteht sich von einem Kopfe, wie der seinige; an vollendeten Streichen aber auch nicht; wie denn das Ganze selbst noch fragmentarisch aussieht. Unter der Ueberschrift: die Eisbahn, sind ein Dußend reichhaltiger Gemeinsprüche oft wißig genug angebracht. Wollte Herr von G. die Bagatellenjagd eines der Märkischen Dichter durch Spott, und nur zu oft verdient sie ihn, bemerklicher machen: so hätt er der Posse wenigstens die so allgemeine Aufschrift nicht geben sollen: Musen und Grazien in der Mark; denn hoffentlich wird er nicht allen Dichtern dieser Provinz einen so kindischen Geschmack zutrauen, wie Herrn Schmid in Werneuchen. Er selbst fieng seine dichterische Laufbahn mit Parodien an; soll man schliessen, daß er mit Parodien sie auch endigen werde? Glaublicher mit Distichen, als wovon es im eigentlichen Almanach schon eine gewaltige Menge giebt; die eben daher nicht alle von gleichem Werthe seyn können. Gerade dieß auch ist der Fall seines Herausgebers, der ausser ein Paar längern Stücken, mit ihren alten Tugenden und Fehlern, (in einem davon steht ein ganzes Antiken-Cabinet in elegischer Versart, und in eben dergleichen eine von jeder Seite hinkende Fabel aufgestellt) den weiten Almanach durch. Er versucht seine längern und kürzern Flügel gleichfalls, und geht das Ding so fort, wird er bald nicht anders als in Distichen denken. Noch eine possirliche Erscheinung! Zwey dieser Gönner der zweyzeiligen Versart,

Braun, Schiller. II.

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1797. G. und S. haben ihre Distichen zusammengespannt, und unter dem Titel: Tabulae votivae; Bielen und Einer, uns Quodlibete herbeygeschleppt, wo es sehr sonderbar zugehn müßte, wenn unter hundert bunten Einfällen nicht ein Paar wenigstens für die Langweiligkeit der übrigen schadlos hielten. Was für Eitelkeit aber, und wieviel Egoismus, wenn das Dichterpaar sich einbildete, man werde sich den Kopf darüber zerbrechen, welcher von ihnen dieß oder jenes Distichon ausgeheckt habe? Wirklich giebt diese höchst müßige Vorausseßung ihnen Stoff zu einem Doppelvers, der in den Xenien unter der Aufschrift: die Chorizonten, zu dergleichen Zeitvertreib den Leser förmlich einladet.

Und damit wäre der Musenalmanach, so weit er auf diesen Namen Anspruch zu machen hat, abgefertigt; denn noch beyfügen zu wollen, daß auch sein Aeusseres dießmal viel ungefälliger sey, und daß der Kupferstecher den Fuß der Tänzerinn, welche das Titelkupfer macht, jämmerlich verrenkt habe, wäre nicht einmal eines Distichi werth, selbst wenn man das Omen hineinpressen wollte. Ein Umstand weit schlimmerer Art ist es, der diese Anzeige, und das sehr wider Willen des Anzeigers, verlängert. Unter der Aufschrift Xenien hat der Herausgeber nämlich einen Schweif von mehr als vierhundert Distichen angehängt, die großen Theils für eben so viel Versündigungen an Geschmack und Humanität gelten können. Hätte die schamlose Sammlung auf Gerathewohl und ohne andre Gesellschaft sich ins Publicum geschlichen: so bliebe nichts klügeres zu thun, als in öffentlichen Blättern gar keine Notiz von dem Unrath zu nehmen, und seine Schmußköche stillschweigender Verachtung preis zugeben. Da solche aber Listig genug sind, ihn hinter der Larve eines unschuldigen Musenalmanachs in die Lesewelt zu spielen, wird es Pflicht, über ein so heilloses Betragen eben so öffentlich Unwillen zu äussern. Sehr gern übrigens würde Rec. die Anzeige dergleichen Unfugs Andern überlassen. Der Umstand, keiner von denen zu seyn, woran die Distichendreschler ihre Bolzen versucht, macht ihn indessen zu einem desto unparteyischern Beurtheiler. Als ein solcher darf und will er nicht abläugnen, daß unter dem Schwarm der Doppelverse es allerdings ein Paar Dußend gebe, die durch neue Wendung, reichen Sinn, treffenden Wih, und durch Schnitt in arge Geschwüre unsrer Litteratur nicht ohne Verdienst sind. Was

aber will diese kleine Zahl gegen so viel Schock andrer sagen, 1797. wo Plumpheit, Wortspiel, Anzüglichkeiten, Arglist und Zuchtlosigkeit jeder Art mit einander wetteifern! Und weßhalb die ganze Klopffechterey? Etwann, weil man die beyden Distichenschreiber nicht besser behandelt? ihren übrigen Werth verkannt, oder dergleichen? Im Gegentheil: verzogen hat das Publicum sie, aufs ärgste verzogen; und hier sind die schönen Früchte davon! Von ein Paar optischen Wahrnehmungen berauscht, will der eine durchaus mehr als Newton seyn, und der andre, der ein ästhetisches Spinnengewebe zu fädeln anfieng, mehr als Aristoteles oder Leibniz. Jenen glaubte man durch Stillschweigen wieder nüchtern zu machen, und bey dem Fliegenneße des zweyten schüttelte man bloß den Kopf. Mehr indeß war nicht nöthig, sie beyde um alle Besonnenheit zu bringen; denn unbesonnen im höchsten Grad ist es doch, links und rechts auszuschlagen und wo es hintreffen mag, mit Koth und Steinen um sich zu werfen.

Was für Scribler, Marktschreyer und Compilatoren es sind, woran die Herren ihr Müthchen gekühlt, mag in dem Almanach aufsuchen wer Lust hat, oder noch nicht unterscheiden gelernt: quid distent aera Lupinis. Alle die wackern Männer aber hier namentlich anzugeben, an denen diese Distichenzwerge erst zu Rittern werden wollen, wäre nicht viel besser als neue Verunglimpfung; und die wenigen Schriftsteller selbst, die man mit Schonung, oder gar mit erheuchelter Achtung darinn behandelt fieht, denn: quantum distant ab illis! müssen mit Erröthen sich von Leuten gelobt sehen, die nicht anders als so scurril zu tadeln wissen. Daß ihr einziger Zweck war, unnüßen Lerm zu erregen, ergiebt sich schon aus der Aufmunterung, womit sie die Distichen in die Welt schleudern. Da heißt es:

Deutschland fragt nach Gedichten nicht viel; ihr kleinen
Gesellen

Lermt! bis jeglicher sich wundernd ans Fenster

begiebt.

Anderwärts gestehn sie selbst, die Verslein übersalzt zu haben; und doch rücken diese am Ende mit der Warnung

hervor:

1797.

Unsrer liegen noch tausend im Hinterhalt; daß ihr nicht

etwa,

Rückt ihr zu hißig heran, Schultern und Rücken

entblößt!

Umgekehrt; nur noch einen kurzen Schritt vorwärts brauchen die Distichenschreiber zu thun, und ihre Kurzweil wird nicht mehr ein Gegenstand der Kritik, sondern der Polizey werden. — Allein mehr als zu viel schon über dieß Erzeugniß des eitelsten Muthwillens, und der um so unverzeihlicher bleibt, da, wie gesagt, das Dichterpaar wenig oder gar keine Ursach gehabt hat, am Publico sich auf diese Weise zu rächen. Troß der herrschsüchtigen Mine, womit solche die volle Blüthe unsers ästhetischen Fruchtgartens nur von ihrer Pflanzung an datirt wissen wollen, und Jeden für Schwach- und Queerkopf ausschreyen, der etwa das bessere Zeitalter unsrer schönen Litteratur schon vorüber gestrichen glaubt, wird diese Vermuthung doch leider! nur immer gegründeter. Nimmermehr kann ein Zeitraum der goldne seyn, wo Schriftsteller, denen es ganz und gar nicht an Lesern fehlt, zu Hülfsmitteln vorliegender Art greifen, bloß um der Gaffer sich noch mehr zu verschaffen! Zugegeben, daß die Wassersuppen, womit man die Lesewelt häufiger als je bewirthet, ihr endlich den Magen verderben; aber was bringt Pfeffer und Wermuth_aus der Küche der Distichenschreiber für einer Wirkung hervor? Kaum ist der saubre Almanach abgedruckt, und schon wimmelt es von Retorsionen, Gegenpräsenten, ja wohl noch gröbern Nachäffungen der Xenien selbst, die endlich unser Litteraturwesen in eine Garküche und Kneipschenke der verächtlichsten Art umzuwandeln drohen.

3b.

Neue allgemeine deutsche Bibliothek, Kiel, 1797, 31. Band, pag. 235-241.

Anti-Xenien."

In nugas tam prona vide! Allerdings war daher zu befürchten, daß ein so schlimmes Beyspiel wie die beyden Distichenschreiber in ihrem Musenalmanach von 1797, gegeben, nicht

ohne Nachäffer bleiben würde; und nur zu geschwind hat diese 1797. Vermuthung sich bestätigt! Kaum war besagter Almanach in Umlauf gebracht, als unsere Scribler, nun um die Wette den Belag lieferten, daß alle in den Xenien verschwendete Lauge statt Scribendi cacoethen wegzubeißen, sie immer noch reger gemacht habe. Eine einzige Vertheidigung, der ihr Verfasser nicht füglich ausweichen konnte, und ein paar versifizirte Flugblätter ausgenommen, ist alles Uebrige theils höchst unbedeutend und schlecht, theils wohl eben so frech und unsittlich wie die Xenien selbst. Kaum also würde vor Richterstühlen des guten Geschmacks von diesem fortgesetten Unfug Notiz zu nehmen seyn, wenn kurze Anzeige des auf diesem Kampfplage zum Vorschein gekommnen, nicht wenigstens als Fingerzeig dienen könnte, wie es am Fuß des deutschen Parnaß gegenwärtig aussieht; denn wenn sogar Köpfe wie die Xenienschreiber in dergleichen Morast herabsteigen, so bleibt dieß doch immer ein Zeichen der Zeit, das auf keine Weise aus der Acht zu lassen ist, und mit noch ärgern Unarten droht. Rec. geht an die Nomenclatur der meist possenhaften Auffäße, wie sie ihm in die Hand fallen, und ohne lange zu untersuchen, was früher oder später der Leserwelt in die Tasche gespielt wurde. Eine dem dritten Stücke des gelehrten Artikels Neue Hamburger Zeitung von 1797. angehängte Recension scheint indeß die Loosung gegeben zu haben. Sie war, spaßhaft genug in die Versart der Xenien selbst gemodelt, für einen Zeitvertreib des Augenblicks nicht schlecht versifiziert, und persiflirte vom Anfange bis zum Ende, ohne irgendwo gegen Geschmack und Sittlichkeit zu verstoßen. Unsere Leser erinnern sich ihrer aus dem ersten Stücke des dießjährigen Intelligenzblattes, wo man solche ganz eingerückt hat. Auch einzeln ist solche vor und nachher abgedruckt, und immer mit neuem Beifall gelesen worden.

2) Gegengeschenke an die Sudelköche in Weimar und Jena, von einigen dankbaren Gästen, 1797, zwey Oktavbogen. (3 Gr.) Unstreitig das Bitterste und Beissendste, womit irgend einer der geneckten Autoren, an den Ausspendern der Xenien sein Müthchen gekühlt, und solche mit gleicher Münze bezahlt hat; denn auch das Gegengeschenk besteht aus Distichen; etwas weniger als Hundert, denen es an Wih eben so wenig gebricht, als an Persönlichkeiten, mit unter auch an Grobheiten. Wer also

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