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1797.

3. bildet er, ohne Bedenken, neue, oft recht tecke Ausdrücke für solche Begriffe und Empfindungen, die ihm noch keinen recht passenden Ausdruck, wie in unserer Sprache, so in andern, zu haben scheinen;

4. bereichert er zu eben diesem Behuf unsere Schriftsprache mit Ausdrücken, die er aus den landschaftlichen und gemeinen Sprech-arten entlehnt; und endlich

5. geht er noch einen starken Schritt ich möchte sagen, einen Riesenschritt weiter, als die von dem Xenienschreiber sogenannten Waschfrauen und Pedanten; denn er bietet dem Sprachgebrauche, nicht bloß, wie jene, da, wo Vernunft und Sprach-ähnlichkeit wider denselben sind, sondern auch sogar da, wo dieser die Vernunft und die Sprach-ähnlichkeit auf seiner Seite hat, kühnlich Troß, und ändert ihn nach Willkühr.

Hier sind einige Beläge zu diesen Bemerkungen, größtentheils aus einem einzigen Werke des Herrn Geheimen Raths aus Wilhelm Meister, ausgehoben:

1. Beispiele von eigenen Verdeutschungen: *)

Lasten, für appüyiren. „Sie declamirte nicht übel, allein man merkte bald, daß es nur eine Wortdeclamation war, die auf einzelnen Stellen lastete, und die Empfindungen des Ganzen nicht ausdruckte.“

Markten, für marchandiren. „In dem Wirthshause fing er
gleich zu markten und zu quengeln an," indem er näm-
lich den Preis von dem und jenem zu hoch fand.
Schwankfüßig, für chancelant. „Der schwankfüßige Dom-
herr."

Ueberspringend, für alternirend. „Ein überspringendes
Fieber."

Untergelegte Pferde, für Relaispferde. Der Stall-
meister ließ die untergelegten Pferde vorführen.“

Ausweiten, für extendiren. „Es scheint mir kein Vortheil zu sein, daß wir unser Theater gleichsam zu einem unendlichen Naturschauplaße ausgeweitet haben.“

Beiwesen, für Accessoria. Wem ererbte Reichthümer 1797. eine vollkommene Leichtigkeit des Daseins verschafft haben, wer sich, wenn ich mich so ausdrucken darf, von allem Beiwesen der Menschheit, von Jugend auf, reichlich umgeben findet, u. s. w.“

Mitgebohrne, für aequales oder Coätanei.

Die

Liebe der Mitgebohrnen." Allein darunter könnte man
wol eher Zwillinge verstehen. Wielands Alters-
genoß scheint passender zu sein.

Strengling, für Rigorist.

Frömmling (Pietist).“

Folger, für Successor:

Der Strengling und der

„Mißgünstig sieht er jedes Edeln Sohn
Als seines Reiches Folger an."

2. Beispiele von angenommenen Verdeutschungen, die Andere in
Vorschlag gebracht haben:

Ehrpunkt, für Point d'honneur. Ist es nicht das
Nämliche mit allen Ehrenpunkten? fragte Wilhelm.“
S. meine Preisschrift, wo ich dieses Wort in Vorschlag
brachte.

Selbstigkeit, für Egoismus, und selbst isch für egoistisch.
„Dabei war seine Selbstigkeit äußerst beleidigt.“ „Sind
wir Männer denn so selbstisch gebohren?" Beide scheinen
mir aber den Begriff, den sie bezeichnen sollen, nicht
darzubieten, und das lezte ist unausstehlich hart. Man
sehe andere, von mir theils vorgeschlagene, theils ge=
sammelte Ausdrücke dafür, in der Preisschrift und dem
dazu gehörigen Nachtrage.

Säulengang, für Colonade. „Die ihr Gewissen und ihre
Moral mit in die Oper nehmen, ihre Liebe und (ihren)
Haß vor einem Säulengange nicht ablegen." S. m.
Preisschrift.

Ergebung, für Resignation. „Ich übernahm den Auftrag
mit Ergebung."

Gespannen, für Cameraden, und Gespannschaft für
Cameradschaft, kommen mehrmahl vor.

1797. Eingehen, für entriren. ,,Sie wußte in seine Ideen so lange als möglich einzugehen.“

3. Beispiele von neugebildeten Wörtern, welche zur Absicht haben, Begriffe und Empfindungen, jene bestimmter, diese lebhafter zu bezeichnen:

Anfühlen. „Wenn wir allein waren, wenn ich ihm die Rechnungen durchsehen half, dann konnte ich ihm recht anfühlen, wie glücklich er war.“

Anempfinderinn. „Sie war, was ich mit Einem Worte
eine Anempfinderinn nennen möchte. Sie wußte einem
Freunde, um dessen Achtung ihr zu thun war, mit be-
sonderer Aufmerksamkeit zu schmeicheln, in seine Ideen
so lange als möglich einzugehen; sobald sie aber ganz
über ihren Horizont waren, mit Extase (Entzücken) eine
solche neue Erscheinung aufzunehmen.“

Buntheit. Wie alles durch Einfärbigkeit (Einfarbigkeit) und
Buntheit bestimmt, so und nicht anders erschien.“

Gewichtig.

„Aber der schöne Geist trägt das Gewichtige leicht." Grauerlich. Grauerlich waren die alten Thürme und Höfe." Halt (der), 1. Für etwas, woran man sich halten kann: „Bei dem Todten (Hamlets Vater) ist keine Hülfe, und an der Lebendigen (Hamlets Mutter) kein Halt." 2. Für Haltung: „Gefeße, die dem Leben einen gewissen Halt geben."

Halbheiten. Zu Reservationen, Halbheiten und Lügen ist das Französische eine treffliche Sprache." Und doch sollen diese Halbheiten und Lügen unserer ehrlichen deutschen Sprache, der sie ein Gräuel sind, mit aller Gewalt aufgedrungen werden! Aber unter des Hrn. v. Göthe mächtigem Schuße, wollen wir, so lange Athem in uns ist, fortfahren, uns männlich dagegen zu stemmen. Mannweiblichkeit, für männliche Weiblichkeit, oder ein Gemisch von Männlichkeit und Weiblichkeit.

Pispern. Es ist Nacht, man liegt im Bette, es raschelt, man 1797. schaudert, die Thüre thut sich auf, man erkennt ein liebes pisperndes Stimmchen 2c.“

Schrillen. Wenn der klingende Ton der Grillen durch die feierliche Stille schrillt.“ Ein schönes Klangwort!

Klauen, für: mit Klauen kragen:

„Denn sie warf sich über ihn her, zerbiß und zerkragt

ihm

Mit Nägeln das Fell, und klaut' und zerrt' ihn ge-
waltig."

Krammen, für, mit krummgemachten Klauen kraßen:
„Sie biffen und krammten gräulich auf ihn.“

Schwerlöthig. „Der schwerlöthige Krieger," d. i. Goliath. Einbildish. Er werde überall sehr distinguirt (ausgezeichnet), und das mache ihn einbildisch."

"

"

Angebäude, für, etwas angebautes. Die neuen Angebäude. Allheit und Leerheit. Diese Allheit und Leerheit, diese rechtliche Schurkerei." Man könnte eine gewisse Sprache gewisser Schriftsteller, die aus allen andern, todten und lebenden Sprachen etwas borgen, und mit vieldeutigen, mithin unbestimmten Ausdrücken spielen, mit diesen neugebildeten Wörtern bezeichnen: Diese Allheit und Leerheit, diese sinnreiche Sinnlosigkeit!"

4. Beispiele von Sprachbereicherungen aus den gemeinen Sprech-arten:

Beschlabbern:

„Im faulen Heu gebettet,

Fand ich die garstige Brut, und über und über be

Bis an die Ohren mit Koth."

schlabbert

Gewähren lassen. „Wilhelm ließ sie gewähren.“ „Der ihn denn auch, seine eigene Unzulänglichkeit fühlend, zulezt gewähren ließ."

1797. Es macht sich. „Es macht sich viel," d. i. es geschieht viel, es kommt viel zu Stande. Wenn Du einen Schwager haben willst, wie sichs doch früh oder später macht," d. i. wie es doch früh oder später der Fall sein wird.

Quengeln. „Er fing an zu quengeln."

Tätscheln. Sie glaubten mich wundersam zu unterhalten, wenn sie an mir herumtätschelten.“

5. Beispiele von kühnen Verlegungen des Sprachgebrauchs, sogar in solchen Fällen, wo dieser Vernunft und Sprach-ähnlichkeit für sich hat. Aus vielen dismahl nur folgende:

Helfen, mit dem vierten Falle: Was hilfts Dich, der Beste
zu sein ?"

Sich etwas lieben, für, etwas lieben: „Er liebt sich die
Speise." „Der edle König, er liebt sich ganz besonders
Leute, die u. f. w."

Erzeugen, für, erzeigen. „Vielen Dank erzeugt er mir da.“
Die Breter, für, die Bretter. „Dir sind die Breter nichts
als Breter, und die Rollen, was einem Schulknaben sein
Pensum ist."

Einem einen leidenschaftlichen Vorzug geben, für:
ihm leidenschaftlich oder mit Leidenschaft den Vorzug
geben. Daß aber Jarno den Ungeheuern der englischen
Bühne einen leidenschaftlichen Vorzug gab.“

Fürtrefflich, für, vortrefflich; sehr oft.

Ich unterhielte, für ich unterhielt. Ich hatte Stunden, in denen ich mich lebhaft mit dem unsichtbaren Wesen unterhielte."

Auf gerade wohl, für, aufs Geradewohl. „Gern hätte ich auf gerade wohl hingelebt.“

Abwiegen, für, abwägen. „Nun ging es an ein Abwiegen aller und jeder Handlungen."

Vor, statt: für. Nie ist etwas vor oder gegen diese Dinge geredet."

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