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Wenn die Xenien allenthalben mit dem wahren Geschmacke und dem richtigen Gefühle aufgenommen worden wären, wie der gebildete und edle Mann solche Nichtswürdigkeiten aufnehmen würde; so hätten sie in keiner Rezension, in keiner Zeitschrift, in keinem Gespräche in ganz Teutschland auch nur mit einem Worte erwähnt werden müssen. Stillschweigende Verachtung wäre die einzige treffende Strafe für Jungenstreiche gewesen, welche nur unternommen wurden, um Lärm zu machen. Aber einen solchen Sinn kann man vielleicht von keinem Publikum, muß man wenigstens nicht vom teutschen erwarten; und dann bleibt uns noch immer die geringere Befriedigung, daß von allen Stimmen, welche sich über die Xenien haben hören lassen, auch nicht eine für sie gesprochen hat, obgleich die beiden Männer, welche, leider! nicht den Muth haben konnten, die Hervorbringung jener Wechselbälge abzuleugnen, gewiß einen sehr großen Anhang von solchen Jüngern haben, die stets fertig sind, in verba magistri zu schwören. Das muß wenigstens den einen, welcher die Würde so schön zu entwickeln wußte, welcher in allem so warm, und in vielem so glücklich nach dem Idealen strebte, welcher seine Mitbrüder nicht ohne Erfolg zum reinsten Schönheitsfinne erweckte, unaussprechlich unglücklich machen, so bald ihn die elenden Leidenschaften verlassen haben, in welchen er sich so erniedrigte. Der andere ist von Jugend auf über solche gemeine Gefühle erhaben gewesen.

Bei der Gelegenheit sind indeß doch einige Mängel unsrer gelehrten Republik wieder recht sichtbar geworden, welchen wohl zu wünschen wäre, daß man sie recht genau und allgemein betrachtete. Das unmäßige, nachbeterische, vergötternde Loben jeder Zeile, welche der eine von jenen Männern oft unanständig genug dem Publikum hinwarf, obgleich nur eins seiner ersten Werke ein beinahe vollendetes Meisterstück heißen kann, ist gewiß im Ganzen eben so nachtheilig, als ein roher, ungesitteter und hä mischer Tadel, welcher unsre gelehrten Streitigkeiten und kritischen Schriften so oft beschimpft. Ueberhaupt ist der Muthwille und die unholde Begegnung, die sich die Schriftsteller in diesen Jahren öffentlich gegen einander erlauben, keine große Erfindung, und macht ihnen nicht gar viel Ehre," sagt der ehrliche Asmus.

"

,,Wenigstens sollten Gelehrte sich doch als Leute von guten Sitten 1797. betragen!"

Ohne daß dadurch das Benehmen der Xenisten auch nur vor dem bürgerlichen Richterstuhle, geschweige vor dem Richterstuhle des guten Geschmacks, der seinen Sitten, der höhern Sittlichkeit Entschuldigung erhielte, muß man doch sagen, daß sie zu einem solchen Ausbruche gemeiner Leidenschaftlichkeit schwerlich gesunken sein würden, wenn nicht, besonders den einen, manche öffentliche hämische, oder wenigstens plumpe Angriffe zu sehr gereizt hätten. Allein wie kommen Gelehrte, gebildete Männer so oft dazu, mit der Feder gegen Abwesende auf eine Art zu sprechen, wie sie nie mit dem Munde zu einem Gegenwärtigen sprechen würden?

Es fehlt uns im Ganzen gewiß noch unendliche Mal mehr an Erziehung, an wahrer Ausbildung, als man sich laut gestehen will. Geschmack und Feinheit sigt uns meistens nur im Kopfe und im Gedächtnisse; wir wissen die Regeln der Menuet, aber wir können nicht tanzen; unsre so genannte Lebensart ist ein Firniß, der nur unter Glase hält, daher Formeln und Bücklinge unsern Umgang ausmachen. Mündlich wird selten gestritten. Wir fühlen unsern Mangel an Gewandtheit und Urbanität, und fürchten uns vor uns selbst, der Tölpel möchte drein fallen. Schreiben wir dann, so fällt er wirklich drein, weil wir dann nicht auf unsrer Hut sind, und uns an keine Formeln halten können.

Der Kosmopolit, Halle, 1797, September, pag. 287–288.

I. Leben, Thaten, Meinungen, Schicksale und lehtes Ende der Xenien im Jahr 1797. 163 S. in 8. (Mit einem mit Karrikaturen belegten Umschlage.) II. Trogalien zur Verdauung der Xenien. Kochstaedt, 1797. 62 Š. in 8. (Mit einem allegorischen Titelkupfer, in Salts Almanachs-Manier.)

III. Parodien auf die Xenien. 1797. 70 S. in 8.
IV. Kraft und Schnelle des alten Peleus. 1797. 29
S. in s.

1797.

V. Ein paar Worte zur Ehrenrettung unsrer deutschen
Martiale. 1797. 30 S. in 8.

Das Xenien-Unwesen in der litterarischen Welt hat eine Menge Federn und Hände (Köpfe kann man nicht sagen) in Bewegung geseßt, und eine Art von Broderwerb für dürftige Schriftsteller der niederen Classe eröffnet, der aber wohl nach und nach eine vertrocknete Quelle werden wird. Denn wenn man sich, leider! noch lange an die Unglückskinder, Xenien genannt, erinnern wird, werden die Piecen dieser Art, wie wir deren einige jezt hier anzeigen, längstens vergessen seyn. Ein frühzeitiger Tod, wozu ihre äußerste Mittelmäßigkeit sie bestimmte, bezeichnete schon ihre Entstehung. Die einzige Art von Waffen, mit welchen man gegen die frivolen feinen Verfasser nicht zu Felde gezogen ist, war Wiß. Diese Geisel hat keiner geschwungen, und Plattheiten fonnten nichts thun.

Von den vor uns liegenden Schriften ist Nro I. von seinem Schöpfer sehr dürftig ausgestattet worden, und die Hexameter und Pentameter, die man mitunter hier zu lesen bekommt, sind wahre metrische Daumenschrauben. Das lezte, das beste, zur Probe von dieser Art Epigrammen:

Aber jegt rath' ich euch, geht! sonst langt noch der Gastfreundschaft Tabe

Einen Band Epigramm' euch aus der Küche hervor.

Von Nro. II. ließe sich etwa sagen, was daselbst S. 9. steht:

Deine Muse marschirt zu Fuß, und gafft, wie einst Thales,
Zum Olympus, und stürzt über den eigenen Fuß.

Das Kupfer in Faltischer Manier ist das Beste an der ganzen
Piece.

Nro. III. Die Parodien sind ein klägliches Machwerk.

Nro. IV. Der alte Peleus hätte wohl gethan, daheim zu bleiben; seine Kraft ist matt, seine Schnelle ist plump, und seine Verse sind wißleer und lahm, gereimte Sprüchlein, wie sie weiland Ehrn Weise und Uhse lieferten. Wer mag wohl z. B. Epigramme lesen, wie man sie uns hier aufträgt? (S. 8.)

Oder S. 9.

seht doch, wie die Grazien Da laufen vor den Xenien.

Wollt' er's mit aller Welt verderben?
Mit aller? Wollt

Er Kobold seyn? nicht Gold?
Wollt' er nicht ruhig sterben?

Sollen das auch Verse, sollen das Epigramme seyn?

Die gütigen Götter, die alles zum Besten lenken, mögen. geben, daß wir nie wieder Xenien zu lesen bekommen; noch mehr aber mögen sie uns vor dergleichen Pieçen behüten und bewahren! Sm.

Oberdeutsche, allgemeine Litteraturzeitung, Salzburg, 1797,
27. October.

Friedrich Schillers Geisterseher. Aus den Memoires des Grafen von **. Zweyter Theil. S. 340. Dritter Theil. S. 326. Von *** H*** 3*. Straßburg, bei Grünfeld. 1796. 8. Mit zwey (unbedeutenden) Titelkupfern.

Ein großer Künstler stellte eine merkwürdige Begebenheit durch den Pinsel dar; aber er war damit nur bis zur Hälfte der Vollendung gekommen. Da fand sich nun ein fremder Mahler, der es wagte, das unvollendete Gemählde zu vollenden. So ungefähr der Verfasser anstatt einer Vorrede.

Man sieht es wohl, daß dieser fremde Mahler in seiner Kunst kein Neuling ist, und daß es den Farben, deren er sich zur völligen Ausmahlung des vorgefundenen Gemähldes bediente, nicht an Stärke und Lebhaftigkeit fehlet; aber ob dieser fremde Mahler, ehe er sich an die Staffeley sezte, auch genugsam bedacht haben mag, daß sein Unternehmen schon darum um desto schwerer werden müsse, da man sein Kunstwerk nie anders als mit jenem, wenn gleich unvollendeten Meisterwerke vor die Augen. bekommen wird? Wenigstens wird man von der Lesung des ersten Theiles des Schillerischen Geistersehers immer mit der größten Erwartung zu dieser Fortseßung übergehen, und da wird man

1797.

1797. gar bald zu bemerken Gelegenheit finden, daß die Ausführung, so sehr auch der Verf., besonders Anfangs, allen Kräften aufgebothen zu haben scheint, dem guten Willen nicht völlig entspreche. Immerhin ist auch das, was der Verfasser geleistet hat, gut, und in manchem Betrachte sogar vortrefflich; aber eine strengere Kritik, wenn gleich diese Fortsehung von dem lesenden Publikum mit Beyfall aufgenommen worden ist, würde daran Vieles zu tadeln finden.

So möchte man z. B. auf den sonst ziemlich aufgeklärten Prinzen oft im Ernste recht böse werden, daß er der groben Schlingen, die ihm gelegt werden, nicht gewahr wird, so wie im Gegentheil gar nicht abzusehen ist, warum, um einen solchen Prinzen zu verstriden, die Neze so weit ausgespannt werden mußten; auch scheint das der Armenier ein Bar Mahle selbst gemerkt zu haben, wo er sich über die Weitläufigkeit des von ihm wider den Prinzen angelegten Planes rechtfertigen will. Durch die eingeschalteten Briefe Johnsons an den Lord Seymour von S. 108-302., wo die Mittheilung dessen, was man hier zu lesen bekommt, bloß auf dem Umstande beruhet, daß Johnson seine Kunde der venetianischen Sprache zu verbergen gewußt habe, wird man in der Geschichte bald vor- bald rückwärts geführt. Musterhaft aber ist die Schilderung, welche uns der Verfasser da von einem anderen **schen Prinzen als Bischofe gibt, wenn gleich bey übrigen, was sonst in dieser Schrift von der katholischen Religion vorkommt, sehr große Mißverständnisse zum Grunde liegen; wenigstens kann sich Rec. davon nicht überzeugen, daß es je ein solches authorisirtes Glaubensbekenntniß gegeben haben soll, wie zum Schlusse des ersten Theils eines vorkommt. Der Personen selbst finden sich in dieser Geschichte so viele, daß man ein gutes Gedächtniß haben muß, um nicht irre zu werden.

Am allerwenigsten wird man mit der Art, wie das Ganze gelöset werden soll, zufrieden seyn können. Erst spät erfährt man, daß der Hauptplan des Armeniers, in den der Prinz, ohne davon etwas zu ahnden, mitverwickelt wird, dahin gezielt habe, Venedig zu stürzen, und auf dessen Ruinen seinen Herrscherthron zu errichten, wo wieder die ganze Entdeckung des verunglückten Planes von dem Umstande abhängt, daß sich der sonst so schlaue Armenier auf eine sehr gemeine Art hintergehen läßt. Sein Bekenntniß in dem Gefängniß hat viel Aehnlichkeit mit einer von

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