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1796.

- Noch ein Paar Worte über den Anhang zu diesem Musen-Almanach, über die Epigrammen (von Göthe) Vene dig 1790. Was der Dichter in der neptunischen Stadt, unter Menschen von eigener Sitte und eignem Charakter, unter den mannigfaltigsten, für ihn neuen oder doch auffallenden, Gegenständen und bey mehrern, innern und äußern, Veranlassungen empfand und dachte, das alles hat er in hundert und drey Gedichtchen im elegischen Sylbenmaaße niedergelegt und treu und lebendig darzustellen versucht. Treffende Züge aus dem Leben der Einwohner, glückliche Schilderungen ihrer Lebensweise, kleine Gemählde eigner individueller Gefühle, und feine Spöttereyen über das Dichten und Trachten der Menschen überhaupt, gemischt mit allerley bunten Einfällen über Poesie, Kunst und Sprache, machen daher den Inhalt dieser Spiele des Wizes und der Laune aus. Welchen von diesen dichterischen Einfällen der Vorzug ge= bühre (denn daß ihr Verdienst nicht gleich sey, wird man bey der beträchtlichen Anzahl von selbst vermuthen,) darüber maßen wir uns, da bey einer Würdigung der Art auf die eben obwaltende Stimmung des Lesers und hundert andre Zufälligkeiten so viel ankömmt, kein Urtheil an, so wie wir einige von Seiten ihres sittlichen Werthes zu rechtfertigen und sie zu schönen, edlen und naiven Dichtungen zu erheben, den Kunstrichtern überlassen, die jederzeit eine neue Theorie zur Hand haben, sobald die bisherige ihnen oder ihren Freunden nicht zusagt. Wir begnügen uns zu bemerken, daß wir ein Drittel dieser Epigrammen mit Vergnügen gelesen und in ihnen den Dichter, der auch im Kleinen Original ist, bewundert haben.

*) Außerdem ist die Behauptung in der Ausdehnung, die ihr in dieser Strophe gegeben wird, nicht einmal ganz richtig. Liebe für die Natur und ihre schuldlosen Freuden kann ein Daphnis, eine Luise, aber weder ein Messias noch ein Nathan in uns erwecken, und doch spricht der Verfasser von der Wirkung der Dichtkunst überhaupt, nicht von der Wirkung der einzelnen Gattungen.

Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen

Künste, Leipzig, 1796, 58. Band, 2. Stück, pag. 285–317.

Notiz von Deutschen Journalen.

Um diesen Artikel fürs verfloßne Jahr nicht ganz unbearbeitet zu lassen, wollen wir von den Zeitschriften, die mit demselben angefangen haben, wenigstens diesmal Eine von ihrer Entstehung her etwas ausführlich anzeigen. Wir wählen dazu die Horen als diejenige welche das größte Aufsehen erregt hat und unstreitig die meisten merkwürdigen Aufsäge enthält.

Die Horen.

Eine Monatschrift herausgegeben von Schiller.

Inhalt der Ankündigung. Über das Lieblingsthema des Tages, (Krieg, politische Meinungen, Staatscritif,) legen sich die Verfasser der Horen ein strenges Stillschweigen auf und verbieten sich ausdrücklich alle Beziehungen auf den jezigen Weltlauf und auf die nächsten Erwartungen der Menschheit. Durch ein allgemeines höheres Interesse an dem was rein menschlich ist wollen sie die durch das beschränkte Interesse der Gegenwart in Spannung gesezten eingeengten und unterjochten Gemüther wieder in Freiheit sehen und die politisch getheilte Welt unter der Fahne der Wahrheit und Schönheit wieder vereinigen, heitere, leidenschaftfreie Unterhaltung, gesammelte Züge zu dem Ideale veredelter Menschheit, stiller Anbau besserer Begriffe, reinerer Grundsäße und edlerer Sitten alles zur Beförderung wahrer Humanität u. s. w. soll der Inhalt und Zweck der Horen, Wohl anständigkeit und Ordnung, Gerechtigkeit und Friede, soll der Geist und die Regel dieser Zeitschrift seyn.

Folgende genannte Schriftsteller nehmen an dieser Monatschrift Antheil: Archenholz, Dalberg (der sich im fünften Stück wieder davon losgesagt hat), Engel, Fichte, Funk (in Dresden), Garve, Genz, Gleim, Göthe, Gros, Herder, Hirt, Hufeland, beide Brüder Humbold, Jacobi (aus Düsseldorf), Matthisson, Meyer (in Weimar), Pfeffel, Schiller, Schlegel (in Amsterdam), Schüß,

Braun, Schiller. II.

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1796.

1796. Schulz, Woltmann. Die Namen der Verfasser der einzelnen Auffäße werden erst am Ende des Jahrgangs angezeigt. Jedem deutschen Schriftsteller, der sich den nothwendig gefundenen Bedingungen des Instituts (die aber nicht näher angezeigt werden) zu unterwerfen geneigt ist, steht die Theilnahme daran offen.

Jeden Monat erscheint ein Stück von 7 Bogen in gr. 8. auf Schreibpapier. Der Jahrgang kostet ein Carolin oder 6 Thl. 8 gr. fächs. Das einzelne Stüd 16 gr. Die Mitarbeiter wenden sich an den Herausgeber, die Subscribenten an die Buchhandlungen und Postämter. Die Namen der Subscribenten werden am Ende des Jahres abgedruckt.

Inhalt des ersten Stücks. I. Epistel. II. Briefe
über die ästhetische Erziehung des Menschen.
III. Unterhaltungen Deutscher Ausgewanderten. 2.
Wer erkennt nicht den Meister in folgenden Versen der
Epistel:

Es liest nur ein jeder
Aus dem Buch sich heraus, und ist er gewaltig, so liest er,
In das Buch sich hinein, amalgamirt sich das Fremde.
Ganz vergebens strebst Du daher, durch Schriften der
Menschen

Schon entschiedenen Hang und seine Neigung zu wenden;
Aber bestärken kannst Du ihn wohl in seiner Gesinnung,
Oder wär' er noch neu, in dieses ihn tauchen und jenes.

Ob es der Absicht des Dichters wohl entgegen seyn mag, daß diese Epistel, so verschieden sie auch gedeutet wird, für Jeden, Beziehung auf das Lieblingsthema des Tages zu haben scheint? Daß der Demokrat in dem Hans ohne Sorge den privilegirten nuß- und geschäftslosen Aristokraten, auch wohl den aus seiner Heimath Vertriebenen, in manchem deutschen Ländchen in anständiger Faulheit gefütterten Emigranten siehet; sein Gegner aber sich freuet, wie der neuausgedachte Demokratenstaat darin so weidlich lächerlich gemacht wird? Daß sich die Verfasser über diese Gegenstände das strengste Stillschweigen auferlegt haben, geht den launigen Dichter freilich nichts an, kann aber auch Diejenigen, die des Dichters uneingeschränktes Privilegium

nicht kennen, oder nicht anerkennen wollen, von jenen Deutungen 1796. um so weniger abhalten, da der dritte Auffah nicht nur Scenen des gegenwärtigen Krieges und ihre Folgen zum Gegenstande hat, und der Autor und die darin vorkommenden Personen sich nicht begnügen, über das Lieblingsthema des Tages zu urtheilen und zu streiten, sondern auch die ganze Vertheilung der Charaktere und Marimen ein bestimmtes verdammendes Urtheil über ein Lieblingsthema des Tages fällt. Der Autor spricht für den Adel und Adelstolz, er und seine eingeführten Personen beurtheilen die französische Nation, den jezigen Krieg und seine schlimmen Folgen, die politischen Klubs, die verbreiteten Gesinnungen und Meinungen, die Verfassung welche die Franzosen einzuführen streben, ja sogar die künftige wahrscheinlich schlechte Behandlung ihrer eroberten deutschen Provinzen.

Ist das ehrlich? heißt das über das Lieblingsthema des Tages, über Krieg, politische Meinungen und Staatscritik strenges Stillschweigen beobachten? Alle Beziehungen auf den jezigen Weltlauf, auf die nächsten Erwartungen der Menschheit vermeiden? Heißt das nicht vielmehr, die wichtigen Gegenstände mit dictatorischem Übermuthe aburtheilen, und das einseitige Urtheil mit hämischer Kunst dem Schwachen und Kurzsichtigen annehmlich, durch imponirende Namen ehrwürdig machen wollen? So unschuldig der achtungswerthe Herausgeber auch immer an dem Inhalte dieses Aufsages seyn mag, so unverzeihlich bleibt es doch, so etwas ganz dem angekündigten Plan entgegenlaufendes von irgend einem Mitarbeiter aufzunehmen.

Über den zweyten Artikel, dessen würdiger Verfasser eben so leicht, als der vorige schwer zu erkennen ist, schweigen wir, bis wir die Briefe ganz vor uns haben und fassen diese dann zuleht mit einigen andern dahin einschlagenden Auffäßen des Journals zusammen.

Inhalt des vierten Stück 3. IV. Merkwürdige Belagerung der Stadt Antwerpen in den Jahren 1584 und 1585.

Wie in aller Welt kommen die Horen zu dem Antheil an der Belagerung von Antwerpen? Die Schmückerinnen der neugebohrnen Venus, die Weltumkreisenden Tän=

1796. zerinnen, die Anmuthigen, die Wohlanständigen? Wie können sie sich mit solchen Greueln menschlicher Tugend und Verruchtheit befassen? - Der Horen uneingedenk wissen wir indeß dem Herausgeber sehr vielen Dank für diesen meisterhaften Aufsaß und erklären uns die kleine Unschicklichkeit gern wie wir sollen.

Inhalt des sechsten Stücks. I. Elegien x.

Diese im Sinne der Alten gedichteten Elegien sind schön, sehr schön, musterhaft; stellen ganz- und hochgenoffne Lebensmomente auf dem reichsten üppigsten Boden der Erde mit einer Wahrheit und Wärme dar, die den Leser von lebendiger Sinnlichkeit überströmt, wie italiänische Luft. Aber bei allen Musen und Grazien, wie kommen diese Kinder der muthwilligsten Sinnlichkeit in den mit einem so reinen Kreise umschloffnen Tempel der Horen? Wer mochte wohl den darstellenden Künstler, der dieser Dichter in so hohem Grade ist, abhalten, einen in die Scene fallenden Gegenstand mit ächter Kunst zu behandeln; die Kunst fann ihm vielmehr nicht genug Ehrensäulen sezen, denn sie wird durch ihn wie durch keinen bisher bereichert. Aber Bilder seiner muthwilligen Sinnlichkeit und Laune in den ofnen Hallen des Tempels aufzustellen, der sich dem reinen Interesse der Menschheit widmete, dem die Mutter die Tochter, der Vater den Sohn mit innerer Sicherheit zuführte, um ernste Belehrung, ächte Geschmackbildung der erwachenden Sinnlichkeit, der zu früh gereizten Begier entgegen zu stellen Welch ein gebieterisches Schicksal vermochte also das Urtheil des strengen Herausgebers zu lenken?

Inhalt des neunten Stücks. I. Das Reich der Schatten. XI. Die Antife an einen Wandrer aus Norden. XII. Deutsche Treue. XIII. Weisheit und lugheit. XIV. An einen Weltverbesserer. XV. Das Höchste. XVI. Elias. XVII. Unsterblichkeit.

Unter den Gedichten, welche die übrigen Nummern dieses Stücks erfüllen interessirt das I. durch sein malerisches Helldunkel.

Unter den letzten sieben Gedichten die die Hand des Meisters und mehr noch den Geist des Meisters verrathen, hat uns folgendes vorzüglich gefallen.

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