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1795. Durch die übermäßige Concurenz so vieler periodischer Schriften, verbunden mit der Pünktlichkeit, womit die festgesezten Termine zur Ablieferung gehalten werden müssen, kann nichts anders, als die Unbequemlichkeit entstehen, daß viele gegen einen allenfalls guten Aufsatz zehn mittelmäßige oder schlechte aufnehmen müssen.

Da sich übrigens die hier erwähnte Societät keineswegs als ge schlossen betrachtet, so wird jedem deutschen Schriftsteller, der sich den nothwendig gefundenen Bedingungen des Instituts zu unterwerfen geneigt ist, zu jeder Zeit die Theilnahme daran offen stehen. Auch foll jedem, der es verlangt, verstattet seyn, anonym zu bleiben, weil man bey Aufnahme der Beyträge nur auf den Gehalt und nicht auf den Stempel sehen wird. Aus diesem Grunde, und um die Freyheit der Critik zu befördern, wird man sich erlauben, von einer allgemeinen Gewohnheit abzugehen, und bey den einzelnen Auffäßen die Nahmen ihrer Verfasser, bis zum Ablauf eines jeden Jahrgangs verschweigen, welches der Leser sich um so eher gefallen lassen kann, da ihn diese Anzeige schon im Ganzen mit denselben bekannt macht.

Jena, den 10. Dec. 1794.

Schiller.

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Jeden Monat, vom Neujahr 1795 an gerechnet, erscheint regelmässig ein Stück von Sieben Bogen in groß Oktav, und die Verlagshandlung wird für ein anständiges Aeuffere sorgen. Wer Exemplare auf holländischem. Boftpapier verlangt, beliebe bey Zeiten die Bestellung zu machen. Der Preiß des ganzen Jahrganges ist ein Carolin in Golde oder sechs Reichsthaler, acht Groschen, sächsisch; einzelne Stücke können nicht unter sechszehn Groschen erlassen werden. Die Herren Mitarbeiter wenden sich unmittelbar an den Herrn Redacteur der Monatsschrift; die Herren Subscribenten an die Buchhandlungen oder an die löblichen Postämter, unter denen die Oberpostämter Stutt gart und Cantstatt die Hauptversendung besorgen. Wer zehen Exemplare zugleich bestellt, erhält das eilfte frey. Man ersucht die Herren Subscribenten, sich zu nennen, weil man entschlossen ist, am Ende des Jahres ein Verzeichnis derselben beyzufügen.

J. G. Cottaische Buchhandlung
in Tübingen.

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Daraus entsteht wieder der Schaden, daß die mehresten solcher 1795. Schriften nur flüchtig überblättert werden, und mit eben der Eile, in welcher sie die Lesegesellschaften durch laufen, auch von jedem einzelnen Leser vergessen werden, so daß von den mehresten, selbst das Gute, was sie enthalten, kaum eine Spur in dem Gemüthe des Lesers zurückläßt. Vieles trägt dazu auch der Umstand bey, daß eine große Anzahl solcher Journale gleich von ihren Herausgebern nach keinem wohlbestimmten Plane berechnet sind, und indem sie Allen durch ihr Allerley gefallen wollen, keinem verständigen Leser recht gefallen können; denn sie gleichen den Garfüchen, wo man zwar vielerley fodern kann, aber sich oft in der traurigen Verlegenheit befindet, zwischen Schlecht und noch Schlechter wählen zu müssen. Seit Erscheinung des deutschen Merkur hat man beynahe die ganze Mythologie blos an Titeln zu neuen Journalen erschöpft; die mehresten waren indeß wahre Pandoren, die aus ihrer Büchse Uebel aller Art ausfliegen ließen, und den Leser immer blos mit der Hoffnung hinhielten, daß das Beste noch kommen würde. Endlich sieht man es manchen Unternehmern neuer Journale gleich bey ihrem ersten Schritte an, daß sie nicht verstehen, die Lücken in der Literatur auszuspüren, vielmehr um das wahre Zeitbedürfniß der lesenden Welt ganz unbekümmert, sich nicht scheuen, Anstalten, die schon zehnmal getroffen sind, zum eilften male zu treffen.

Die Monatsschrift, deren erstes Stück wir jet anzeigen, erfüllt einen unsrer liebsten; schon lange gehegten Wünsche, daß doch endlich einmal Anstalt zu einer periodischen Schrift gemacht werden möchte, die mit Verachtung alles Mittelmäßigen und Schlechten, keine andere, als gute und vortrefliche Arbeiten aufnähme, und dadurch werth würde, nicht bloß in Lesegesellschaften geblättert, sondern wirklich mit Ernst gelesen, studirt, und mehr als Einmal gelesen zu werden.

Nicht leicht konnte dermalen ein Mann in Deutschland gefunden werden, der sich an eine solche Unternehmung mit größrem Zutrauen des Publicums wagen dürfte, als der Herausgeber der Horen, ein Mann, den seine großen und selten so glücklich in einem Kopfe vereinigten Talente poetischer, historischer und philosophischer Darstellung berechtigten, auf die Unterstützung mehrerer vortreflichen Schriftsteller zu rechnen. Mit lebhaftester

Braun, Schiller. II.

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1795. Freude und innigem Dank sehn wir unter den Mitarbeitern mehrere Veteranen unsrer Literatur, einen Göthe, Herder, Garve, Engel, Jakobi u. a. der ersten Klasse auftreten, sehn einen zur Anwartschaft auf die erste Stelle unter den Fürsten des Reichs berufenen geistvollen Dalberg die Unternehmung durch seinen Beytritt ehren, sehn mehrere jüngere, aber schon durch meisterhafte Arbeiten in verschiedenen Fächern, der Philosophie, Geschichte, Dichtkunst, ausgezeichnete Schriftsteller mit ihnen verbunden; und bemerken auch die Aufmerksamkeit des Herausgebers auf einige erst aufblühende, aber gesunde und edle Früchte versprechende, Genies.

Der Geist des Herausgebers, der so weit entfernt ist, sich jemals selbst zu vernachlässigen, daß er vielmehr mit der tiefsten Achtung für die Foderungen der Kritik das lebhafteste Streben nach größrer Vollkommenheit verbindet, wird sicherlich so zum Vortheile des Ganzen dieser periodischen Schrift walten, daß nie auch nur ein mittelmäßiger Auffah, (denn an Aufnahme des Schlechten ist bey einem Schiller ohnedem nicht zu denken,) in die Gesellschaft so vieler guten oder vortreflichen sich eindränge. Für die Möglichkeit bürgt uns die ansehnliche Anzahl der Mitarbeiter, zu denen, da sie keineswegs geschlossen ist, bald noch mehrere hinzutreten werden; und die Schwierigkeit, die mit einer solchen Strenge in der Auswahl durch die Pünktlichkeit, welche man in Absicht der monatlichen Erscheinung der Stücke von einem Journal erwartet, verbunden ist, kann außer andern von der Einsicht des Herausgebers gewiß in Bewegung gesezten Hebeln auch dadurch mit überwunden werden, wenn man sich nicht allzu ängstlich bey einzelnen Monatsstücken an die bestimmte Bogenzahl bindet, und anstatt bloß zu Erfüllung des Raums Auffäße zuzulassen, die ihres Plages nicht würdig wären, lieber was an einem Stücke an Bogen oder Blättern fehlte, bey einem andern erseßte.

Es zeigt von großer Ueberlegung, daß der Plan dieser Zeitschrift sich auf dasjenige einschränkt, was zugleich der schönen Welt zum Unterricht und zur Bildung, und der gelehrten zur freyen Forschung der Wahrheit, und zu einem fruchtbaren Umtausch der Ideen dienen kann; daß sie alles ausschließt, was bloß den gelehrten Leser intereffiren, oder was bloß den Nichtgelehrten befriedigen kann; daß sie vorzüglich und unbedingt sich alles ver

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bietet, was sich auf Staatsreligion und politische Verfassung, 1795. verstehet sich, unsrer Zeiten, bezieht. Wie sehr selbst solche Journale, die doch keine politischen seyn und heißen wollten, besonders seit der französischen Revolution, sich mit Politik überladen haben, liegt am Tage; nimmt man nun noch die beträchtliche Anzahl derjenigen hinzu, die schon auf dem Titel nichts anders, als Staatsneuigkeiten und politische Reflexionen ankündigen, so scheinen in der That viele von der Warnung, die in dem griechischen Sprüchworte yλavi eg Ampas liegt, nie etwas gehört, oder ihre Wichtigkeit nicht begriffen zu haben. Wohl also den Lesern der Horen, denen durch sie eine Geisteserholung bereitet wird, die Homer selbst für seinen Vater der Götter wichtig fand, ihre Blicke von dem Schauplage der Mühseligkeiten und des Elendes, wohin sie täglich gezogen werden, dann und wann abzuwenden, und sich an dem Anblicke schuldloser Menschheit zu weiden, den ihnen hier bald die Dichtkunst in Bildern von dem, was die Menschheit seyn könnte, bald die Geschichte durch Darstellung dessen, was sie war, bald die Philosophie durch Beantwortung der vielumfassenden Frage: was sie seyn sollte, aus so mannichfaltigen Gesichtspunkten verschaffen wird.

Das erste Stück der Horen befriedigt den Leser von Geist und Geschmack schon durch das, was ihm jezt gegeben wird, indem es zugleich seine Erwartung noch höher für die folgenden Stücke spannt. Die drey ersten Auffäße nemlich werden noch durch einige der kommenden Monate fortgesetzt, und gleichen in ihrer Wirkung dem ersten Act eines schönen Schauspiels, der, jemehr er selbst gefiel, eine desto lebhaftere Sehnsucht nach den folgenden erwedt.

Zuerst hat man eine Reihe poetischer Episteln im Sylbenmaße der Horazischen zu erwarten, von denen hier die erste erscheint, und durch ihre schöne Einfalt und Urbanität sowohl, als durch die für diese Gattung noch nie so gut gelungene Anwendung des Hexameters den Wunsch erregt, daß noch viele solche Pfeile im Köcher dieses Dichters ruhen mögen. Aus dem Anfange derselben:

Itt da jeglicher liest, und viele Leser das Buch nur
Ungedultig durchblättern; und, selbst die Feder ergreifend,
Auf das Büchlein ein Buch, mit seltner Fertigkeit propfen,

.1795.

Soll auch ich, du willst es mein Freund, dir über das
Schreiben

Schreibend, die Menge vermehren, und meine Meynung ver-
fünden

Daß auch andere wieder darüber mehnen, und immer
So ins unendliche fort die schwankende Woge sich wälze.

aus diesem Anfange schließen wir, daß noch einige dieser Episteln,
die zunächst folgen sollen, das Bücherschreiben betreffen werden.
Hier wird die große Meynung, die so manche von der Wirkung
der Bücher haben, in Anspruch genommen:

Was mein leichter Griffel entwirft ist leicht zu verlöschen
Und viel tiefer präget sich nicht der Eindruck der Lettern
Die, so sagt man, der Ewigkeit trogen. Denn freylich an viele
Spricht die gedruckte Columme, doch bald, wie jeder sein
Antlig

Das er im Spiegel gesehen, vergißt, die behaglichen Züge
So vergißt er das Wort, wenn auch von Erze gestempelt.
Reden schwanken so leicht herüber, hinüber wenn viele
Sprechen und jeder nur sich im eigenen Worte, so gar auch
Nur sich selbst im Worte vernimmt, das der andere sagte.
Mit den Büchern ist es nicht anders; es liest nur ein jeder
Aus dem Buch sich heraus, und ist er gewaltig, so liest er
In das Buch sich hinein, amalgamirt sich das Fremde.
Ganz vergebens strebst du daher durch Schriften des Menschen
Schon entschiedenen Hang und seine Neigung zu wenden,
Aber bestärken kannst du ihn wohl in seiner Gesinnung,
Oder wär er noch neu, in dieses ihn tauchen und jenes.

Die Epistel schließt mit einem launigen Mährchen, das der
Dichter einst

am wohlgepflasterten Ufer

Jener neptunischen Stadt, die den geflügelten Löwen
Göttlich verehrt,

erzählen hörte, und in dem man die Manier in ähnlichen Er-
zählungen der homerischen Odyssee zu erkennen glaubt. Der
Erzähler wird auf die Insel Utopien verschlagen. Er wird in
einem Gasthause freundlich aufgenommen, und herrlich verpflegt.

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