immer vergeblich sind! Nehmen wir das Gute, wo und bey 1796. wem wir es finden und lassen uns die Mühe des Zusammensuchens und Absonderns nicht verdrießen. Wir fangen bey dem Stücke an, das uns gleich bey dem ersten Lesen das liebste und anziehendste in dieser Sammlung gewesen ist und es noch ist. Göthe hat ihr mehrere, große und kleine, ernste und tändelnde, einverleibt, aber allein unter allen seinen Beyträgen und hervorragend über die der übrigen Dichter steht, nach unserm Gefühle, sein Besuch. Sollten wir dieses liebliche Gemählde mit wenigen Worten charakterisiren, so würden wir auf selbiges anwenden, was Winkelmann von den Grazien in dem Palaste Ruspoli rühmt. „Ihre Miene, sagt er, deutet weder auf Fröhlichkeit noch auf Ernst, aber sie ist der Ausdruck einer stillen Zufriedenheit, dergleichen der jugendlichen Unschuld eigen zu seyn pflegt." Gewiß nichts ergreift das Herz angenehmer und lebendiger, als eine sittlich-schöne Empfindung, wenn sie so wahr und natürlich dargestellt ist, wie hier, und durch nichts fesselt ein poetisches Gemählde so sehr, als wenn seine Betrachtung uns mit uns selbst und der Welt zufriedener macht. Wer kann die schönen Worte vergeßen, wenn er sie einmal in's Gedächtniß gefaßt hat, und sie faßen sich so leicht: Bey der Arbeit war sie eingeschlafen, Da betrachtet ich den schönen Frieden, Braun, Schiller. II. 11 1796. Freudig saß ich da, und die Betrachtung du Liebe, dacht' ich, kann der Schlummer Deine holden Augen sind geschlossen, Man kann in der That weder feiner und zarter fühlen, noch das Gefühlte glücklicher wiedergeben. Jeder Ausdruck ist gewählt und gewogen, und jeder der wahre oder vielmehr der einzige. Nicht einmal ein Beywort, möchten wir behaupten, läßt sich mit einem andern vertauschen, ohne den Ausdruck zu schwächen oder etwas Bedeutendes hinwegzuwischen. Doch Leser, die einem Dichter nachzuempfinden wißen, bedürfen dieser Winke und Hinweisungen nicht, und für solche, die ihn nicht verstehn, sind sie ohnehin verloren. Zunächst nach diesem schönen Gedichte möchte vielleicht der Tanz von dem Herausgeber zu stehen kommen, ein Stück, das, gleich einem wohlgeordneten Tanze, leicht und gefällig dahin fließt, die Einbildungskraft durch die Mannigfaltigkeit seiner Wendungen unterhält und den Verstand durch eine glückliche Auflösung befriedigt. Unter allen Stücken, die H. Schiller geliefert hat, scheint uns dieß, von Seiten der Diction, das vollkommenste. In dem ganzen Stücke ist nichts, wobey man anstößt, oder wovon man wünscht, daß es anders oder besser gesagt seyn möchte. 1796. Wie einst mit flehendem Verlangen Erstlich, worauf bezieht sich das Wort der Todten? Es kann für sich als der Genetiv der mehrfachen Zahl gedacht, es kann auf Säule, es kann auf Natur bezogen werden. Zweytens, welcher Dichter von reinem und edlem Geschmacke wird die Natur zu einer Säule machen, um sie mit Liebesknoten umschlingen zu können, und gleichwohl unmittelbar nachher dieser zur Bildsäule gemachten Natur ein Herz geben? Drittens, sollte wohl das Bild überhaupt gut gewählt seyn? Die Natur hat nicht nöthig von uns erwärmt zu werden. Ihr Herz schlägt immer warm und zärtlich für uns, und wenn wir es nicht verstehn, oder kalt und empfindungslos vor ihr vorübergehn, so liegt die Schuld an uns, nicht an ihr. In der folgenden Strophe heißt es: 1796. Da lebte mir der Baum, die Rose, Wenn die letzten Zeilen so viel heißen sollen, als: Selbst das Leblose, Stein, Fels u. s. w. wurden lebendig und schienen zu mir zu sprechen; so ist es wenigstens sehr sonderbar, dieß so auszudrücken: Sie fühlten von dem Widerhall meines Lebens. Gleich nachher lesen wir: Es dehnte mit allmächtgem Streben In That und Wort, in Bild und Schall. Was für ein kreisendes All dehnt die Brust? ist es Deutsch: das All dehnt die Brust, um herauszutreten? und wie vermag überhaupt eine Brust in Leben, That und Bild herauszutreten? hat endlich je ein Dichter, außer H. S., das Universum in einer Knospe verborgen gesehn? Die siebente und achte Strophe lauten also: Wie aus des Berges stillen Quellen So sprang von kühnem Muth beflügelt, Der Jüngling in des Lebens Pfad, Biz an des Aethers bleichste Sterne Erhub ihn der Entwürfe Flug, Nichts war so hoch und nichts so ferne Die Masten hat dem Dichter offenbar der Reim in den Weg ge= Bis an des Aethers bleichste Sterne und in der zehnten Strophe: Des Zweifels finstre Wetter zogen Sich um der Wahrheit Sonnen- Bild nicht etwas gigantisch gesagt sey. - Aehnliche Fehler haften auf dem Gedichte, die Macht des Gesangs, in welchem uns nur die erste Strophe ganz klar und vollendet dünkt. Wir wollen auch hier kurz angeben, was wir nicht begriffen oder mit den Forderungen der Schönheit unverträglich gefunden haben. In der zweyten Strophe beleidigt uns die schwanke Leiter der Gefühle, auf welcher der Gesang das Herz zwischen Scherz und Spiel wiegen soll. Welche Anstalten möchte man ausrufen, um 1796. |