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1796. diese Bestimmung ist blos zufällig. Ein solcher Zustand ist nicht nur vor der Kultur, sondern auch als ihr Ende denkbar. In der Schäferidylle ist daher der wesentliche Mangel, daß sie das Ziel hinter uns stellt, dem sie uns doch entgegenführen sollte; fie hat Interesse für das Herz, aber nicht genug für den Geist. Diesem Mangel hat alle Kunst der Dichter nicht abhelfen können. Will der Dichter diesen Mangel wegschaffen; so muß er uns vorwärts führen, muß es sich zur Aufgabe machen, die Unschuld auch in Subjekten der Kultur und unter allen Bedingungen des feurigsten Lebens, des ausgebreitetsten Denkens, der raffinirtesten Kunst der höchsten Verfeinerung, darzustellen. Kurz, er muß den Menschen, da er nun einmal nicht nach Arkadien zurück kann, nach Elisium führen. Ruhe soll der herrschende Eindruck dieser Dichtart seyn, aber nicht Ruhe der Trägheit, sondern der Vollendung. Der V. gesteht die Schwierigkeit ein, die in der Aufgabe liegt, das Gemüth zu befriedigen, ohne das Streben zu unterdrücken, und verspricht dieselbe als Theorie der Idylle als Fortsetzung.

II. Psychologische.

Das Spiel in strengster Bedeutung. Fünftes Stück. 57-89. Ernst ist (S. 58) das Gefühl der Anstrengung, welches entweder die Spannung oder die bestimmte Richtung der Selbstthätigkeit oder beyde zugleich begleitet. Das Ziel, wohin man will, ist hier Alles. Giebt es keinen leichten Weg zu demselben, so muß der schwerere gewählt werden. Die Kraft ist einem bestimmten Zwecke untergeordnet. Das Gelingen soll hier nicht vom Zufalle, sondern allein von der Geschicklichkeit abhängen. Dem Ernste steht das Spiel entgegen. Der Zweck desselben liegt im Gefühl der Thätigkeit, die in Ansehung der Richtung und des Umfanges der Kraftanwendung ganz unangestrengt und frei ist; die spielenden Kräfte äußern sich nur so lange, als ihre Thätigkeit durch sich selbst belebt wird. Das Spiel soll einen Stoff liefern, wodurch dem Gemüthe der reine Genuß einer unangestrengten Selbstthätigkeit durch alle Sphären seines Wirkens verschafft wird, es soll den größten Umfang freier Thätigkeit mit dem kleinsten Maaße von Anstrengung verknüpfen. So viel Rücksicht auf Gewinnst im Spiele ist, so viel weniger ist Spiel im Spiele. Der Gewinnst ist in den meisten Spielen ein bloßes

Aufmunterungsmittel in der Ferne. Der Zufall bringt Leben 1796. ins Spiel, und nur durch seinen Beitritt ist der Zweck des Spiels, nämlich Genuß aus freier Thätigkeit der Kräfte erreichbar. Scheibenschießen, Schachspiel, öffentliche Wettspiele u. s. w. sind daher kein wahres Spiel, weil die Thätigkeit der Kräfte hier nicht frei ist. Bei letteren insonderheit verdrängt die Leidenschaft die Selbstthätigkeit aus dem Spiele und verwandelt es in Ernst. Alle Wettspiele es stehe Verstand oder körperliche Geschicklichkeit auf der Wette, haben diesen Fehler. Gar nichts kann das Spiel von seiner wohlthätigen Natur behalten, wenn man dem Zufalle und mit ihm der Leidenschaft alles einräumt, wie in den so genannten Glückspielen. Denn der Zufall im Spiele darf kein launichter Dämon, er muß ein günstiger Genius seyn, der Erwartungen blos hinhält, um sie am Ende vollkommen zu befriedigen. Das Spiel xar' e§oxyy kann nicht in den Spielen anzutreffen seyn, wo die Materie des Spiels die Selbstthätigkeit nicht unmittelbar reizt, sondern die Anregung durch einen dem Wesen des Spiels fremden Zusatz geschieht. Und nun folgt eine meistens treffende Kritik dieser Art der Spiele (S. 69 u. s. m.). Die Materie des Spiels hat hier für die Empfindung entweder zu wenig oder zu viel Bedeutung. Im ersten Falle wird der Mangel natürlicher Reihe nur durch den erkünstelten Reiß der Hülfs- und Nebenzwecke ersezt, im andern Falle erhält der Spieler einen Ruf von höherer Art, nämlich gar nicht damit zu spielen. Thut er es gleichwohl; so ergreift ihn unausbleiblich entweder Leidenschaft oder Frost. Die Materie womit gespielt wird, so fern sie an und für sich zur Reizung der Thätigkeit nicht hinreichend ist, aus mathematischen und mechanischen Größen, mit welchen im Gegensah als die zu viel bedeutende Materie die moralischen Größen stehen: Beide sind aber zur Materie des vorzüglichen, d. i. freiern Spiels gleich untauglich. Folglich wird die schicklichste Materie zum Spiel, die zwischen beiden innliegende, d. i. die ästhetische Größe seyn müssen. Diese ist eine solche, von welcher der Sinn unmittelbar angezogen wird, und wobei die Selbstthätigkeit dennoch frei bleibt. Nun folgt eine ausführliche Zergliederung dieser ästhetischen Größe, die aber Rec. dunkel findet, und wovon er deshalb keine kurze Darstellung zu geben, sich getraut. Ueberhaupt hat er in diesem Aufsaze zwar viele richtige Bemerkungen und gute Einfälle angetroffen. Aber die ganze

1796. Theorie hält er selbst für ein bloßes Spiel. Die Eintheilung des Spiels, nach den verschiedenen Arten der Größen, die selbst keinen reellen Grund haben, scheint ihm nichtig. Das Wesen des Spiels ist zwar im Begriffe richtig bestimmt, aber die Ursachen. des Vergnügens beim eigentlichen Spiel sind zu gesucht und oft nirgends zu finden. Indessen muß in einer so schweren anthropologischen Materie jeder Beitrag eines denkenden Kopfes willkommen seyn.

III. Moralische.

Die Idee der Gerechtigkeit, als Princip einer Gesezgebung betrachtet. Siebentes St. 1-30. Eine sehr gedankenreiche Abhandlung, worin der Zweck und Inhalt der Platonischen Republic meisterhaft dargestellt, die Mängel des Platonischen Begriffs der Gerechtigkeit aufgedeckt, und die wissenschaftlichen Vortheile der Kantischen Deduktion moralischer Begriffe gezeigt wird. Dabei lehrt der V. wie die Idee der Gerechtigkeit das Princip der Theorie einer jeden Gesetzgebung. seyn müsse.

IV. Aus der Geschichte der Philosophie.

1) Ueber die Idee der Alten vom Schicksal. Achtes St. 75-86. Der V. sucht zu zeigen, wie sich diese Idee mit den moralischen Begriffen der Alten habe reimen lassen. Die historischen Belege fehlen.

2) Beiträge zur Geschichte der neueren bildenden Künste. Neuntes St. S. 11-30. Eine einsichtsvolle Kritik der besten Kunstschulen und einiger Produkte derselben.

3) Homer, ein Günstling der Zeit. Neuntes St. G. 53-88.

4) Homer und Ossian. Zehntes St. 86-107. Zwei Beiträge zur Kenntniß des Ursprungs und der Natur dieser Dichter.

Am Ende des Jahrgangs erfährt man, daß von I. 1. Hr. Körner; von I. 2. 4. 5. 6. 8. Hr. Schiller, von I. 3. Hr. Bendavid; von I. 7. Hr. A. W. Schlegel; von II. Hr. D. Weishuhn; von III Hr. D. Erhard in Nürnberg; von

IV. 1. Hr. Gros; von IV. 2. Hr. v. Meyer; von IV. 3. 4. 1796.
Hr. Herder Verfasser sind.

Jakob, Annalen der Philosophie und des philosophischen
Geistes, Leipzig, 1796, pag. 721–734.

Pariser Theater-Chronik.

1792.

Für die Stimmung, in welche die Einwohner von Paris durch die legislative National-Versammlung, die den größten Verbrechern zugestandenen Amnestien und die zügellose Denkungsart vieler ihrer Mitglieder versezt worden waren, war eine Bearbeitung der Räuber von Schiller nicht übel calculirt. Sie kam unter dem Titel Robert chef des brigands auf die Bühne. Der Gang der Handlung ist größtentheils so, wie im Original. Roberts Räuberbande besteht aus tapfern Kriegern, welche die Rechte des Menschen gegen die Anmaßungen des Lehnsadels gelten zu machen suchen, und an die Stelle drückender Geseze den Säbel und die Muskete sezen. Sie sind Ankläger, Zeugen, Richter und Henker, und kein Tyrann entgeht dem Tode, wenn sie das Urtheil über ihn ausgesprochen haben. Diese wackre Denkungsart wird wie billig belohnt. Robert und seine ganze Bande erhält von dem Kaiser eine vollkommene Amnestie.

Von den Räubern erschien eine Fortseßung unter dem Titel: Robert républicain. Der ehemalige Räuberhauptmann hat eine Republik gegründet, in welcher er mit seinen alten Glücksgefährten das Geschäft, der willkührlichen Gewalt Gewalt entgegenzusehen, forttreibt. Sein Bruder, den man todt glaubte, lebt noch, und sucht Robert zu stürzen. Dieser wird in der That von zweyen seiner Kameraden vor dem furchtbaren Tribunal angeklagt. Der eine beschuldigt ihn, auf das Zeugniß eines anonymen Briefes, den Sohn des Grafen von Marburg, Adolph, meuchelmörderischer Weise ums Leben gebracht zu haben; ein andrer klagt ihn, zu Folge der Versicherung eines Ungenannten, an, Adolphs Gemahlin entführt und eingekerkert zu haben. Das Tribunal scheint diesen Klagen Glauben beyzumessen, und in der

1796. Sizung selbst hebt der Ankläger den Dolch gegen den Angeklagten auf. Glücklicherweise wird diese schnelle Handhabung der Justig noch eine Weile verzögert; Robert beweißt, daß Adolph noch lebt; daß er sein Wohlthäter ist; daß er seine Gemahlin niemals gesehen habe. Roberts Bruder, welcher einen Aufstand des Volkes veranlaßt hat, wird gefangen genommen, und überführt, der Urheber jener Verläumdungen zu seyn. Das Tribunal verurtheilt ihn und er entleibt sich.

Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste, Leipzig, 1796, 58. Band, 1. Stück, pag. 118, 128-129.

Musen-Almanach für das Jahr 1796. Berausgegeben von Schiller. Neustrelitz bey Michaelis. 260 S. in 12 (mit lateinischer Schrift.)

Die Zahl der Almanache und poetischen Taschenbücher, die, außer den gewöhnlichen und schon seit alten Zeiten bestehenden Musen-Almanachen, für das Jahr 1796 erschienen sind, ist so groß, und die meisten derselben so unbedeutend, daß wir uns an der Bibliothek und ihren Lesern versündigen würden, wenn wir alle diese dichterischen Erzeugniße beurtheilen wollten. Eine rühmliche Ausnahme von dieser Behauptung machen nur wenige, und unter diesen der von H. Schiller herausgegebene MusenAlmanach, eine Sammlung, die uns von neuem überzeugt hat, daß es um die lyrische Poesie der Deutschen so schlimm nicht stehe, wie einige meynen, und von ihrem Verfall nicht so häufig die Rede seyn würde, wofern man alles Gute, was in dem Laufe eines Jahres zwischen der Oder und dem Rheine gedichtet wird, in einer oder zwey Blumenlesen zusammenfände. Welch ein erquickender Genuß, wenn die Dichter, die sich mit H. Schiller verbunden haben, und er selbst, ihre Beyträge H. Voß, oder dieser ihm die seinigen zur Vereinigung in ein Ganzes überlassen hätte, und so die Heideblumen und Wicken, an denen es weder dem einen noch dem andern Strauße fehlt, durch edlere Rosen und Nelken verdrängt worden wären! Doch wozu Wünsche, die, bey der Lage unserer Litteratur, für igt und wahrscheinlich für

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