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No wonder that your students have felt this inspiration in rich measure! How many men and women bear still in memory the skill and eloquence with which you made the literature of Germany march in step with the philosophical thought and economic and social life of nineteenth century Europe! Not a few bright young men found their way into Germanics as a life calling under the stimulus of the skilful syntheses of a master to whom literary history is not a field for dry-as-dust categorizing but a key to interpret the inner life of past generations. Your interpretations of German literary works in terms intelligible to non-professional circles have scattered seed widely for Germanic studies. The power of convincing synthesis, so rare among scholars, is in command of the artist alone, and it is as an artist among students of literary history that you have made lasting impress upon many younger men.

Several of the articles which appear below are from the pens of former students of yours, riper fruit from seed which you once sowed. Others touch fields of research in which you are especially interested. We offer them with the sincere wish that your writing and personality may long continue an inspiring force in Germanic studies.

THE EDITORS.

GRIMMELSHAUSENS SIMPLICISSIMUS

EIN BEITRAG ZUR DEUTSCHEN WESENSKUNDE1

DIE

VON ERNST ROSE

IE deutsche Literaturwissenschaft in Amerika hat zwei Aufgaben, eine mehr praktische und eine mehr ideale. Ihre mehr ideale Aufgabe ist, Amerika die Kenntnis der deutschen Kultur zu vermitteln, soweit diese sprachlichen und literarischen Ausdruck gefunden hat; sie hat dabei im besonderen klar herauszuarbeiten, inwiefern deutscher Kultureinfluß fördernd oder hemmend auf die amerikanische Entwicklung eingewirkt hat und noch einwirken kann.

Die mehr praktische Aufgabe der Literaturwissenschaft hierzulande ist die Ausbildung von Lehrern der deutschen Sprache und Literatur. Sie steht aber in Wirklichkeit im Zusammenhang mit der anderen, mehr idealen Aufgabe. Denn der durch diese Lehrer erteilte Unterricht hat nur dann seinen Sinn, wenn auch er als letztes Ziel die Verbreitung deutscher Kulturkunde und die Auseinandersetzung des amerikanischen Geistes mit dem deutschen Kulturgut im Auge hat.2

Beide Ziele der deutschen Literaturwissenschaft in Amerika fallen also in eins zusammen. Nur wird das eine Mal die Aufgabe unmittelbar ins Auge gefaßt, das andere Mal erst auf einem Umwege erstrebt.

Wenn es aber auf die Erkenntnis der deutschen Kultur in ihrer Besonderheit und Eigenart ankommt, dann richtet sich unser Augenmerk naturgemäß auf diejenigen Werke, in denen das deutsche Wesen mit seinen Vorzügen und Schattenseiten am klarsten zum Ausdruck gekommen ist. Zu diesen Leistungen

1 Bei der Beschreibung des deutschen Wesens ging ich nicht willkürlich vor, sondern stützte mich auf das vorzügliche Werk von Richard Müller-Freienfels, Psychologie des deutschen Menschen und seiner Kultur, München 1922. Möglich ist eine wissenschaftlich gültige Beschreibung des Volkscharakters wie des individuellen Charakters natürlich nur vom Standpunkte der Strukturpsychologie aus.

2 Diese Auseinandersetzung braucht nicht durchweg positive Ergebnisse zu haben. Es kommt nicht so sehr auf das Ziel als auf die Gründlichkeit dieser Auseinandersetzung an.

gehört nun auch Grimmelshausens Simplicissimus. Die folgenden Ausführungen versuchen, die eigentümlich deutsche Wesenheit dieses Werkes zum deutlichen Bewußtsein zu bringen und damit einen Beitrag zur deutschen Kulturkunde zu liefern.3

1. DER ERLEBNISGRUND DES Simplicissimus

Deutsch ist am Simplicissimus schon, daß es seinem Verfasser wie dem des Parzival und dem des Faust um eine weltanschauliche Frage geht. Aber ebensowenig wie in diesen beiden anderen deutschen Weltgedichten ist es hier die letzte Absicht, zu erkennen,

was die Welt

Im Innersten zusammenhält."

Vielmehr soll die erworbene Weltansicht in den Dienst eines veränderten Handelns gestellt werden. Dieses Streben nach Welterkenntnis zum Zwecke einer Verbesserung des Handelns aber ist unmißverständlich deutsch; denn es ist der Willensanlage des deutschen Menschen bei unklaren Zielen entsprungen.*

Und auch hier im Simplicissimus ist die am Ende errungene Weltanschauung nur im Bewußtheitsgrade und in der Tiefe, nicht aber der Anlage nach von der am Beginn des Strebens verschieden. Bereits der Knabe Simplicius klagt:,, Ach Gott! wie ist das menschliche Leben so viel Mühe und Widerwärtigkeit! Kaum hat ein Unglück aufgehöret, so stecken wir schon in einem andern. Mich verwundert nicht, daß der heidnische Philosophus Timon zu Athen viel Galgen aufrichtete, daran sich die Menschen selber aufknüpfen und also ihrem elenden Leben durch eine kurze Grausamkeit ein Ende machen sollten." 5 Die

3 Ermatingers Schrift Weltdeutung in Grimmelshausens Simplicius Simplicissimus, Leipzig 1925, hat natürlich auch als Ausgangspunkt dieses Aufsatzes gedient. 4 ,, Für den deutschen Menschen, wie für den Abendländer überhaupt, ist charakteristisch eine starke Aktivität, die auf ein besonders starkes Willensleben zurückgeht." Müller-Freienfels, p. 62. Er ist jedoch,, wenig rationalisiert, seine Subjektivität tritt stärker gegenüber den übersubjektiven Bindungen hervor," p. 65.,, Damit ist gesetzt die geringe Zweckbestimmtheit, die geringe gesellschaftliche Ausgeglichenheit, die Beeinflußbarkeit,“ p. 75.

...

' Die Anführungen nach: Grimmelshausens Werke in vier Teilen, herausgegeben von Dr. Hans Heinrich Borcherdt, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin, o. J., Bongs Goldene Klassikerbibliothek. Die Begründung seines SimplicissimusTextes liefert Borcherdt in Die ersten Ausgaben von Grimmelshausens Simplicissimus (,, Einzelschriften zur Bücher- und Handschriftenkunde,“ herausgegeben von Georg Leidinger und Ernst Schulte-Strathaus), München, Horst Stobbe, 1921.

Welterkenntnis des reifen Mannes ist bloß eine Vertiefung der schon dem Knaben geläufigen Grundansicht; denn auch für sein Erkennen ist das Leben ein trüber Wahn, den nur das Licht des Glaubens zu erhellen vermag.

Um Grimmelshausens Platz in der Geistesgeschichte zu begreifen, muß man vor allen Dingen berücksichtigen, daß auch sein Weltbild inhaltlich noch von der Theologie her bestimmt ist. Ihm ist die Welt die wandelnde Hülle für die ewigen Wahrheiten des Christentums. Gott wird dabei durchaus noch als eine irrationale Kraft gefaßt, deren Walten das bloß natürliche Licht der Vernunft nicht restlos aufzuhellen vermag. Nur der Glauben dringt durch die Schale der Erscheinungen zu ihrem Kerne durch und sieht

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Daß Grimmelshausen überhaupt einen Ausweg aus dem schroffen Dualismus Gott-Welt findet, das rückt ihn wieder vom Barock weg und in die Nähe des beginnenden Strebens, die Welt als Gottes Schöpfung zu rechtfertigen. In der Irrationalität ist Grimmelshausens Ausweg dem Jakob Böhmes verwandt, und beide darf man als Vorläufer Leibnizens betrachten, ohne ihnen Gewalt anzutun. Auch darin sind sie es, daß ihr Gott nichts Ruhendes ist, das man einmal ergreifen und dann besitzen kann. Jakob Böhme muß sich seinen Gott durch eine tägliche Aufhebung der Individuation jedesmal erst wieder herstellen, und auch Simplicius ist es um ein tägliches Bewußtmachen der christlichen Wahrheiten zu tun, um eine ständige Erneuerung des Lebens von innen heraus. Sogar im Tun ist also die Verbindung von Leben und Glauben bei ihm enger als bei den meisten von Grimmelshausens Zeitgenossen.

Dabei vollzieht sich die Entwicklung des simplicianischen Handelns in der gleichen Richtung wie die der simplicianischen Weltanschauung, nämlich hin zu größerer Bewußtheit. Nach dem Tode des alten Einsiedlers hat der Knabe Simplicius dessen Kutte angezogen und sich in die Betrachtung der Bibel versenkt. Aber der Sinn seines Tuns ist ihm nur halb bewußt, und erst ganz zuletzt tritt der Mann Simplicius aus reiflicher Überlegung

dasselbe Leben an. Denn sein Inseldasein ist nicht etwa erzwungen; sonst hätte Simplicius mit den Holländern in die Welt zurückkehren können. Er zieht sich wirklich ganz bewußt auf die Betrachtung der ewigen Wahrheiten zurück und hat damit das Ende seines Strebens erreicht.

Im Gegensatz also zur üblichen Tugendstarre des Literaturbarocks ist des Simplicii Tugend eine werdende. Wir werden an Goethes Spruch gemahnt, daß nur der sich Freiheit und Leben verdiene,

Der täglich sie erobern muß."

Und auch an den Parzival, dessen Held erst dann der König des Gralsreiches werden kann, als er sich den Glauben, den er erst einfach übernommen hatte, bewußt wieder erringt. So ist Grimmelshausens Tugendauffassung in ihrer Dynamik sicherlich deutsch.

Aber indem Grimmelshausen die fortgesetzte Seelenspannung des Barock in ein unablässiges inneres Werden aufgelöst hat, hat er auch ihren verborgenen Strebungen recht eigentlich erst zur Auswirkung verholfen und ein Literaturwerk geschaffen, das man dem Dresdener Zwinger und anderen Werken zeitgenössischer Baukunst an die Seite setzen kann. Denn erst da, wo an die Stelle des aus der romanischen Welt überkommenen Gleichgewichts das deutsche Werden gebracht ist, haben wir einen Barockstil, den man mit ganzem Gewissen als einheimisch deutsch bezeichnen kann.

2. DIE FORM DES Simplicissimus

Auch seiner äußeren Form nach ist der Simplicissimus durchaus deutsch. Denn diese Form ist im höchsten Grade musikalisch. Nur soll man dabei fortgesetzt an die deutsche Harmonie-Musik und nicht an die Melodie-Musik der Italiener

denken!

Die Komposition des Romanes ist ihrem Wesen nach kontrapunktisch. Zwei gegensätzliche Themen laufen nebeneinander her und kämpfen miteinander, bis das eine immer stärker wird und zuletzt siegt. Das eine Thema ist des Simplicius' äußerer Aufstieg zu Glanz und Reichtum, das andere seine innere Entwicklung bis zur Erlösung. Und äußerer Glanz bedeutet fast

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