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anderswo geradezu Epicuri de grege porcum. olivae, cichorea, malvae: ist eine lustige Übertreibung oder, wenn man will, harmlose Lüge des Humoristen (genofs doch selbst der ärmere Bürgerstand bei der cena Wein, Brot, Fische, Bohnen, Rüben, Kohl, im Winter getrocknetes Obst, als Nachtisch Käse und Feigen!). Dafs sich mit solchen Speisen noch niemals jemand „ein Ränzlein angemästet hat", wufste H. ganz gut, behauptet es aber von sich frischweg, um dem Gedanken: „Einfache Kost bekommt, wie figura zeigt (auf sich selbst deutend), ganz vortrefflich" in seiner Weise einen komisch-drastischen Ausdruck zu verleihen. Die (nicht beigefügte) Schlufsfolgerung: „Warum sollte ich also rubelos und mit fortwährender Lebensgefahr den Gaben der Fortuna nachjagen?" ergibt sich von selbst. Ein vortrefflich zu unserer Ode stimmendes Bild des genügsamen vates findet sich epist. II 1, 119:

vatis avarus

non temere est animus: versus amat, hoc studet unum;
detrimenta, fugas servorum, incendia ridet;

non fraudem socio puerove incogitat ullam
pupillo; vivit siliquis et pane secundo.

leves: Erleichterung verschaffend" (weil schleimreich und von erweichender Kraft) und daher gravi salubres corpori (ep. 2, 57). Durch dieses Attribut wird der Widerspruch zwischen Subj. und Präd. (malvae, pascunt) erst recht auffallend. frui - mente: Konstr.: dones mihi, Latoe, frui paratis et valido ac (precor) integra cum mente. frui, degere dones: Bei Homer in Gebeten oft dós c. infin., Iliad. III 322: tòv dos añoчdiμενον δύναι δόμον Ἄιδος εἴσω. frui paratis: iis quae adsunt (verwechsle paratus vor allem nicht mit partus = erworben!). frui ist gegen den Geiz, paratis gegen die Habsucht gerichtet. deorum muneribus sapienter uti (IV 9, 47) ist eine Kunst, welche die Götter verleihen müssen und z. B. dem Freunde Tibull verliehen hatten (epist. I 4, 7: di tibi divitias dederunt artemque fruendi): so erklärt sich die Bitte an den Gott. valido: denn valeat possessor oportet, si conportatis rebus bene cogitat uti (epist. I 2, 49). Der Dativ ist durch Assimilation (Attraktion) an mihi entstanden. Latoe: Aaroos vom dorischen Aaro st. Λητώ. integra cum mente: z. S. IV 9, 50. nec nec: „und weder noch". turpem carentem: Cic. off. I 34 schreibt vor: senibus labores corporis minuendi, excrcitationes animi etiam augendae videntur. Danda vero opera, ut et amicos et iuventutem et maxime rempublicam consilio et prudentia quam plurimum adiuvent. Nihil autem magis cavendum est senectuti, quam ne languori se desidiaeque dedat. Luxuria vero cum omni aetati turpis tum senectuti foedissima est. Da nun Horaz als „wackrer Mann, der, sein Pfund benutzend, zum Dienst des Vaterlands kehrt seine Kräfte" (Rückert), seine Lebensaufgabe darein gesetzt hat, in erster Linie dem Staate, in zweiter der Jugend und den Freunden durch Ausübung der Dichtkunst sich nützlich zu erweisen, so fügt er der allgemeineren Bitte nec turpem sen. den besonderen Wunsch nec cith. carentem hinzu. Dafs der Dichter denselben auszusprechen persönlich Veranlassung hatte, zeigt seine Klage epist. II 2, 55: singula de nobis anni praedantur euntes... tendunt extorquere poemata.

32. Ode.

Im Drange der Begeisterung (poscimur) ruft der Dichter die Leier, der er auch sonst schon Töne entlockt habe, die „das eine oder andere Jahr“ fortzuklingen verdienen, zur Hilfe auf (1—4), jene Leier, deren Saiten zuerst der „lesbische Bürger" (Alcäus) gerührt zum Preise dessen,

was das menschliche Dasein verschönt (5-12), die Leier, welche gleicherweise der Götter und der Menschen Herz erfreut, und die ihm, dem Dichter, niemals den Dienst versagen möge (13-16).

1–4. poscimur: ist, dem Ovidischen fert animus entsprechend, von innerem Antriebe zu verstehen; denn der Sänger gehorcht der gebietenden Stunde", ihn treibt eine Gewalt mit willkommener Nötigung, der er mit süfser Rührung gehorcht (,,patitur deum"): die Schönheit selbst ist es, die an die Pforten der Dichterseele klopft und um das Leben bittet, das nur sie ihr gewähren kann. (Andere Lesart: poscimus sc. te, lyram). si: mit begründender Kraft, wie in Gebeten (Iliad. I 39 El лOTE). vacui: otiosi. in umbra: etwa in silva Sabina, wie I 22, oder in reducta valle des Sabinergutes, wie I 17, oder sub arta vite (in der Rebenlaube), wie I 38 (wo doch gewifs auch die Laute nicht fehlte). lusimus: Alle Poesie (alle Kunst) ist ein freies Spiel der Phantasie; dem Römer aber, dessen durchaus praktischer, dem Nutzen allein zugegewandter Sinn nur in der Verwaltung des Haus- und Staatswesens eine des ernsten Mannes würdige Beschäftigung erkannte, hiess Dichten ludere auch in dem Sinne von nugari. H., obgleich höher von der Poesie denkend, bedient sich des Ausdrucks in Anbequemung an die Terminologie der Denkart seiner Volksgenossen. tecum: Dafs der Sänger (Dichter) die Laute, sein „Instrument", als Gehilfin betrachtet, ist nicht anders zu beurteilen, als wenn Tell in seinem berühmten Monolog den Bogen, ohne den ihm der Arm fehlt", wie ein persönliches Wesen apostrophiert und um treue Mitarbeit bittet („Komm du hervor" u. s. w.) Die Laute ist das Symbol der dichterischen Form gebung, durch welche die dichterische Idee in die Erscheinung tritt, die Schönheit ihr Leben empfängt. quod et hunc et pluris: mit (stolzer) Bescheidenheit gesagt statt: quod nunquam interiturum sit (IV 9, 1: ne forte credas interitura, quae verba loquor socianda chordis). dic: hier von der Laute „spiele, lafs erschallen"; übrigens zu I 6, 1 scrib. Latinum: H. bedient sich, so fingiert er, derjenigen Laute, auf der einst Alcäus seine lesbisch-äolischen Weisen ertönen liefs; der Rhythmus, auf den das Instrument sozusagen gestimmt ist, wird derselbe bleiben, statt der äolischen Sprachform aber soll es sich, darum bittet der römische Dichter, die lateinische gefallen lassen. barbite: zu I 1, 34.

5-12. Lesbio: weshalb an betonter Stelle? civi: dat. auct. zu dem (passivischen) modulate. Der Grund dieser Bezeichnung des Alcäus ergibt sich aus dem in der Einl. über das Leben des Lesbiers Bemerkten. modulate Statt dieses Verbums I 24, 14 moderari, vgl. IV 3, 18 temperare. ferox bello: καίπερ φιλοπόλεμός τε καὶ πολεμικὸς ὤν; hat er doch auch, wie H. (I 6, 10), die inbellis lyra gerührt. Cic. Tusc. IV 33: fortis vir in sua republica cognitus, quae (,,was nicht alles"!) de iuvenum amore scripsit Alcaeus! vgl. zu II 13, 26 aur. plectro. inter arma: davor ergänze sive, wie I 3, 16 vor ponere. sive navem: d. h. nachdem er sich als Verbannter nach ruhelosem Umherirren in fremdem Lande niedergelassen hatte. Liberum, Musas, Venerem: „Wein, Weib, Gesang". puerum: sc. Veneris, daher „Sohn“, wie in Cythereae puer ales (III 12, 3), pueros Ledae I 12, 25, iuvenis neben matris (IV 5, 9), virgo sc. matronae tyranni (= Tochter) II 2, 8. illi haerentem: „an einem hangen" „nicht von ihm lassen" sagen auch wir; der Dat. wie I 17, 27 crinibus; st. dessen der Ablat. I 2, 9. Lycum: Ein Scholiast Pindars hat uns von Alcäus die Worte erhalten: οὐκ ἐγὼ Λύκον ἐν Μούσαις ἀλέγω. Weiter ist uns dieser von dem Lesbier besungene Knabe nicht bekannt; vielleicht bezieht sich auf ihn, was Cic. n. d. I 28, 79 Horati carmina.

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mitteilt nobis, qui concedentibus philosophis antiquis adulescentulis delectamur, etiam vitia saepe iucunda sunt. naevus in articulo pueri delectat Alcaeum. at est corporis macula naevus. illi tamen hoc lumen videbatur. nigris — decorum: Schwarzes Haar und Auge wird auch A. P. 37 als Zier des Jünglings angegeben: spectandus nigris oculis nigroque capillo. Was ist in diesen Worten hinsichtlich der Prosodie beachtenswert?

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13-16. decus Phoebi: Die Leier ziert die Brust des Movoαyérns, wie der Bogen die Schulter (I 21, 11-12). dapibus Jovis: Die im olympischen Saale des Zeus versammelten Götter (Iliad. I 602) δαίνυντ', οὐδέ τι θυμὸς ἐδεύετο δαιτὸς ἐίσης,

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οὐ μὲν φόρμιγγος περικαλλέος, ἣν ἐχ ̓ Ἀπόλλων. testudo: zu I 10, 6. laborum - lenimen: Beachte die Verwendung der weichen und flüssigen Laute. cumque: Dieses seltene, archaistische Wort (= quumque d. h. quandocumque), das dem gehobenen Tone der Strophe wohl ansteht, ist eine dem quandoque, usque, ubique analoge Bildung. Es findet sich in der Regel bekanntlich in Zusammensetzungen; dafs es aber doch eine gewisse Selbständigkeit bewahrt hatte, beweist schon die Möglichkeit der Tmesis (zu quam rem cumque 1 6, 3), salve: mit Dat. auch Aen. XI 97 nach Iliad. XXIII 19: χαῖρέ μοι, ὦ Πάτροκλε. Wie vale, das man beim Abschiede sagte, auch eine Abweisung, den Wunsch der Entfernung einschliefsen kann (valeat res ludicra fort mit dem Bühnenspiel, epist. II 1, 180), so enthält hier salve, die Begrüfsungsformel beim Zusammentreffen, die Bitte dem Dichter zur Seite zu stehen (= adsis mihi). rite vocanti: Ein religiöser Mensch im Sinne des römischen Sprachgebrauchs war derjenige, welcher sich streng an die vom Staate vorgeschriebenen Normen des Gottesdienstes hielt und darin weder zu viel noch zu wenig that; denn irgend eine Abweichung vom üblichen Ritus, z. B. ein Versehen oder eine Auslassung beim Vortrage des Gebets, machte die gottesdienstliche Handlung ungültig und wirkungslos. Wenn demnach vor allem die Priester sich einer peinlichen Gewissenhaftigkeit in der Beobachtung der althergebrachten Satzungen, besonders auch der von Numa festgestellten Gebetsformulare befleifsigen mufsten, so geziemte es sich auch für den vates sacer (IV 9, 28) Horatius (II 6, 24), die wie eine Art göttlichen Wesens verehrte Leier mit feierlichem, weihevollem Ernste rite um ihre ihm unentbehrlichen Hilfe anzurufen (vocare, zu I 30. 2).

33. Ode.

In dem ausgezeichneten römischen Elegiendichter Albius Tibullus tritt uns ein liebenswürdiges Dichtergemüt entgegen, das, bei der Innerlichkeit und Innigkeit seiner Empfindung von den Interessen der Zeit und Umgebung nicht befriedigt, in der Stille des Landlebens und einer reinen, sittlichen Liebe sein Glück suchte. Er redet die Sprache der Wehmut mit einer Meisterschaft, die ihn zum Muster eines Elegikers im heutigen Sinne macht.

Ihm gegenüber schlägt der ihm befreundete (etwa ein Dezennium ältere) H. einen schalkhaft scherzenden, aber durchaus nicht verletzenden Ton an. "Wozu, Albius, in deinen Elegien dieses endlose Jammern über den Verlust der ungetreuen Geliebten! Du begreifst nicht, wie es möglich ist, dafs ein junger Fant auf eine „Glycera" solchen Eindruck machen konnte? Kennst du denn wirklich so wenig das sonderbare Regiment der Liebesgöttin? Verzehrt doch die bildschöne Lycoris eine närrische Liebe zu dem abscheulichen Cyrus, und diesen wüsten und ausschweifenden Jüngling hinwiederum treibt es, sich bei der gestrengen

Pholoe einen Korb zu holen! Das sind die bösen Streiche der Venus, wie sie noch kürzlich auch mir einen gespielt hat".

Ohne Zweifel will der Dichter den guten Tibull trösten; ein gutmütiger Scherz zu rechter Zeit hat ja schon oft einem betrübten Herzen leichter über den Kummer hinweggeholfen, als salbungsvoller Zuspruch es jemals vermocht hätte. Tibull hat gewiss namentlich über die heitere Selbstpreisgebung des humorvollen Dichters ebenso herzlich gelacht, wie über den ebenfalls selbstironisierenden Schlufs der auch an ihn gerichteten epist. I 4, und auf dem Grunde der Ode das Recept gefunden, das der gleichmütige Humor gegen alle Bitternisse des Lebens stets in Bereitschaft hat: amara lento temperare risu (II 16, 26). Nicht minder aber dürfte er auch den Protest empfunden haben, der in diesen launigen Trostworten steckt: den Protest gegen die ewigen, weinerlichen, des Mannes unwürdigen Klagen der damaligen Elegienpoesie, die dem Zwecke aller Poesie, wie Horaz ihn sich dachte, entfernt nicht entsprachen. Deutlicher noch kehrt derselbe Protest wieder II 9 (an den Elegiendichter Valgius); auch IV 12 (an Vergil) ist zu vergleichen.

1-4. Jammre nicht so mafslos. ne doleas ist entweder noli dolere (wofür freilich ne dolueris zu erwarten wäre; vgl. I 11, 1) oder final zu fassen; die letztere Erklärung erfordert nach fide (V. 4) Komma und die bekannte Ergänzung „so wisse". plus nimio: wie I 18, 15, gehört zu ne doleas. Glycerae: deines „süfsen Mädchens“, meint vielleicht die Nemesis (ebenfalls Pseudonym), über deren Untreue sich Tibull beklagt. Desselben Namens bedient sich H. zum Teil auch, wenn er von seiner angeblichen eignen Geliebten spricht (I 19 und III 19, vgl. I 30). miserabilis: aktiv („klagend") oder passiv (,,beklagenswert")? „kläglich" ist ebenso zweideutig, vgl. II 9, 19 flebilibus modis (ebenfalls von den molles querellae der Elegiendichter). decantes: mit dem Begriffe des Unaufhörlichen. elegos:

A. P. 75: versibus inpariter iunctis querimonia primum,

post etiam inclusa est voti sententia conpos,
quis tamen exiguos elegos emiserit auctor,
grammatici certant et adhuc sub iudice lis est.

cur: Im übergeordneten Satze steckt der Begriff des Fragens. laesa fide: a Glycera; cur fide übersetze etwa: ,wie es möglich ist, dafs ein J. bei der Treubrüchigen dich aussticht".

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5-12. Auch mit andern treibt Venus ihr grausames Spiel. insignem tenui fronte: Schmale Stirn galt den Alten für schön. Daher epist. I 7, 26 H. zu Mäcenas: reddes nigros angusta fronte capillos gib mir die Schönheit der Jugend wieder. Das Gegenteil sind rari et cedentes capilli, lata frons (Plinius). Cyri: objektiv. torret: ein starker Ausdruck st. urit; bei griechischen Dichtern oлtav. Cyrus: Dieses Pseudonym bezeichnet I 17 einen wüsten, mafslos zudringlichen Jüngling. Apulis lupis: I 22, 13-14; das Attribut zur Individualisierung. iungentur: „werden sich gesellen“ d. h. eher wird sich die Ordnung der Natur verkehren. peccet: c. abl., wie I 27, 17. adultero: zu moechos I 25, 9. sic visum est. Venus, meint der Dichter, ist nun einmal eine abgefeimte Despotin voller Laune und Willkür, deren Machtspruch lautet: hoc volo, sic iubeo, sit pro ratione voluntas (Juvenalis, Satiriker, ca. 50-130). Das will besagen: Eigensinn und Laune der Verliebten haben ihrer Natur nach mit Mals und vernünftiger Überlegung nichts zu thun. inparis: unterscheide wohl von dissimilis! inparis formas geht auf (die schöne) Lycoris und (den hässlichen) Cyrus, inparis animos auf Cyrus und (die spröde) Pholoe.

13-16. Mir selbst ist's nicht besser ergangen. melior: „edler“,

ingenuus amor (I 27, 16). libertina: deren Charakterzeichnung du zu I 25 findest. Venus: wie I 27, 14. grata conpede: oxymor. acrior: stürmischer d. h. zudringlicher. fretis Hadriae: wenn das Meer von der rabies Noti (I 3, 14—16) gepeitscht wird; über freta zu 1. c. sinus ist (nicht affiziertes, sondern) effiziertes Objekt: mare sinus curvos (eig. litus curvum, IV 5, 14) efficit.

34. Ode.

curv. sinus:

sat. I 5, 97, in der launigen Beschreibung der Reise, welche er in Gesellschaft des Mäcenas im J. 37 nach Brundisium machte, erzählt H., die Bewohner des Ortes Egnatia wollten den Leuten aufbinden, dass bei ihnen an heiliger Stätte Weihrauch durch ein Mirakel ohne Feuer schmelze:

credat Judaeus Apella, ruft er aus,

non ego! namque deos didici securum agere aevom
nec, si quid miri faciat natura, deos id

tristis ex alto caeli demittere tecto.

Das ist epikureische Weisheit, zum Teil wörtlich entnommen aus einem mit der Wärme eines grofsen und tiefen Gemüts geschriebenen didaktischen Gedicht des Lucretius („de rerum natura“), welcher sich zur Aufgabe gesetzt hatte, die Römer von allen Wahnbildern des Aberglaubens und der Leidenschaft, besonders aber von der „drückenden Gottes- und Todesfurcht" zu befreien. In der Lobrede auf seinen Meister hebt dieser Dichterphilosoph hervor, Epikur, „diese Zierde des grajischen Stammes", habe durch seines Geistes Kraft bewirkt, dafs die gravis religio nunmehr unter die Füsse getreten sei, dass Blitz und Donner den Menschen nicht mehr schrecke; und im 6. Buche, das der Erklärung verschiedener Naturerscheinungen gewidmet ist, wirft er unter den Beweisen für die Behauptung, dafs das Gewitter mit dem Wirken der Gottheit nichts zu thun habe, die Frage auf:

denique cur numquam caelo iacit undique puro
Juppiter in terras fulmen sonitusque profundit?

In Beantwortung nun dieser Frage des Lukrez leistet H., der in der genannten Satire den freigeistigen Epikureer gespielt hat, in dieser Ode Widerruf, indem er berichtet, wirklich habe er Donner und Blitz bei heiterem Himmel erlebt und sei dadurch zu der Einsicht geführt, dass es doch höhere Mächte gebe, denen der Mensch sich in Demut beugen müsse; das ergebe sich insonderheit auch aus dem Walten der Fortuna, die nach Belieben Königskronen raube und verleihe.

Der Schlufsgedanke macht es sehr wahrscheinlich, dafs H. die Anregung zu der Ode durch die wunderbaren, von der staunenden Welt wie ein Blitzschlag bei heiterem Himmel betrachteten Erfolge Oktavians empfangen habe, den die Vorsehung als unscheinbaren Jüngling auf die höchste Stufe der Macht erhob, während Gröfsen wie Cäsar, Pompejus und Crassus, Brutus und Antonius der Reihe nach in den Staub sanken. Auf diese Annahme deutet auch der unleugbare Zusammenhang, in dem dies Gedicht mit dem folgenden, Oktavian dem ferneren Schutze der Glücksgöttin empfehlenden, steht. Durch die Art der Einkleidung aber ist es dem Dichter gelungen, sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, indem er neben der dem Herrscher dargebrachten Huldigung zugleich Front macht gegen den herrschenden Unglauben der Zeit.

parcus infrequens: Seine Opfergaben waren kärglich und selten, weil ja nach Epikurs Afterweisheit (insaniens sapientia) auch

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