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Johanna

Du thatst dem Himmel diese zweite Bitte:
Wenn es sein hoher Schluß und Wille sei,
Das Zepter deinem Stamme zu entwinden,
Dir alles zu entziehn, was deine Väter,
Die Könige in diesem Reich, besaßen
Drei einzge Güter flehtest du ihn an
Dir zu bewahren, die zufriedne Brust,
Des Freundes Herz und deiner Agnes Liebe.

(Der König verbirgt das Gesicht, heftig weinend; große Bewegung des Erstaunens unter den Anwesenden. Nach einer Pause.)

Soll ich dein dritt Gebet dir nun noch nennen?

Karl

Genug! Ich glaube dir! So viel vermag
Kein Mensch! Dich hat der höchste Gott gesendet.

Erzbischof

Wer bist du, heilig wunderbares Mädchen?
Welch glücklich Land gebar dich? Sprich! Wer sind
Die gottgeliebten Eltern, die dich zeugten?

Johanna

Ehrwürdger Herr, Johanna nennt man mich.
Ich bin nur eines Hirten niedre Tochter
Aus meines Königs Flecken Dom Remi,
Der in dem Kirchensprengel liegt von Toul,
Und hütete die Schafe meines Vaters
Von Kind auf. Und ich hörte viel und oft
Erzählen von dem fremden Inselvolk,
Das über Meer gekommen, uns zu Knechten
zu machen und den fremdgebornen Herrn
Uns aufzuzwingen, der das Volk nicht liebt;
Und daß sie schon die große Stadt Paris
Inn hätten und des Reiches sich ermächtigt.
Da rief ich flehend Gottes Mutter an,

Von uns zu wenden fremder Ketten Schmach,
Uns den einheimschen König zu bewahren.
Und vor dem Dorf, wo ich geboren, steht
Ein uralt Muttergottesbild, zu dem
Der frommen Pilgerfahrten viel geschahn,
Und eine heilge Eiche steht darneben,
Durch vieler Wunder Segenskraft berühmt.
Und in der Eiche Schatten saß ich gern,
Die Herde weidend, denn mich zog das Herz.
Und ging ein Lamm mir in den wüsten Bergen
Verloren, immer zeigte mirs der Traum,
Wenn ich im Schatten dieser Eiche schlief.
Und einsmals, als ich eine lange Nacht
In frommer Andacht unter diesem Baum
Gesessen und dem Schlafe widerstand,
Da trat die Heilige zu mir, ein Schwert
Und Fahne tragend, aber sonst, wie ich,
Als Schäferin gekleidet, und sie sprach zu mir:
Ich bins. Steh auf, Johanna. Laß die Herde.
Dich ruft der Herr zu einem anderen Geschäft!
Nimm diese Fahne! Dieses Schwert umgürte dir!
Damit vertilge meines Volkes Feinde,

Und führe deines Herren Sohn nach Reims,
Und frön ihn mit der königlichen Krone!"
Ich aber sprach: Wie kann ich solcher That
Mich unterwinden, eine zarte Magd,
Unfundig des verderblichen Gefechts!"
Und sie versezte: „Eine reine Jungfrau
Vollbringt jedwedes Herrliche auf Erden,
Wenn sie der irdschen Liebe widersteht.
Sieh mich an! Eine keusche Magd, wie du,
Hab ich den Herrn, den göttlichen, geboren,
Und göttlich bin ich selbst!“ Und sie berührte
Mein Augenlid, und als ich aufwärts sah,
Da war der Himmel voll von Engelknaben,
Die trugen weiße Lilien in der Hand,

Und füßer Ton verschwebte in den Lüften.
Und so drei Nächte nach einander ließ

Die Heilige sich sehn und rief: „Steh auf, Johanna!
Dich ruft der Herr zu einem anderen Geschäft!“
Und als sie in der dritten Nacht erschien,

Da zürnte sie, und scheltend sprach sie dieses Wort:
„Gehorsam ist des Weibes Pflicht auf Erden,
Das harte Dulden ist ihr schweres Los,
Durch strengen Dienst muß sie geläutert werden,
Die hier gedienet, ist dort oben groß.“
Und also sprechend ließ sie das Gewand
Der Hirtin fallen, und als Königin

Der Himmel stand sie da im Glanz der Sonnen,
Und goldne Wolken trugen sie hinauf,

Langsam verschwindend, in das Land der Wonnen. Alle find gerührt, Agnes Sorel heftig weinend, verbirgt ihr Gesicht an des Königs Brust.)

Erzbischof (nach einem langen Stillschweigen)

Vor solcher göttlichen Beglaubigung

Muß jeder Zweifel irdscher Klugheit schweigen.
Die That bewährt es, daß sie Wahrheit spricht;
Nur Gott allein kann solche Wunder wirken.

Dunois

Nicht ihren Wundern, ihrem Auge glaub ich,
Der reinen Unschuld ihres Angesichts.

Karl

Und bin ich Sündger solcher Gnade wert?
Untrüglich allerforschend Aug, du siehst
Mein Innerstes und kennest meine Demut!

Johanna

Der Hohen Demut leuchtet hell dort oben;
Du beugtest dich, drum hat er dich erhoben!

Karl

So werd ich meinen Feinden widerstehn?

Johanna

Bezwungen leg ich Frankreich dir zu Füßen!

Karl

Und Orleans, sagst du, wird nicht übergehn?

Johanna

Eh siehst du die Loire zurücke fließen.

Karl

Werd ich nach Reims als überwinder ziehn?

Johanna

Durch tausend Feinde führ ich dich dahin.

(Alle anwesende Ritter erregen ein Getöse mit ihren Lanzen und Schilden und geben Zeichen des Muts.)

Dunois

Stell uns die Jungfrau an des Heeres Spize,
Wir folgen blind, wohin die Göttliche
Uns führt! Ihr Seherauge soll uns leiten,
Und schützen soll sie dieses tapfre Schwert!

La Hire

Nicht eine Welt in Waffen fürchten wir,
Wenn sie einher vor unsern Scharen zieht.
Der Gott des Sieges wandelt ihr zur Seite,
Sie führ uns an, die Mächtige, im Streite!

(Die Ritter erregen ein großes Waffengetös und treten vorwärts.)

Karl

Ja, heilig Mädchen, führe du mein Heer,
Und seine Fürsten sollen dir gehorchen.

Dies Schwert der höchsten Kriegsgewalt, das uns
Der Kronfeldherr im Zorn zurückgesendet,
Hat eine würdigere Hand gefunden.
Empfange du es, heilige Prophetin,

Und sei fortan

Johanna

Nicht also, edler Dauphin!

Nicht durch dies Werkzeug irdischer Gewalt
Ist meinem Herrn der Sieg verliehn. Ich weiß
Ein ander Schwert, durch das ich siegen werde.
Ich will es dir bezeichnen, wies der Geist

Mich lehrte; sende hin und laß es holen.

Karl

Nenn es, Johanna.

Johanna

Sende nach der alten Stadt

Fierboys, dort, auf Sankt Kathrinens Kirchhof,

Ist ein Gewölb, wo vieles Eisen liegt,

Von alter Siegesbeute aufgehäuft.

Das Schwert ist drunter, das mir dienen soll.

An dreien goldnen Lilien ists zu kennen,

Die auf der Klinge eingeschlagen sind.

Dies Schwert laß holen, denn durch dieses wirst du siegen.

Karl

Man sende hin und thue, wie sie sagt.

Johanna

Und eine weiße Fahne laß mich tragen,
Mit einem Saum von Purpur eingefaßt.
Auf dieser Fahne sei die Himmelskönigin
Zu sehen mit dem schönen Jesusknaben,
Die über einer Erdenkugel schwebt,
Denn also zeigte mirs die heilge Mutter.

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