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wähnen: der orbis pictus des Amos Comenius, „eine Encyklopädie für Kinder"; die acerra philologica mit allerlei Fabeln, Mythologie und Seltsamkeiten"; Fenelons Telemach in einer Übersetzung; die Insel Felsenburg; viele Werke lat., griech., deutscher Litteratur, die, abgesehen davon, daß sie ihn in diese Litteraturen einführten, ihn mit einer Fülle von Bildern und Begebenheiten, von bedeutenden und wunderbaren Gestalten und Ereignissen anfüllten“. e) In der letzten Zeit seines Frankfurter Aufenthalts beschäftigt er sich auch mit Philosophie. Sein Freund sucht ihm den Anfang dieser Geheimnisse beizubringen"; aber er kam nicht weit darin. G. schien die Philosophie überflüssig,,,in Religion und Poesie enthalten zu sein"; wollte dies durch die Ge= schichte der Phil. beweisen, die er durch den kleinen Brucker" fennen lernte. Schluß. Mit einer für sein Alter und für die damalige Zeit überaus großen Fülle von Kenntnissen wurde Goethe durch dieses Studium ausgestattet; aber trotz seines guten Gedächtnisses und seines ungewöhnlichen Talentes hatte er doch angestrengter Arbeit bedurft, und in Erinnerung daran hat er das Wort des Menander o un dageis ἄνθρωπος οὐ παδεύεται biefem erften Weile feines Sertes als Motto vorgesetzt.

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C. Künste. 1) Fertigkeiten*). a) Fechten, Reiten und Tanzen. Im Fechten lernt er zuerst die französische Manier kennen, wendet sich aber später der deutschen als der gründlicheren zu. Der Reitunterricht ward ihm verleidet durch die pedantische Behandlung dieser schönen Kunst", durch Prellereien und durch den schlechten Raum. (Über das Tanzen spricht G. erst im neunten Buche: wie sein Vater selbst ihm und seiner Schwester Tanzunterricht gegeben; wie das französische Theater nicht ohne Einfluß gewesen sei; wie er schließlich sich selbst Schritte und Bewegungen erfunden habe, ,,indem der Takt seinen Gliedern ganz gemäß und mit denselben ge= boren war"). b) Klavierspielen. Ein Spaß machender Musiklehrer wird Veranlassung, daß er Klavierunterricht erhält; findet sich aber bald enttäuscht.

2) Die eigentlichen Künste. Zweien widmete er sich mit Eifer. a) Malerei. a) Betrachtende und aufnehmende Thätigkeit (Jewgeĭv). Die römischen Bilder seines Vaters, deren Eindruck durch die Belehrung desselben verstärkt wurde. Am meisten Einfluß übten aber die Frankfurter Maler auf ihn aus, deren Verkehr ihm zugänglich gemacht wurde (aa) durch seinen Vater, der die Bilder der neueren Maler den älteren vorzog; (bb) durch den Grafen Thorane, der die berühmtesten Maler Frankfurts beschäftigte. So hörte Goethe Urteile über Gemälde und gab selbst solche ab über anzufertigende Kunstwerke, Urteile, die nicht immer von den Malern zurückgewiesen wurden. Die Bestimmtheit und Sicherheit, mit der er als sechzigjähriger über die einzelnen Maler urteilt, beweist, wie sehr die Beschäftigung_mit_ihren Bildern seine Thätigkeit in Anspruch genommen haben muß. Er selbst sagt: „Ich

*) Diese Unterordnung mag dadurch motiviert sein, daß diese Fertigkeiten einer Kunst wenigstens nahe kommen. Ferner fallen ja alle dergleichen Überschriften im eigentlichen Aufsaße weg. Ågl. S. 51.

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hatte von Kindheit auf zwischen Malern gelebt und mich gewöhnt, die Gegenstände wie sie in Bezug auf die Kunst anzusehen“. · (cc) Durch den Verkehr mit Handwerkern, von dem oben gesprochen wurde, erhielt er auch Einblicke in das Kunstgewerbe, ebenfalls meist in Bezug auf Malerei. 8) Ausübende Thätigkeit (oleiv). In Farben malen lernte er damals noch nicht, sondern bloßes Zeichnen mit Bleistift und Kreide. aa) Unterricht. Früh lernt er mit Lineal und Zirkel umgehen; erhält später den Unterricht,,täglich eine Stunde“ - eines Zeichenmeisters, der freilich nur ein Halbkünstler war"; Zerrbilder der mensch lichen Gestalt, dann Landschaften. Der Vater ging mit gutem Beispiel voran in einer Kunst, die er nie betrieben hatte: zeichnen müsse jedermann lernen". Hielt ihn ernstlich dazu an". (bb) Selbständige Thätigkeit. Fängt an in der letzten Zeit dieser Epoche,,leidenschaftlich" nach der Natur zu zeichnen. Befördert wird diese Neigung durch sein zum Teil einsames Umherstreifen in der nächsten Umgebung: ,,kein verfallenes Schloß, kein Gemäuer, das auf die Vorzeit hindeutete, daß er es nicht für einen würdigen Gegenstand gehalten und so gut als möglich nachgebildet hätte". Wie sein Vater diese Thätigkeit unterstüßt, und dabei seine Eigenheiten wie die des Sohnes hervortreten. (Im Anfang des sechsten Buches).

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b) Dichtkunst. a) Betrachtende, aufnehmende Thätigkeit. Da= durch, daß G. durch Lektüre mit der Litteratur bedeutender Völker alter und neuer Zeit bekannt wurde, ging ihm eine Anschauung vom Wesen der Poesie auf, die auf seine eigne Produktion von Einfluß war*). (aa) Er lernt dichterische Werke selbst kennen und lernt sie vielfach auswendig. (aa) Deutsche Litteratur. Märchen; die alten Volksbücher (die Haimonskinder, schöne Melusine u. s. m.); die bedeutendsten Dichter seiner Zeit: Hagedorn, Gellert, Schlegel u. f. w.; den größten Eindruck machte auf ihn Klopstocks Messias. (BB) Französische Litt. Cor: neille, Racine, Moliere u. a.; eigentümliche Weise, wie er in diese eindrang. (7) Altklassische. Virgil**), Ovid, Homer, letteren in Überseßung. — (bb) Einiges über die Theorie der Dichtkunst. Durch Derones auf die drei Einheiten des Dramas aufmerksam gemacht; liest, was Corneille und Racine darüber geschrieben haben, und wirft es bald als verkehrt bei Seite. ß) Ausübende Thätigkeit. Einfluß seiner Mutter; von ihr „die Lust zu fabulieren". Vielseitig auf diesem Gebiete schon als Knabe; versucht sich in allen Gattungen der Poesie.

aa) Epos. aa) Seiner Mutter Märchen leiteten ihn gewissermaßen an; er bildete selbst den Schluß der von ihr angefangenen Er

*) Man könnte diesen Teil auch unter II. B. 2. stellen. Indessen 1) G. er: hielt darin keinen eigentlichen Unterricht, ja las vieles ohne Wissen und Willen des Vaters. 2) Seine Kenntnisse wurden wohl auch dadurch bereichert, daher eine kurze Bemerkung unter d; aber wichtiger ist der oben erwähnte Umstand.

**) Im Lateinischen mag er immerhin Vergilius heißen; aber der Name ,,Virgil" hat Bürgerrecht in der deutschen Litteratur erhalten. Sehr viele lernen ihn nur aus Lessing, Schiller, Goethe kennen, und die übrigen meist früher daher, als aus dem Lateinischen.

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zählung. Er wird aber bald ganz selbstständig und erzählt seinen Altersgenossen; macht dies dem Leser anschaulich dadurch, daß er ein solches Märchen beifügt, welches, oft seinen Gespielen wiederholt, ihm noch in seinem Alter vor der Einbildungskraft und im Gedächtnis schwebte": der neue Paris. ßß) In späterer Zeit die Geschichte Josephs, ein voluminöses" Werk, vollständig beendet, der Hauptbestandteil jenes ,,Quartbandes", den er dem Vater überreichte. Veranlaßt durch seine biblischen und hebräischen Studien; auch angeregt durch Klopstock, Bodmer, die die Gestalten des alten Testamentes „in zarter, gefühlvoller Weise" behandelt hatten. In Prosa geschrieben; aber durch Einschaltung von Episoden u. s. w. machte er die alte,,einfache Geschichte zu einem neuen selbständigen Werke"; nennt es selbst ein,,biblisch-prosaischepisches Gedicht". (Dichtung und Wahrheit. I. S. 133.) (77) Roman der sieben Geschwister in sieben Sprachen, in dem er seine geographischen und sprachlichen Kenntnisse benutzte und zu konzentrieren suchte, in dem aber auch sein dichterischer Trieb sich geltend machte. I. S. 115 erzählt er, wie er den Gedanken ausgeführt habe.

bb) Lyrik. Am meisten durch die Lektüre deutscher Dichter veranlaßt; große Verswut; sonntägliches Kränzchen; seine eigenen Gedichte gefallen ihm am besten. aa) Nachahmung der Anakreontiker, ohne Reime; Gleim und Klopstock besonders Muster; ßß) Geistliche Oden, durch Schlegel, Klopstock angeregt; „Höllenfahrt Christi", im 15. Jahre gedichtet, das erste von G. erhaltene Gedicht. Vgl. Eckermann I. S. 245. Diese geistlichen Oden waren der zweite Bestandteil jenes Quartbandes. yy) Sodann wird er durch jenen Kreis, in den er durch Pylades und Grethchen geriet, veranlaßt, Gelegenheitsgedichte für Geld zu machen, zu Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen.

cc) Drama. Angeregt durch das Puppentheater, das bald dem Knaben zu eigener dramatischer Thätigkeit übergeben wurde (I. S. 12); das später von neuem wieder aufgestellt ward. Das Hauptdrama auswendig gelernt; dann die Garderobe verändert; wagt sich an verschiedene Stücke; Wert und Einfluß dieser Übung (I. S. 44). Ferner sagt er (I. S. 99), als Kind habe er den Terenz nachzuahmen gewagt; (vgl. S. 314, Loepers Anmerk.) Als Knabe von zehn Jahren verfaßte er das erste Drama, in französischer Sprache und nach Analogie der französischen Muster, die er gesehen und gelesen hatte: ländliche Scenen, Königstöchter und Prinzen, der Gott Merkur u. s. w. Stoff aus Ovid, halb mythologisch, halb allegorisch. Wünschte es aufgeführt zu sehen; Beurteilung von Derones; günstige Aufnahme des Vaters (I. S. 99 und 100; S. 297.)

Schluß von bb. Große dichterische Produktivität schon als Knabe. ,,Mehrere Quartbände Manuskripte ließ er seinem Vater zurück (II. S. 65), und eine Masse von Versuchen, Entwürfen, bis zur Hälfte ausgeführten Vorsätzen" sollte bald in Leipzig -in Rauch aufgehen.

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Schluß des Ganzen. So zeigen sich nicht wenig Züge in seinem Knabenalter, in denen die Eigentümlichkeit des Mannes deutlich ausge prägt ist. Schon damals war seine Thätigkeit eine mannigfaltige und reich haltige: möglichst viel Kräfte des Innern suchte er auszubilden, möglichst viel

Gebiete des Wissens und Lebens kennen zu lernen. Aber das Hauptziel stand ihm schon damals,,immer am meisten vor Augen: die Gestalt des Lorbeerkranzes, der den Dichter zieren soll."

6) Welchen Einfluß übte Goethes Aufenthalt in Leipzig auf seine Entwickelung aus? *)

(Nach Dichtung und Wahrheit, Buch 6-8.)

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Einleitung. Drei Jahre lang studierte Goethe in Leipzig, 1765-68. Er selbst hat als Sechzigjähriger über diesen Aufenthalt das Urteil gesprochen: Als ein Schiffbrüchiger kehrte ich nach Hause zurück“; und anderswo: „Ich versäumte meinen eigenen Zweck, aber ich wurde begründet in demjenigen, worin ich die größte Zufriedenheit meines Lebens finden sollte." Beide Aussprüche werden durch seine eigene Darstellung vollständig aufgeklärt.

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I. Nachteilige Folgen. A. Auf seinen körperlichen Zustand wirkte Leipzig durchaus ungünstig: unregelmäßiges Leben, bisweilen anhaltendes Sißen und Studieren, öfter Zerstreuungen und Sichgehenlassen; schlechte Diät, viel starkes Bier, Kaffee; kaltes Baden in verkehrter Weise, hartes Lager und leichte Decke, um sich der Natur näher zu bringen und aus dem Verderbnis der Sitten zu retten Der Verlust Ännchens beförderte diese Lebensweise: Die Tollheit, mit der ich meinen Fehler an mir selbst rächte, indem ich auf mancherlei unsinnige Weise in meine physische Natur stürmte, um der sittlichen etwas zu leide zu thun, hat sehr viel zu den körperlichen übeln beigetragen" u. s. w. Die Folge war am Ende Zerrüttung des Körpers und ein nicht ungefährlicher Blutsturz. Langsam genas er; noch halbkrank mußte er die Stadt verlassen, die er gesund und kräftig betreten hatte. So war denn dies der erste Schiffbruch". Ein zweiter zeigt sich, wenn wir

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B. seine innere Ausbildung betrachten. Denn, um es kurz zu sagen, den Hauptzweck, um deffentwillen er nach Leipzig gegangen war, verfehlte er vollständig.

1) Intellektuell. Sein eigentliches Studium auf der Universität.

a) Jura. Zwar hört er, wenn auch erst durch Herrn und Frau Böhme dazu überredet, Rechtsgeschichte und Institutionen, ist auch anfangs fleißig im Nachschreiben, aber der Eifer dauert nicht lange. Als er erkennt, daß er das meiste schon von Frankfurt her kannte; daß die jüngeren Profefforen lehrten, um selbst zu lernen, die älteren feststehende und vers

*) Besondere Themata: 1) Welche vorteilhaften Folgen hatte der Leipziger Aufenthalt für Goethe? S. 306--312. 2) In wie fern ward seine wissenschaftliche Ausbildung in 2. gefördert? 306-308. 3) seine künstlerische S.308-309. 4) Welche praktischen Lebenserfahrungen erwarb sich G. in Leipzig? 6. 310 zig? S. 310–311. 5) Welche Umstände wirkten besonders auf G.s_Charater?

Klaude, Deutsche Aufsäße u. Disp.

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altete Ansichten vortrugen, da malt er erst Karrikaturen auf den Rand seiner Hefte, und bald besucht er juristische Kollegien überhaupt nicht mehr. Selbst die „heiß aus der Pfanne gekommenen, köstlichen Kräpfel“ verführen ihn. So wußte er denn nach den drei Jahren in seinem Hauptfache nicht mehr als vorher, und erst die Straßburger Universität konnte ihm hierin wenigstens einen äußerlichen Abschluß geben.

b) Philosophie. Auch hier sieht er, daß er den Vorlesungen vielfach voraus ist. Und das Neue, die die Denkthätigkeiten zergliedernde Logik, widersteht ihm durchaus. Ernestis Vorlesung über Ciceros Redner wird besucht.

c) Deutsche Litteratur. Er hört zwar bei Gellert Litteraturgeschichte und auch dessen Privatissimum; aber auch hier ist das Resultat ein sehr geringes. Vom Dichten suchte jener seine Zuhörer ganz abzuhalten, und die prosaischen Arbeiten Goethes hatten seinen Beifall nicht; sie waren ihm zu romanhaft“ gehalten, (ähnlich später Clodius). So konnte denn auch dieser Einfluß auf Goethes Thätigkeit nicht groß sein. Doch einen bedeutenden Vorteil hatten diese Übungen für ihn: der Sechzigjährige anerkennt es dankbar, daß er Gellert seine gute Handschrift verdanke. Als er und andere anfingen sich darin zu vernachlässigen, da machte Gellert es ihnen zur „heiligen Pflicht, ihre Hand so sehr, ja noch mehr als ihren Stil zu üben"; glaubte doch Gellert, daß eine gute Hand einen guten Stil nach sich ziehe"; Und den eindringenden Worten des würdigen, verehrten Mannes leistete G. folge. Also war er im wesentlichen ein,,Schiffbrüchiger“ auch an diesem Teile seiner geistigen Entwickelung: um auf der Universität zu lernen, deswegen war er nach Leipzig gegangen; er hat auf derselben herzlich wenig gelernt.

b) Sittlich. Er macht das zum Teil leichtsinnige und unfleißige studentische Leben mit,,,genießt die Freiheit in vollen Zügen“, begeht thörichte und mutwillige Streiche; „ein verwegener Humor“ entwickelt sich in ihm, der sich in ,,Suiten und Poffen reißen" fund thut; Späße und Thorheiten abends im Weinhause u. s. w.; kurz, ein großer Teil jener drei Jahre wurde in Müßiggang hingebracht; hatte doch sein Freund Behrisch eine ganz besondere Gabe die Zeit zu verderben". Doch war dieser Lebenswandel auch nicht ohne Nußen, und der Schaden desselben muß als ein geringer angesehen werden: ein Goethe „wußte sich zu zähmen".

II. Vorteilhafte Folgen. (Übergang.) Aber was er auf der Universität nicht haben konnte oder wollte, das bot ihm die Gesellschaft und der geistige Verkehr, den er sonst in Leipzig fand: die mannigfachste Ausbildung nach der theoretischen wie nach der praktischen Seite hin.

A. Studium; geistige Entwickelung.

1) Wissenschaften. Durch wiederholte Unterhaltungen mit Ärzten wird ihm ein neues Gebiet eröffnet, worin er später hervorragend thätig sein sollte: die Naturwissenschaften und zum Teil die Medizin. Besonders aber erweiterte und verbesserte er sein a) Wissen in der deutschen Litteratur, zum Teil auch in anderen Litteraturen (Behrisch, Schlosser, Langer). Die bedeutendsten deutschen Schrift: steller der damaligen Zeit liest er. So besonders: 1) Die Satiriker

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