Billeder på siden
PDF
ePub

a) In Bezug auf Charaktere. Sie macht uns mit schlechten Personen bekannt; mit solchen müssen wir leben und ihnen ausweichen; jezt werden sie uns nicht mehr überraschen; die Bühne hat uns ihre Geheimnisse verraten, wir sind gewarnt. (Miß Sara Sampson).

B) In Bezug auf Schicksale.

aa) Allgemein menschliches Geschick. Großes Unglück, Leid und Tod lernen wir kennen im Zusammenhange nach Ursache und Wirkung; dadurch werden wir vorbereitet und geübt, die mannigfaltigen Schläge des Schicksals zu ertragen (Ariadne auf Naxos, Ugolino, Leicester, Franz Moor).

bb) Einzelner Menschen Geschick; das der Unglücklichen und Fehlenden. Wir lernen gegen Fehler und Unglück nachsichtsvoll werden, 3. B. gegen den Diebstahl (Ed. Ruhberg) oder gegen Selbstmord (Mariane.)

b) für eine besondere Klasse. Die Großen der Erde, denen die Wahrheit auf sittlichem Gebiete sonst sehr oft entgehen möchte, werden auf diese Weise mit derselben bekannt gemacht; hier sehen sie Menschen. Übergang. So groß und vielfach ist das Verdienst der bessern Bühne um die sittliche Bildung; kein geringeres gebührt ihr um die ganze Aufklärung des Verstandes“.

B. Sie trägt bei zur Bildung des Verstandes. Auf diesem Wege kann der besser denkende Teil den übrigen Menschen Weisheit zukommen lassen und so über den ganzen Staat verbreiten. Hervorgehoben wird folgendes:

1) auf ideellem Gebiete.

a) Religion. Duldung der Konfessionen und Sitten wird gelehrt (Nathan der Weise).

b) Pädagogik. Irrtümer der Erziehung können dadurch berichtigt werden. Wichtigkeit dieser Wirkung für Staat und Einzelne. 2) Auf materiellem Gebiete.

a) Politik. Die Meinungen der Unterthanen über Regenten und Regierung können auf diese Weise verbessert werden.

b) Privatleben. Sogar Industrie und Erfindungsgeist kann dadurch gefördert werden.

II. Die Bühne ist auch ein Bildungsmittel für die ganze Nation.*) Sie befördert den Nationalgeist in hervorragender Weise.

A. Äußerlich. Sie breitet sich überallhin aus: alle Situationen, alle Winkel des Herzens, alle Stände u. s. w. kommen im Drama zur Darstellung; die ganze Nation wird Zuhörer und interessiert sich dafür. B. Innerlich. Gewisse Hauptzüge müßten durch alle Dramen desselben Volkes hindurchgehen; wenn wir es erlebten, eine Nationalbühne zu haben, so würden wir auch eine Nation". Deutscher Geist müßte in ihnen athmen wie in den griechischen Dramen der griechische Geist. **

"

*) Alles oben Angeführte kommt zunächst dem Einzelnen zu gute und dadurch erst dem Ganzen.

**) Schiller selbst, Lessing und Goethe haben dies Ziel erreicht und haben es bewirkt, daß wir eher litterarisch eine Nation geworden sind als politisch.

Schluß. Die Bühne ist auch eine Anstalt des Vergnügens und der Unterhaltung, die den Vorzug vor allen andern verdient.

1) Negativ. Sie hält ab von Gefahren. a) Moralische: zügellose Freuden und sinnliche Vergnügungen. b) Intellektuelle: der Gelehrte wird leicht Pedant.

2) Positiv. Weil sie keine geistige Kraft vor der andern überspannt, alle unsere Seelenkräfte in Harmonie seht, dient sie dazu, uns in den Zustand der Natur zurückzuversehen, den die künstlichen und willkürlichen Sagungen der Menschheit verrückt haben; dient sie dazu, uns wieder zu Menschen zu machen. (Rückkehr zur Einleitung!)

"

f) über Bürgers Gedichte.*)

Einleit. Von der Gleichgültigkeit der Zeit gegen die Poesie hat am meisten die lyrische Dichtkunst zu leiden. Dennoch läßt sich auch in diesen unpoetischen Tagen" eine würdige Bestimmung der Dichtkunst überhaupt, besonders aber der lyrischen angeben: die Poesie weiß alle getrennten Seelenkräfte zu vereinigen und den ganzen Menschen wieder herzustellen. Aber wie beschaffen muß sie zu diesem Zwecke sein?

I. Allgemeiner Gesichtspunkt der Beurteilung.

A. Mit idealisierender Kunst muß der Dichter aus dem Jahrhunderte selbst ein Muster für dasselbe schaffen. Erfordernis dazu: er muß ein reifer, gebildeter Mann sein; das Verfehlte und Gemeine des Lebens darf in seinen Gedichten nicht zum Ausdruck kommen; die Begeisterung eines gebildeten Geistes ist dazu nötig. Einen Fehler in dieser Beziehung kann keine Kunst verdecken oder ersehen.

B. Bürger selbst nennt sich „Volkssänger" und will „Populärität zu seinem höchsten Geseze machen. 1) Was heißt das? - Wir haben nicht mehr die Zeit Homers oder die der Troubadours, wo alle Glieder der Gesellschaft im Empfinden und Meinen dieselbe Stufe einnahmen. Jetzt ist a) ein großer Abstand zwischen der Masse und den Gebildeten. b) Die Konvenienz macht die einzelnen Klassen in der Em

"

*) Wenn_man_diese Abhandlung überhaupt lesen läßt, wird man freilich manches zur Erklärung hinzufügen müssen. Dazu beitragen wird auch die Entgegnung Bürgers und Schillers Antwort auf diese Entgegnung. (Beides in der Hempelschen Ausgabe). — Es läßt sich nach obiger Disposition auch das Thema behandeln: Wie urteilt Schiller über Bürgers Gedichte, und wie begründet er dieses Urteil?" Ob man aber eine Disposition, ob man einen Aufsaß machen läßt, auch hier soll der Schüler nicht urteilen, und auch nicht Urteile kennen lernen, bevor er gearbeitet hat“ (Vgl. S. 5 Anm. 1): er sollte eine ganze Anzahl Bürgerscher Gedichte vorher gelesen haben. Und zwar muß der Lehrer da natürlich eine bestimmte Auswahl treffen und dem Schüler ausdrücklich diejenigen Gedichte bezeichnen, die er lesen soll; die ihm Schillers Urteil verständlich machen werden; die er bei seinem Aufsage selbst wird benußen können, um auch durch andere Beispiele als die von Sch. angeführten zu zeigen, ob er die Kritik desselben verstanden hat. Vor allem wird man auch Gelegenheit nehmen müssen, das Lob Schillers durch viele Beispiele zu illustrieren. Scheut man sich, Schülern Bürger zur Lektüre zu empfehlen – und Grund genug zu dieser Scheu ist ja vorhanden dann lasse man Schillers Recension lieber ungelesen. Bürgers Gedichte kosten bei Reclam 60 Pf.

pfindungsart und im Ausdruck derselben unähnlich. Demnach zwei Möglichkeiten für einen Volksdichter: entweder sich nach dem großen Haufen richten und auf den Beifall der Gebildeten verzichten, oder die Kluft zwischen beiden aufheben und beide Zwecke verfolgen. So schwierig das letztere auch ist, ein bedeutender Dichter und ein solcher ist B. kann nur dies Ziel im Auge haben.

[ocr errors]

2) Was wird dazu erfordert? „Glückliche Wahl des Stoffs und höchste Simplizität in Behandlung desselben. a) Stoff. a) Po: sitiv. Es sind nur solche Situationen und Empfindungen zu wählen, die dem Menschen als Menschen eigen sind. ß) Negativ. Alles das ist auszuschließen, was durch künstliche Verhältnisse hervorgebracht ist. b) Behandlung. Der Dichter muß es verstehen die Herzen des Volkes an ihrer weichsten und bildsamsten Seite zu fassen; den hervorströmenden, Sprache suchenden Affekten der Liebe u. s. w. einen edlen und reinen Ausdruck zu geben; selbst philosophische Gedanken in einfache Gefühle der Natur aufzulösen.

"

Schluß von 1. u. 2. In diesem Sinne aufgefaßt hat Bürger Recht, wenn er Popularität eines Gedichtes für das Siegel der Vollkommenheit desselben hält“. Dazu aber ist vor allem erforderlich, daß der Dichter selbst einen absoluten innern Wert hat.

II. Anwendung der gefundenen Grundsäße auf Bürger. A. Seine Popularität. Seine Gedichte lassen großenteils den wahren Geist der Popularität vermissen. Denn Bürger zieht nicht das Volk zu sich herauf, sondern macht sich ihm gleich, vermischt sich mit ihm. 1) Seine verschiedenen Gedichte sind für verschiedene Klassen von Lesern bestimmt, das eine für den Gebildeten, das andere für die rohe Menge; ein Volksdichter aber muß mit jedem Gedichte jeder Volksklasse genug thun".

2) Schlimmer ist, daß sich sogar oft dieselbe Ungleichheit in ein und demselben Gedichte findet. Beinah keins gewährt einen reinen Genuß; Beweis dafür. Schluß: Der Geist, der sich hier darstellt, erscheint nicht als ein gereifter, vollendeter“.

B. Das Jdealisieren.

1) Was heißt Idealisieren.

"

a) Der Dichter muß das Vortreffliche seines Gegenstandes von gröbern, wenigstens fremdartigen Beimischungen befreien;

b) die in mehreren Gegenständen zerstreuten Strahlen von Vollkommenheit in einem einzigen sammeln;

c) einzelne, das Ebenmaß störende Züge der Harmonie des Ganzen unterwerfen;

d) das Individuelle und Lokale zum Allgemeinen erheben. Schluß. Alle Ideale sind Ausfluß eines Ideals von Vollkommen: heit in der Seele des Dichters selbst.

2) Wie zeigt sich dies bei B.? Diese Idealisierkunst wird bei ihm vermißt.

a) Im allgemeinen. a) Inhalt. aa) Seine Gedichte sind häufig zu sinnlicher Art. (Liebe ist ihm bloßer Genuß u. s. w.) bb) Seine Gemälde sind weniger Ideale als ein Zusammenwurf von Bildern und Zügen (3. V. weibliche Schönheit dargestellt ent=

weder durch Bilder der Natur für jeden einzelnen Reiz oder durch die Eigenschaften griechischer Göttinnen). 8) Form. Der Ausdruck zeigt häufig die Unreife, die poetische Kindheit" des Verfassers (Hopp, Hopp, Hopp u. s. w.). Selbst das schöne „Blümchen Wunderhold“ ist eine Tändelei.

b) Im besonderen: Darstellung von Empfindungen. a) Gemälde einer individuellen Situation. Es fehlt seinen Gedichten die Allgemeinheit der Gemütsbewegungen; seine Empfindungen sind zu individuelle Produkte einer ganz eigentümlichen Lage, so, daß sie vom Leser weder vollständig, noch rein genug aufgefaßt werden; daß das Unideale, welches davon unzertrennlich ist, den Genuß stört". P) E3 sind nicht bloß Gemälde, sondern auch Geburten dieser Seelenlage. Aber der Dichter soll nicht mitten im Affekt diesen besingen; er soll,,den Gegenstand seiner Begeisterung von seiner Individualität loswickeln" u. s. w. -Dies zeigen in hervorragender Weise viele neueren Gedichte, in denen „Bitterkeit, kränkelnde Schwermut" zu tage tritt. Beispiel: das hohe Lied von der Einzigen;,,es fehlt ihm die idealische Reinheit und Vollendung, weil es im Affekt gedichtet wurde“.

Schlußbemerkung zu B. Auch der Umstand ist Mangel an Idealisierung, daß der Dichter zu häufig von sich selbst spricht und sich zu viel Selbstlob spendet.

Schluß des Ganzen. 1) Lob des Dichters mit Einschränkung. Er ist unübertroffen in seinen Balladen und Sonetten; aber die witzige, leichte Gattung sollte er aufgeben; die ernsteren, erzählenden Gedichte verdienen den Vorzug. 2) Der Recensent ist nicht ungerecht, wenn er nur getadelt hat; denn a) gerade bei einem so be deutenden Dichter ist Tadel mehr am Plage. a) Weil so viel ,,nachahmende Federn auf ihn lauern", die so tief unter ihm stehen, als er selbst unter dem höchsten Schönen geblieben ist. 8) Nur ein großer Dichter erinnert an die höchsten Forderungen der Kunst. b) Manches verdient eine gewisse Entschuldigung durch die äußern Umstände des Dichters: nur die heitere, ruhige Seele gebiert das Vollkommene". 3) Wirkung der Recens. auf den Dichter. Bürger ist es wert sich selbst zu vollenden; Vorzüge seiner Gedichte, Empfehlung an das Publikum. 4) Nachtrag nach 11 Jahren. Trotz des Streites, der infolge dieser Kritik entstanden ist, kann der Verfasser seine Ansicht nicht ändern, vielmehr könnte er sie jest noch besser beweisen.

C. Goethe.

1) Wie konnte die bloße Aufhebung der Einheit

des Ortes und der Beit

von Berlichingen

durch Goethes Gök auf die Entwickelung des

Dramas Einfluß haben? *)

Einleitung. Was Lessing mit Gründen klar dargelegt, daß die Einheit des Ortes und der Zeit für das Drama unwesentlich und eine Schranke sei, über die der Dichter nach dem Beispiele Shakspeares sich

*) Dieses und das folgende Thema eignen sich nicht zu einer schriftlichen Darstellung der Schüler. Mancher mag Bedenken tragen, sie selbst einer münd lichen Besprechung zu unterwerfen, und wird mir vielleicht den Vorwurf machen, daßich mit meinen S. 35 u. fde. dargelegten Grundsägen in Widerspruch komme. Aber der Schüler hört und liest von dem gewaltigen Einfluß, den Göz von Berlichingen auf die Litteratur ausgeübt hat, und daß dies Drama der Anfang der Sturm- und Drangperiode gewesen ist. Die Wirkung war eine allgemeine und nachhaltige“, sagt selbst Herbst S. 311. Man muß bezweifeln, daß der Schüler diese Worte versteht; daß er auch nur die Möglichkeit begreift, wie ein einziges Drama eine solche Wirkung ausüben konnte. Hier, meine ich, kann man seinem Verständnis zu Hilfe kommen. Es giebt ja auch keine Periode der Litteratur, die er durch eigne Lektüre größerer und kleinerer Werke so genau kennen gelernt hat als die mit dem Jahre 1773 beginnende. Der Lehrer kann also wohl annehmen, daß für das Verständnis dieser zwei Fragen der Schüler einigermaßen Boden unter den Füßen hat. Er wird es also, natürlich nach einer gründlichen Lektüre des Dramas, vielleicht wohl wagen können, durch Frage und Antwort in einer dem Standpunkte der Klasse angemessenen Weise klar zu machen, worin denn die Wirkung jenes Dramas bestand. Ich meine demnach, auch die Besprechung dieser beiden Themata dürfte vor allem dazu dienen, unklare Vorstellungen der Schüler aufzuhellen und ein_sichereres Urteil anzubahnen. Und auch dazu wird sie sicherlich beitragen, daß ihnen von einer neuen Seite her der Inhalt des Dramas selbst klarer und be deutender vor die Seele tritt. Es versteht sich wohl von selbst, daß meine Ausführungen den Gegenstand nicht erschöpfend behandeln wollen; diese Behandlung würde ja in der Schule überhaupt nicht am Plaze sein.

Für das obige Thema möge der Schüler auf Leffings und Schillers Dramen hingewiesen werden. Er möge sich aus dem ersteren überzeugen, wie er es mit der Einheit des Ortes und der Zeit gehalten hat. In den Juden" (ein Aufz.) ist derselbe Ort; wo und wie, wird gar nicht angegeben. Im Freigeist" bleibt die Scene 5 Aufzüge hindurch dieselbe: „ein Saal". Philotas" spielt in einem Zelte. Miß Sara Sampson", obgleich Nachahmung des englischen

"

« ForrigeFortsæt »