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Lasten, und von dem Gewaltigen, was sie in diesen wenigen Augenblicken erlebt hat, aufs tiefste ergriffen, reicht selbst ihre physische Kraft nicht mehr aus: nicht das Blut, das ihr entfließt —,,,nur leicht ist die Verletzung" das Bewußtsein, so tief von solcher Höhe gefallen zu sein, bewirkt endlich, daß sie, den Tod herbeiwünschend, ohnmächtig niedersinkt.

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(Schluß des Ganzen.) Und wenn nun dieser Gegner, dem sie endlich unterliegt diese Frage werfen wir zum Schlusse auf, wenn er ihr am Anfange ihrer Laufbahn, damals, wo sie sich ganz dem,,Geisterreich verpflichtet", ganz als „blindes Werkzeug ihres Gottes" fühlte; damals, wo sie auch von allen andern als gottgesendete Prophetin be trachtet wurde, wenn er ihr da entgegengetreten wäre, wäre es dann wohl möglich gewesen, daß diese Seite ihrer Natur in ihr sich auch nur geregt, geschweige denn so bedeutende Kraft gezeigt und den Sieg davon getragen hätte? Nimmermehr. Allmählich, ihr selbst nicht bewußt, wie wir es im Vorhergehenden ausführlich dargelegt haben, haben sich menschliche und weibliche Gefühle in ihrer Brust Eingang verschafft und haben das Göttliche mehr und mehr verdrängt, wie sehr es sich auch wohl wieder aufzuraffen versuchte. Haben wir nun gesehen, wie die einzelnen Momente dieses innern Prozesses in fortwährender Steigerung aufeinander folgten; wie in dieser Steigerung die Scene mit dem schwarzen Ritter nach der von uns gegebenen Erklärung an einer Stelle steht, in der sie mit den vorhergehenden Scenen wie mit der folgenden eng zusammenhängt; wie ferner in der Scene selbst alle Einzelheiten mit unserer Erklärung übereinstimmen: dann glauben wir wohl zu dem Schlusse berechtigt zu sein, daß der Dichter selbst diese Scene in der von uns dargelegten Weise aufgefaßt wissen wollte. Das Richtige hat gesehen in diesen wie in so vielen von andern mißverstandenen Punkten H. Hettner, welcher kurz sagt:,,Die Scene mit dem gespenstischen Ritter soll die Darstellung der eigenen schwankenden Gedanken, der bangen Zweifel sein, die sich aus dem Abgrund des ringenden Innern der gottgesendeten Jungfrau erheben wie die Heren im ehrsüchtigen Herzen Macbeths.“

9) Welchen Ursachen ist der

Erfolg der Jungfrau von Orleans_zuzuschreiben?*) (Nach dem Drama Schillers.

Einleitung. Wie ein Rätsel steht die Thatsache in der Geschichte da, daß ein einfaches Hirtenmädchen das Schicksal von zwei großen

*) Themata: 1) Wie weit ist der Erfolg der Jungfrau von Orleans in den damaligen Zeitverhältnissen begründet? S. 228.29. 2) Wie weit ist der Erfolg d. J. v. O. in ihrem Charakter begründet? S. 229. Das Thema ist nicht völlig ausgeführt; einige Punkte sind in den vorhergehenden Auffäßen genauer behandelt, S. 189 u. fde.

Nationen entscheidet. Sieht man sich nach einer Lösung und Erklärung um, so wird sie der Dichter, der dies Ereignis dramatisch dargestellt hat, uns wohl geben können. Denn wenn Schiller auch in Einzelheiten von der Geschichte abweicht, der Hauptsache nach wird er wohl dieselben Motive vorführen, als in der Geschichte wirksam waren; nur werden sie uns im Drama deutlicher, allgemeiner, von Zufälligkeiten losgelöst erscheinen. Ist doch nach Aristoteles das Schauspiel bedeutender und philosophischer als die Geschichte; müssen wir doch, indem wir es selbst mit ansehen und gewissermaßen mit erleben, wie die Jungfrau von Orleans ihre That ausführt, den besten Einblick in die Ursachen derselben erhalten. Ihr Erfolg ist abzuleiten:

I. aus den damaligen Zeitverhältnissen.

A. Außere Umstände; materielle Macht der beiden Völker.

1) Zahl und Beschaffenheit der Heere. a) Die Gemeinen. b) Die Führer. Es zeigt sich, daß der Unterschied nicht so groß ist, wenn auch freilich hier die Engländer etwas voraus haben. Sie besigen bedeutendere Feldherrn und ein sieggewohntes Heer; indes es herrscht Zwie spalt unter ihnen. Die französischen Truppen niedergeschlagen und ohne Vertrauen zu sich, zu ihren Führern und zu ihrem Könige; fein bedeu tender Feldherr; der König schwach und unkriegerisch. Über hierin ein Vorteil: a) aus so großem Unglück konnte nur ein Wunder retten, und um so mehr war man geneigt, daran zu glauben. ) Wenn eine einzelne bedeutende Erscheinung auftrat, ordnend, befehlend, anfeuernd, so konnte fie eben unter solchen Umständen leichter durchdringen. Man sehnte sich nach einem kräftigen Führer, der an Stelle des Königs treten konnte. Die materielle Kraft des Landes war noch groß genug, dem Feinde Widerstand zu leisten, wenn sie nur in rechter Weise ausgenußt ward. Und selbst ein geringer Erfolg nach ununterbrochenen Niederlagen mußte auf die entmutigten Herzen bedeutend wirken. 7) Der König wohl schwach, aber um so lenksamer, um so eher geneigt, einer gebietenden Persönlichkeit alles zu überlassen.

2) Ort des Kampfes. Günstig für Frankreich; Kenntnis des eigenen Landes, reichere Hilfsmittel; eine einzige Niederlage mußte dem Feinde mehr Nachteil bringen als mehrere Siege ihm Vorteil brachten. B. Die innern (geistigen) Zustände.

1) Der beiden Völker im besondern.

a) Die Motive zum Kampfe. a) Die Engländer führen Krieg aus Eroberungs- und Ruhmsucht, aus Eigennut, um Beute zu machen; fern von der Heimat; kein höherer Gedanke beseelt fie. 8) Bei den Franzosen edle Motive. aa) Kampf für persönliche Güter. aa) Das Recht ist auf ihrer Seite; ßß) ihre Freiheit müssen sie verteidigen. bb) Kampf für allgemeine Güter. aa) Ihre Familie, ihr Vaterland, ihre Nationalität, ihr angestammter König. ßß) Religion: ein heiliges Land, ein auserwähltes Volk, das von Gott besonders geliebt ist, für Gott selbst zu kämpfen glaubt; er wird es nicht untergehen lassen. Frankreichs königliches Wappen hängt am Throne Gottes". Freilich schlummerten noch diese Gedanken, aber wenn nur jemand kam, der sie wach zu rufen, das Volk für das Höchste

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und Edelste, was der Mensch hat, zu begeistern verstand, so mußten demselben diese moralischen Triebfedern ein bedeutendes Übergewicht über den Gegner geben: wer begeistert ist, siegt leicht. Übergang. Und kein Volk war leichter zu begeistern als gerade dieses.

b) Der Volks charakter. Die französische Nation feurig, leicht erregt und für eine große Sache entflammt; die Geschichte beweist dies, 3. B. die Kämpfe gegen Cäsar, Vercingetorir; die Kreuzzüge. Und eben besonders leicht zu begeistern für Religion und Vaterland. Die Liebe zu dem angestammten König, die tief gepflanzt ist in des Franken Brust“; das Land,,,von dem aus Jerusalem erobert wurde"; das,,allerchristlichste Volk". Gegensat dazu die Engländer: Schwer fließt das dicke Blut

in euren Adern", und andere Stellen.

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2) Des Mittelalters im allgemeinen. Eine romantische Tragödie": die Anschauung nnd der Glaube der damaligen Zeit trug viel dazu bei. Man glaubte allgemein an Wunder, an Erschei= nungen der Jungfrau Maria, überhaupt an derartige Offenbarungen der Gottheit; ebenso an Offenbarungen des Teufels. Daher der verschie dene Eindruck, den Johanna auf Franzosen und Engländer macht: die fie für ein göttliches Wesen halten, werden davon begeistert und siegen; die Gegner glauben, daß sie mit dem Teufel im Bunde sei, und fliehen. Und auch hier nimmt die französische Nation eine besondere Stellung ein; sogar noch heutzutage.

Übergang. Nur in einer solchen Zeit und in einem solchen Volke wird eine Erscheinung wie die der Jungfrau von Orleans erklärlich; wie sie ein Kind ihrer Zeit war, war auch ihre Zeit vor allem so geistig angelegt, an eine solche Erscheinung zu glauben. Ihren Haupterfolg verdankt sie

II. ihrer eigenen Persönlichkeit.

A. Jhre körperlichen Eigenschaften. 1) Äußere Erschei nung. Ihr Geschlecht; „in Jugendfülle prangend"; imponierende Gestalt, feuriger Blick; mit reicher Schönheit ist ihr Leib geschmückt“; dabei aus einfachem, niedrigem Stande. Dieser Eindruck vermehrt durch die Symbole ihrer Sendung, Fahne und Schwert. b) Körperliche Kraft. Sie allein, die löwenherz'ge Jungfrau, stritt mit dem Wolf, dem Schrecken aller Hirten". Die Schläge ihres Schwertes sind kräftig wie die der Männer; im Ringen überwindet sie den tapfern Gegner. B. Geistige. Mit hohen Wundergaben gesegnet vor allen Hirtenmädchen dieses Thals". 1) Intellektuelle. a) Kühne Phantasie; glühende Beredsamkeit, in ergreifenden, begeisternden Bildern; Sprache der Bibel. b) Nicht ungebildet; wohl bewandert in den heiligen Schriften und in der Geschichte ihres eigenen Landes. c) Natürlicher Verstand und Klugheit; auch die List nicht verschmähend; sie weiß des Feindes Blöße zu finden.

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2) Moralische. a) Mut und Entschlossenheit; ihre Brust verschließt ein männlich Herz". b) Vaterlandsliebe. c) Religiösität und Frömmigkeit; feste Überzeugung, daß Gott persönlich eingreifen könne.

Schluß von 1 und 2. Alle diese Eigenschaften, dazu die Not ihres Landes, erzeugen in ihr den Glauben an sich selbst und an ihre göttliche Sendung; dieser feste Glaube ist ihre Hauptkraft. In diesem

Glauben wird es ihr leicht, die übrigen für die großen Gedanken zu begeistern, von denen sie selbst begeistert ist, und für die der fühlende Mensch so leicht begeistert werden kann; durch diesen Glauben wird sie in der That eine himmlische Erscheinung, die alles gewinnt und mit sich fortreißt. Und wenn es der Glaube ist, der Berge verseßen kann, so hat der Dichter zwar unsern Verstand wenig befriedigt und noch weniger den Geschichtsforscher, wenn er am Schlusse des Dramas die Jungfrau nach dem innigsten, glaubensvollsten Gebete zu Gott die dreifachen Ketten zerreißen läßt; wohl aber hat er das Motiv, welches auch in der Geschichte das wirksamste gewesen sein wird, aufs höchste gesteigert und in der eingreifendsten Weise zur Darstellung gebracht. Dazu kommt, daß sie auch in der Geschichte bei ihrem ersten Auftreten wunderbare Thaten vollbrachte, für die wir keine Erklärung zu geben im stande sind, die aber in jener Zeit nicht vereinzelt standen und eben von dieser Zeit als eine göttliche Beglaubigung" angesehen wurden, „vor der jeder Zweifel irdischer Klugheit schweigen müsse".

10) Disposition und Inhalt einiger prosaischen Abhandlungen Schillers*).

a) Einleitung der Geschichte des Abfalls der Niederlande.

Einleitung. Die Gründung der niederländischen Freiheit gehört zu den merkwürdigsten Begebenheiten des 16. Jahrhunderts. 1) Ein Ereignis, in welcher die Freiheit den Sieg erringt über grausamen Despotismus, wirkt angenehm und beruhigend. 2) Nicht das Außerordentliche und Heroische, sondern gerade der Mangel heroischer Größe macht diese Geschichte eigentümlich und unterrichtend.

I. Die ganze Begebenheit hat etwas übernatürliches, der Vernunft und aller Erfahrung Widersprechendes. Dies wird bewiesen A) durch eine Betrachtung der beiden Parteien.

1) Einer der mächtigsten Monarchen, die es überhaupt gegeben hat, muß schließlich unterliegen.

2) Es ist ein kleines, friedfertiges, nur auf äußeren Erwerb bedachtes, ja zum Teil üppiges Handelsvolk, welches den Sieg davonträgt.

*) Selbst Primanern machen derartige Arbeiten noch mehr Schwierigkeiten als man denken sollte. Es wird ihnen schwer, des Wesentliche vom Unwesentlichen zu scheiden, die jedesmalige Bedeutung des Alinea, die Übergänge des Autors zu erkennen. Natürlich sind die folgenden Dispos. nur kleinere Arbeiten, z. T. nur Aufgaben von Stunde zu Stunde, die der Lehrer nicht zu korrigieren braucht. Wenn die Schüler dabei vielfach die Worte des Schrift= stellers selbst genau ausschreiben, so halte ich das für keinen Schaden. Mehr als es eben durch bloße Lektüre geschieht, gewöhnen sie sich so an einen guten Ausdruck. Doch lassen sich auch Aufsäße nach diesen Disp. anfertigen.

B. Durch eine kurze Darstellung des Verlaufes des Krieges. Vier Phasen desselben:

1) Die Ursache desselben sind religiöse und politische Angelegen heiten und die Grausamkeit des Statthalters.

2) Durch das Auftreten Wilhelms von Oranien beginnt der eigentliche Kampf, und zwar zuerst unglücklich für die Niederländer. Dennoch reißen sich 7 Provinzen von Spanien los.

3) Aber ihre Kräfte und Hilfsmittel erliegen; vergebens wenden fie sich an Europas Fürsten; Karl v. Anjou verrät sie; W. v. Oranien wird ermordet.

4) Dennoch lassen sie nicht ab; nach vierzigjährigem, hartnäckigem Kampfe bleiben sie Sieger.

Übergang.

Diese unnatürliche Wendung der Dinge scheint an ein Wunder zu grenzen, aber vieles vereinigte sich" u. s. w. II. Wie ist dies Unnatürliche zu erklären?

A) Durch den Krieg selbst.

1) Die zu demselben nötigen Mittel und Kräfte.

a) Diese werden auf spanischer Seite allmählich geringer und schwächer.

a) Die vorhandenen militärischen Streitkräfte werden durch andre Unternehmungen aufgezehrt. So zuerst

aa) Das Landheer. aa) Durch die Kriege gegen Frankreich, Granada, Portugal. ßß) Dadurch auch Mangel an Geld herbeigeführt; ebenso durch den Bau des Eskurial, so daß er seine deutschen und italienischen Truppen nicht bezahlen kann, die sich jetzt gegen ihn wenden.

bb) Die Flotte. Vernichtung der Armada und damit zugleich der Schäße beider Indien.

P) Die Ergiebigkeit und moralische Kraft des Angreifers wurde vermindert.

aa) Die südlichen Provinzen der Niederlande, „der Waffenplag und die Vorratskammer des Krieges" verödeten mehr und mehr.

bb) Der schnelle Wohlstand in Spanien hatte Müßiggang und Verweichlichung herbeigeführt.

Übergang. Ganz anders verhielt es sich mit den Rebellen". b) Die zum Kriege nötigen Mittel und Kräfte nehmen auf niederländischer Seite fortwährend zu.

a) Truppen. Ihr Werbeplat war die ganze christliche Welt (südliche Niederlande, Frankreich, Deutschland). aa) Die frische Begeisterung einer neuen Lehre zog viele herbei; bb) ebenso der Kampf gegen den Despotismus.

B) Die industrielle Kraft und der Wohlstand des Landes wuchs mehr und mehr; Handel und Gewerbe blühten; selbst der Anfang der Kolonieen fällt in diese Zeit.

7) Das Geld, mit dem dieser Krieg geführt werden mußte.

aa) Auf spanischer Seite,,unfruchtbares Gold, das niemals wiederkehrte"; dagegen wurden in der Republik Arbeitsamkeit und Handel immer größer; dies,,ihre Schazkammer".

bb) Die Schäße, die Philipp zum Untergange der Provinzen ver

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