Wissenschaft und in der Praxis einen hohen Rang einnehmen: wahrlich, man müßte sich wundern, wenn das Richtige auf diesem Gebiete noch nicht getroffen wäre, wenn auch nicht von einem allein, so doch vielleicht von jedem etwas, und möglicherweise dürfte eine bloße geordnete Zu sammenstellung dieser richtigen Punkte über Ziel und Methode des deutschen Unterrichts nicht geringen Aufschluß geben. Troßdem nun ist es bekannt, daß auf diesem Gebiete des Schulwesens die Meinungen verschiedener sind als auf irgend einem. Und sieht man sich die Praxis an, vergleicht man die Lehrpläne, die Programme der verschiedenen Gymnasien und Realschulen, so bietet sich eine recht bunte Abwechselung und Mannigfaltigkeit dar, ein Zustand der Freiheit und Willkür, welcher mit der regelmäßigen Ordnung, in welcher die übrigen Disciplinen im ganzen auftreten, gewaltig kontrastiert. (3. f. 6. 1861. 792, Aachen. Progr. 1862. S. 7). Man wird fragen: Nun, wenn das Notwendige und Rechte in der Theorie bereits gefunden ist, woher dieser Streit der Meinungen, diese Verschiedenheit der Praxis? Hierauf will ich nicht weiter eingehen. Aber, ich meine, dieser Zustand kann und darf nicht der herrschende bleiben; es muß doch einmal dahin kommen und sollte auch noch ein Menschenalter und mehr darüber hin gehen daß auch der deutsche Unterrichtsplan auf allen deutschen Gymnasien und Realschulen bei angemessener Freiheit der Bewegung im ganzen doch dieselbe vernünftige Ordnung und Regelmäßigkeit aufzeigt, daß nicht irgendwo ,,der Elementarschüler vorausnimmt, was den oberen Klaffen angehören sollte", und in diesen gelehrt wird, was überhaupt nicht in die Schule gehört*). Wie fest und sicher steht in dieser Beziehung der Unterricht in den alten Sprachen da! Wer nun darauf hinarbeiten will, auch nur einen kleinen Fortschritt nach jenem wünschenswerten Ziele zu machen, dessen Aufgabe wird es nicht etwa sein, ein neues System aufzustellen, auf synthetischem Wege den deutschen Unterricht umzugestalten, sondern nach allem, was ich vorausgeschickt habe, kann es sich allein darum handeln, eine Revision der Ansichten vorzunehmen, welche im Laufe der Jahre über diesen Gegenstand laut geworden sind. Ich bin mir vollkommen bewußt, daß ich im folgenden kaum einen einzigen neuen Gedanken aussprechen werde; wenn ich deren zu haben glaubte, habe ich sie entweder als verfehlt und schon widerlegt aufgeben müssen oder gefunden, daß andere die Sache schon hinlänglich klar erörtert hatten. Dies möge man beachten, auch wenn ich nicht immer denjenigen nennen sollte, der zuerst diese oder jene Ansicht vorgetragen hat, obwohl dies meistens geschehen wird. Es wird also vor allen Dingen die Aufgabe darin bestehen, das, was allgemein anerkannt ist; diejenigen Punkte, welche bei allem Streite der Meinungen dennoch fest und unerschütterlich stehen, über welche selbst sonst entschiedene Gegner übereinstimmen, als solche hinzustellen, um auf diese Weise eine sichere, wenn auch vielleicht nur kleine
*) Unter vielen auffallenden Beispielen, die ich anführen könnte, nenne ich nur eins. Eine Realschule 2. Ordn. veröffentlichte im Progr. 1868 ihren Unterrichtsplan im Deutschen und verlegte den Anfang dramatischer Lektüre nach Quarta; Wallensteins Lager, Wilhelm Tell, Ernst von Schwaben sollen in dieser Klasse jener,,Musterschule" gelesen werden.