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durch die Macht der Liebe:,,Aus des Labyrinthes Pfaden" u. s. w. Durch dasselbe Mittel wird die Schönheit der beiden Helden dieses Gedichtes gemalt. Wenn sie die größten Schwierigkeiten überwinden; weder durch der Väter feindlich Zürnen", noch durch das gewaltige Meer sich abschrecken lassen; in ihrem Glücke nicht merken, wie die Jahreszeiten dahingehen; wenn im furchtbarsten Aufruhr der Elemente, wo,,alle sturmerprobten Schiffe sich bergen, alle meergewohnten Vögel heimwärts gezogen sind", der kühne Schwimmer in die Wogen stürzt, um zu der Geliebten zu gelangen; wenn endlich diese selbst ohne Klage, ohne Thränen, kalt und verzweifelnd auf den Leichnam hinstarrt und nach wenig Worten, in denen sie das schönste Los ihr eigen" genannt, von dem hohen Turme ins Meer hinunterstürzt, so erhalten wir durch diese Wirkungen von der Schönheit eine lebhaftere Vorstellung als sie nur ein Maler hervorzubringen im stande gewesen wäre. Auch im Taucher zwei schöne Gestalten. Die Worte: Und alle die Männer umher und die Frauen auf den schönen Jüngling verwundert schauen“, zeigen, wie die Schönheit des Mannes auf die Menge wirkt. Noch größer ist die Wirkung auf die Königstochter. Zuerst von Mitleid, dann bald von Liebe erfaßt zu einem Jüngling, den sie zuvor nie gesehen, bittet sie für ihn mit weichem Gefühl, schmeichelnd und mit zartem Erbarmen“, und offenbart zulezt durch ihr Erröten, ihr Erbleichen und Hinfinken der Menge wie dem Jünglinge, was in ihrem Herzen vorgeht. Und dieser selbst, troß der Gefahren, die er eben durchge= macht; tros des Entsegens und Grausens, das ihn in der Meerestiefe erfaßt und dem er eben in so beredter Weise Ausdruck gegeben hat; troh seiner Worte: „Und der Mensch versuche die Götter nicht“ v. s. w.: er vergißt dies alles, als das schöne Mädchen ihm zum Lohne bestimmt wird; wozu das erste Motiv, der Ehrgeiz ihn nicht mehr bewegen konnte, dazu treibt ihn die Liebe an: mit einem Male wird sein ganzes Wesen verändert:,,Da ergreift's ihm die Seele mit Himmelsgewalt, und es blißt aus dem Augen ihm kühn“. Und als er gar durch ihr Erröten und Erbleichen einen Einblick in ihr Herz erhalten zu haben glaubt,,,da treibt's ihn den köstlichen Preis zu erwerben, und er stürzt hinunter auf Leben und Sterben". Eine vielleicht noch stärkere Wirkung der Schönheit zeigt „Ritter Toggenburg". Das „stille Weinen seiner Augen", sein verzweifelter Beschluß nach ihrem Bescheide, die verzehrende Sehnsucht nach der Geliebten troß der ge waltigen Thaten, die er verrichtet, des Ruhmes, den er erlangt hat, ,,kann das Herz von seinem Grame nicht genesen"; ein Jahr lang voll Schmerz und Unruhe; endlich treibt's ihn dorthin, wo ihr Atem weht“ —; dann die plößliche Wandlung seines Wesens, als er erfährt, daß sie ganz für ihn verloren ist; sein entsagendes Leben, nur um in ihrer Umgebung weilen, ihren Blick aus der Ferne erhalten zu können; der Trost und die Freude, die ihm durch ihr Bild, wenn auch noch so selten zu teil wird; dies Leben jahrelang,,ohne Schmerz und Klage" bis zum Tode hin: in immer sich steigerndem Grade wird uns so die Wirkung geschildert, die weibliche Schönheit und Anmut auszuüben im stande ist. Im Handschuh, wo die Liebe nicht das Hauptmotiv der Handlung ist, erregt das eine Wort:,,Herr Ritter, ist eure Liebe

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so heiß, wie ihr mir's schwört zu jeder Stunde" unwillkürlich eine Vorstellung von der Schönheit jener Dame. Nur wenig anders steht es mit den beiden Personen im Gang nach dem Eisenhammer. Daß hier eine solche Verläumdung überhaupt ausgesprochen und dann vom Grafen so leicht und schnell geglaubt werden konnte, beide Umstände haben die Schönheit Fridolins wie die der Gräfin zur Voraussetzung.

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b) Schönheit in Bewegung d. i. Reiz. Nur wenige, z. T. schon erwähnte Stellen in unseren Gedichten. So im Taucher. Die Königstochter, die mit schmeichelndem Munde fleht";,,er siehet erröten die schöne Gestalt, er sieht sie erbleichen und sinken hin“; und wenige Verse später: Da bückt sich's hinunter mit liebendem Blick". Hero und Leander. Und ein edles Feuer rötet das erbleichte Angesicht". Ritter Toggenburg. Zweimal die Verse: „Bis die Liebliche sich zeigte, bis das teure Bild, sich ins Thal hinunterneigte, ruhig, engel mild". Gang nach dem Eisenhammer. Ihr klares Auge mit Vergnügen hing an den wohlgestalten Zügen“; „aus ihrem schönen Munde floß sein unerschöpftes Lob"; auch wenn sie mit sanftem Tone“ zu ihm spricht. - Im Handschuh will im wichtigsten Momente die Dame durch Reiz auf den Ritter wirken:,,Mit zärtlichem Liebesglück, er verheißt ihm sein nahes Glück“, empfängt sie ihn. Daß er durch dieses Mittel nicht gefesselt wird, läßt seinen Charakter um so stärker hervortreten. Noch weniger Züge von Reiz bei männlichen Personen, und hier natürlich nur bei jugendlichen, zarten Gestalten. Im Taucher. „Ein Edelknecht, sanft und keck, tritt hervor". Und sieh! aus dem finster flutenden Schoß, da hebet sichs schwanenweiß, und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß"; und am Schluß: Und es blitt aus den Augen ihm kühn". - Kampf mit dem Drachen. Und vor dem edlen Meister tritt der Jüngling mit bescheidnem Schritt“. „Doch er, mit edlem Anstand, spricht, indem er sich errötend neiget".

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B. Häßliche Körper. Lessings Grundsak ist, daß der Dichter die Häßlichkeit schildern darf selbst nach ihren nebeneinander befindlichen Teilen; aber nicht um ihrer selbst willen, sondern um dadurch andre Empfindungen hervorzurufen oder zu verstärken, nämlich entweder das Lächerliche oder das Schreckliche. Das Gleiche gilt nach L. vom Ekelhaften. Beides kommt in unsern Gedichten vereinzelt vor, indes nur zur Erhöhung des Schrecklichen. 1) Menschliche Gestalten. Die Furien in den Kranichen des Jbykus, vielleicht die häßlichsten Wesen der alten Mythologie.,,Ein schwarzer Mantel schlägt die Lenden, fie schwingen in entfleischten Händen der Fackel düsterrote Glut, in ihren Wangen fließt kein Blut"; statt der Haare,,sieht man Schlangen hier und Nattern die giftgeschwollnen Bäuche blähn". So dient schon ihre äußere Erscheinung dazu, den Eindruck des Furchtbaren, Schrecklichen zu erregen, das dann durch die Art und Weise wie durch den Inhalt ihres Gesanges bedeutend gesteigert wird. Im Gang nach dem Eisenhammer könnte der eine Zug: „Und grinsend zerren sie den Mund", hierher gerechnet werden. Ebenso im Ring des Polykr.: Und nimmt aus einem schwarzen Becken, noch blutig, zu der beiden Schrecken, ein wohlbekanntes Haupt empor".

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2) Häßliche Tiere. Die Tiere in der Meerestiefe, die der Taucher erblickt, würden Schrecken erregen, auch ohne daß sie häßlich wären; durch ihre Häßlichkeit wird dies Gefühl vermehrt. Und dem Dichter kam es darauf an, daß der Jüngling von dieser Empfindung so sehr als möglich erfaßt wurde: um so stärker und gewaltiger zeigt sich die Macht der Schönheit und der Liebe. So vermag der Dichter selbst das Häßliche zu benußen, um das Schöne zu malen. Das Auge mit Schaudern hinunterfah, wie's von Salamandern und Molchen und Drachen sich regt' in dem furchtbaren Höllenrachen. Schwarz wimmelten da im grausen Gemisch zu scheußlichen Klumpen geballt, der stachlichte Roche, der Klippenfisch, des Hammers gräuliche Ungestalt, und dräuend wies mir die grimmigen Zähne der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne". ,,Mit Grausen" wird er sich dessen bewußt, er ist unter Larven die einzige fühlende Brust, allein in der gräßlichen Einsamkeit“. Und der höchste Grad des Schreckens wird dadurch erreicht, daß ein ekelhafter Zug hinzukommt: Da kroch's heran, regte hundert Gelenke zugleich".

Im Kampf mit dem Drachen erregt schon die Gestalt, die der Ritter machen läßt, durch ihre Häßlichkeit Schrecken; um wie viel mehr mußte dies das lebendige Urbild, der Drache selbst thun. Die kurzen Füße, der lange Leib, das schuppige Panzerhemd, der lange Hals, der gräßlich geöffnete Rachen, die stachlichten Zähne aus schwarzem Schlunde, die spige Zunge, die kleinen, Blige sprühenden Augen, der ungeheure in eine Schlange sich endende Rücken, das Ganze, „halb Wurm, halb Molch, halb Drache, in ein scheußlich Grau gekleidet". Vor diesem Bilde der Häßlichkeit, obgleich es nicht lebendig ist, entsetzen sich selbst die Tiere: das Roß,,bäumt sich grauend und knirscht und schäumt in die Zügel, ängstlich stöhnen die Doggen". Und vor dem eigentlichen Kampfe wird an diese Häßlichkeit noch einmal kurz erinnert:,,Denn nahe liegt zum Knäul geballt des Feindes scheußliche Gestalt". Und ähnlich wie im Taucher dient diese Schilderung des Häßlichen dazu, den Charakter des Jünglings noch mehr hervortreten zu lassen. Dasselbe gilt von den Thieren im Handschuh. Der Tiger, der die Zunge reckt und grimmig schnurrend umhergeht; die Leoparden, die „gräulichen Kaßen, die von Mordsucht heiß" sich zu ihm lagern: auch hier vermehrt das Häßliche den Schrecken und dient ebenfalls dazu, die Kühnheit und Verwegenheit des Ritters noch mehr zu zeigen.

Schluß. Mag auch hier, wie in Goethes Hermann und Dorothea, weniges bewußte Nachahmung Homers sein: im ganzen zeigt diese völlige Übereinstimmung, daß Lessings Grundsäße nicht nur für naive Dichter, sondern auch für sentimentale maßgebend sein werden.

B. Schiller.

1) Die Grundgedanken*) in den zehn Romanzen

Schillers**).

I. Verhältnis des Menschen zu Gott und dem Schicksal, Es waltet eine göttliche Gerechtigkeit schon auf Erden:

A. Mahnend und strafend.

1) Der Mächtige, Stolze, auf sich selbst und auf sein Glück Vertrauende wird an den Neid und die Macht des Schicksals erinnert und ihm sein naher Untergang verkündet. (Ring des Pol.)

2) Den Bösewicht ereilt die Strafe. a) Entweder wird er durch das eigene Gewissen entlarvt, welches durch die Erinnerung an die göttliche Gerechtigkeit geweckt und dann durch einen äußeren Umstand an das begangene Verbrechen gemahnt wird. (Kraniche des Jbykus.)

*) Beim Unterrrichte vermeide ich es möglichst von der Idee einer Dichtung zu sprechen. Welch unklare Vorstellung der Deutsche mit dem Worte Jdee überhaupt zu verbinden pflegt, darüber hat ja Heine ergöglich genug gesprochen. (Ideen, das Buch Le Grand. Kap. 14.) G. Freitag, im Anfang seiner Technik des Dramas (S. 7—15) giebt gewiß eine klare und scharfe Auseinanderseßung. Aber man wird Schülern gegenüber immer auf der Hut bleiben müssen, sie sind zu leicht geneigt, mit diesem Worte an eine bestimmte Tendenz des Dichters zu denken oder sonst unklare Vorstellungen da zu verbinden. Goethe spricht sich dagegen wiederholt aus, Ideeen in dichterischen Werken zu suchen. Z. B. danach gefragt, welche Idee er in seinem Laffo niedergelegt habe, antwortet er (bei Eckermann III. S. 117): „Idee? daß ich nicht wüßte" u. s. w., und bald darauf (S. 118):,, Die Deutschen machen sich durch ihre tiefen Gedanken und Ideeen, die sie überall suchen und überall hineinlegen, das Leben schwerer als billig“ u. s. w. Doch spricht er selbst auch nicht selten von der Idee, die durch ein Werk hindurchgeht, z. B. in dem S. 114 angeführ ten Urteil über Schiller. Was G. Freitag Idee eines Dramas nennt, nennt Goethe, indem er den gleichen Sinn wie jener damit verbindet, „Hauptsinn“ (z. B. italien. Reise, 7. Mai 1787: „Der Hauptsinn der Nausikaa war folgender"). Anderswo gebraucht er dafür den Ausdruck,,Thema“.

**) Das Thema findet sich in anderer Disposition, zum Teil etwas ausgeführter in Hieckes gesammelten Auffäßen S. 303 u. folgende; ferner bei Leuchtenberger, Dispositionen u. s. w. I. S. 118.

b) Oder er verstrickt sich selbst in die Neße, die er dem Guten gelegt hat. (Gang nach dem Eis.)

B. Belohnend.

1) (Negativ.) Unschuld und Frömmigkeit wird von Gott beschüßt, geht ruhig mitten durch Gefahren hindurch und bleibt anerkannt trog der schlimmsten Verleumdung:,,Mit dem ist Gott und seine Scharen". (Gang n. d. Eis.) (Dieser und der vorige Sag (A. 2 b) ergänzen einander zur Einheit, so daß nur ein Grundgedanke im Gedichte vorhanden ist. Was in der Disposition losgerissen zu sein scheint, läßt sich in der eigentlichen Darstellung vereinigt vorführen.)

2) (Positiv.) Durch göttliche Fügung gelangt Demut und Gottesfurcht zu hohen äußeren Ehren und wird durch die Kunst des Dichters wie durch den Mund des Priesters verherrlicht. (Graf v. Habsburg.)

II. Verhältnis des Menschen zu gelieben Mitmenschen. Die Macht der tiefsten Gefühle zu andern wird dargestellt.

A. Die Freundschaft. Indem der Freund, um das volle Vertrauen des Freundes zu rechtfertigen, die größten Hindernisse, die die äußere Natur wie sein eigenes Innere ihm entgegenstellen, überwindet und zuletzt dem Freunde, wenn er für ihn gestorben sein sollte, wenig stens im Tode nachfolgen will, zeigt er nicht bloß der gerührten Menge die Macht der Freundschaft, sondern gewinnt ihr auch den Glauben und die Anerkennung des einsamen Tyrannen ab, der anfangs geglaubt hatte, sie verspotten zu dürfen. (Bürgschaft.)

B. Die Liebe beweist ihre Macht, 1) indem sie ohne Hoffnung leidet und duldet. Tiefe, aber unerwiderte Neigung des Mannes sucht Heilung und Trost im christlichen Heldentum; da dies vergebens ist, bleibt sie, hoffnungslos sich verzehrend, treu bis zum Tode; bis zum Tode von dem bloßen Anblick der Geliebten beseligt. (Ritter Toggenburg.)

2) Indem sie hoffnungsvoll oder im Genusse wagt und handelt. a) Mächtiger als Ruhm- und Ehrsucht, wagt die Liebe alles und stürzt sich in die größten, vorher schon durchgemachten Gefahren, um schließ= lich darin unterzugehen. (Taucher.)

b) Die größten Hindernisse der Menschen und der Natur überwindet die Macht der Liebe, und als endlich doch der Elemente Gewalt den Sieg errungen zu haben scheint, da gerade offenbart sie ihre höchste Kraft, indem die Geliebte, die ohne den verlorenen Freund nicht zu leben vermag, sich freiwillig in den Tod stürzt. (Hero u. Leander.)

III.*) Der Mensch als Sieger über sich selbst, über seine Leidenschaft.

1) Dem ritterlichen Manne befiehlt zwar seine Ehre, die gefähr= liche Probe, auf welche seine Liebe gestellt wird, zu bestehen; aber er erkennt dabei, daß mit seinen tiefsten Gefühlen ein eitles Spiel getrie ben wird, und überwindet seine Liebe. (Handschuh.)

*) Es ist nicht selten überflüssig, eine trichotomische Disposition auf die dichotomische zurückzuführen. So könnte man ja auch hier disponieren: Ï. zu Gott. II. Zu den Menschen; A. Zu den Mitmenschen, B. zu sich selbst.

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