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Zweiter Abschnitt.

Syntaxe des zusammengesetzten Satzes

oder

Lehre von der Satzverbindung.

Siebentes Kapitel.

§. 150. A. Beiordnung.

1. So lange der Mensch auf der untersten Stufe seiner geistigen Entwickelung steht, spricht er seine Gedanken in einzelnen Sätzen nach einander aus, und unbekümmert, ob die Gedanken in einem inneren Zusammenhange und in einer wechselseitigen Beziehung zu einander stehen oder nicht, stellt er dieselben in gleicher Form dar. Sowie aber mit dem weiteren Fortschreiten des geistigen Lebens dem Menschen der innere Zusammenhang seiner Gedanken klarer vor die Seele. tritt, so fühlt er auch das Bedürfniss denselben auch in der Rede zu bezeichnen. Die Sprache prägt daher Gebilde aus, welche die Verbindung der dem Inhalte nach zusammengehörigen und die Einheit des Gedankens darstellenden Sätze ausdrückt. Die Grammatik nennt diese Gebilde Konjunktionen.

2. Die Verbindungsweise der Sätze bestand jedoch anfänglich nur in Aneinanderreihung und Nebeneinanderstellung der Sätze, indem die vorher ohne alles Band neben einander stehenden Sätze jetzt mittelst der Konjunktionen enger zusammengehalten werden. So einfach diese Verbindungsweise gewesen sein mag, so entwickelte sie sich doch, je mehr der Mensch das Verhältniss der Gedanken zu einander zu prüfen und abzuwägen lernte, zu einer grossen Feinheit, Bestimmtheit und Mannigfaltigkeit.

3. Aber auch hier konnte der immer weiter forschende, immer tiefer in das Reich der Gedanken eindringende und nach Klarheit strebende Geist nicht stehen bleiben. Es konnte ihm nicht verborgen bleiben, dass er zur Vollendung seiner Sprache noch Eines Schrittes bedurfte. Er musste erkennen, dass die innerlich verbundenen Sätze sich entweder so zu einander verhalten, dass sie zwar die Einheit eines Gedankens Kühner, Ausführl. Grammatik der Latein. Sprache. II.

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darstellen, ein jeder jedoch gewissermassen selbständig und unabhängig neben dem anderen besteht, als: Cicero praestantissimus orator fuit et Hortensius praestantissimus orator fuit. Hortensius praestantissimus orator, sed Cicero eum superavit. Rerum bonarum et malarum tria sunt genera; nam aut in animis aut in corporibus aut extra esse possunt; oder so, dass sie gänzlich in einander verschlungen sind, indem der eine dem anderen inhärirt oder von ihm abhängt und von diesem gleichsam getragen wird, der eine den anderen ergänzt oder näher bestimmt, der eine als ein unselbständiges und abhängiges Glied des anderen hervortritt. Zur Unterscheidung dieses Verhältnisses von jenem bildete sich nun in der Sprache eine neue Verbindungsform, durch welche der ergänzende oder bestimmende Satz als ein blosser Begriff, als ein blosses Satzglied (Substantiv, Adjektiv, Adverb) des anderen Satzes dargestellt wurde, indem zur Bezeichnung dieser Verbindung besondere Konjunktionen ausgeprägt wurden, als: sol efficit, ut omnia floreant (= bewirkt das Blühen). Gaudeo, quod vales (Gesundheit). Gesundheit). Deus est, qui omnem hunc mundum regit der die ganze Welt lenkende). Quom rosam viderat, tunc incipere ver arbitrabatur (= beim Anblicke einer Rose).

Die

4. Die erstere Verbindungsart nennen wir Beiordnung (Koordination oder Parataxe) und die dazu gehörigen Konjunktionen, als: et, sed, nam u. s. w., beiordnende Konjunktionen oder Bindewörter; die letztere Verbindungsform Unterordnung (Subordination oder Hypotaxe) und die dazu gehörigen Konjunktionen, als: ut, quod, quia, quom u. s. w. unterordnende Konjunktionen oder Fügewörter. Bindewörter sowol als die Fügewörter dienen eigentlich nur zur Verbindung ganzer Sätze; wenn aber mehrere Sätze einzelne Glieder gemeinschaftlich haben, so werden die gemeinschaftlichen Glieder in der Regel nur Einmal ausgedrückt, als: Cicero et Hortensius eloquentissimi fuerunt (statt Cicero eloquentissimus fuit et Hortensius el. fuit). Gaudeo, quod tu et frater tuus valetis (st. g., quod tu vales et g., quod fr. t. valet) u. s. w.

5. Nach der grammatischen Form der Verbindung sind alle beigeordneten Sätze einander gleich: sie werden sämmtlich als grammatische Hauptsätze betrachtet; nach ihrem Inhalte aber, nach dem inneren (logischen) Verhältnisse können sie auch verschieden sein. Denn jeder Gedanke, der seinem Inhalte nach einem anderen Gedanken inhärirt und ein ergänzendes Glied desselben ausmacht, kann in einem beigeordneten Satze ausgesprochen werden, wie diess anfänglich immer geschehen ist, als: dies illuxit et hostes se receperunt (st. quom dies illuxit, h. s. r.).

Anmerk. Zu den Hauptsätzen gehören auch die Zwischen- oder Schaltsätze (die sogenanten Parenthesen), welche in einen anderen Satz eingeschaltet werden, aber mit diesem in keinem syntaktischen Verbande stehen, sondern selbständig sind und für sich bestehen. So z. B. Ter. Ad.

Kopul. Beiordnung.

121 et - dis gratia (sc. sit) — est, unde haec fiant. 393 nimium inter nos, Demea, non quia ades praesens, dico hoc pernimium inter est, 1) ebenso die Verben credo, opinor, puto, spero, reor, besonders häufig ironisch; in der Betheuerungsformel: mihi crede, mihi credite, in den Ausdrücken: ut ajunt, ut mihi videtur u. dgl., s. §. 127, 9.

6. Die Beiordnung besteht entweder in Erweiterung oder in Entgegenstellung oder in Ausschliessung des Gedankens. Die erstere nennen wir die kopulative, die zweite die adversative, die dritte die disjunktive Beiordnung. Ausserdem können auch Sätze, die in einem kausalen Verhältnisse zu einander stehen, beigeordnet werden. Eine solche Beiordnung nennt man kausale Beiordnung.

Verschiedene Formen der Beiordnung.

§. 151. I. Kopulative Beiordnung.

Die kopulative Beiordnung besteht darin, dass Sätze, welche neben einander und zugleich bestehend gedacht werden, zu der Einheit eines Gedankens verbunden werden, indem der in dem beigeordneten Satze ausgesprochene Gedanke dem in den vorangehenden Satze ausgesprochenen Gedanken einen grösseren Umfang gibt. Die kopulative Beiordnung ist entweder Anreihung oder Steigerung.

a. Anreihung.

Die Anreihung wird ausgedrückt durch die Bindewörter: et, que, atque oder ac.

a) Et.2)

1. Das Bindewort et wird theils von te, theils von té abgeleitet; die letztere Ableitung ist offenbar falsch, die erstere annehmbarer, aber auch durch diese wird die Erkenntniss der Bedeutung von et nicht gefördert; sie kann also nur durch genaue Beobachtung des Gebrauches der Schriftsteller erkannt werden, und aus dieser geht klar und deutlich hervor, dass et das einfachste und allgemeinste kopulative Bindewort ist, indem es weiter Nichts ausdrückt als die Anreihung eines Satzes oder eines Wortes, während que und atque (ac), wie wir später sehen werden, ausser dieser einfachen Bedeutung auch noch eine Nebenbedeutung in sich schliessen. Daher kann et auch st. que oder atque (ac) gebraucht werden, aber nicht umgekehrt que oder atque st. et. Über den freieren Gebrauch der verschiedenen Formen in der Dichtersprache und in der späteren Prosa s. §. 156, 1.

2. Et verbindet gleichartige und ungleichartige, wichtige und unwichtige Wörter, sowie auch Wörter von gleicher oder ungleicher Form. Doctrina Graecia nos et omni

1) Vgl. Holtze II, p. 227. Draeger II, S. 1 ff.

2) Vgl. Hand Tursell. II, p. 467.

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