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daß die Erkenntnis des Menschen durch diese Darstellungen statt erleichtert oft erschwert wird.

Die Tiermalerei hat nun, wie wir sehen, eine große Verwandtschaft zum Porträt. Wir finden uns selbst darin wieder. Ein Künstler sieht am Tier Linien, die ihn anreizen, es darzustellen. Wessen Ausdruck find aber die Linien? Einer markanten Eigenart, die das Wesen des Tieres ausmacht, und das Markanteste wird am meisten zur Darstellung anfeuern. So zeigt der Löwe vielleicht die Formen, die ihn am meisten in den Stand sehen, der Freßsucht, dem Selbsterhaltungstrieb souveräne Bedeutung zu geben. Die Aehnlich feit mit Tieren kann uns geradezu erschrecken, wenn wir uns selbst in ihnen wiederfinden.

Auch die Skulptur hat sich dieses Gebiets bemächtigt und berühmte Werke gezeitigt. Aber sie kann den Tieren nicht das zum Verständnis wünschenswerte Milieu geben. Darum würde die Art des Tiers weniger verständlich werden, als in der Malerei, wenn es nicht gelänge, durch Lebendigkeit und durch Haltung der Anschaulichkeit zu genügen.

Es wird leicht sein, wenn man dem bisherigen Gedankengange folgt, sich jedesmal ein Urteil zu bilden, ob das von manchen so beliebte Genre oder ein Stillleben, wie unwichtig auch das Sujet sein mag, nicht doch als Kunstwerk anzusehen sei. Als Hauptbedingung gilt aber stets, daß ein Bildwerk nie die Sinnlichkeit erregen darf, welcher Art auch immer es sei, da es sich dann an Eigenschaften wendet, deren Bekämpfung gerade seine Aufgabe ist. Auch Stilleben dieser Art find schlecht und es ist kein Kompliment für Appelles, daß er Früchte so malte, daß die Vögel sie anpickten. Es ist daher am Plaze, gewisse Erscheinungen zu besprechen, die sich aus dieser Forderung folgern lassen. Es war nämlich gesagt worden, daß sowol die Plastik wie die Malerei als erstes Ziel die Erkenntnis des Menschenideals sei. Die Griechen haben das Ideal, wie sie es erkannten, dargestellt, dasselbe taten die Künstler der christlichen Periode. Aber warum sind die Götter der Griechen in ihrer vollen Erscheinung dargestellt, d. h. durch die Plastik, die Heiligen, Christus und die Jungfrau Maria gemalt? Warum gibt es so wenige oder gar keine bedeutenden Marmorbilder der Maria (die Pieta ist ja eigentlich anders zu betrachten) und warum ist sie so oft gemalt worden? Warum ist andererseits Moses so selten ein Vorwurf für den Maler gewesen, wurde aber das bedeutendste Zeugnis der künstlerischen Kraft als Steinbild?

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Die dramatische Kunst hat sich zwar nie mit der Darstellung biblischer Personen beschäftigt, da es verfehlt ist, solche auf die Bühne zu bringen, denn sie müssen Lebenswahr geschildert werden. Sehen wir sie nämlich makellos vor uns, so sind sie als dramatische Helden ohne Interesse, treten sie uns aber menschlich nahe - und das geschieht durch Verschulden fehlt gerade das, was ihren Zauber ausmacht, das Ueberfinnliche, das in ihrem Wesen wirksam war. Daher sind die Propheten und Christus nie von wahren Künstlern dramatisiert worden. (Wenn ich biblisch" sage, so sind damit natürlich nicht alle Personen gemeint, die in der Bibel erwähnt werden, sondern nur folche, deren Wesen gleichsam das inkarnierte Göttliche war, also alle Propheten.) Also alle, die von je den Stempel des Göttlichen trugen. Solche, die sich aber erst aus der Schwachheit durchringen mußten, wie Saulus, der ein Paulus ward, sind gerade zur dra

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matischen Darstellung geeignet, wie keine anderen. Esther ist ein wahres Weib, Judas Makkabeus ein Nationalheld und Patriot. Johannes" von Sudermann aber legt für meine Behauptung beredtes Zeugnis ab. Hier hat sich unser Dichter im Stoff vergriffen, und wenn die Heimat" für alle Zeiten wahr bleibt, die Ehre" einmal kulturhistorisches Interesse haben wird, so wird Johannes" vergessen sein. Er ist es heute schon!

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Anders steht es nun in der Malerei und Plastik, für welche jene gerade die besten Objekte bieten, denn diese Künste halten nur einen Augenblick fest und verlangen nicht erst die Entwickelung zur Größe, wie die Dichtkunst Ihr Wesen ist es ja gerade, menschliche Figuren schon in der höchsten Abgeklärtheit zu zeigen, den Helden am Ende seiner Entwickelung, d. H. das Menschengeschlecht im 5. Akt. So bringen die Alten die Menschheit in der Form der höchsten Entwickelung zum Ausdruck, die ihnen das Ideal ist, als Held, Halbgott, Gott, die Künstler der christlichen Zeit stellen dementsprechend Heilige, Christus und die Madonna dar, und es ist kein Zufall, daß die schönsten Werke der Meister biblische Gestalten waren.

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Und nun ergibt sich die Antwort auf die gestellten Fragen von selbst: Die Götter der Alten waren nichts weniger als übersinnlich, sondern nur sehr vollkommene Menschen. Sie schoben darin den Göttern" induktiv ihr ich" unter mit seinen Wünschen, seinen Verirrungen. (Dieses induktive Vorgehen ist allen arischen Völkern eigen, aus ihnen läßt sich ihre Religion und Kunst herleiten im Gegensatz zu den Semiten, die deduktiv vorgehen. Die Griechen stellten ihre Götter dar, aber nie das Schicksal, das noch über Zeus thronte.) So wurde ihnen die Liebe, wie es die Natur tut, durch Schönheit erweckt. Die Liebe wurde ihnen also zum schönsten Weibe. Die Liebe und die Grundidee des Weibes sollten zugleich zur Erkenntnis gebracht werden. Aber Empfindung im Körper zu personifizieren, ist nicht angängig, und so erblicken wir in der Venus nur die Idee des Weibes. Die christliche Zeit aber personifiziert in der Madonna wie in Christus die allgemeine Liebe, die die Welt zusammenhält, nicht nur die Einzelliebe zu einem Individuum, sondern ein Grundprinzip der Welt. Ein solches ist nur durch Musik direkt wiederzugeben, wie noch gezeigt werden wird, die Darstellung selbst kann nur auf einem Umweg geschehen. Aber die Malerei kann durch Milieugebung der Phantasie mehr zu Hilfe kommen als die Plastik. Durch feine bildende Kunst ist das Uebersinnliche darzustellen, denn sonst wäre es ja nicht übersinnlich, sondern sinnlich. Ferner gibt die Plastik die Formen selbst wieder, die Malerei nur den Schein, so daß das Greifbare der Wirklichkeit nicht den Zauber des Ueberfinnlichen so sehr vernichtet, wie es das Bildwerk tut. Dies ist der Grund, daß die Götter der Alten, die Menschen waren, gemeißelt, die Madonna und Christus am besten gemalt wurden, die Madonna als Nonne in der Dresdener Galerie aber unwirksam bleibt, daß dagegen Moses, der doch immerhin ein Mensch war und es auch blieb, gleichfalls durch Michel Angelos Meißel dem größten Kunstwerk zum Vorwurf diente, daß kein Pinsel je diese Menschengröße in ihrer greifbaren Riesenhaftigkeit wiedergeben konnte.

Nun ist zwar, wie gesagt, das Uebersinnliche auch in der Malerei nicht wiederzugeben, aber sie bemächtigt sich doch des Stoffes, wo sie der Phantasie genügend Nahrung zuführen kann und wo deshalb die Plastik

versagt. Die Madonna ist zwar auch oft als Mensch gemalt, das ist überall, wo sie mit dem Bambino zu sehen ist, aber gerade dieses gibt dem Bild doch schon das Gepräge. Dann ist aber in der Malerei das Sinnenreizende mehr zu vermeiden, da sie, wie gesagt, nicht die Sache selbst, sondern den Schein wiedergibt. Das Bestreben aber ist auch hier zu erkennen, Maria nicht nur als Menschenideal, sondern zugleich als Ausdruck der Liebe zu zeigen. Wir wissen, daß sie unbefleckt empfangen hat. Das bedeutet die Liebe; das Weltprinzip als solches, das vom Stoffe abstrahiert, ist in diesem Bilde, der Mutter mit dem Sohne, wenn auch auf einem Umwege zu erkennen, da die Legende jedem bekannt ist. Doch eine Darstellung, die sich der Allegorie nähert, wird immer verfänglich, und so hat die Malerei es versucht, bewußt das Uebersinnliche auch direkt zum Ausdruck zu bringen. Das geschah durch die sirtinische Madonna. Sie schwebt in Wolken, es ist ein Wesen, das der Erde entschwebt, dem Materiellen entflohen ist. Durch das Milieu wird die Phantasie noch mehr angeregt. Unten knien Heilige, Engelsköpfe blicken aus den Wolken und vor allem die Haltung selbst zeigt das Wesen, das losgelöst von der Erde, mit dem All eins wurde.

Das aber ist das angestrebte jüdisch- christliche Menschenideal, das in seiner Vollkommenheit, wie es ja auch die Bibel ausdrückt, mit der Liebe identisch ist. So ist in Maria die gleichzeitige Darstellung der Idee der Frau und der Liebe mit besserem Erfolge angestrebt, als es bei der Aphrodite der Alten gelingen konnte, die denn auch folgerichtig die Plastik bevorzugten.

Dies ist noch vollkommener von Murillo zum Ausdruck gebracht worden in seiner Madonna auf der Mondfichel. Das sich Abwenden von der Erde ist hier durch Milieu und vor allem die sehnsüchtige aufstrebende Stellung präzisiert. Der Grundgedanke der „Heiligen" ist derselbe; es waren dies Menschen, die den trügerischen Freuden der Welt entsagt hatten und daher finden wir sie auch öfters und mit besserem Erfolge gemalt, als in Stein gebildet.

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getreu als Nonne erscheint, ist die Wirkung aufgehoben. Aber vielfach ist das Gewand sogar das Zeichen geworden, daß das Marienhafte in jedem Kleide vorkommen fann, wie in dem Edelfräulein, das Rubens in der Madonna mit dem Kranze zum Modell diente. Hier müssen die Embleme aushelfen, das Bambino und die Engel in den Blumen geben dem Bilde die Stimmung. Troßdem kann ein solches Bild, wie aus Vorhergehendem ersichtlich ist, nicht mit den ersten Meisterwerken konfurrieren. Ja, die Murillosche Madonna auf der Sichel mit ihrem einfachen weißen Faltenhemd, das zu der Farbe der Wolken so gut paßt, erregt daher die Illusion bei weitem mehr als die Sixtina mit ihrem vielfarbigen und weltlichen Gewande.

In letzter Zeit hat man versucht, Christus im modernen Leben zu zeigen und ihn in alle möglichen Personen zu bringen. Das kann natürlich keines Verständigen Billigung finden nach dem über die Maria Gesagten. Wie ganz anders wirkt dagegen eine Raffaelsche Verklärung Christi, welche mit der Murilloschen Madonna dem Gedanken nach zu vergleichen ist.

Es erübrigt nun noch, ein Gebiet zu besprechen, das seit je von den darstellenden Künstlern als ein ihnen zugehöriges angesprochen wurde. Die Andeutler und Mystiker der letzten Jahre haben hier wahre Orgien gefeiert und doch ist dies Gebiet dem Maler wie dem Bildhauer ein verbotenes Land. Ich spreche von der Allegorie. Ihr Wesen besteht darin, daß an Stelle einer Sache eine andere gezeigt wird. Nun soll aber doch die Erkenntnis der Idee eines Dinges gefördert werden, das kann aber nicht dadurch geschehen, daß es uns nicht selbst gezeigt wird, sondern ein fremdes. Die Allegorie ist ein Gleichnis, dieses will das Verständnis einer verwickelten Sache erleichtern, indem es eine leichter verständliche an dessen Stelle sezt und das Gemeinsame vor Augen führt. meinsame vor Augen führt. Die Sache, auf die es abgesehen ist, wird in der Allegorie überhaupt nur durch die Unterschrift erkennbar und das tertium comparationis Moses nun nimmt eine Sonderstellung ein. Das muß nun sich selbst herstellen, d. h. der Zuschauer muß Uebersinnliche ist in ihm wirksam und so scheint er, wie die Arbeit tun, die im Gleichnis der Dichter ihm abgesagt, ungeeignet für die Bühne, andererseits steht er nimmt. Er muß eine oft sehr schwere Geistesarbeit so wuchtig als Volkserretter da, daß der Stein sein verrichten. Das Kunstwerk erleichtert deshalb nicht die besserer Interpret wurde als die Farbe Volkstum und gewünschte Erkenntnis, sondern erschwert sie. Oft ist Uebersinnliches halten sich eben so die Wage, daß er sie aber auch ganz unmöglich gemacht. Schon daß man für Malerei und Bühne gleich ungeeignet ist. Die Die die Unterschrift oder den Katalog braucht, um zu er Heiligen aber sind dem Gedanken des Nationalen fremd, kennen, was das Bild will, ist eine vernichtende Kritik fie leben nur durch den Glauben. der Allegorie. Sodann ist es wie gesagt, falsch, daß uns eine lange Reihe von logischen Schlüssen zugemutet wird, wo wir vom Künstler lernen sollen, intuitiv wie er selbst das Wesen zu erfassen. Warum ist jener Mann der Ruhm"? Er ist tatsächlich ein nackter Mann, aus gewissen Beigaben soll der Zuschauer eine verwickelte Kette von Beziehungen entwirren. Oder aber ein Vorgang soll das Wesen illustrieren, z. B. ein Reiter sucht das Glück zu erfassen, er reitet über eine Leiche, aber gerade, als er das Glück zu erreichen glaubt, faßt ihn der Tod. Das wäre ja gut und schön. Aber woher weiß man denn, was das Ganze bedeutet? Aus dem Katalog. Denn daß wir das Glück vor Augen haben, ist höchstens aus den Emblemen zu erraten. Wer diese aber nicht kennt, steht dem Bild ratlos gegenüber. Embleme aber sind doch etwas Konventionelles und nicht allgemein Bekanntes, Feststehendes, das zum Wesen der Sache gehört.

Da nun in der Madonna, wie gezeigt, die Loslösung vom Jrdischen am schönsten erkannt wird, so ist es natürlich, daß alles ferngehalten werden mußte, was an das Irdische der Frau mahnt. Andererseits aber mußte aller Sinnenreiz ausgeschlossen werden. Dazu dient das Gewand, aber dieses ist doch etwas sehr Reales, und so sehen wir die Schwierigkeit hier entstehen, der die Griechen aus dem Wege gehen konnten. Bekleidet muß die Madonna doch sein, aber das Gewand beengt die Phantasie und das Frdische tritt auf dringlich hervor. So griff man verschiedentlich, wie Sassoferrato, zu dem Auskunftsmittel, ihr das Gewand zu geben, das der äußere Ausdruck der Verwandtschaft mit dem Himmel ist, das Gewand der Nonne. Mit gutem Bedacht verklären es die Meister noch, indem sie durch Faltenwurf, durch Blautönung, die Himmelsfarbe, oder durch Engelsköpfe, die in den Falten versteckt sind, die Phantasie anregen. Wo Maria indessen zu natur

(Fortsehung folgt.)

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