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Preis: Elegant brochiert 1,50 Mk.

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Verantwortlicher Redakteur: Franz Philips. Potsdam, Hodigitr. 14. Magazin für Litteratur-Verlag, Berlin.

Truck von A. W. Haun's Erben, Berlin und Potsdam.

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MAW16 1903

CAMBRIDGE, MASS.

Liebe.

Von Emma Böhmer.

Sie geht mit zögernden Schritten. Vereinzelte Menschen, welche ihr begegnen, sehen sich noch einmal nach ihr um. Irgend etwas ist da, das an dem Mädchen auffällt und ihnen ans Herz greift. Ist es der Ausdruck in den Augen des tiefblassen Gesichtes oder das zage Vorwärtsschreiten, das wie ein um Hilfeflehen aussieht? Sie schütteln die Köpfe und gehen weiter. Was passiert heutzutage nicht in der Welt? Sehr Sonderbares und Geheimnisvolles, mit dem Verwundern ist es vorbei.

Die hochgradige innere Erregung treibt das Blut aus Margaretens Backen hinweg. Zuweilen preßt sie die Hände fest ineinander, wie um die Gewalt des Empfindens zu bannen, das in ihr ist. Und ihre Augen werden dunkler vor leidenschaftlicher Sehnsucht. Endlich steht sie vor dem Hause, das ihr Ziel gewesen ist. Als der Portier nach ihrem Klingeln sogleich öffnet, fängt ihr Herz an zu schlagen. Sie will in einer Stunde jahrelange Wunden heilen, sie will großes geben und empfangen soll dieser Gang da nicht zugleich mit der Hoffnung Furcht in ihr wecken? Aber die alles zurückdrängende Sehnsucht treibt sie vorwärts. steigt die teppichbelegte Treppe hinan.

Sie

Nun zieht sie die Glocke im ersten Stock. Ihr Herz sezt vor Angst aus, als ihr mit einem Male der Gedanke kommt, Frih möchte nicht zu Hause sein.

Das Hausmädchen, welches die Flurtür öffnet, sieht fie erstaunt an. Ein gewisses Zögern liegt in ihren Bewegungen.

Kann ich Herrn Thomas sprechen?" fragt Margarete. Ihre Stimme bebt, sie tritt ganz in den Flur hinein und wischt sich mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.

„Herr Thomas ist da", sagt das Mädchen langsam. Soll ich Bescheid geben, oder wollen das gnädige Fräulein gleich hineingehen?"

"

,,Lassen Sie nur. Ich gehe selbst."

Margarete weiß gar nicht mehr, was sie spricht. Ihr Herz schlägt jezt so wild, daß ihr die Besinnung fast schwindet. Ihre Hand liegt schon auf dem Drücker von Friz' Stubentür.

Dann steht sie in seinem Zimmer.

Er sitt vor dem Schreibtisch am Fenster und hat den Kopf in die Hand gestützt. Es dämmert bereits. Ach! wie sie ihn fennt! So ganz, so genau. Sein altes grüblerisches Wesen hält ihn gepackt.

Er leidet. Wie sie! Die gleiche Sehnsucht brennt in seinem Herzen. Sie tötet ihn, wie sie unter ihr stirbt . . .

Margaretens von Tränen verdunkelte Augen sehen nur noch, daß der Bruder sich umdreht und sein Blick starr vor Befremdung wird, dann ist sie bei ihm und hängt an seinem Halse, die Tränen stürzen ihr aus den Augen, ihr Körper bebt an dem seinen und ihre Hände falten sich zitternd in seinem Nacken.

Er hat sich unwillkürlich erhoben. Er sieht, wie ihr der Hut vom Kopfe gleitet und ihre_goldbraunen Haare so nahe vor ihm sind, daß seine Lippen sie berühren müssen. Wortlos hält er das fassungslose Mädchen an seinem Herzen. Das Schluchzen, das aus ihr bricht, erschüttert ihn bis auf den Grund der Seele. Ihr Schmerz teilt sich ihm mit. Was sie so zu ihm getrieben, ist echt, ganz wahr. Das empfindet er tief. Ihre leidenschaftliche Hingabe macht ihn weich und milde gegen sie wie noch nie. Sanft streicht er einmal über ihren Scheitel hin.

In diesem Augenblick weicht aller Groll aus ihm, den er gegen sie hegte. Er ist ihr Bruder, der helfen will, und sie seine Schwester, die unglücklich ist.

Ist sie das nicht? Ist sie das nicht?

Ein verwandtes Gefühl regt sich in ihm, ein altes Weh rührt sich da und zerrt an ihm herum und frißt sich in ihn ein

Margarete hebt den Kopf und nimmt den seinen zwischen ihre beiden Hände.

„Friz", flüstert sie.. Ich mußte kommen und dir meine Liebe geben. Du mußt sie haben, du mußt, mußt Liebe haben!"

Mit einem unsagbar rührenden Ausdruck sieht sie ihm in das Gesicht und drängt sich inniger an ihn heran. Sie küßt seine Lippen, seine Hände und streicht ihm über das Haar.

„Liebe?" fragt er. Wie schwerfällig das Wort über seine Lippen kommt Ein seltsames, unbestimmbares Gefühl beschleicht ihn.

Was soll das alles? Was hat Margaret? Ist sie frank? Nein, nein. Ueber ihrem Wesen liegt ein bestrickender Zauber, der Einfluß auf ihn zu üben beginnt. Eine wunderbare Macht strahlt von ihr aus.

„Seße dich", sagt er freundlich. „Erzähle alles. Ich bin dein Bruder und helfe dir, wenn ich es kann. Was zwischen uns liegt, will ich vergessen, da du unglücklich bist."

"

Sie erblaßt unter seinen leßten Worten, er sieht es, aber sie schweigt.

Er setzt sich in den Schreibtischstuhl zurück und dreht ihn zu ihr herum. Sie bleibt vor ihm stehen, Wie schmal sie geworden ist", denkt er mitleidig und betrachtet ihre feine kleine Gestalt, die doch so fest dasteht wie ein junges Eichbäumchen. Sie hat noch das alte Kindergesicht mit dem reinen Ausdruck und den sehnsüchtig flehenden Augen, die er so lieb gehabt hat so lieb

Ein schmerzlicher Seufzer drängt sich ihm über die Lippen, seine Augen werden feucht.

Margaret hört diesen Seufzer, und die brennende Sehnsucht, die sie hierher getrieben hat, drängt heraus mit aller Gewalt.

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„Laß mich einmal frei zu dir sprechen, Frit," sagt sie mit fliegendem Atem.

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