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dennoch keinem Zweifel, dass dieses Gesetz der Wechselwirkung der Kräfte für alle Erscheinungen ein allgemein gültiges ist und dass dadurch der gemeinschaftliche Ursprung und die Verwandtschaft aller Kräfte unumstösslich dargelegt wird.

Es giebt also keine directe, unmittelbare Wirkung zwischen geistigen, ethischen, organischen oder chemischen Kräften unter einander, sondern nur eine mittelbare auf dem Wege der hierarchi schen Stufenleiter vom Höhern zum Niedern und umgekehrt. Dieses grosse allgemeine Gesetz bedingt auch das andere, laut welchem in jeder höheren Potenzirung, also auch im menschlichen Geist und in der menschlichen Gesellschaft im Kleinen dasselbe vorgeht, was sich im Grossen in der Natur, in welcher gleichfalls die Wechselwirkung der Kräfte in letzter Instanz eine mechanische ist, vollzieht.

Und gerade weil die socialen Kräfte nichts weiter als eine höhere Potenzirung der Naturkräfte involviren, sind auch die äusseren Formen, in welchen die stufenweise Differenzirung derselben ihren Ausdruck findet, im Wesentlichen dieselben. Im ersten Theil unseres Werkes haben wir die reale Analogie zwischen der ökonomischen, juridischen und politischen Seite des socialen Organismus einerseits, und der physischen, morphologischen und einheitlichen Seite der Einzelorganismen in der Natur andererseits durchgeführt und bewiesen. Die socialen Kräfte, die sich zu dem socialen Nervensystem vereinigen und gestalten, bieten also, nur in manigfaltigeren Formen, dieselben realen Seiten dar, welche das thierische Nervensystem darstellt, und, dieses wiederum repräsentirt dasselbe, was die organischen Gestalten überhaupt sind; endlich die Organismen ihrerseits bieten in ihren Formen keinen wesentlichen Unterschied im Vergleich zu den anorganischen Körpern. Wie könnte aber in den äusseren Formen eine solche reale Analogie zwischen dem socialen Organismus und den Naturorganen sich darthun, wenn nicht auch die innere Potenz rung denselben Ursprung hätte? Desgleichen, wie könnte der Geist in der Form des Gehirns nach aussen als höher entwickelter Organismus sich polarisiren, wenn er wesentlich etwas anderes wäre als dieselben Kräfte, welche der organischen Natur überhaup zu Grunde liegen? Wie könnten endlich die letzteren in der selben, wenn auch relativ manigfaltigeren, Formen sich au prägen, wie die mechanischen Kräfte, wenn sie nicht eine gemeinschaftlichen Ausgangspunkt und nur relative Unterschied

besässen? Der Hierarchie der inneren Potenzirung der Kräfte, welche, vom mechanischen Stoss ausgehend, sich als chemische Verwandtschaft, organischer Reiz, Gefühlsmotiv und intellectueller Grund potenziren, entspricht eine gleiche Hierarchie in den äusseren Formen und Gestaltuugen dieser Kräfte als einfach mechanische, chemisch zusammengesetzte, pflanzliche und thierische Körper, endlich als menschliches Gehirn. Hierzu kommt noch als Schluss dieser Kette die menschliche Gesellschaft, welche nichts mehr als eine Potenzirung der individuellen Kräfte ist. Und obgleich wir nicht in allen Theilen den unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen allen socialen und Naturerscheinungen festzustellen im Stande sind, obgleich die Verfolgung dieses Zusammenhanges durch die ganze Hierarchie der Kräfte eine für den menschlichen Geist zu schwierige Aufgabe ist, so lässt sich doch dieser Zusammenhang durch eine unbegränzte Zahl von analogen Erscheinungen bis zu einem solchen Grade der Gewissheit feststellen, dass Zweifel daran kaum möglich sein können. Auf diese Analogien, die ihrerseits zur Ergründung der Homologien, d. h. des unmittelbaren Kausalzusammenhanges der socialen Erscheinungen mit einander und mit der Natur als Wegweiser dienen, ist auch die realvergleichende, d. h. inductive Methode gegründet.

Und wenn eine vollständig reale Analogie bei den Ausprägungen der Naturkräfte auf allen Stufen der Potenzirung, angefangen vom einfachen anorganischen Körper bis zum höchstentwickelten socialen Organismus, in Hinsicht auf die Differenzirung sich kund thut, so geschieht dasselbe auch in Betreff der Integrirung der Kräfte, d. h. in der jedesmaligen Zurückführung der divergirenden Theile zur Einheit. Im anorganischen Körper erscheint die Integrirung als das Streben aller Theile eines Körpers zu einem gemeinschaftlichen Schwerpunct; im organischen als die Unterordnung der verschiedenen Zellen, Gewebe und niederen Organe unter die schon entwickelten; in der menschlichen Gesellschaft als hierarchische Organisation der socialen Kräfte. Dass es sich auch hier nur um eine allmälige Stufenleiter der Integrirung wesentlich derselben Kräfte handelt, kann nicht in Zweifel gezogen werden, sobald man diese Integrirung paläontologisch durch die ganze Stufenleiter der Entwickelung der Natur verfolgt, d. h. ihre Homologien ermittelt. Auch hier wird in Betreff des Einheitsprincips immer nur ein relativer

Unterschied zwischen den verschiedenen Naturerscheinungen zu bemerken sein.

Aus dem Vorhergesagten geht hervor, dass die stufenweis sich ausprägende Potenzirung der Kräfte vom objectiven Standpunkte aus als anorganische Materie, als organische Substanz, als Pflanze, Thier, Mensch, als Zelle, Zellengewebe, Nervensystem, Gehirn, endlich als socialer Organismus, und vom subjektiven Standpunkte aus als bewusstloses mechanisches Streben, als organische Lebenskraft, als Reiz, Motiv, Gefühl, intellectuelle Anschauung, als Bewusstsein, Selbstbewusstsein, endlich als sociale Entwickelung sich uns darstellt. Der objektive und subjektive Standpunkt der materialistischen und idealistischen Anschauung, bilden dabei keine schroff gegeneinander abgetheilten Gebiete, sondern werden durch allmälige Uebergänge vom Niederen zum Höheren bedingt und stellen daher etwas Flüssiges, allmälig in einander Uebergehendes, untrennbar mit einander Verknüpftes dar. Eine jede höhere Potenzirung schliesst alle niederen in sich und repräsentirt ein mit dem Vorhergehenden innig verknüpftes Plus, welches seinerseits wiederum als Ausgangs- und Stützpunkt für eine höhere Potenzirung dienen kann. Die grosse Masse der Erscheinungen bleibt sowohl in der Natur, als auch in der menschlichen Gesellschaft auf den niede ren Stufen der Potenzirungen stehen und nur wenige erreichen die höheren und höchsten. Wie die Natur, so ist auch die Gesellschaft ein schlimmer Aristokrat. Wie ungeheuer verbreitet und umfangreich ist die anorganische Materie im Vergleich zu der organischen, und wie klein die Zahl der höheren Organismen, im Vergleich zu den niederen! Eben so klein ist die Zahl der klugen, gebildeten, edlen und guten Menschen in der ganzen Masse des Menschengeschlechts im Vergleich zu den rohen und ungebildeten.

Daraus, dass eine jede höhere Potenzirung nur eine Verdichtung der niedrigeren nach der Stufenfolge ihrer Entwickelung bildet, geht das Gesetz der dreifachen Uebereinstimmung des Nach-, Neben- und Uebereinander der Erscheinungen hervor. Denn indem die Kräfte auf verschiedenen Punkten und an verschiedenen Zeiten ungleichen Verdichtungen unterworfen waren und es noch sind, bilden sie eine Stufenfolge von Erscheinungen, welche im Uebereinander der Verdichtung dasjenige wiederholen, was dieselben Kräfte in anderen Zeiten im Nacheinander und an

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anderen Orten im Nebeneinander hervorgebracht haben. Im Grossen und Ganzen ist die Potenzirung der Kräfte nur allmälig, durch Jahrtausende und Jahrmillionen vor sich gegangen und die Welträume stellen noch jetzt die kosmische Materie auf den verschiedensten Stufen der Ausbildung dar.

Trotz mancher Lücken war es, Dank den genialen Leistungen eines Laplace, Herschel etc., dem menschlichen Verstande gelungen, das Nach- und Nebeneinander in ihrer Uebereinstimmung mit den kosmischen Erscheinungen wissenschaftlich zu ergründen. Aber nur den neuesten Fortschritten der Naturkunde ist es zuzuschreiben, dass, Dank der Descendenz - Theorie, auch in Betreff der Entwickelung der organischen Welt die Uebereinstimmung des Nach-, Neben- und Uebereinander bereits unumstösslich nachgewiesen worden ist; und da überhaupt die höheren Potenzirungen der Naturkräfte unserem Erkenntnissvermögen näher liegen, indem dieses selbst eine solche ist, so liegt jetzt die Möglichkeit, die allmälige Entwickelung der höher potenzirten Erscheinungen Schritt vor Schritt zu verfolgen, noch näher auf der Hand. Solches thut z. B. die Naturkunde durch Ergründung des embryologischen Gesetzes, nach welchem ein jeder höhere Organismus alle niederen Formen seiner Vorfahren in kurzen Zeiträumen durchläuft. Dasselbe haben auch wir bereits im ersten Theile unseres Werkes gethan, indem wir bewiesen, dass ein jeder Mensch in der Stufenfolge der Entwickelung seiner höheren Nervenorgane. alle Epochen der niederen historischen Entwickelung durchläuft. Durch Ergründung dieses Gesetes haben wir auch den ungeheuren Unterschied aufgedeckt, welcher zwischen Thier und Mensch, ungeachtet ihrer sehr nahen anatomischen Verwandtschaft, existirt. Denn die höheren Nervenorgane kennzeichnen sich nicht allein durch den unbedeutenden Unterschied, welcher zwischen dem äusseren Aussehen der Gehirnhemisphären des Menschen und irgend eines Thieres bemerkbar ist. Das ganze Nervensystem des Menschen ist ein sehr viel feineres, edleres, höher entwickeltes als das des am höchsten entwickelten Thieres, und dieser Unterschied gerade ist das Resultat der geschichtlichen Entwickelung des Menschen, eine Entwickelung, in deren Verlauf Religion, Wissenschaft, Kunst, Sitte, Sittlichkeit, Recht, Moral diejenigen Kräfte hervorriefen, welche das Thier allmälig und durch schwere Kämpfe und Prüfungen zum Menschen erhoben. Und wie das Thier in seiner embryo

logischen Entwickelung die niederen Stufen des animalischen Lebens durchläuft, so durchläuft der Mensch in der allmäligen Entwickelung seines Nervensystems die niederen Stufen des Lebens der Menschheit. - Gleich allen anderen Kraftpotenzirungen in der Natur überhaupt bleibt auch der Mensch auf verschiedenen Stufen stehen. Nur Wenige erreichen eine höhere. Die Masse der Menschheit wird durch die niederen Stufen der geistigen und ethischen Ausbildung repräsentirt. Das Höhere bildet in allen Gebieten nur einzelne lichte Punkte, einzelne hervorragende Gipfel. Die Ergründung der Gesetzmässigkeit, welche den Potenzirungen der Naturkräfte im engeren Sinne dieses Wortes zu Grunde liegt, bildet den Gegenstand der Naturkunde.

Da wir jedoch die menschliche Gesellschaft als Fortsetzung der Natur anerkannt haben, so folgt daraus, dass auch die Potenzirungen der socialen Kräfte nichts absolut Neues oder der Natur Fremdes involviren, sondern nur eine weitere Verdichtung der Naturkräfte darstellen können. Gleichwie die philosophische Schule Locke's den Grundsatz aufstellte:

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nihil est in intellectu quid non antea fuerit in sensu, könnten wir folgendes Axiom anerkennen:

nihil est in societate quid non antea fuerit in natura. Suchen wir nun die verschiedenen Fäden dieses Grundprincips im socialen Gebiete zu verfolgen.

Was zuvörderst das sociale Zellengewebe oder, als Theil desselben, das menschliche Individuum anbetrifft, so muss man als sociale Potenzirung alles dasjenige anerkennen, was den Menschen als Glied der Gesellschaft durch die geschichtliche Entwickelung der Menschheit über das Thier erhoben hat. Die höheren intellektuellen Anlagen des Menschen, sein im Gewissen begründetes ethisches Gefühl, sein höherer Kunstsinn, sein klareres Selbstbewusstsein, sein religiöser Sinn, alles das sind Kraftverdichtungen, welche der Mensch der socialen Entwickelung zu verdanken hat. Dass alle diese Anlagen, Gefühle und Sinne im Keime bereits im Thiere vorhanden sind, ist bereits durch unzählige Beobachtungen bewiesen worden. Ja, man kann die allmälige Entwickelung einer jeden dieser Anlagen und Sinne auf embryologischem Wege vom Kinde bis zum reifen Alter im einzelnen Individuum Schritt vor Schritt verfolgen. Und nicht nur in der Gesammtheit der geistigen und ethischen Fähigkeiten, sondern auch in Betreff der einzelnen Anlagen und

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