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VII.

Die Uebereinstimmung des Nach-, Neben- und Uebe einander in Sitten, Gebräuchen. Rechtsverhältnissen etc.

Ausser dem Zellengewebe und der Zwischenzellensubst muss sowohl im socialen, als auch im Einzelorganismus noch dritte Erscheinungssphäre in Betracht gezogen werden, nä die Thätigkeitsäusserungen der Zellen und Zellengewebe. I Thätigkeitsäusserungen prägen sich immer in bestimmten wegungen, Handlungen, also in realen Formen aus. Sind sie socialen Organismus auf die Aneignung und Anpassung der Nat kräfte zum Zweck der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gr richtet, so äussern sie sich als Arbeitsleistungen und beding die Production von Werthgegenständen - die Bildung der v schenzellensubstanz. Bezwecken die Thätigkeitsäusserungen Zellen und Zellengewebe dagegen eine unmittelbare Wec wirkung oder gegenseitige Abgrenzung der Thätigkeit der ei nen Theile des Organismus, so treten sie in der ökonomisc Sphäre als Dienstleistungen, in der rechtlichen als Sitten. G Gebräuche, Rechtsverhältnisse, endlich in der politischen Sph als Staats- und Machtverhältnisse hervor. Und dasselbe g auch in jedem natürlichen Einzelorganismus vor sich, indem. F wir schon im ersten Theile bewiesen haben, im Wesentlichen e vollständige Analogie eines Theils zwischen der ökonomisch juridischen und politischen Seite der Entwickelung des social Organismus und anderen Theils zwischen der physiologisch: morphologischen und taktologischen (einheitlichen) Seite natürlichen Einzelorganismen herrscht. Wenn nun einerseits & Zellengewebe und andererseits auch die Zwischenzellensubstan den Gesetzen des dreifachen Parallelismus und der Diverge unterliegen, so müssen dieselben Gesetze auch für die Thätigkeit äusserungen der Zellen und Zellengewebe gelten. Und in d That erweist sich das Nach-, Neben- und Uebereinander d Sitten, Gebräuche, Dienstleistungen, der Rechts- und Machtver

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hältnisse als ebenso übereinstimmend und parallel, wie es schon für die Zellen und Zellengewebe und die Zwischenzellensuhstanz bewiesen worden ist.

Es ist ausserdem nachgewiesen worden, dass das Nach-, Neben- und Uebereinander nicht nur in den Zellengeweben und der Zwischenzellensubstanz, in jeder für sich genommen, übereinstimmen, sondern dass auch beide Sphären gegenseitig parallel laufen. Diesen zwei Sphären gegenüber erweist sich nun die der Thätigkeitsäusserungen als dritte Parallele, die mit den zwei ersten im Nach-, Neben- und Uebereinander übereinstimmt. So einfach und harmonisch verbindet sich das Gesetz des dreifachen Parallelismus in jeder Sphäre an und für sich zu einem neuen dreifachen Parallelismus der Sphären unter einander eine wunderbare einheitliche Einfachheit inmitten der grössten Mannigfaltigkeit der Erscheinungen.

Folgende, den neuesten ethnographischen und anthropologischen Forschungen entnommene, Beispiele werden den Leser überzeugen, dass die unter den jetzigen wilden Völkerschaften herrschenden religiösen Gebräuche, Sitten, Rechtsverhältnisse etc. auf den entferntesten Punkten des Erdballs nicht nur mit einander sehr ähnlich sind, sondern auch denjenigen, welche uns die Menschheit in ihrer Urgeschichte darbietet, gleichen und sich sogar bis auf den heutigen Tag in den unteren Schichten selbst der am höchsten cultivirten Gesellschaften erhalten haben.

Es versteht sich von selbst, dass wir zur Begründung unserer Anschauung hier nur einzelne Beispiele anführen können, indem wir sonst die ganze Geschichte und den gegenwärtigen Entwickelungsstand der Menschheit in den begrenzten Rahmen unseres Werkes aufnehmen müssten.

In der religiösen Sphäre könnte als Beispiel zur Begründung des dreifachen Parallelismus ein sowohl bereits in dem Gemüth des Urmenschen vorhanden gewesener, als auch in demjenigen der noch jetzt lebenden ungebildeten Volksklassen tiefeingewurzelter und unter allen wilden Völkerschaften des ganzen Erdballs verbreiteter Aberglaube dienen nämlich die Hexerei.

Frischbier führt in seinem > Hexenspruch und Zauberbann (Berlin 1870) die noch jetzt in der Provinz Preussen übrig gebliebenen Reste von Hexereien an und vergleicht dieselben mit dem Anana (in Hawaii), dem Makutu (in Neuseeland), dem Tatau (in

Tongo), Tahutahu (in Tahiti) u. s. w., wogegen der Gegenzauber in dem Faatere geübt wird. *)

In Wuttke's: >Der Deutsche Volksglaube der Gegenwart< (Berlin 1869, Seite 148) heisst es:

>In Tirol findet in der (Walpurgis-) Nacht ein allgemeines > Ausbrennen der Hexen Statt; unter entsetzlichem Lärm mit Schellen. Glocken, Pfannen, Hunden u. dgl. m. werden Reissigbündel von Kien, Schlehdorn, Schierling, Rosmarin u. A. m. auf hohe Stangen gesteckt und angezündet, und mit diesen läuft man lärmend siebenmal um das Haus und das Dorf und treibt so die Hexen aus. Anderswo (fränkische Oberpfalz und Voigtland) wird in dieser Nacht ein Auspeitschen der Hexen vorgenommen; die Burschen versammeln sich nach Sonnenuntergang auf einer Anhöhe, besonders an Kreuzwegen, und peitschen bis Mitternacht kreuzweis im Tact: soweit das Knallen gehört wird, sind alle Hexen machtlos; oft bläst dabei im Dorfe der Hirt auf dem Horn, soweit man es hört, kommt ein Jahr lang keine Hexe vor; vor den Häusern, in denen man Hexen vermuthet, wird besonders stark geknallt, die Hexen fühlen die Peitschenhiebe, daher werden starke Knoten in die Peitschen gemacht. Die Hexen werden auch angeblasen, indem man mit Schalmeien aus Weidenrinde vor den verdächtigen Häusern bläs't (Franken).<

Die Zeitschrift für Ethnologie fügt zu dieser Citation hinza: > Dies ist dasselbe Reinigungsfest, das bei den Siamesen Jing-Atana genannt wird, bei dem man die Dämone erst aus den einzelnen Häusern hinaustreibt und dann mit Böllerschüssen durch die Strassen agt, bis an den Umkreis der äussersten Ringmauer, von der man ihnen noch einige Ladungen in den Wald nachschickt und dann die Stadt mit geweihten Schnüren umzieht. Aehnliches geschieht in Birma. - Die Fantih an der afrikanischen Goldküste treiben die Teufel einmal im Jahre durch gewaltigen Lärm aus ihren Häusern und zum Dorfe hinaus und dann werden die Schwellen der Wohnungen mit geweihtem Wasser gewaschen, so dass sie nicht zurückkehren können. Am Alt-Calabar geht man am schlauesten zu Werke. Man besteckt schon mehrere Tage vorher alle nach dem Meere führenden Strassen mit fetisch-artigen Popanzen, in der sicheren Aussicht, dass die dummen Teufel unbedachtsam genug sein werden, in diesen Lockfallen zur Kurzweil ihren Aufenthalt zu nehmen. Hat man sie nun dort alle zusammen, so erhebt

*) Zeitschrift für Ethnologie, 1871, III, 275.

sich plötzlich in der Stille der Nacht ein gewaltiges Geschrei im Dorfe, und von dem in der Mitte gelegenen Marktplatz aus laufen nun die Neger, Fackeln schwingend und Peitschen knallend, die Strassen zum Meer hinab, alle die aufgescheuchten Dämone vor sich hertreibend und in das Wasser stürzend. In ähnlicher Weise verfährt man in Polynesien (auf Tonga, den Fidschi, Tahiti u. s. w.), wo gleichfalls diese unsichtbaren Unheilsstifter in die See gejagt werden. Herodot erzählt von den Kauniern, dass um ihr Land von fremden Einflüssen zu befreien, >> alle Erwachsenen die Waffen anlegten und mit den Lanzen gegen die Luft fechten bis zu den Kalyndischen Grenzen hin, behauptend, dass sie so die ausländischen Götter verjagten.<<*)

Aehnliche Gebräuche fanden bei den Peruanern unter den Inkas statt.

>Die arabischen Scherifs erblicken in den Stammesfehden (im Dschauf) eine Quelle des Reichthums, die sie gerne unversiegbar machen. Fast stets sind sie es, welche die inneren Zwistigkeiten nähren, indem sie ihnen eine religiöse Färbung verleihen. Sie sind die natürlichen Verbündeten jedes Angreifers. Als gute Reiter ist ihre Mitwirkung bei einem Treffen auf offenem Felde von hohem Werthe; sie erhalten einen starken Antheil der Beute und einen mitunter bis zu 105 Franken betragenden Monatsgehalt. Ihre Beihülfe ist zudem unerlässlich zu einem anderen Geschäfte, ohne das kein Feldzug in Arabien unternommen wird. Ehe die Feindseligkeiten beginnen, versichern sich die Kriegführenden eines, oder besser mehrerer Scherife, denen der Ruf, in dem verborgenen Sinne des Korans wohlbewandert zu sein, zur Seite steht, um ihre Feinde zu verfluchen und zu anathematisiren. Wenn nun in der gesitteten Gegenwart die Truppen, ehe sie ins Feld ziehen, den Segen des Priesters empfangen und Gebete verrichtet werden, um den Sieg vom Himmel zu erflehen, so fällt dies dem Wesen nach mit dem Vorgange der Araber vollkommen zusammen; unsere höhere Kultur hat den Fluch in Segen umgewandelt. < **)

Dass es sich bei den Arabern heutigen Tages bei dergleichen Gelegenheiten im Wesentlichen um Hexerei handelt, geht daraus hervor, dass, wie das Ausland weiter bezeugt, nach ausgesprochenem

*) Zeitschrift für Ethnologie, I, 1869, S, 189.

**) Das Ausland, 1874, S. 910.

Fluche die Scherife zu gewissen mystischen Handlungen schreiten, um ihn unauslöschlich zu machen. Eine Armee, welche Scherifs in ihren Reihen zählt, fühlt sich moralisch gestärkt, nicht nur weil sie sich durch die Verdienste der Nachkommen des Propheten beschützt wähnt, sondern weil sie auch volles Vertrauen zu den Amuletten hegt, welche die Scherife gegen Bezahlung an die Krieger vertheilen und die angeblich unverwundbar machen sollen. <*)

Die Gleichförmigkeit der Sitten und religiösen Anschauungen solcher Völker, von welchen man schwerlich voraussetzen kann, dass sie mit einander irgendwie in Berührung gekommen sind, hat Herr Hodder M. Westropp in der Sitzung des anthropologischen Institutes von Grossbritanien und Irland hervorgehoben.

Nach diesem Gelehrten sind die Beschreibungen, welche wir von der Hofhaltung Montezuma's zur Zeit der spanischen Invasion erhalten, nicht wesentlich verschieden von den Schilderungen Marco Polo's und Mandeville's über die Residenz des grossen Khan's.

Die Missionäre Huc und Gahet fanden bei den Buddapriestern eine grosse Anzahl von Lehren und Ceremonien der römisch-katholischen Kirche wieder.

>

> Der Glaube an den bösen Blick, zu Augustus Zeit unter der Römern wie unter den aufgeklärtesten Griechen sehr verbreitet. findet sich heutigen Tages noch bei vielen Völkern Amerikas. Asiens und Afrikas und sogar in einigen Gegenden Europas.< Was die Sitten und Gebräuche bei Begräbnissen betrifft, so er zählt Vitruv von den Corinthern, dass sie Verstorbenen die ihnen theuersten Gegenstände mit ins Grab zu geben pflegten, und das Gleiche berichtet Lt. M. Olivier von den Völkerschafter Madagaskars. Wir finden im Buche der Leviten (3. Mose 19, 28 [vgl. 5. Mose 14, 1]) einen Vers, welcher den Juden verbietet. ihrer Trauer durch eigene Zerfleischung Ausdruck zu geben, eine Sitte, die zu jener Zeit unter den Kanaanitern herrschte. Nach Gibbon war die gleiche Gewohnheit unter den Hunnen Attila's in Uebung, und heutige Reisende erzählen uns, dass die Eingeborenen Neuseelands beim Tode eines ihrer Häuptlinge mit Obsidianmessern sich das Gesicht zerschnitten.<**) Desgleichen schlagen sich die Eingeborenen von Queensland, wie Herr Albert

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*) Ebendas., 910.

**) Ebendas., 1873, 800.

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