Billeder på siden
PDF
ePub

die Gliederung der Gesellschaft vom Standpunkt des Rechts, ökonomische vom Standpunkt des Eigenthums bedingen. Aber so wie Eigenthum und Recht sich nicht anders, als in realen Beziehungen und Formen kund geben können, so unterliegt auch die Concentrirung der Macht denselben Bedingungen und Gesetzen, wie überhaupt alle übrigen Kräfte in der Natur.

VII.

Unterschied in der Wirkung unorganischer und organischer Kräfte.

Was ist in Wirklichkeit die physische Welt in ihrer Gesammtheit für uns? Wodurch thut sie uns ihre Existenz kund? Wie lautet die allgemeine Formel, in welche sich ohne Ausnahme alle Naturerscheinungen, ungeachtet ihrer unendlichen Mannigfaltigkeit und Vielgestaltigkeit, einreihen? Diese Formel findet ihren Ausdruck in zwei entgegengesetzten, einander bedingenden und ohne einander nicht denkbaren Zuständen und Erscheinungsformen der Natur in der Materie und der Kraft.

Factisch sind wir nicht im Stande zu ergründen, was Materie ist, weil wir von ihrem Dasein nur durch ihre Wirkung auf unsere Organe, d. i. durch in ihr vorhandene Kräfte Kunde erhalten. So giebt die Anziehungskraft, die die Atome eines festen Körpers in bestimmter Anordnung zu einander erhält, vermittelst des Tastsinnes uns Kunde von der Grösse und Form des Körpers; die Leuchtkraft, indem sie die Atome des Aethers in Schwingungen versetzt, bringt in unserem Auge die Empfindungen des Lichts, des Schattens und der Farben hervor; die Abstossungskraft, in Folge derer die auf der Oberfläche eines Körpers befindlichen Partikelchen sich verflüchtigen und mit unserem Riechorgan in Berührung kommen, verschafft uns eine Geruchswahrnehmung. Eine Materie, die keine Kraft nach aussen offenbart, würde, weil sie uns durch nichts ihr Dasein

bekundet, für uns gar nicht existiren. Daraus folgt, dass jede Materie für uns nur in so fern existirt und Bedeutung hat, als sie Kraft ist.

Andrerseits ist auch das Wesen der Kraft, unabhängig von der Materie, unserem Verständniss unzugänglich, weil wir über eine Kraft nur in so fern urtheilen können, als ihre Wirkung durch andere Kräfte begrenzt und bestimmt wird, und die Punkte, durch welche diese Abgrenzung zu Stande kommt, die Art und Weise, die Formen und Zustände, durch welche die Kräfte einander gegenseitig bestimmen, bilden eben das, was wir Materie nennen. Die Anziehungskraft ist uns nur dadurch verständlich, dass sie sich in verschiedenen Körpern concentrirt und ihre gegenseitige Schwere bestimmt. Würde sie nur in einem Punkte existiren, so könnte sie sich durch nichts äussern. Die Existenz nur eines schweren Körpers ist eine Unmöglichkeit; wenigstens sind ihrer zwei nöthig; nöthig deshalb, damit die Anziehungskraft durch zwei Körper abgegrenzt werde; anders würde keine Schwere, würden keine specifisch schweren Körper existiren.

Und so stellen Materie und Kraft nichts Anderes dar, als zwei Zustände, zwei Formen der Substanz; nichts Anderes, als Bewegung, als das Streben nach zwei verschiedenen Richtungen. Diejenige Bewegung und das Streben, die uns als vorwaltende Concentrirung in sich selbst und Absonderung von allem Uebrigen erscheinen, nennen wir Materie. Diejenige Bewegung und das Streben, die dagegen mehr zur Vereinigung mit Anderem und zur Wirkung auf die Umgebung gerichtet sind, nennen wir Kraft.

Die sogenannte atomistische Theorie, welche die Materie in nendlich kleine materielle Einheiten theilte und die Dichte, Schwere, die Cohäsion und Repulsion, die chemische Zusammensetzung der Körper und zahlreiche andere Erscheinungen durch die Untheilbarkeit und Undurchdringlichkeit dieser Einheiten erklärte, ist jetzt fast von Allen verlassen. Die neuere Theorie, die alle Naturerscheinungen auf Bewegung in der einen oder andern Richtung, in der einen oder anderen Sphäre durch gegenseitige Abgrenzung der Kräfte in bestimmte Grenzen, Formen und Gestalten zurückführt, ist schliesslich von den besten Köpfen angenommen und erwirbt bei jedem Schritt, den die Naturwissenschaften vorwärts thun, neue Bestätigungen und Beweise für

ihre Richtigkeit. Daher kann auch der Unterschied zwischen der organischen und unorganischen Natur nicht in der sich auf die atomistische Theorie stützenden Voraussetzung beruhen, dass die unorganischen Körper eine innerliche Unbeweglichkeit besitzen, während die organischen Wesen von innerer Thätigkeit erfüllt sind. Auf Grund der Theorie der Bewegung repräsentirt das Metall wie der Stein und jeder tropfbarflüssige Körper eine grössere oder geringere Dichte, Schwere und Festigkeit, erscheint in dieser oder jener Form und von dieser oder jener Farbe in Folge verschiedener sich beständig innerhalb bestimmter Grenzen und in bestimmten Richtungen wiederholenden Schwingungen der Materie. Durch diese rhythmischen Schwingungen, diese periodischen Vibrationen der Materie erhält dieser oder jener Theil im Raume, gegenüber den übrigen Theilen, eine feste Begrenzung und Bestimmung und bedingt so diese oder jene Erscheinung, diese oder jene Form, diese oder jene Eigenschaft der Materie.

In der ganzen Natur findet sich Alles beständig in Bewegung. Der wesentliche Unterschied zwischen der organischen Natur und der unorganischen besteht nur in der verschiedenen Bewegung der Substanz, in der verschiedenen Art und Weise der Wechselwirkung der Kräfte. Es ist schwierig, selbst unmöglich, mit Genauigkeit die Grenzen zwischen der organischen und unorganischen Natur festzustellen. In der Natur befindet sich Alles in untrennbarem Zusammenhang; die höhere Entwickelung geht aus der niederen hervor, eine unendlich vielgestaltige Reihe unorganischer Körper und organischer Wesen darstellend. Vergleicht man sie unter einander, so ist es nur möglich den relativen Platz anzudeuten, den jedes Wesen in der Reihe der übrigen einnimmt, nur möglich, die relativen Bewegungen zu bestimmen. Daher können alle unsere Beobachtungen und Folgerungen auch nur eine relative Bedeutung haben. Daher dürfen die Ausdrücke: Unbeweglichkeit, Unthätigkeit, Selbstthätigkeit, Entwickelung, Zwecklosigkeit, Zweckmässigkeit, Vernunftlosigkeit u. s. w., die wir gebrauchen werden, auch nur im relativen Sinne aufgefasst werden.

Worin nun besteht der Unterschied in der Bewegung der Substanz, der sich in der organischen und unorganischen Natur offenbart? Worin bestehen die höheren Eigenschaften und Eigenthümlichkeiten, durch welche die organischen Wesen sich von den unorganischen unterscheiden?

Diese Eigenschaften und Eigenthümlichkeiten bestehen in Folgendem :

1) In einer relativ lebhafteren und mannigfaltigeren Wechselwirkung der Kräfte. Die organischen Kräfte wiederholen nicht, wie die unorganischen, beständig gleichartige Bewegungen; sie beschreiben nicht stets ein und denselben gleichförmigen Kreis der Evolution, sondern durchlaufen einen in Zeit und Raum bestimmten Cyclus von auf einander folgenden Bewegungen, die unter einander in einem bestimmten, wesentlichen und nothwendigen Zusammenhang stehen. Dieser Kreis einander folgender Evolutionen, dieses Durchlaufen eines Cyclus, diese consecutiven, in gegenseitigem Zusammenhange stehenden, im Inneren des organischen Körpers vorgehenden Bewegungen bestimmen seine Entwickelung. Je weiter der Kreis der Evolutionen, je vielgestaltiger der Cyclus, den sie durchlaufen, je lebhafter die Wechselwirkung der Kräfte, desto höher steht die organische Entwickelung, in desto grösserer Fülle rinnt das innere Leben des organischen Wesens. Die Schwingung der Materie in einem nnorganischen Körper muss sich auf beständig sich wiederholende gleichartige Bewegungen und Vibrationen beschränken; sonst würde der Körper uns nicht in stets derselben, sondern in verschiedenen Formen und Gestalten, nicht mit stets denselben, sondern mit mannigfachen Eigenschaften und Eigenthümlichkeiten erscheinen. Im unorganischen Körper wird der innere Kreis der Bewegung nur gestört und abgeändert durch die Wirkung äusserer Kräfte, um in Vereinigung mit diesen von Neuem andere gleichartige Bewegungen zu beschreiben. Im organischen Körper geht die Wechselwirkung der Kräfte aus dem Innern des Körpers selbst in bestimmtem folgerechten Zusammenhang hervor. Daher besteht, wie oben gezeigt worden, einer der wesentlichen Unterschiede der organischen Natur von der anorganischen in der relativ lebhafteren und mannigfaltigeren Wechselwirkung der Kräfte im Inneren des Körpers selbst. Die menschliche Gesellschaft zeigt in dieser Hinsicht nicht einen. wesentlichen, sondern nur relativen Unterschied in der Mannigfaltigkeit und Verschiedenartigkeit der Bewegungen. Die menschliche Gesellschaft ist ein vielseitiger entwickelter Organismus, in dem die Principe der Zweckmässigkeit, der Geistigkeit und Freiheit über die Principe der Causalität, Materialität und Nothwendigkeit in höherem Grade überwiegen, als in allen übrigen

[ocr errors]

Organismen der Natur.

Aus der vielseitigeren und vielgestaltigeren Bewegung entspringen naturgemäss und nothwendig alle übrigen unterscheidenden Eigenschaften der organischen Körperwelt, namentlich

2) die innere Einheit im Leben des Organismus, die sich nicht in bleibenden Formen, nicht in beständig in einer Richtung sich kundgebendem Streben der Kräfte ausprägt, sondern aus dem Zusammenhange auf einander folgenden Bewegungen entspringt. Auch der Stein und ein Stück Metall stellen eine Einheit dar, in der Cohäsion der sie zusammensetzenden Theilchen, in dem Streben derselben zu einem gemeinschaftlichen Schwerpunkt, in den für andere Körper undurchdringbaren äusseren Contouren. Aber diese, so zu sagen, unbewegliche Einheit ist das Resultat gleichartiger Schwingungen der Materie, ist der Ausdruck beständig in einerlei Weise vor sich gehender Bewegungen im Inneren des Körpers. Nur durch die Wirkung äusserer Kräfte kann sie alterirt werden. Im organischen Körper dagegen prägt sich die Einheit in der bestimmten folgerechten Wechselwirkung der Kräfte aus. Sie ist nicht unbeweglich; das Streben der Kräfte zu einem gemeinsamen Mittelpunkt zeigt sich nicht in einer Form, sondern in einer fortschreitenden Reihe von aus einander hervorgehenden und mit einander in innerem wesentlichen Zusammenhange stehenden Formen. Daher stellt die Concentration der Kräfte im organischen Körper eine Einheit höherer Ordnung dar, als die Concentration der Kräfte im unorganischen Körper. Die höchste Einheit aller organischen Körper bildet die menschliche Gesellschaft, in dem die Zweckmässigkeit der Bewegungen, die Beweglichkeit der Formen, die Selbstständigkeit der einzelnen Theile bei beständiger und consequenter Unterordnung unter ein und dieselben allgemeinen Principe in der Gesellschaft eine höhere Stufe erreichen. Durch die höhere aus der lebhafteren und mannigfaltigeren Wechselwirkung der Kräfte im organischen Körper hervorgehende Einheit wird bedingt:

3) die folgerechte Zweckmässigkeit in der Wirkung von Materie und Kraft in den organischen Körpern.

In der unorganischen Natur erscheint die Wechselwirkung zwischen Materie und Kraft sehr ungeregelt, ungleichmässig, inconsequent und, von unserem menschlichen Gesichtspunkte aus, vernunft und zwecklos. Von der einen Seite sehen wir eine

« ForrigeFortsæt »