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Sex. Propertius.

Was wir von dem Leben des Properz, eines jüngeren Zeitgenossen des Tibull, wissen, beruht fast ausschliesslich auf dessen eigenen Angaben; es ist im ganzen so wenig, dass uns nicht einmal der volle Name des Dichters bekannt ist. Wir kennen nur seinen Vornamen Sextus und das nomen gentilicium Propertius, mit dem er sich nach römischer Dichtersitte öfter selbst anredet. Geboren war er um das J. 48 v. Chr. in einer kleinen Stadt Umbriens, wahrscheinlich zu Asisium, dem heutigen Assisi. Er stammte aus einem unberühmten und nicht eben reichen Geschlecht.1) Sein Vater starb, als er noch ganz jung war. Dazu verlor er noch in früher Jugend einen Theil seines Vermögens bei der Ackervertheilung des J. 41, als nach der Schlacht bei Philippi achtzehn italische Städte den Triumvirn zur Belohnung für ihre Veteranen überwiesen worden waren. Gleichwohl war ihm noch genug verblieben, um in Rom, wohin er früh, wohl seiner Ausbildung wegen, gewandert war, und wo er wie Vergil und Maecenas auf dem Esquilinischen Berg wohnte, ein sorgenfreies, der Dichtkunst gewidmetes Leben führen zu können. Mit grossem Eifer gab er sich hier dem Studium der damals den Geschmack Roms beherrschenden alexandrinischen Dichter, namentlich des Kallimachos und Philetas, hin. Ihnen verdankt seine Poesie eine gewisse gelehrte Färbung, die sich in entlegenen mythologischen Anspielungen geltend macht. An den politischen Umgestaltungen und kriegerischen Ereignissen der Zeit nahm er persönlich keinen Antheil. Doch durchweht seine Gedichte ein echt patriotischer Sinn; so fordert er die Römer auf, der Genusssucht zu entsagen, so verherrlicht er die Schlacht bei Actium und spricht mit stolzer Verachtung von der Kleopatra, die sich angemasst hätte Königin über Rom sein zu wollen;

1) III, 24, 37 s.: certus eras heu heu, quamvis nec sanguine avito nobilis et quamvis haud ita dives eras.

Röm. Elegiker.

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so feiert er die alten Sagen Roms und empfiehlt in diesen Gedichten dem modernen Geschlecht die alten Bürgertugenden und preist die Heldenthaten der Vorfahren.

Vor allem liebte er ein der Dichtkunst in behaglicher Musse und im Verkehr mit gleichgesinnten Freunden geweihtes Leben. Zu diesen zählte er namentlich Dichter, so den um wenige Jahre jüngeren Ovid (trist. 2, 465 u. 4, 10, 53), dessen er jedoch in seinen Gedichten nirgends gedenkt; ferner den Epiker Ponticus, den Verfasser einer Thebaïs, und mehrere andere. Auch erwarb er sich die Zuneigung eines vornehmen Jünglings Tullus, eines Neffen des Consuls L. Volcatius Tullus, durch welchen er wahrscheinlich in den Kreis des Maecenas, jenes hohen Gönners dichterischer Talente, dem er ein Buch seiner Lieder widmete, eingeführt ward. Doch stand er diesem Kreise weniger nahe als die Dichter Horaz und Vergil, welche er beide in seinen Gedichten nicht erwähnt. Auch wusste er die Gunst des Augustus selbst zu gewinnen, indem er dessen Thaten in mehreren Gedichten besang. In der Mehrzahl seiner Lieder feiert er die Cynthia, oder, wie sie mit wahrem Namen hiess, Hostia 1), welche, obwohl älter als er, ihn dauernd zu fesseln wusste. Viele Jahre widmete er diesem geistreichen und schönen, aber sittenlosen Mädchen seine Liebe, bis er sich endlich, etwa um das J. 24, von ihr lossagte. Sie starb vor Properz; aber selbst nach ihrem Tode lebte sie noch in der Erinnerung des treuen Dichters, der sie unsterblich gemacht hat, fort.

Properz verliess Rom, wie es scheint, nur ein Mal zu einer grössern Reise nach Athen; doch wissen wir über dieselbe nichts näheres. Das Todesjahr des Dichters steht nicht fest. Da aber kein Gedicht desselben Ereignisse, die über das J. 16 v. Chr. hinausliegen, erwähnt, so ist anzunehmen, dass er kurze Zeit nach diesem Jahr gestorben ist.

Seine Gedichte, die sich durch grosse leidenschaftliche Gluth, verbunden mit gelehrten mythologischen Anspielungen, durch welche jene gleichsam gemässigt wird, auszeichnen, sind nicht alle vom Dichter selbst veröffentlicht worden. Sicher wissen wir dies nur vom ersten, ganz der Cynthia gewidmeten Buch. Das letzte Buch ward offenbar erst nach dem Tode

1) Cynthia nannte er sie nach einem Beinamen der Diana, wohl um ihre Schönheit zu bezeichnen, oder anspielend auf den cynthischen Gott, Apollo, da sie Dichterin war.

des Dichters von den Freunden aus seinem Nachlasse herausgegeben. Es enthält zum Theil Jugendgedichte des Properz, in denen er nach der Art des Kallimachos die alten Fabeln Roms besingen wollte. Durch diese Gedichte erhielt wahrscheinlich Ovid die erste Anregung zu seinen Fasten, in denen er gleichfalls die alten Sagen Roms behandelte, vielleicht auch zu seinen Heroiden (vgl. Nr. XXXIII).

PROPERZ.

Nr. I (c. I, 22).

DER GEBURTSORT DES DICHTERS.

Qualis et unde genus, qui sint mihi, Tulle, Penates,
Quaeris pro nostra semper amicitia.

Si Perusina tibi patriae sunt nota sepulcra,
Italiae duris funera temporibus,

Cum Romana suos egit discordia cives

(Sic, mihi praecipue, pulvis Etrusca, dolor,
Tu proiecta mei perpessa es membra propinqui,
Tu nullo miseri contegis ossa solo),
Proxima supposito contingens Umbria campo
Me genuit terris fertilis uberibus.

I. Am Ende des ersten Buches hängt der Dichter ein kleines Gedicht an, in welchem er dem Leser erzählt, wo er geboren ist; gerichtet ist dasselbe an seinen Freund Tullus. Aehnlich berichten andere Dichter über ihre Verhältnisse, so Hor. ep. I, 20, 20 ss., Verg. georg. 4, 559 ss.

3. Perusia] (das heutige Perugia) eine alte Stadt Etruriens, ward im bellum Perusinum niedergebrannt.

patriae sepulcra] vgl. Nr.XXXVII, 25 s. Die zerstörte Stadt wird ein sepulcrum genannt, gr. táppos.

5. Vgl. Hor. ep. 7, 17: acerba fata Romanos agunt.

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6. sic] in hac condicione, in his bellorum civilium turbis: Lach

mann.

7. Wer der Verwandte des Properz war, der in diesem Kriege fel, wissen wir nicht.

proiecta] unbestattet; vgl. Ovid met. 7, 602: ante sacros vidi proiecta cadavera postes.

9. Umbria proxima supposito campo (Dativ)] Er stammte also aus dem gebirgigen Theil Umbriens, welcher an die Perusinische Ebene stösst. Welche Stadt der Dichter meint, steht nicht fest, wahrscheinlich Asisium. contingens steht absolut daran stossend.

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I. Origines Romae.

Nr. II (c. 5, 1, 1-70).

Hoc, quodcumque vides, hospes, qua maxima Romast,
Ante Phrygem Aenean collis et herba fuit:
Atque ubi Navali stant sacra Palatia Phoebo,
Euandri profugae concubuere boves.
Fictilibus crevere deis haec aurea templa,
Nec fuit opprobrio facta sine arte casa,
Tarpeiusque pater nuda de rupe tonabat,
Et Tiberis nostris advena bubus erat.

II. Mit diesem Gedicht eröffnet Properz eine Reihe von Elegien, in denen er nach dem Muster der Attia des Kallimachos die ältesten Sagen Roms behandeln wollte (v. 69 s). Diese gelehrten Gedichte scheinen der früheren Jugend des Properz anzugehören. Erhalten sind von diesen Origines urbis noch fünf Gedichte. Das erste handelt von Aeneas, der seinen Vater Anchises aus den Flammen Trojas rettet und nach langer Fahrt nach Latium gelangt, wo sein Sohn Iulus Alba Longa gründet.

2. Phrygem Aenean] Sohn des Anchises und der Venus, Fürst der phrygischen Dardaner.

collis et herba] ἓν διὰ δυοῖν. Vgl. Ovid fast. 5, 91 ss.: Exul ab Arcadia Latios Euander in agros venerat, inpositos attuleratque deos. hic, ubi nunc Roma est, orbis caput, arbor et herbae et paucae pecudes et casa rara fuit; Tib. Nr. VII, 25 ss.

3. Navali Phoebo] Augustus weihte dem Apollo zur Erinnerung an den Seesieg bei Actium einen Tempel auf dem palatinischen Hügel; derselbe war mit den Schiffsschnäbeln der erbeuteten Schiffe verziert; vgl. Ovid a. a. 3, 119 s. : quae nunc sub Phoebo ducibusque Palatia fulgent, quid nisi araturis pascua bubus erant?

4. profugae] umherschweifend. Euander soll aus Arcadien hier ein

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5. haec aurea templa] die Tempel, die jetzt von Gold strotzen.

crevere] sie bildeten sich von selbst aus Felsen und Laubwerk. Götterbilder aus Thon, statt aus kostbarem Metall, werden oft als Zeichen alter Einfachheit erwähnt; vgl. Ovid fast. 1, 201 s., wo auch vom Capitol die Rede ist: Iuppiter angusta vix totus stabat in aede, inque Iovis dextra fictile fulmen erat. Senec. ep. 31 extr.: finges autem non auro, non argento, non potest ex hac materia imago deo exprimi similis; cogita illos, cum propitii essent, fictiles fuisse.

6. Ein schlichtes Häuschen ward noch nicht verspottet. Vielleicht spielt Properz hiermit auf die Hütte an, in welcher Romulus gewohnt haben sollte; vgl. Ovid fast. 1, 199: dum casa Martigenam capiebat parva Quirinum. Diese Hütte stand noch zu des Dichters Zeiten auf dem Palatin.

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Qua gradibus domus ista Remi se sustulit, olim
Unus erat fratrum maxima regna focus.
Curia, praetexto quae nunc nitet alta senatu,
Pellitos habuit, rustica corda, patres.
Bucina cogebat priscos ad verba Quirites:
Centum illi in prato saepe senatus erat.
Nec sinuosa cavo pendebant vela theatro,
Pulpita sollemnis non oluere crocos.
Nulli cura fuit externos quaerere divos,

Cum tremeret patrio pendula turba sacro,
Annua at accenso celebrare Parilia faeno,
Qualia nunc curto lustra novantur equo.
Vesta coronatis pauper gaudebat asellis,

derkehrender Gedanke; vgl. Verg. Aen. 8, 360 s.; Ovid fast. 1, 244; Tib. Nr. VII, 25. Ovid fast. 5, 639 ss.: haec loca desertas vidi sine moenibus herbas: pascebat sparsas utraque ripa boves. et quem nunc gentes Tiberim noruntque timentque, tunc etiam pecori despiciendus

eram.

advena] der jetzt uns ganz zugehörige Strom war für uns damals noch ein Fremdling.

9. domus Remi] die Hütte des Romulus und Remus; zuweilen wird nur der eine derselben erwähnt, so bei Catull: Remi nepotes 58, 5, neben Romuli nepotes 49, 1. Aehnlich Castor statt der beiden Dioskuren.

gradibus] vgl. Plut. Rom. 20: ᾤκει δὲ (Ρωμυλος) παρὰ τοὺς λεγομένους βαθμοὺς καλῆς ἀκτῆς οὗτοι δέ εἰσι περὶ τὴν εἰς τὸν ἱππόδρομον τὸν μέγαν ἐκ Παλαν τίου κατάβασιν. Diese gradus hiessen die scalae Gai.

11. In der Curie versammelten sich die mit dem breiten Purpurstreifen (der praetexta) versehenen Magistratspersonen (Senatoren). Vgl. Ovid a. a. 3, 117 s.: curia concilio nunc est dignissima tanto: de stipula Tatio regna tenente fuit.

13. ad verba] zur Versammlung.
14. centum] vgl. Liv. I, 17.
15. vela] die Decken, welche die

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Theaterbesucher gegen Unwetter und die Sonnenstrahlen schützten.

cavo] rund; vergl. Ovid a. a. 1, 103 s.: tunc neque marmoreo pendebant vela theatro, nec fuerant liquido pulpita rubra croco.

16. Das Theater ward mit Saffranessenz, einem beliebten Parfüm, besprengt; vgl. Hor. ep. II, 1, 79 s.: recte necne crocum floresque perambulet Attae fabula si dubitem.

18. pendula turba] furchtsam, in heiliger Scheu vor den Göttern.

19 s. Ueber die Parilia oder Palilia vgl. zu Tib. Nr. VII, 85. Prop. Nr. IV, 77 s.

20. Nach uralter Sitte ward das Blut, das von dem abgehauenen Schweif eines im October dem Mars geopferten Pferdes (curtus equus) herabträufelte, aufgefangen und geronnen an den Palilien als Räucherwerk verbrannt; vgl. Ovid fast. 4, 733: sanguis equi suffimen erit.

lustra] die Sühnung.

nunc] auch jetzt noch, wie in der guten alten Zeit.

21. Am Fest der Vesta ward der Esel, der sonst im Dienst der Hausgöttin in der Tretmühle thätig war, bekränzt und hatte Ruhetag; vgl. Ovid fast. 6, 309 ss.: venit in hos annos aliquid de more vetusto : fert missos Vestae pura patella cibos; ecce coronatis panis dependet asel

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