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QUOD SPIRO ET PLACEO TUUM EST.

VORREDE.

Canidiae dentes, altum Saganae caliendrum
Excidere atque herbas atque incantata lacertis
Vincula cum magno risuque iocoque videres.

Das hatten wir eben als Zugabe zu dem Zauberspuk in Horazens fünfter Epode gelesen. Da schlug es zehn. Der Rector klappte das Buch zu, den Zeigefinger der linken Hand aber noch darinnen lassend, und schloss die Stunde mit den Worten: Haec hactenus. Sed restat unum. Quicunque vestrum mansurum sibi harum cupediarum gustum parare vult, is nunc legat Theocriti idyllium secundum, cui nomen est pharmaceutriae, idque cum sagis poetae Venusini et cum pharmaceutria Maronis (eclogam dico octavam) accurate comparet. Der Rector war mein dermaliger akademischer lieber College, der Nestor unserer Universität, NOBBE, wir seine Primaner der Nicolaitana, ein flos iuventutis, worauf der Rector stolz sein konnte, stramme frische Jünglinge, barbatuli, πo̟шτov väηvñtai, Einer auch bene barbatus, bis iussu Rectoris res in novacula versabatur. Alle bezogen mit Eins in litteris et in moribus die Universität, und auf Kathedern, auf Kanzeln, auf Richterstühlen und vor Geschworenen, an Krankenbetten und in Lazarethen nach blutigen Schlachten haben sie segensreich gewirkt und wirken zum grössten Theile noch. Der Weg von der Schule war zum Antiquar. Die bestäubten Tauchnitz'schen und Weigelschen Theokrite des alten Hirsch an der Neumarktsecke waren plötzlich gesuchte Waare. Ich erwischte sogar einen ganz appetitlichen Boissonade in Sedez. Die Pharmaceutria wurde studirt, das Dorische gern mit in den Kauf genommen, und die Philologen der Prima xar' ozýv, Fritzsche und Klengel,

mussten für den Schwang stehen. Es war ein schönes reges Leben. Der Theokrit war nun unser Eigenthum. Nach der ,,Pharmaceutria" wurden dann auch die weiteren Idyllen gekostet; um so lieber, als wir schon in Secunda

Dic mihi Damoeta, cuium pecus? an Meliboei? gelesen hatten und in dem

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ja auf jeder Seite, alte Bekannte fanden. Die Michaelisferien erschienen. Der Theokrit wanderte mit in die traute Heimath. Ihre freundlichen Berghöhen, Haine und bachumsäumten Wiesen mit den grasenden Herden verwandelte die jugendliche Phantasie in sicilische Gefilde, und

Αδύ τι τὸ ψιθύρισμα καὶ ὁ πίτυς, αἰπόλε, τήνα erklang es da, wo die Hundstagsferien zuvor ich noch ausgerufen hatte:

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Tityre, tu patulae recubans sub tegmine fagi Von der Zeit an hat Theokrit neben Pindar, den Tragikern und Horaz zu meinen Lieblingsdichtern gehört. Wie an mir selbst aber, so habe ich es nachmals oft an Anderen erfahren, wie anregend und bildend es ist, wenn mit dem Studium des Virgil bei den reiferen Gymnasiasten oder Studenten das des Theokrit Hand in Hand geht, was um so selbstverständlicher ist, als andererseits die Aeneide in unseren Bildungsanstalten neben der Iliade und Odyssee gelesen wird und überall sich Stoff zu anziehenden Vergleichungen in Sachen, Worten, Versbau bietet. Der eifrige Gymnasiast, der in seinem Homer zu Hause ist und durch ihn den epischen Dialekt, durch den Herodot den ionischen Dialekt, wohl auch schon durch den Chor der Antigone das helltönende ἀκτὶς Αελίου und Aehnliches kennen gelernt, hat von selbst den Trieb, doch auch von dem Dorismus eine nähere Vorstellung zu bekommen. Mit dem macht er sich nun leicht vertraut in Theokrit's wohllautenden gefälligen Versen.

Von diesen Gedanken geleitet, gab ich 1857 die Theokritschen Idyllen zum erstenmale mit deutschen Anmerkungen heraus, absichtlich mit deutschen Anmerkungen, weil durch die Muttersprache Vieles, was das Leben, das frische Leben des Landvolkes charakterisirt, lebendiger als durch das Latein vor

die Seele geführt wird bis auf die Kenntniss der Gräser, Bäume und Sträucher, von denen oft abenteuerliche Vostellungen herrschen, wie z. B. ein gar gelehrter Herr mir einmal für die Belehrung über die Tamariske dankte, die er sich bis zur Lesung meiner Anmerkung zu 1, 13 ungefähr wie eine alte Weide gedacht hatte. Hat doch der Dorismus auch Analogien im Plattdeutschen.

Dass meine Arbeit ihren Zweck erreicht hat, zeigt die Nothwendigkeit einer zweiten Auflage, zu welcher mich die um die Humanitätswissenschaften hochverdiente TEUBNER'Sche Verlagshandlung veranlasste, als ich mich eben anschickte zur Bearbeitung des Supplementbandes für meine mittlerweile erschienene grosse Ausgabe des syrakusischen Dichters, Theocriti idyllia, cum comm. crit. et exeget. Lips. 18641868. Auf diese Ausgabe verweise ich im Allgemeinen in Betreff der Kritik. Durch sie haben sich allerhand Noten der ersten Auflage erledigt. Diese konnte ich jetzt mit anderen Bemerkungen vertauschen, unter welchen die handschriftlichen Notizen, besonders zu dem anecdoton Zieglerianum (Id. 30), obenan stehen, die ich ZIEGLER's Freundschaft verdanke und die ich der gelehrten Welt nicht bis zum Erscheinen des oben erwähnten Buches vorenthalten konnte. Dort werde ich auch die Collationen des Cod. Palat., welche mir HOLDER unaufgefordert mit heutzutage seltener Liberalität überlassen hat, völlig verwerthen. Spreche ich hiermit öffentlich diesen Gelehrten meinen Dank aus, so thue ich dieses mit um so freudigerem Gefühle, als auch die Anderen, deren Mittheilungen und Aufschlüsse mein Werk gefördert haben, wie ZIEGLER, Männer sind, die einst mit mir zugleich die goldene Zeit GOTTFRIED HERMANN's in der societas Graeca vereinigte, AMEIS, KREUSSLER, STEPHANI. Die Freundschaft, welche die communio studiorum hervorrief, ist geblieben und grünt und treibt noch Früchte an des Lebens Baum. Das ist der Segen des redlichen Strebens.

Wer zuerst Theokrit oder sonst einen dorischen Schriftsteller lieset, bedarf eines Fingerzeiges, selbst wenn er sich die Dorismen aus den gewöhnlichen Grammatiken mühsam zusammen suchte. Nicht nur Primaner, wie ich in der Vorrede zur ersten Auflage sagte, sondern auch Studenten machen oft när

risches Zeug und übersetzen z. B. Id. 15,60 лaqɛvðɛïv „danebenweg hineinlaufen". Deshalb fügte ich der ersten Auflage eine clavis Theocritea bei. Weitere eigene Erfahrungen und die Rathschläge der Freunde, haben mich bestimmt, dieselbe jetzt mit einer fasslichen Uebersicht des Dorismus in Form einer Art dorischen Grammatik zu vertauschen, die - hoffe ich auch Philosophen, so sich um das Griechische des Philolaus und anderer Pythagoräer kümmern, zu Gute kommen soll.

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Möge das Werk auch in dieser Auflage dazu helfen, dem alten,,Hirten vom Aetna", dem zu Liebe Seume nach Sicilien „spazirte“, um ihn an Ort und Stelle zu lesen, neue Freunde zu gewinnen, die alten zu erhalten von Upsala über Triest bis Kydonia, wohin es zu Lörstedt, Livada und STAVRIDIS meine Grüsse trage. Ich widmete es vor zwölf Jahren meinem greisen Vater. Seinem Andenken bleibe es geweiht, denn er verband als ächter Theolog von der alten sächsischen Art mit dem tiefsten theologischen Wissen die gründliche Kenntniss der römischen und griechischen Classiker, die er noch im achtundsiebenzigsten Lebensjahre zu seiner Erholung las". Noch in den letzten Lebenstagen war die facundia seines oris Latini eben so rein und schön wie die, mit der er von der Kanzel das Wort des Lebens klar und wahr in der Kraft des Herrn verkündigte. Ich wiederhole hier das, was der Grabstein des Predigers nach dem Herzen Gottes besagt.

Non fucata fides spirabat pectore puro,

Spem nil frangebat, cuncta regebat amor.
In coelis animus. Pia dicta ac facta sequuntur.
Christus ubi est, ibi tu, fide minister, eris.

Ἡ ἀγάπη οὐ θνήσκει.

Leipzig, den 1. September 1869.

F.

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