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Einleitung.

Entstehungsgeschichte der Dichtung.

Mit,,The Island" wandte sich Lord Byron wieder der Behandlung der poetischen Erzählung zu, einer Gattung, die er ehedem so oft gepflegt, aber seit der Abfassung von ,,Mazeppa" 1818 einige Jahre nicht mehr kultiviert hatte. Zum ersten Male versetzt uns der Dichter in einem Epyllion im Geiste nach dem Stillen Ocean, nach Polynesien, zum ersten Male bot ihm den Stoff ein Ereignis aus der Zeit der grossen Forschungsund Entdeckungsreisen der Engländer im Stillen Ocean. Es war dies die Meuterei auf dem englischen Schiffe Bounty im Jahre 1789 und das weitere Schicksal der aufständischen Matrosen. Einen solchen Gegenstand zu behandeln, lag Byron durchaus nahe. Hier konnte er seine Vorliebe für Seeabenteuer zum Ausdruck bringen, wie er es im zweiten Gesange des,,Don Juan" gethan hatte. 1) Sodann ist zu bedenken, dass man in England, wie in der ganzen gebildeten Welt der immer wachsenden Kenntnis von Australien und Polynesien grosse Teilnahme entgegenbrachte. Die vielen Reisebeschreibungen von diesen Ländern fanden ein dankbares Publikum. Um so mehr dürfte sich Byron in die Lektüre solcher Berichte versenkt haben, als sein Grossvater, der Commodore Lord William Byron, im Auftrage des Königs Georg III. 1764-66 eine Entdeckungsreise in die Südsee unternahm.2) Ueberhaupt las ja der Dichter mit Vorliebe neben historischen Schriften Reisebeschreibungen. So sagt Leigh Hunt in seinem „Lord Byron and some of his Contemporaries" I, S. 75:,,His favourite reading was history and travels.") Wir wissen auch, dass Byron Reiseberichte von Polynesien kannte. Dies geht aus den für den zweiten Gesang des ,,Don Juan" benutzten Quellen hervor. 4)

Sodann dürften bei der Betrachtung über den Anlass zur Dichtung auch Umstände aus Byrons Leben heranzuziehen sein und zwar aus der Zeit, wo er in Genua und vorher in Pisa sich aufhielt.

1) Elze, S. 138.

2) Sievers, S. 12.

Vergl. über diesen Punkt weiter: Elze, S. 17 ff. u. Ackermann, S. 2.
Moore, Bd. XV, S. 203/86, Ausg. 1834.

Wie aus einem bald zu erwähnenden Zeugnisse hervorgeht, war Byron in Genua, 1) als er an,,The Island" schrieb. Von der Casa Saluzzi aus, wo er in dem Vororte Albaro wohnte, hatte man eine herrliche Aussicht, u. a. auch auf den Golf.2) Der Anblick der von und nach diesem Handelsplatze fahrenden Schiffe könnte den Dichter wohl mit darauf gebracht haben, einen Stoff aus dem Seemannsleben zu behandeln. Der Verkehr Byrons mit Trelawney von Januar 1822 bis Januar 1823 dürfte bei Behandlung dieser Frage wohl nicht ganz ausser acht zulassen sein. In seinem „,Records of Shelley, Byron, and the author" erzählt Trelawney I, S. 142, dass er sich manchmal mit dem Dichter und anderen Freunden über Abenteuer kühner Seefahrer unterhalten habe... we would narrate instances of the daring of the old navigators, as when Diaz discovered the Cape of Good Hope in 1446, with two vessels each of fifty tons burthen; ... of the extraordinary runs and enterprises accomplished in open boats of equal or less tonnage than the one we were building, from the earliest times to those of Commodore Bligh."

Nun hat Byron, wie wir später sehen werden, die von Bligh verfasste,,Voyage to the South Sea" als Hauptquelle für den ersten Gesang,,der Insel" benutzt.

Trelawneys eigene Erlebnisse können auch mit der Anlass gewesen sein zur Abfassung von ,,The Island". Um 1806 von einem englischen Schiffe in Bombay desertiert, führte er ein abenteuerliches Leben lange Zeit im Indischen Ocean.) Sicherlich wird er seinem Freunde Byron viel davon erzählt haben, und so dürfte dieser von neuem darauf hingewiesen worden sein, wieder ein Seeabenteuer poetisch zu behandeln.

Ferner sei darauf aufmerksam gemacht, dass bekanntlich Byron des Aufenthaltes in Italien immer überdrüssiger wurde infolge der vielen dort erlebten Enttäuschungen. In Pisa dachte er ernstlich einmal daran, nach Südamerika zu gehen. Er sehnte sich also nach einem Lande, das wenig noch von der Kultur berührt war. Dürfte nicht ein solches Verlangen ihn auf einen Stoff geführt haben, dessen Handlung in einer von der Civilisation noch unbeeinflussten Gegend spielt?4) Ein solches ist in der That die Insel Tubuai. 5) Wie er in ,,The Age of Bronze" dem Leser ein ehernes, so führt er in,,The Island" ihm eine Art goldenes Zeitalter vor, besonders im zweiten Gesang dieser Dichtung.

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Endlich sei nun an einer Stelle in Clinton's,,Memoirs of the Life and Writings of Lord Byron" gedacht, wo wir ein direktes Zeugnis für die Veranlassung zu „der Insel" haben.

„Lord Byron's mind received a most powerful and highly pleasing impression from that account.") He was never tired of talking of it to his friends, and announced his intention of introducing into some of his works the new and poetical feelings which his fancy had conjured up in connexion with a country rich in all the productions of nature, and uncorrupted by the vices of civilization. He was for some time at a loss for a subject, which, indeed, it must be obvious to every one, is not very easy to be found. History has yet little to do with the countries to which the descriptions were to refer, and without some foundation it is almost impossible to build up enough of a narration to

1) Siehe Seite 9 dieser Arbeit.

2) Jeaffreson II, Seite 200.

3) Dictionnary of National Biography LVII, S. 175.

4) Vergl. Byrons Letters and Journals, Ausgabe Prothero Bd. VI, S. 164/65. 5) Diese Schreibung hat Sievers in seinem „Australien und Polynesien"; Wilson in „A Missionary Voyage" 1799 schreibt Toubouai. Ellis in seinen „Polynesian Researches" 1829 hat Tubuai. Woher Byron „Toobonai“ hat, ist mir Auf Ellis' Werk hat mich Herr Geh. Hofrat Ratzel aufmerksam gemacht. 6) D. i. Martin: „An Account of the Natives of the Tonga Islands".

unklar.

answer the purpose even of a poem. It was no less difficult so to connect the doings of the inhabitants of the old world with those of the new one as to excite the sympathies of such as were to be his readers. At length, in the history of the mutiny by the crew of the Bounty in the South Seas in the year 1789, Lord Byron found the materials which, in his hands, were soon wrought into the shape which he required." 1)

Also nach Clintons umständlichen Ausführungen soll Byron durch Martins Werk veranlasst worden sein einen exotischen Stoff zu behandeln. Dieser Angabe ist wohl Glauben beizumessen; denn, wie wir später sehen werden, hat der Dichter zwei Züge aus diesem Buche verwendet, von denen einer ganz besonders eine bedeutende Rolle in dem Epyllion spielt. Und gerade bei der Benutzung dieser beiden Motive verfuhr er mit den geschichtlichen Thatsachen frei.

Für die weitere Entstehungsgeschichte kommt zunächst folgendes Zeugnis in betracht. Es ist ein Brief Byrons an Leigh Hunt vom 25. Januar 1823, und zwar von Genua aus.2) Da schreibt der Dichter: Dear H. I sent you all the books I could lay hands on and will search further. As I did not look over the transcription till yesterday I did not perceive yr pencill'd remarks on the thing which I am about at present. You are kind in one point and right in the other. — But I have two things to avoid the first that of running foul of my own „Corsair" and style so as to produce repetition and monotony and the other not to run counter to the reigning stupidity altogether otherwise they will say that I am eulogizing Mutiny This must produce tameness in some degree but recollect that I am merely trying to write a poem a little above the usual run of periodical poesy

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I hope that it will at least be that; you think higher of readers than I do but I will bet you a flask of Falernum that the most stilted parts of the political „Age of Bronze" and the most pamby portions of the Toobonai Islanders will be the most agreeable to the enlightened Public; though I shall sprinkle some uncommon place here and there nevertheless ,,Nous verrons" I am going on with the poeshie.")

Der Schluss des Briefes dann handelt nicht mehr über,,The Island", und braucht so nicht weiter angeführt zu werden.

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Gehen wir nun auf dieses Schreiben näher ein. In seinen Anmerkungen sagt Kölbing, dass sich mehrere Bemerkungen am Anfange des Briefes unserer Betrachtung entziehen. Wir wissen nicht, was für Bücher der Dichter meint, und die Bleistiftnotizen Hunts scheinen uns verloren gegangen zu sein. Darum versteht man die Worte gar nicht ,,You are kind in one point and right in the other." Ebenso ist es unklar, um welche Abschrift es sich handelt. Meiner Meinung nach verhält sich die Sache wohl so: An den Rand der Abschrift es für eine ist, sei dahingestellt - mag wohl Leigh Hunt Bemerkungen geschrieben haben, die sich einerseits auf die Abschrift selbst beziehen und die andrerseits Byron für seine neue poetische Erzählung mit verwerten könnte. Da Leigh Hunt ein sehr freisinniger Schriftsteller war und als solcher in England geradezu in einem üblen Rufe stand, so dürften wohl die Ratschläge sehr radikaler Art gewesen sein. Zwar billigt sie der Dichter und ist deswegen dem Leigh Hunt dankbar, er sagt ja,,you are kind in one point - and right in the other" allein verwerten möchte er sie nicht. Letzteres dürfte aus den Sätzen,,But I have.. This must produce tameness", endlich aus ,,You think higher of readers than I do" mit hervorgehen. Kölbing spricht von einem Plane des Dichters zu,,The Island". Ob nun Byron einen mehr

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1) Seite 656.

2) Letters and Journals, edited by Prothero Bd. VI, S. 164.

3) Dieses Schreiben wurde zuerst veröffentlicht von Kölbing in Band 23 der Englischen Studien.

oder weniger ins einzelne gehenden Plan dazu entworfen hat, lässt sich nicht sagen. Er hat wohl keinen schriftlichen Entwurf gemacht und mit Hunt dürfte er sich gelegentlich über die Anlage der Dichtung unterhalten haben. Wenn auch beide sich vor allem infolge des Misslingens von „,The Liberal" entzweit hatten, so sind sie doch dann und wann in Genua zusammen gewesen. ,,We used to walk in the grounds of the Casa Saluzzi" sagt Hunt in seinem bereits von mir erwähnten Buche I, S. 110.

Die Zeilen von ,,But I have two things to avoid. . ." bieten für das Verständnis bei weitem keine so grossen Schwierigkeiten mehr. Wir erfahren, was der Dichter seiner Meinung nach zu vermeiden hat, um einen ruhigeren, weniger zügellosen Ton in,,The Island" anzuschlagen und so beim Publikum einigermassen kein Missfallen zu erregen. Ferner sieht man, wie Byron sich Erfolg von dem Epyllion verspricht. Ja er thut dies mit einer so grossen Zuversicht, dass er gleich eine Wette daraufhin eingehen möchte. Endlich gedenkt er manche nicht direkt zum Thema gehörige Stellen einzufügen.

Diese weiteren Punkte seien nun etwas näher ins Auge gefasst. ,,The first that of running foul of my own,,Corsair" and style". Auf diesen Gedanken ist Byron wohl gekommen, da in,,The Corsair" und in ,,The Island" es sich um Seeabenteuer handelt. Die von ihm hier ausgesprochene Absicht hat nun der Dichter bei der Ausarbeitung,,der Insel" im grossen und ganzen auch durchgeführt. Ein kurzer Vergleich beider poetischen Erzählungen soll dies zeigen Zunächst sind die zwei Dichtungen inhaltlich verschieden, andere Situationen werden uns in ,,The Island" als in,,The Corsair" vorgeführt. Dies wird jeder sehen, der eine kürzere oder ausführlichere Inhaltsangabe von diesen Epen liest.1)

Es sei nur darauf aufmerksam gemacht, dass es in beiden Dichtungen allerdings auch gleiche Motive giebt, wie der Abschied des in den Kampf ziehenden Geliebten von seiner Angebeteten, oder die Rettung eines Mannes durch eine weibliche Person. Indes in wie verschiedener Weise werden diese Situationen in ,,The Corsair" und in ,,The Island" ausgeführt! Nicht ist von einem so tiefen Liebesschmerze bei der Trennung von Torquil und Neuha die Rede als dort, wo Konrad von Medora scheidet. Was für Schwierigkeiten hat Gulnare den Korsaren zu retten! Sie muss zuletzt den kühnen Schritt wagen und den Sultan selbst töten. Neuha dagegen stehen viel weniger Hindernisse im Wege, als sie ihren Torquil den Nachstellungen der Verfolger entziehen will. Sie nimmt ihren Geliebten in einem Kahne fort und taucht mit ihm unters Meer, bis beide in einer unterseeischen Höhle anlangen und daselbst geborgen sind.

Ganz andere Charaktere führt uns ferner der Dichter in beiden poetischen Erzählungen vor. Sind Konrad und seine Leute von Thatendurst erfüllt und ziehen auf Raubzüge aus, so sehnen sich Christian und seine Gefährten nach einem ruhigen, sorgenlosen und idyllischen Leben. Nur um zu diesem Ziele zu gelangen, empören sie sich gegen den Kapitän. Und nur notgedrungen setzen sie sich zur Wehr, als ein Schiff zu ihrer Bestrafung ausgesandt worden ist. Diese Menschen

1) Da eine solche leicht zugänglich ist, verweise ich auf englische Litteraturgeschichten, z. B. bei Wülker, Seite 507 [für den Korsaren] und Seite 523 [für die Insel".]

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