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selbe Motiv verwertete er für die Geschichte, welche er Neuha in den Mund legt. Gehen wir nun auf die Einzelheiten der Fabel ein und sehen wir, worin und wieweit der Dichter von Martin abhängig ist. In Strophe II ist die Beschreibung des Felsens Byrons eigenes

Werk.

In Strophe III verwertet Byron nur den Zug, dass der Häuptling mit dem Mädchen nach dem Felsen hinruderte. Alle näheren Umstände, wie der junge Führer dazu gekommen ist, die Schöne zu befreien, sind natürlich weggelassen. Sie würden sich selbstverständlich durchaus nicht mit dem Inhalte vereinen. Von der Verfolgung des Feindes und der Seelenangst der Person, welche befreit werden soll, ist in der Quelle nicht die Rede.

Strophe IV, V. 57/67 und Strophe VI, V. 105/118 benutzt der Dichter Züge von Mariners Untertauchen: die Aufforderung, die dieser von dem einen Freunde Finows erhält, und dass der Führer beim Schwimmen hinter sich einen Lichtstreifen lässt, welchem Mariner folgt. Selbstverständlich hat auch Byron an den jungen Häuptling gedacht, der mit dem Mädchen sich nach der Grotte begiebt.

Zu Strophe IV, V. 68 bis Schluss 1) hat der Dichter sicherlich die Anregung bekommen durch die Schilderung von dem grossen Erstaunen, welches das Gefolge des jungen Häuptlings ergreift, als dieser nicht mehr aus dem Meer hervorkommt. Die Ausführung aber ist des Dichters eigenes Werk. Halten die Tongainsulaner den Mann für unweise, so sehen die Verfolger Torquil für etwas Uebernatürliches an. Von einem langen Suchen nach der verschwundenen Person berichtet Martin nichts. Natürlich hat Byron, als er diese Verse schrieb, auch das Erstaunen Mariners im Auge gehabt.

Zu Strophe V ist der Dichter wieder durch dieselben Züge nur veranlasst worden. Die Fragen, die er stellt, und der Zauber, der in ihnen liegt, sind Byrons geistiges Eigentum.

Zu Strophe VI, V. 119 ff. Das Motiv von der Ankunft der Liebenden in einer Grotte hat der Dichter der Mitteilung Martins entlehnt, dass Mariner sowie der junge Häuptling und das Mädchen in einer unterseeischen Höhle emportauchen. Wie Mariner von einem Untergebenen Finows, so wird Torquil von Neuha auf einen Felsvorsprung geführt.2) Dass die Insulanerin nun auf die Höhle hinzeigt, den Meeresschaum von Torquils Augen wischt und vor Freuden in die Hände klatscht, alles dies ist eine weitere dichterische Ausschmückung. Ferner hat Byron in derselben Strophe sowie in der folgenden bei Beschreibung der Höhle den von Martin gegebenen Vergleich derselben mit einer gothischen Kapelle noch weiter ausgeführt.

Strophe VII bis einschliesslich IX hat der Dichter für den Aufenthalt der beiden in der Grotte Züge teils aus der Erzählung des alten Mataboolen genommen, teils aus dem, was über Mariner während dessen Aufenthalt in der Höhle berichtet wird. In den Einzelheiten nun, wie die Grotte erleuchtet wird, weicht der Dichter in manchen Stücken

1) Coleridge hätte doch am Ende seiner Anmerkung Seite 630 mindestens in Form einer Inhaltsangabe kurz mitteilen müssen, was Martin von der Fahrt nach den Fidschiinseln berichtet. Es sind doch auch noch weitere Entlehnungen aus diesem Teile der Erzählung vom Dichter genommen worden und zwar in Strophe 9.

2) Coleridge hätte die in der Erzählung entsprechende Stelle doch wörtlich anführen können!

von seiner Vorlage ab. Torquils Geliebte bringt von vornherein schon alles mit, was zur Beleuchtung nötig ist, Mariner aber verlässt erst wieder die Höhle und schafft mit einem Diener Verschiedenes herbei. Byron musste sich wohl vom Originale entfernen schon deshalb, weil Neuha nicht sofort wieder emportauchen kann. Hat sie sich doch sagen müssen, die Feinde werden immerhin eine Zeit lang erst das Meer in der Nähe des Felsens absuchen, um Torquils habhaft zu werden. Gerade die Abweichung von der Vorlage trägt bedeutend zum Reize der Scene bei und verleiht dieser einen märchenhaften Charakter. Auch das Verfahren, wie Feuer erzeugt wird, ist in der poetischen Erzählung anders als in der Vorlage. Seltsam würde es sich ausnehmen, wenn das Naturkind sich eines Pistols dazu bediente. Viel poetischer stellt Byron den Vorgang dar, indem das Mädchen mit dem Messer Torquils an einen Feuerstein schlägt.

Strophe VIII. Zu der Scene, wo Neuha ihren Geliebten bei der Hand nimmt und in der Grotte herumführt, ist er wohl angeregt worden durch die Bemerkung Martins, dass der König und sein Gefolge die Grotte besichtigten.1) Abweichend von der Quelle ist es, wenn bereits vorher so vieles in die Höhle gebracht worden ist, was für einen Aufenthalt daselbst nötig ist. Der junge Führer hatte ja zunächst bloss Nahrungsmittel dahin geschafft. Der Dichter will uns eben die grosse Umsicht zeigen, mit der Neuha im voraus für ihren Torquil gesorgt hat. Dass die rettende Person nicht immer in der Grotte bleibt, und dass sie von der Insel allerhand mit dahin bringt, dieser Zug findet sich auch in der Vorlage. Aber nicht um Verdacht zu vermeiden, verlässt Neuha zeitweise die Grotte, wie dies bei dem jungen Häuptling der Fall ist, sondern um mancherlei herbeizuschaffen und zu sehen, ob noch Feinde da sind.

Strophe IX. Hier hat der Dichter viel dem Berichte von der Rettung der Insulanerin durch den Häuptling entnommen. Byron lässt der Neuha die Sage erzählen, die sich an die Grotte selbst anknüpft, wie Martin einen solchen Bericht in den Mund des alten Mataboolen legt. Da in,,The Island" nicht dieselbe Geschichte mitgeteilt wird, sondern nur eine ähnliche, so wurden eine Reihe von Aenderungen überhaupt schon notwendig. Ausserdem konnte sich der Dichter überhaupt an die Vorlage nicht eng anschliessen, denn er hatte ja dasselbe Motiv bei der Rettung Torquils durch Neuha ausgiebig benutzt

Strophe XIV. Von Byron frei erfunden ist, dass Neuha eines Morgens auf dem Meere umherspäht, ob Feinde sich dem Felsen nähern, und dass sie ein Schiff herankommen glaubt. Unter der Einwirkung Martins stehen folgende zwei Züge: dass die Liebenden an dem Felsen entlang schwimmen, und dass an einem einsamen Teile desselben ein Boot versteckt ist, zu dem sich beide begeben. In der Vorlage aber stehen diese Motive in einem anderen Zusammenhange und sind deshalb auch anders ausgeführt. Neu ist bei Byron, dass Neuha das Canoe an den Felsen gebracht hat, nachdem der Feind nicht mehr die Meuterer auf der See verfolgt.

Strophe XV. Bei der Schilderung von der Rückkehr Neuhas und Torquils, sowie deren Leben auf Tubuai hat Martin auf den Dichter eingewirkt. Während aber der Häuptling die Geschichte der Rettung

1) Bei Coleridge vermisst man die wörtliche Wiedergabe der Quelle!

den Seinen auf dem Meere erzählt, berichten im Gedichte die beiden Liebenden ihre Erlebnisse natürlich erst auf der Insel den Ihrigen. Selbstverständlich ist der Zug nicht verwendet worden, dass der Führer vor seiner Rückkehr in die Heimat erst anderswo sich aufhält. Das glückliche Leben auf der Insel hat Byron etwas näher ausgeführt, und hinzugefügt sind von ihm die Einzelheiten von dem Empfange worden, welcher Neuha und Torquil zu teil wird, und dass die Höhle von dieser Zeit Neuhagrotte heisst. Diese Stellen sind gewiss von grosser poetischer Wirkung.

3. Verhältnis des vierten Gesanges

zu Martins Erzählung von dem Felsen in Mahi Boogoo.') Martin berichtet ebenfalls im neunten Kapitel des ersten Buches von einer Volksüberlieferung, die sich an einen in der romantischen Gegend von Mahi Boogoo befindlichen Felsen knüpft:

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On this rock in former times, as popular tradition records, a band of young chiefs, the heads of a conspiracy, took refuge from the rage of their adversaries, and held the place during six months); it being quite inaccessible, except by a narrow path, exceedingly steep and dangerous This passage was perfectly under the command of those who, by rolling large stones down, could hurl destruction . . . Here they remained as long as their stock of provisions lasted, and even when this was expended, they refused to yield, till famine and raging thirst had destroyed all but three, who being tempted by a promise of pardon), gave themselves up to their adversaries. Scarcely was this done when they were taken before the king, who cruelly ordered them to be massacred in his presence. The number of those who died upon the rock were five, and they were buried on the spot: three of the graves are still very apparent; the other two are pointed out, but they are not in so distinct a state. The natives now and then ascend this rock to enjoy the sublime beauty of the surrounding scenery, or to reflect on the fate of those rebellious men, who, so long ago, departed from the scene of public tumult, . . . Here the moral reflections of the natives are sometimes heard in the following strain:,,Where are now those men who once held up their heads in defiance of their chiefs? where now is the proud boast of superiority? Their bodies lie mingled with the dust, and their names are almost forgotten! But their souls! how are they affected? Are they now the same ambitious spirits in Bolotoo, as they were once in Tonga, when they animated this silent dust which is now all that remains of them? are they still partisans of sedition, tumult, and war? but no! in Bolotoo they are all gods, and see with a clear understanding what is right, without the folly of fighting 4)!"

Meiner Ansicht nach hat Byron bei der Schilderung von Christians letztem Kampfe Motive aus dieser Erzählung verwertet. Die weiteren Einzelheiten dieser Scene hat der Dichter nicht aus derselben Quelle genommen. Während Christian und die Seinen sich nicht ergeben, strecken die Rebellen von Tonga die Waffen, nachdem ihnen Verzeihung versprochen ist, und als die Lebensmittel ausgegangen sind. Ein solches Ende des Kampfes ist gewiss nicht dem Dichter ästhetisch reizvoll gewesen, seine Helden müssen bis zum letzten Atemzuge sich wehren. Endlich haben in Str. XII, V.352 Byron auf die Frage nach dem Schicksale von Christians Seele die Reflexionen der Tongainsulaner geführt. Während im Originale der Frage Lösungen gegeben werden, steht der Dichter davon ab, sondern wendet sich in einigen Versen gegen die Intoleranz.

1) Martin I, Seite 290/291.

2) V. 304; 307 ff.

3) V. 324 [von who, being an].

V. 352 ff. [von But their an].

4. Weitere Quellen.

V. 145 ff. Wenn Byron in der Anmerkung u. a. sagt:,,few men that is", so wäre es nicht unmöglich, dass ihm eine Reiseerinnerung vorgeschwebt hat, nämlich der Besuch der Parneshöhle 1810. teilt folgendes mit über des Dichters Anwesenheit daselbst:

Galt

„they came into what seemed a large subterranean hall, arched as it were with high cupolas of cristal, and divided into long aisles by columns of glittering spar in some parts spread into wide horizontal chambers, in others terminated by the dark mouths of deep and steep abysses receding into the interior of the mountain".1){

Um so mehr wird dieses Erlebnis im Gedächtnisse des Dichters geblieben sein, als nach Galts Berichte Byron und die anderen von der Reisegesellschaft eine Zeit lang nicht den Ausgang aus der Höhle fanden.") Wenn Byron von,,Mungo Park's last journal" in der Anmerkung spricht, denkt er offenbar an die Stelle, die bei Coleridge S. 631 am Schlusse von Anmerkung 1 abgedruckt ist.

V. 194 vergl. Ausgabe Coleridge, S. 633, Anm. 1.

V. 226 siehe ebendaselbst S. 634, Anm. Das dort angeführte Citat steht Bayle 2. Bd., S. 1506 des Dictionnaire historique et critique. Bekanntlich las Byron Bayles Schriften gern. Dies bezeugt Leigh Hunt, der sagt:,,I think I am correct in saying that his favourite authors were Bayle and Gibbon".3)

V. 247 ff. Aus Vers 260 könnte man vermuten, dass Byron hier in Strophe X mit an Leonidas gedacht hat. Bekanntlich liess dieser vor Ende der Schlacht die Periöken und die Bundesgenossen nach Hause zurückkehren.

V. 323. Dass der Dichter den Haupträdelsführer zuletzt umkommen lässt, wird man von vornherein vermuten. Indes könnte Byron auch eine Stelle aus Thiébaults Werke im Auge mit gehabt haben, zumal da er für einen bald zu erwähnenden Zug diese Schrift als Quelle angiebt. Thiébault teilt einmal eine Anekdote mit, in der es sich um den Anführer einer Bande Deserteure handelt. Da heisst es, nachdem sich diese gegen die Verfolger tapfer gewehrt hatten. . .

,,leur chef fut atteint le dernier.“4)

V. 327 ff. Thiébault sagt von den Flüchtlingen weiter:

,,il eut la cuisse cassée."")

V. 333 ff. Thiébault:

,,il lui restait encore une charge de poudre, mais sans balle; il y suppléa par un des boutons de son habit et tua, ainsi couché à terre, l'officier qui le premier voulut se saisir de sa personne".") 7)

V. 359. Byron hat hier wohl auch mit an die Schicksale der auf Tahiti zurückgebliebenen Meuterer gedacht. Von der Gefangenschaft teilt Hamilton u. a. mit:

„A prison was built, for their accommodation on the quarter-deck".")

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Unnütz wäre es, diese lange Erzählung Thiébaults abzudrucken, zumal da Byron selbst den Inhalt kurz angiebt. Es sei nur auf folgenden Fehler des Dichters aufmerksam gemacht. Der Franzose hat nicht in Schweidnitz gedient, sondern in Neisse.

8) Hamilton, Seite 32.

III. Schluss.

Fassen wir am Schlusse zunächst das Ergebnis der Ausführungen zusammen. Wie Byron selbst angiebt, sind seine Hauptquellen Blighs Voyage to the South Sea" sowie Martins: ,,An Account of the Natives of the Tonga Islands." Der Einfluss des erstgenannten Werkes erstreckt sich fast ausschliesslich auf den ersten Gesang. Wenn Byron sich auch im ganzen inhaltlich an dasselbe anschliesst, so sind doch im einzelnen Abweichungen zu verzeichnen gewesen. Martins Schrift ist im zweiten und ganz besonders im vierten Gesange verwendet worden. Ausserdem kommen Entlehnungen aus Thiébault, und wohl auch aus Hamilton, Wilson und Forster in betracht. Im zweiten Canto sind die philosophischen Betrachtungen vor allem auf Shelleys Einfluss zurückzuführen. Natürlich dürften hier andere Einwirkungen nicht als ausgeschlossen zu erachten sein. 1) Endlich wären neben den persönlichen Erlebnissen noch Lesefrüchte aller Art zu nennen, die zu der und jener Stelle dem Dichter die Veranlassung gegeben haben. Vom zweiten Gesange ist Byron mit der geschichtlichen Ueberlieferung frei verfahren. Ihm kam es nicht darauf an, ein historisch getreues Bild zu geben, sondern für den reinen Zustand der Natur zu schwärmen, wie es Rousseau gethan hat, und ihm die Ueberkultur Europas entgegenzustellen.

So hat er denn mit Benutzung dieser Quellen seine letzte poetische Erzählung geschaffen, eine herrliche Schöpfung, in der Scenen von Aufruhr, Bedrängnis und Kampf mit solchen wechseln, die an das Märchenhafte grenzen und den Leser aus der Wirklichkeit in das Reich der Phantasie versetzen. Trotz ernster Situationen, die sich in der Dichtung finden, schwebt über dieser mehr Ruhe, als in den anderen Epyllien. Mögen auch gegen sprachliche und sachliche Einzelheiten Einwürfe berechtigt sein, doch das Werk als ein Ganzes betrachtet, verdient nicht die mehr oder weniger starke Geringschätzung und Nichtbeachtung, die es anfangs oft von Zeitgenossen des Dichters erfahren hatte. Indes ist dem Gedichte von der deutschen litterarhistorischen Forschung die ihm gebührende Würdigung zu teil geworden.

1) Vgl. Englische Studien, Bd. XXVII, Seite 287/288.

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