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C. Studie über den dritten Gesang.

1. Verhältnis der Fabel zur geschichtlichen Überlieferung.

Der dritte Gesang behandelt die Ausführung der Rache an Christian und seinen Gefährten, von der im nächsten Canto noch weiter berichtet wird.

Die Pandora konnte den Aufenthalt dieser auf Pitcairn lebenden Rebellen nicht ermitteln, und so blieb die Vergeltung für die Meuterei aus. Also was Byron an Einzelheiten der Verfolgung ausführt, ist durchaus unhistorisch, er hat hier seine Phantasie frei schalten und walten lassen. Es sei kurz angegeben, wie der Dichter die Bestrafung der Aufrührer darstellt. Ohne den Kampf zu schildern, teilt er nur mit, dass die Empörer vereint mit Bewohnern Tubuais dem Feinde entgegengetreten, aber durch dessen Ueberlegenheit in Feuerwaffen besiegt worden sind. Die Meuterer hat man im Kampfe teils erschossen, teils gefangen genommen, teils sind welche dem Verderben entkommen. Die Zahl letzterer ist jedoch gering, und diese werden auch noch über die ganze Insel hin verfolgt. Christian, Torquil, sowie Bunting und ein gewisser Skyscrape flüchten sich erschöpft an den Fuss eines am Strande gelegenen Felsens. Nun malt Byron die traurige Lage dieser Männer aus, sowie ihre Stimmung und ihr Gebaren. Der Scene zwischen Christian und Torquil ist gelegentlich schon gedacht worden.1) Da kommt Neuha mit Insulanern in Canoes angefahren, um den Aufrührern und vor allem Torquil Rettung zu bringen. Es folgt eine rührende Liebesscene zwischen diesem und der Geliebten. Allein schon nahen die Verfolger vom Meer her; da besteigt sofort Neuha mit Torquil ein Boot, die anderen drei Rebellen sowie die anwesenden Eingeborenen begeben sich in ein zweites Fahrzeug. Die Feinde machen nun Jagd auf die zwei Canoes, von diesen aber schlägt jedes eine andere Richtung ein.

2. Quellen.

Vielleicht hat Byron mit an die Gefangennahme der auf Tahiti zurückgebliebenen Aufrührer gedacht. Von diesen schreibt Hamilton:

,,their hands were bound behind their back and sent down to the boat under a strong guard".2)

V. 45 ff. Es scheint mir, eine Stelle aus Wilson hat dem Dichter zum Teil die Anregung gegeben. Dort nämlich, wo Wilson von dem Kampfe zwischen den Tubuaiinsulanern und den Meuterern sowie den mit diesen verbündeten Tahitiern spricht.

the mutineers

,,The natives . . . . fought with great courage with the adventage of fire-arms, and the aid of the Otaheiteans, wo fought bravely on this occasion, . . . at last came off victorious".3)

V. 52. Vergl. Island, Ausgabe Coleridge, S. 619.

1) Vergl. Seite 11 dieser Arbeit.

2) Hamilton, Seite 31.

3) Wilson, Seite 52.

V. 121 u. 125.1) Byron hat auch wohl daran gedacht, dass bei den Matrosen Flüche sehr häufig sind. Er selbst war ja auch nicht abgeneigt Verwünschungen auszusprechen.2)

V. 165 ff. Neuha kommt den Aufrührern mit zwei Booten zu Hilfe. Wie in der Studie über den vierten Gesang noch näher ausgeführt werden soll, hat Byron hierbei eine Erzählung Martins im Auge gehabt. I, 9 berichtet dieser u. a., wie ein Häuptling ein Mädchen den Nachstellungen eines Tyrannen entreisst. Ausserdem hat meiner Ansicht nach der Dichter die Anregung zu diesem Zuge wohl aus einer Bemerkung Hamiltons bekommen. Dieser teilt über die Bestrafung der auf Tahiti zurückgebliebenen Meuterer u. a. mit:

,,Oripai, the king's brother, a discerning, sensible and intelligent chief, discovered a conspiracy amongst the natives on shore to cut our cables should it come to blow hard from the sea. This was more to be dreaded, as many of the prisoners were married to the most respectable chief's daughters... in particular one who took the name of Stewart".")

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Zum Schlusse sei kurz über die im dritten Gesange neueingeführte Figur des Meuterers Jack Skyskrape gehandelt. Bei dem Namen hat wohl Byron ein sehr grosser Mann vorgeschwebt:,,skyscrape" entspricht ja unserm deutschen Ausdrucke lange Latte". Ein solches Wort dürfte der Dichter deshalb gewählt haben, um schon mit dem Namen eine komische Wirkung zu erzielen. Letztere soll ja in dem Gebaren dieses Mannes) angesichts seiner traurigen Lage wohl zum Ausdruck kommen. Ob dem Jack Skyskrape ein Urbild zu grunde liegt, lässt sich wohl nicht entscheiden.

D. Studie über den vierten Gesang.

1. Verhältnis der Fabel zur geschichtlichen Überlieferung.

Im vierten Gesange führt nun Byron die Erzählung von der Rache an Christian und seinen Gefährten zu Ende und schildert die glücklichen Zustände auf der Insel nach Abfahrt des Schiffes.

Hier an dieser Stelle sei angegeben, was Folgier und Shillibeer von dem Schicksale der Meuterer auf Pitcairn berichten.

Ersterer teilt mit, fünf Jahre nach der Landung auf dieser Insel erhoben sich die aus Tahiti mitgekommenen Männer und töteten alle Engländer in einer Nacht. Nur Smith allein entkam, nachdem er schwer verwundet worden war. Zur Rache dafür wurden in tiefer Nacht sämtliche Männer von ihren Frauen umgebracht. So war Smith der einzige Mann auf dieser Insel. Sonst gab es dort noch neun Frauen und mehrere Kinder.")

Shillibeer teilt folgendes mit: Christian entriss nach dem Tode seiner Frau einem Tahitier sein Weib. Von diesem wurde er deshalb aus Rache dafür tödlich in den Rücken geschossen. Christian war gerade mit Arbeiten in einer Yampflanzung beschäftigt. Ueberhaupt waren die Europäer und Polynesier oft in Streitigkeiten auf Pitcairn verwickelt.

1) Vergl. Seite 20, Anmerkung 9 dieser Arbeit.

2) Vergl. den Brief an Murray vom 4./8. 1821 und Extract from a Diary, 21./22. 1. 1821, siehe auch Don Juan I, Str. 163, V. 65.

3) Hamilton, Seite 33. Die Fortsetzung des Citates siehe S. 31 dieser Arbeit. 4) Vergl. V. 125 u. 136.

5) Laughton: John Adams [Dictionary of National Biography I, Seite 99.]

Auch zwei andere Weisse waren von den Wilden getötet worden; Adams1) aber, der nur eine Wunde erhalten, verbarg sich in dem Walde. Die Frauen, die mehr den Engländern zugethan waren, ermordeten aus Rache für die Greuelthaten alle ihre Landsleute in einer einzigen Nacht. So entging Adams den Verfolgungen der polynesischen Männer. Er allein war der einzige noch lebende von den Empörern, als die beiden englischen Schiffe in Pitcairn anlegten.

Allmählich aber traten bessere Zustände auf der Insel ein. Neid und Zwietracht schwanden, die Bewohner führten ein wohlgeordnetes Leben. An ihrer Spitze stand John Adams; auf Christians Befehl unterrichtete er die Leute in der christlichen Religion.")

Wie ganz anders stellt Byron die Sache dar, wie die Fabel des dritten Gesanges, so ist auch die des vierten vollständig unhistorisch. Dies liegt ja zum Teil auch begründet in dem Plane Byrons, Martins Schrift zu verwerten.") Lange verweilt der Dichter bei der Rettung Torquils durch Neuha. Beide springen ins Meer und tauchen in einer unterseeischen Grotte wieder empor. Daselbst wird der Geliebte verborgen gehalten, bis die Verfolger die Insel wieder verlassen haben. Von dem Feinde gejagt, landen Christian und die anderen an einem öden Strande. Die Eingeborenen, welche ihnen im Kampfe beistehen wollen, werden fortgeschickt.

Der letzte Kampf der Rebellen beginnt, in welchem diese den Verfolgern bedeutende Verluste beibringen, aber der Uebermacht unterliegen. Christian stirbt zuletzt; zweimal verwundet und mit gebrochenem Beine schleppt er sich an den Rand eines steilen Abhanges. Dort gelingt es ihm, sich hinunter zu stürzen. Kurz vorher aber vollbringt er noch eine seltsame That, indem er aus Mangel an einer Kugel einen Knopf seines Rockes zum Laden der Flinte nimmt und damit noch einen Gegner niederstreckt. Nun verlässt das Schiff mit den Gefangenen Tubuai, Neuha und Torquil kehren dann aus ihrem Verstecke zur Insel zurück. Dort folgen nun glückliche Zeiten.

2. Verhältnis des vierten Gesanges

zu Martins Erzählung von der Insel Hoonga.

In Strophe 2 bis 9 einschliesslich wird uns die Rettung Torquils durch Neuha weitererzählt, und Strophe 14 und 15 handelt von der Rückkehr der beiden Liebenden auf der Insel. Da der Dichter hier so viele Motive aus einer Erzählung Martins verwendet, sei diese zunächst angeführt. 4)

1) Smith nannte sich damals Adams; vergl. Laughton ebendaselbst.
2) Shillibeer, Seite 82/96.

3) Vergl. Seite 8 Anmerkung 1 dieser Arbeit.

1) Diese Erzählung steht Martin I, Seite 255 265. Coleridge giebt auf Seite 629/630 dieselbe Geschichte teils wörtlich, teils inhaltlich wieder und zwar nach der Ausgabe von 1817. Indes begnügt er sich sogar bei solchen Stellen mit einer Inhaltsangabe, die offenbar Byron benutzt hat. Dies halte ich für wenig angebracht. Da mir nun, wie bereits bemerkt, diese Auflage nicht zugänglich war, so habe ich es vorgezogen, die ganze Erzählung, soweit sie für die Quellenstudie nötig ist, wörtlich aus Ausgabe 1818 abzudrucken. Ausserdem halte ich es für den Leser für praktischer, wenn er die Geschichte im Zusammenhange lesen kann und nicht gezwungen ist, ausser dem Abdruck in der Coleridgeausgabe noch die Nachträge dazu in der Dissertation anzusehen.

,,On this island [d. i. die Tongainsel Hoonga] there is a peculiar cavern, the entrance to which is some feet beneath the surface of the sea. The nature of this cavern will be better understood if we imagine a hollow rock rising sixty feet or more above the surface of the water1); into the cavity of which there is no known entrance but one, several feet under the water which flows into it; and, consequently, the base of the cavern may be said the sea itself.) Finow and his friends proposed. . . . to go into this cavern, and drink cava. Mr. Mariner 3).... happening to come down a little while after to the shore, and seeing some of the young chiefs diving into the water, one after another, and not rise again a little surprised. enquired of the last. . . . what they were about? „Follow me", said he and I will take you where you have never been before 4) Mr. Mariner, supposing it to be the famous cavern. prepared himself to follow his companion. and guided by the light reflected from his heels, entered the opening in the rock,) and having dived through the passage rose into the cavern) . . . . he heard the voices of the king and his friends. Being directed by his guide, he climbed upon a jutting portion of rock,) and sat down. All the light that came into this place was reflected from the bottom), and was sufficient, after remaining about five minutes, to show objects with some little distinctness Nevertheless, as it was de

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sirable to have a stronger illumination, Mr. Mariner dived out again, and, procuring his pistol, primed it well, tied plenty of gnatoo tight round it, and wrapped the whole up in a plantain leaf. He directed an attendant to bring a torch in the same way. Thus prepared, he re-entered the cavern as speedily as possible, unwrapped the gnatoo. fired it by the flash of the powder, and lighted the torch 9) ... It 1o) appeared [by guess] to be about 40 feet wide in the main part, but which branched off, on one side, in two narrower portions. The medium height seemed also about 40 feet. The roof was hung with stalactites in a very curious way, resembling, upon a cursory view, the Gothic arches and ornaments of an old church. 11) After having examined the place, 12) they drank cava, and passed away the time. . . . Among other things, an old mataboole, after having mentioned how the cavern was discovered, viz. by a young chief in the act of diving after a turtle, related an interesting account of the use which this chief made of his accidental discovery 15)

In former times there lived a tooi [governor] of Vavaoo, who exercised a very tyrannical deportment towards his people: at length a certain chief meditated a plan of insurrection, and was resolved to free his countrymen or to be sacrificed himself being however treacherously deceived. the tyrant became acquainted with his plan, and immediately had him arrested. He was condemned to be taken out to sea and drowned, and all his family and relations were ordered to be massacred One of his daughters, a beautiful girl, young and interesting, had been reserved to be the wife of a chief of considerable rank, and she also would have sunk, the victim of the merciless destroyer, had it not been for the generous exertions of another young chief, who, a short time before had discovered the cavern of Hoonga. This discovery he had kept within his breast a profound secret . . . . He had long been enamoured of this beautiful young maiden, but had never dared to make her acquainted with the soft emotions of his heart, knowing that she was betrothed to a chief of higher rank and greater power. But now the dreadful moment arrived when she was about to be sacrificed .. he flew to her abode; communicated in a few short words the decree of the tyrant, declared himself her deliverer, if she would trust to his honour . . . . Soon her consenting hand was clasped in his: the shades

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3) Ueber Mariner, vergl. Seite 17, Anmerkung 5 dieser Arbeit.

4) V. 59.

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of evening favoured their escape

her lover had brought a small canoe to

a lonely part of the beach. In this they speedily embarked, and he had paddled her across the smooth wave, he related the discovery of the cavern destined to be her asylum They soon arrived at the rock, he leaped into the water, and she, instructed by him, followed close after: they rose into the cavern, 1)) and rested from their fears partaking of some refreshment which he had brought there 3) . . Early in the morning he returned to Vavaoo, to avoid suspicion: but did not fail, in the course of the day, to repair again to the place he brought her mats to lie on; the finest gnatoo for a change of dress; the best of food for her support, sandal-wood, oil, cocoa-nuts, and every thing he could think of to render her life as comfortable as possible). . He pleaded his tale of love with the most impassioned eloquence and how much was he delighted when he heard the confession, that she had long regarded him with a favourable eye, but a sense of duty had caused her to smother the growing fondness . . How happy were they in this solitary retreat!") . . . . The young chief panted for an opportunity to convey her to happier scenes. he devised the means of restoring her with safety to the cheerful light of day. He signified to his inferior chiefs and matabooles, that it was his intention to go to the Fiji islands, and he wished them to accompany him with their wives and female attendants. A large canoe was soon got ready. . As they were on the point of departure, they asked him if he would not take a Tonga wife with him. He replied, no! but he should probably find one by the way: this they thought a joke they put to sea. As they approached the shores of Hoonga, he directed them to steer to a certain point, and having come close to a rock he got up, and desired them to wait there while he went into the sea. Every body on board was exceedingly surprised at his strange conduct, and began to think him insane. ..they were greatly alarmed for his safety, imagining a shark must have seized him. Whilst they were all in the utmost concern, debating what was best to be done, whether they ought to dive down after him, or wait according to his orders, for that perhaps he had only swum round and was come up in some niche of the rock, intending to surprise them, their wonder was increased. . . . on seeing him rise to the surface of the water, and come into the canoe with a beautiful female. At first they mistook her for a goddess") they recognised her countenance, and found her to be a person, whom they had no doubt was killed in the general massacre of her family; and this they thought must be her apparition. But how agreeably was their wonder softened down into the most interesting feelings, when the young chief related to them the discovery of the cavern and the whole circumstances of her escape. They arrived safe at one of the Fiji islands, and resided with a certain chief during two years: at the end of which time, hearing of the death of the tyrant of Vavaoo, the young chief returned with his wife to the last mentioned island, and lived long in peace and happiness". 7))

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Man sieht, wie Byron Martins Erzählung im vierten Gesange stark benutzt hat. Selbstverständlich hat er sich nicht an den Gang der Erzählung gehalten, noch jede Einzelheit bei der Fabel poetisch verwertet. Es wäre dies ja überhaupt unmöglich; denn die Rettung Neuhas durch Torquil steht in ganz engem Zusammenhange mit der Verfolgung der Meuterer. Vielmehr hat der Dichter aus dem Werke Motive so verwendet, wie sie gerade für seine Zwecke passten. Die hochherzige That Neuhas zu schildern, dazu wurde er veranlasst durch die Befreiung der Insulanerin durch den jungen Häuptling, und das

1) V. 197/202 [von This Discovery an.]

2) V. 119 ff. [von they rose an.] V. 38 ff. [von They soon an.]

5) V. 165/166 [von partaking an.]

4) V. 167 ff.

5) V. 210 ff.

6) V. 212 [von Every body an.]

7) V. 203 227 [von he directed them an.]

$) Was bei Martin noch weiter über die Höhle gesagt wird, braucht nicht angeführt zu werden, da Byron es nicht verwertet hat.

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