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man hier entbehren könne. Bligh, der mit Cook zusammen sei, wolle auf einer unentdeckten Freundschaftsinsel eine Niederlassung gründen. Die Einwohner glaubten solchen Vorspiegelungen und brachten eine Menge Tiere an Bord. Elf Frauen und dreizehn Männer von Tahiti segelten auch mit der Bounty nach Tubuai. Ohne auf den Widerstand der Eingeborenen dieser Insel zu achten, liess man sich dort nieder und baute ein Fort. Man wollte daselbst bleiben und das Schiff vernichten, wenn die Bewohner Tubuais sich friedfertig zeigten.

Allein zu einer Eintracht kam es nicht, die Eingeborenen weigerten sich den Europäern Frauen zu geben, indes die Meuterer entrissen den Polynesiern einfach solche mit Gewalt. Ausserdem hielten Christian und seine Gefährten zu einem Gegner der allermeisten Häuptlinge. Infolge solcher Missstimmungen sehnten sich viele der Empörer nach Tahiti zurück, und so beschloss man auch diesen Plan auszuführen. Da kam es aber mit den Eingeborenen zum Kampfe. Dieselben hatten den Wert des Viehes schätzen lernen, und sie wollten so den Entschluss der Empörer zu nichte machen. In einem heftigen Kampfe trugen Europäer und die mit ihnen verbündeten Tahitier dank ihrer Feuerwaffen den Sieg davon. Eine Menge Toter gab es auf der Seite der Eingeborenen, während bei den Gegnern nur zwei verwundet wurden. Nun verliessen die Aufrührer die Insel und steuerten wieder nach Tahiti.

Wie anders stellt Byron das Schicksal der Rebellen dar 1)! Mit dem Berichte Wilsons stimmt nur überein, dass Christian und seine Gefährten sich auf Tubuai aufhalten. In allen anderen Stücken ist der Dichter mit den geschichtlichen Thatsachen ganz und gar frei verfahren. Nicht ist die Rede von dem wechselnden Aufenthalte der Rebellen. Stehen sich nach Wilson diese und die Eingeborenen feindlich gegenüber, so werden in der poetischen Erzählung die Empörer von den Polynesiern freundlich aufgenommen. Die Europäer schliessen Ehen mit Töchtern der Insulaner, und mitten in der paradiesischen Pracht dieses Eilandes führen sie und die Wilden ein friedliches Leben und bleiben unberührt von jeglichem Einflusse der Kultur. In den herrlichsten Farben malt uns Byron dieses Dasein aus und zeigt es uns an dem einen Paare, an dem Liebesglücke des Meuterers Torquil und Neuhas, einer Schönen von Tubuai.

Verfolgen wir nun den Bericht Wilsons weiter. Auf der Fahrt nach Tahiti war Christian schwermütig und schloss sich in seine Kajüte ein. Im Hafen von Tahiti gingen die, welche daselbst bleiben wollten, ans Land, es waren darunter vierzehn Meuterer. Die übrigen neun, sowie fünfunddreissig Polynesier setzten mit Christian die Fahrt fort. Ueber ihr Schicksal hat man ungefähr zwanzig Jahre lang nichts gewusst. Selbstverständlich blieb die Bestrafung der Rebellen nicht aus. Zu diesem Zwecke wurde die englische Fregatte Pandora unter dem Kommando des Kapitän Edwards ausgesandt im Jahre 1790. Allerlei Vermutungen, darunter manche kühne und seltsame, entstanden im Laufe der Zeit über das Schicksal Christians. So sagt Shillibeer:

„the prevailing opinion was that after he had left and destroyed the Bounty he

1) Eben aus diesem Grunde behandle ich die Erlebnisse der Meuterer viel ausführlicher als Coleridge in seiner Introduction to the Island, S. 583/584, dessen Angaben hier doch zu dürftig sind.

returned to the Coast of South America, and entered into the Spanish service, nay it has been asserted he had been recognized in that situation“. 1)

Im Jahre 1808 wurde der Aufenthaltsort dieser Aufrührer zufällig entdeckt. Der Kapitän eines amerikanischen Handelsschiffes landete auf der Insel Pitcairn im Stillen Ocean und fand eine englisch sprechende Bevölkerung, welche eine Mischrasse war von Europäern und Polynesiern. An ihrer Spitze stand einer der Meuterer, Namens John Adams, welcher sich auch als einen Rebellen der Bounty bekannte. Er erzählte, dass die Aufrührer von Tahiti nach Pitcairn gefahren wären, das Schiff in Brand gesteckt und sich auf der Insel niedergelassen hätten.

Diese Entdeckung wurde von amerikanischen Seeämtern in Valparaiso und Rio de Janeiro der englischen Admiralität mitgeteilt, aber man liess in England die Sache ausser acht. Kein Schiff wurde von der Regierung nach Pitcairn gesandt. Die Begebenheit ist in Zeitungen mitgeteilt worden, wie in der,,Quarterly Review", aber viele schienen ihr keinen Glauben beizumessen oder sie völlig zu ignorieren. 2) Shillibeer sagt: ,,and after the account given of him by the Mayhew Folgier, there were many who retained the same opinion".")

1814 nun landeten zufällig auf Pitcairn die zwei englischen Fregatten Briton und Tagus. Die Besatzung war erstaunt Nachkommen der Meuterer vorzufinden, und sie erfuhren auch, dass vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren Christian und andere Aufrührer sich auf der Insel niedergelassen hätten, und dass die Bounty verbrannt worden wäre.

Auf das Schicksal der Meuterer, die in Tahiti ans Land gingen, braucht überhaupt nicht eingegangen zu werden. Wenn Byron sein Gedicht,,Christian and his Comrades" nennt, so hat er sicher nur die Empörer im Auge, welche mit Christian nicht wieder auf Tahiti sich niederliessen, und deren Schicksal so lange Zeit unbekannt geblieben ist. Man dürfte dies wohl aus der Anmerkung zu IV, 6 schliessen Toobouai, the last island where any distinct account is left of Christian and his comrades." Natürlich muss man da annehmen, Byron hat entweder von Folgiers Entdeckung nichts gewusst 4) oder ihr wenig Glauben beigemessen, wie letzteres ja viel in England geschehen ist. Ferner darf man nicht voraussetzen, dass dem Dichter etwas von der Landung der beiden Fregatten Briton und Tagus bekannt gewesen ist, sowie dass er etwas von Shillibeers Buch gehört und dieses gelesen hat. Da dasselbe 1817 erschien, kann die Publikation ihm entgangen sein; er war ja nicht mehr in England, sondern bereits in Italien, und ausserdem wurde das Werk nicht bei Murray veröffentlicht, sondern bei Law und Whitaker in London. Dass der Dichter nicht alle Meuterer meint, wenn er sagt: „,Christian and his comrades", geht wohl daraus hervor, dass er das Buch Hamiltons ja gekannt hat. Hamilton beschreibt die Fahrt der Pandora nach Tahiti, den Untergang derselben auf der Rückreise, sowie die Rettung der Mannschaft, unter welcher sich gefangene Meuterer befanden. Die Bestrafung der Rebellen wird ausführlich gegeben, und auch Thatsachen aus dem Leben dieser auf Tahiti zurückgebliebenen Leute vor der Ankunft des Schiffes werden mitgeteilt.

1) Shillibeer: S. 78; vergl. auch noch Laughton: Fletcher Christian [im Dictionary of National Biography, Band X, S. 278].

2) Laughton: John Adams [Dictionary of National Biography, Band I, S. 99] und Island, Ausgabe Coleridge, S. 582.

3) Shillibeer S. 78; vergl. auch Coleridge, Introduction to the Island, S. 582. Island, Ausgabe Coleridge, S. 582.

Gewiss wird sich Byron bei der Ausarbeitung seines Gedichtes erinnert haben, dass alle auf Tahiti noch lebenden Empörer sich ohne Kampf ergaben. Und so etwas wird ihn nicht dafür begeistert haben, die Schicksale solcher Leute zu verherrlichen.

Kehren wir zu Byrons Darstellung zurück. Alles, was er noch weiter über die Rebellen dem Leser berichtet, ist vollständig unhistorisch. Der Dichter erzählt, eine Wendung in diesem idyllischen Zustand tritt ein, als das Schiff landet. Ben Bunting, einer der Aufrührer, meldet seinem Freunde Torquil die Ankunft des Fahrzeuges. Dieser nimmt von seiner Geliebten Abschied. Er, wie alle anderen Empörer, sind entschlossen, sich in offenem Kampfe zur Wehr zu stellen. Sie treffen dazu die Vorbereitungen, indem sie die Flinten putzen und Kanonen bereit halten.

Vergleicht man die Fabel des zweiten Gesanges mit den historischen Berichten, so drängen sich einem die Fragen auf: Warum hat sich der Dichter so wenig an das Thatsächliche gehalten? und weshalb wird die Handlung gerade nach Tubuai verlegt?

In der Quellenangabe findet sich weder Wilsons noch Shillibeers Werk angeführt. Man sieht daraus, dass sich Byron wohl absichtlich nicht an die Berichte über die weiteren Schicksale Christians und seiner Gefährten hat halten wollen. Wie weit der Dichter mit der geschichtlichen Ueberlieferung vertraut gewesen ist, lässt sich nicht genau sagen. Angenommen, er habe im allgemeinen die Thatsachen gekannt, die Wilson über den Aufenthalt der Rebellen auf Tubuai mitteilt, sie würden ihn gewiss nicht haben veranlassen können, sie alle poetisch zu verwerten. Wohl kam es dem Dichter nicht darauf an, ein geschichtlich getreues Bild von den Ereignissen zu geben, sondern dem Leser eine Welt vorzuführen, in der die Menschen im reinen Zustand der Natur, in Glück und Freuden sorgenlos dahinleben.

Warum hat Byron die Handlung nach Tubuai verlegt? Wie aus der Anmerkung zu Island I, 1 hervorgeht, wusste der Dichter, dass die Empörer den Aufenthaltsort gewechselt hatten. Byron hat gerade diese Insel als Schauplatz gewählt, weil sie viel weniger von Europäern besucht worden und fast gar nicht mit der Kultur deshalb in Berührung gekommen ist. Nicht ganz unmöglich wäre es, dass er an die Worte Wilsons gedacht hat:

„He [d. i. Christian] had persuaded them to go to Toobouae, a small island ninety leagues to the southward of Otaheite, preferring it to the latter as being less exposed to visits from Europeans."1) 2)

Wenn der Dichter für den reinen Naturzustand schwärmt, wenn er zwischen diesem und der Civilisation den Gegensatz darstellen will,3) so wird er den Leser im Geiste auf eine Insel führen, die zu Europa fast noch gar keine Beziehung gehabt hat. Dies ist in der That bei Tubuai der Fall.

1) Seite XXVII.

2) Aus Gesang I, V. 105 ff. und V. 223 muss man annehmen, die Rebellen sind nach Tahiti gefahren, und der Schauplatz der folgenden Gesänge ist diese Insel. Indes versetzt uns der Dichter nach Tubuai, ohne in irgend welchen Versen anzugeben, dass die Aufrührer ein anderes Eiland aufgesucht haben. Dies ist gewiss eine Schwäche des Gedichtes, mag auch Byron in der Anmerkung zu Gesang II, V. 1 sagen, dass Christian auch auf Tubuai Zuflucht genommen hat.

3) Schmidt S. 10.

2. Verhältnis des zweiten Gesanges zu dem Liede

der Tongainsulaner.

Der Gesang der Tongainsulaner, von dessen Prosaübertragung Byron in der Anmerkung zur ersten Strophe spricht, ist in der Ausgabe von Coleridge Bd. V, S. 598/599 vollständig abgedruckt.1)

Fassen wir nunmehr zunächst ins Auge, was der Dichter an den der Version entlehnten Motiven geändert hat. Hierauf sei festgestellt, welche Züge von Byron ganz weggelassen, und was für neue von ihm noch hinzugefügt sind.

Innerhalb der benutzten Motive hat der Dichter folgende Aenderungen vorgenommen.

Es sind zunächst Züge weiter ausgeführt, und somit neue Gedanken hinzugekommen in: Vers 6, 8, 15, 25, 26; ferner V. 35/36 [von when foes an]; 41/43 [von they thaught an]; 45/46 [bis every drop] V. 56.

Andererseits hat auch Byron Teile von entlehnten Motiven weggelassen.

Strophe I: whilst we were talking of Vava'oo toa Licoo

to contemplate the setting sun.

Strophe II: before Vava'oo was torn to pieces by war.

Strophe III:

How troublesome are the young men, while they say in their flattery.

Ferner sind im Gedichte Sinnesänderungen vorgenommen

worden:

V. 3 [von to the . . .] Martin: to the back of the island.

V. 13 Or climb the steep. Martin: as we stand motionless on the eminence over Ana Manoo.

V. 22 Martin: partake of refreshments prepared for us at Licoo O'nëe. V. 37 Martin: it [d. i. der Krieg] has ... opened untimely graves for departed heroes.

V. 39/40 Martin: Our chiefs can now no longer enjoy the sweet pleasure of wandering alone by moonlight in search of their mistresses.

V. 52 Martin: that their whiteness may show off the colour of our skins. V. 57 Martin: How troublesome are the young men, begging for our wreaths of flowers.

Von Jünglingen ist im Gedichte nicht die Rede.

V. 59 [bis forms] Martin: Die Fortsetzung des eben angeführten Satzes der Version bildet: while they say in their flattery: See how charming these young girls look. An beiden Stellen, also Vers 57 und 59 muss man sich in dem Epyllion die Worte von Mädchen und nicht von Jünglingen denken.

Aenderungen in der Reihenfolge der entlehnten Motive sind ebenfalls von Byron vorgenommen:

37/38 Martin: how it has rendered the land productive of weeds and opened untimely graves for departed heroes.

V. 35 [bis war]. Bei Martin werden erst dann die Bewohner der Fidschiinseln genannt, nachdem von den Folgen des Krieges die Rede gewesen ist. Die Wiederholung eines Motives findet in der Dichtung statt:

Der Gedanke Blumen auf dem Grabe eines Helden zu pflücken, wird zweimal bei Byron ausgedrückt, in V. 7 und in V. 21.

1) In der Ausgabe von 1818, die mir nur zugänglich war, steht dieses Lied Band I, S. 293/294. Der Text in beiden Auflagen differiert fast gar nicht, es sind nur ganz geringfügige Abweichungen, die meist kleine Verschiedenheiten in der Interpunktion betreffen.

Weggelassen sind vom Dichter folgende Züge der Vorlage:
Strophe I: and rinse ourselves in Váoo A'ca.

Strophe II: Mark how the uncultivated spectators are profuse of their applause. Hinzugefügt hat Byron an neuen Motiven: V. 9/10, V. 19/20, V. 24.

So sehen wir, wie der Dichter mit seiner Behauptung recht hat, welche er in dem letzten Satze der Anmerkung zu V. 1 ausspricht. Wenn er sich auch in so vielen Zügen an Martin anschliesst, so ist es doch sein eigenes Werk gewesen, die Gedanken des Originals in eine poetische Form zu bringen und dem Leser eine lyrische Schöpfung darzubieten, zu deren Glanz seine eigenen Aenderungen sehr mit beigetragen haben.

3. Weitere Quellen.

V. 107. Vielleicht hat Byron von einer Stelle aus Martins Werke die Anregung bekommen. In der Beschreibung der romantischen Gegend von Mahi Boogoo heisst es u. a.:

,,a narrow path . . . beset . . . with . shrubs, planted by the liberal hand of nature, whose variegated flowers perfume the air with the most delightful aromatic fragrance."1)

Wie wir später sehen werden, hat der Dichter noch weitere Motive aus diesem Zusammenhange benutzt. 2)

V. 112 ff. hat Gillardon auf Shelleys Einfluss hingewiesen. Die Vorstellung, dass diese Liebe uns unvergängliches Leben giebt und der Sphäre des irdischen Daseins entrückt, geht wohl auf Shelley zurück. Bei diesem heisst es in Rosalind and Hellen", V. 1123 ff.:

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Eine andere Stelle, die aus Shelley hier heranzogen werden könnte, ist V. 169 ff. von Epipsychidion.

V. 159/160 [von The eternal an]. Hierbei macht Gillardon auf die Stellen aufmerksam, in denen sich bei Shelley ähnliche Gedanken finden. Er meint, Shelleys Auffassung von der Modifikation der Substanz und des Individuums hat auf Byrons Dichtungen befruchtend eingewirkt. Wo dieser von der Unendlichkeit des Seins und des Wechsels spricht, wird man wohl Shelleys Einwirkung annehmen dürfen. Gillardon zieht nun Verse aus Shelley heran, um seine Behauptung zu begründen, z. B. Queen Mab IX 152.

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The restless wheels of being on their way
Whose flashing spoke instinct with infinite life
Bicker and burn to gain their desired goal".4)

V. 189. Siehe Island, Ausg. Coleridge S. 606, Anm. 3.

V. 217/219. Aus dem letzten Verse ist ersichtlich, dass der Dichter an seine erste grosse Reise gedacht hat. Dieses Reiseerlebnis

Martin I, Seite 289.

Siehe Seite 43 ff. dieser Arbeit.

Gillardon, Seite 52/53. Centenary Edition II, Seite 39.

Gillardon, Seite 54; Centenary Edition I, Seite 79.

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