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Bällen zu erscheinen und dort den gemüthlichen freien Ton der Freude zu acclimatisiren. Selbst der gemeinste deutsche Tanzbodenjubel ist eine nationale Industrie, in der die Engländer mit den Deutschen nicht concurriren können. In der guten Gesellschaft geht Alles in 'Fashion' unter, in den niedern fliehen die Grazien und Göttinnen der Freude vor Bier und besonders Gin oder trinken letztern selbst. Die deutschen Besen-, Musik- und Blumen - Mädchen von Whitechapel tragen nicht sonderlich bei zu Deutschlands Ehre, aber sie trinken wenigstens keinen Gin, in welchem sich alle Irländerinnen und ungeheure Massen englischer Mädchen und Frauen gar oft bis zum tiefsten Ekel betrinken.

Viele consolidirte Handwerker, die sich von Klein-Deutschland aus durch alle Theile Londons ziehen und blühende Geschäfte machen, so lange sie wollen, nehmen keinen Theil an diesen Vergnügungen und wohnen schon nicht selten weit ausserhalb in eigenen Häusern. Sie kommen dann, wie der grosse Merchant, jeden Morgen in ihr Bureau herein und fahren Abends mit einem Omnibus oder einem Dampfboote wieder nach Hause. Tausende von industriellen deutschen Händen und Familien entziehen sich, vereinzelt und zerstreut unter 21/2 Millionen Menschen, dem Blick gänzlich und sind zum Theil auch förmlich stolz darauf, von dem deutschen Mitbruder, der sich auf die gemeinsame Mutter und Sprache beziehen könnte, gar nicht gekannt zu werden.

Die City. Das Gold, Wechsel und Waaren pulsirende und producirende Herz der Welt besteht jetzt aus den beiden Kammern London und NewYork. Man hat die City von London dessen Lunge genannt. Ihre Flügel concentriren sich um die Bank und Börse, an welche sich in 6 Hauptadern die eigentlichen Gewebe des commerciellen Athmungs-Organes anschliessen. Es besteht aus engen, unfreundlichen, nüchternen Strassen, Häusern, Niederlagen, Vorrathsböden, eisernen Transportwagen und sehr steifen und weissen Vatermördern mit Hüten oben darauf und Backenbärten und Gesichtern dazwischen. Die Gesichter gehören allerdings der Mehrzahl nach Engländern, aber die andern Nationen sind bereits so stark vertreten, dass sie zusammen numerisch mit den Engländern gewiss bald concurriren. Die vollständig gleichartige Kleidung und Beschäftigung hat die nationalen Unterschiede so weit verwischt, dass man ohne gutes Auge oft den Griechen und Türken nicht von dem Cockney, den Sohn der Spree oder Elbe nicht von dem Kinde des Baumwollenstromes aus dem Norden Englands unterscheiden kann. So erkennt man die Deutschen zunächst am Bequemsten durch das, was sie im Schilde führen. Die meisten Häuser der City sind nämlich entweder gleich an den Pfosten der Hausthür, Schwarz in Grau, mit Namen bedeckt oder in der Mitte der Thüren mit metallischen Ebenen benagelt, auf denen die Personalbezeichnungen einzelner Grössen prangen. Unter diesen Namens-Verzeichnissen springen uns in jeder Strasse so viele von christlich-germanischer Physiognomie entgegen, dass man gar nicht begreift, wie so viele Namen ohne Personen dazu möglich sind. Die Herren Jung und Alt sehen nämlich alle wie Johnson und Smith, und Niemand wie Schmidt und Müller aus. Nur dem sichtenden, ethnologisch gebildeten Blicke enthüllen sich die Germanen und vermehren sich dann eben so sehr, wie die Sterne am Himmel dem ruhig und anhaltend blickenden Auge. Dickens hat 'Dombey und Sohn' nicht aus der Luft gegriffen. Dombey und Sohn ist der grosse englische City-Merchant mit dem Herzen von Marmor, der Gesinnung von conservativem Leder und dem Gesicht von Gutta-Percha. Man zerre und ziehe dieses Gesicht zu tausend Grimassen, es nimmt nie einen andern Ausdruck an und wird immer wieder Dombey und Sohn. Kein Gedanke ist so mächtig, kein Gefühl so süss und heilig, dieses Gesicht zu

verklären oder zu erwärmen. Seid noch so sehr Engländer in Bart, Vorhemdchen, Sprache und Ausdruck, ihr Söhne Germania's in der City, dass ihr mehr Kopf und Herz, mehr Subjectivität und Individualität im Gesicht und zu Hause habt, sieht man euch doch an. Im Ganzen ist vielleicht .sowohl die Zeit als auch der Ernst vorüber, selbst in der City, den Deutschen verstecken zu wollen. Die jungen berliner und sonstigen Helden, die in Basinghall- und Fenchurchstreet auch mit dem Schnurrbarte vorwärts kommen, zwischen 9 und 5 Uhr Cigarren rauchen und gelegentlich mitten im Geschäfte Witze machen, sind bereits Gänse, die sich nicht mehr braten lassen und den Schwan verkündigen, den ihr erst recht sollt ungebraten la'n'.

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Die Zahl der deutschen City-Kaufleute wurde auf mannigfaltige Anfragen so fabelhaft verschieden angegeben (zwischen 400 und 1000), dass man gar nicht daran denken kann, jetzt eine einigermassen zuverlässige Zahl zu ermitteln. Die Engländer, welche jedes der Millionen Eier, die sie jährlich mehr importiren, zählen und buchen, haben ihre Statistik noch nicht bis auf die Menschen und Nationen, die unter ihnen von aussen her herein- und aufkommen, ausgedehnt, und die Deutschen selbst sind zu individuell, auch wohl wegen Gleichartigkeit zu abstossend gegen einander (ausser in Geschäftsund Familienverbindungen), als dass sie sich gegenseitig zählen und auf einander rechnen sollten. Zwar gleicht Deutschland in London mannigfach einem grossen Dorfe oder einer kleinen Stadt, wo man sich gegenseitig von einem Thore bis zum andern kennt; aber gerade diese Notiznahme hat dann jene kleinstädtische Abstüssigkeit zur Folge, die es nicht einmal bis zur Vereinigung in eine Zahl kommen lässt. Die Ungewissheit ist hier um erklärlicher, als sich die deutschen Firmen bis in die engsten Winkel der City verlieren, und andere durchaus läugnen, dass sie Deutsche seien. Ein in England geborener Deutscher will unter 100 Fällen 99 Mal bloss ein Engländer sein. Es tritt hier die bekannte Erscheinung auf, dass die im Auslande gebornen Söhne der Deutschen allemal mit besonderer Leidenschaft nur die Ausländer sein wollen, unter denen sie geboren wurden. Der alte Arndt hat es einmal an den Deutsch-Dänen hervorgehoben. Deutschland erscheint dem englisirten Deutschen wie ein armer Verwandter: 'Stadt und Land' oder 'Kaufmann und Ochsenhändler'. Die Erklärung reicht aber nicht hin; man muss den in seiner Nationalität zerrütteten und desshalb kosmopolitisch Trost und neue Vaterländer suchenden deutschen Geist zu Hülfe nehmen. Der Schmetterling bekam bloss seine Flügel dadurch, dass er das Raupenleben aufgab und die Puppenhülle durchbrach. Und was für Schwingen bekamen sie hier, die zu Hause oft als Raupen kaum fortkamen? Man fahre einmal Abends hinaus mit ihnen nach Camberwell, der Hauptcolonie der deutschen City-Kaufleute, und esse mit ihnen. Man sehe sich ihre Lustschlösser im Grünen, ihre fürstlich geschmückten Räume, die brillantnen Kleinigkeiten an Frau und Töchtern an! Extra-Vergnügen giebt's dabei nicht. Der deutsche City-Kaufmann kommt früh, wie jeder andere Kaufmann, mit dem Omnibus, der Eisenbahn, dem Dampfschiff herein, fährt nach 5 Uhr wieder ab, isst und trinkt und lebt häuslich, schläft, rasirt sich und fängt wieder so an, wie gestern. Bälle und Kränzchen kennt er nicht. Einige Kaffeehäuser in Ludgatehill und Fleetstreet dienen den unglücklichen deutschen Clerks' allerdings vorzugsweise zu Sammelplätzen, aber ausser Kaffee, Thee und Cigarren giebt's nicht viel soliden Genuss. So bedient er sich seines goldenen Salairs in der Regel auf eine ökonomische Weise, etablirt sich mit der Zeit, macht ein Haus und Geld und schreibt alle Ostern und Michaelis einen Privatbrief nach Hause', welches mit der Zeit ganz aufhört, heimathliche Erinnerungen in ihm zu erwecken. Als Deutscher findet er

zuweilen ein Stückchen Kölnische Zeitung, einen zerrissenen Kladderadatsch und die Augsburger Allgemeine, aber diese literarischen Boten der Heimath scheinen nicht hinzureichen, ihn 'an's Vaterland, an's theure' anzuschliessen. Da nach 5 Uhr die City bloss Durchfahrt für Omnibus und Menschen und Wohnung für House keepers wird, findet man die deutschen Junggesellen der City-offices am häufigsten im Westend, das wir desshalb jetzt durchwandern wollen.

Neuester Bericht des amerikanischen Patent - Amts.

Kleopatra beschäftigte fortwährend 12 Sklaven mit Kornmahlen für ihren Hausbedarf, während jetzt ein Dutzend Menschen hinreicht, um 60,000 Menschen mit dem nöthigen Mehl zu versehen. Das giebt ein Bild von der Kluft, die zwischen der Cultur von zwei Jahrtausenden liegt. Und doch giebt's auch jetzt noch Menschen, welche den Standpunkt der Industrie unter Kleopatra und Augustus noch nicht überschritten haben. Das Ericson'sche Wärmeschiff; der Nautilus, mit dem ganze Gesellschaften in jeder beliebigen Tiefe des Meeres herumschwimmen und Tonnenlasten von Schätzen aus dem Meeresgrunde damit emportragen können; die Felsen und Gebirge rascher, wie eine Maus ein Brett, durchfressende neue Dampfmaschine das Alles erscheint uns fabelhaft, obgleich wir mitten in den Wundern der Industrie und Technik zu leben glauben. Noch grössere Augen machen wir, wenn wir in einer Nummer des American Courier' (vom 18. November) aus amtlicher Quelle (Report of the Commissioners of Patents') erfahren, dass von 2639 im Jahre 1852 eingegangenen Petitionen um Patentirung neuer Erfindungen 1020 mit Patentirung fast lauter wichtiger und wesentlicher Erfindungen und Verbesserungen beantwortet wurden. Dies ist zugleich die höchste Zahl von ausgegebenen Patenten während eines Jahres. Nur einmal, unter Taylor's Administration, fertigte Commissionär Ewbank 1076 während eines Jahres aus.

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Wir können hier nur ein allgemeines Bild der durch diese Patente repräsentirten Fortschritte amerikanischer Industrie geben. Zuerst stossen wir auf patentirte Thüren und Ladenbretter (shutters), die weder mit Axt, noch Brecheisen, noch irgend einem Instrumente in menschlicher Hand aufgebrochen werden können. Dass die Amerikaner selbst den grossen englischen Schlosser Brahmah besiegt haben, ist wohl noch von der Exhibition-Zeit her hekannt. Das calorische Schiff' ist genau beschrieben, doch mit dem Schlusse, dass die Erfindung ihre Vollendung noch nicht erreicht habe. Sodann finden wir eine Harpune, durch welche der Walfisch sich selbst tödtet: je heftiger er an der Leine reisst, desto tiefer dringt das Geschoss ein. (Beiläufig: allein aus der Baffins - Bai fischten die Amerikaner binnen 2 Jahren für 8 Millionen Dollars Thran und Fischbein.) Unter den Dampfmaschinen, welche patentirt wurden, ist eine beschrieben, welche Eis macht. Ein Versuch, der bei 80° Fahrenheit angestellt ward, gelang vollkommen. Für eine Tonne Kohlen, welche die Maschine verbrennt, liefert sie eine Tonne Eis bei jeder Temperatur; für die unerträgliche Hitze während zweier Monate in New-York u. s. w. ein mächtig kühlender Trost! - Ein Mann, der eine unbedeutende Verbesserung der Häckselschneidemaschine erfunden hatte, machte mit seinem Patente eine Reise und kehrte nach 8 Monaten mit 40,000 Dollars netto zurück. Ein Anderer verkaufte seine neue Dresch- und Kornreinigungsmaschine für 60,000 Dollars. Zu den vielen bereits bekannten Ackerbaumaschinen sind während des einen Jahres noch gekommen: 15 pa

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tentirte Pflüge, 26 Säemaschinen und Pflanzenstecker, 8 Dreschmaschinen, 27 Schnittermaschinen, 10 Aushülser und 3 Pferde-Rechen (horse-rakes). Ein Genie, welches eine neue Druckerschwärze (printers' ink) erfunden hatte, verweigerte 50,000 Dollars dafür und bekam bald darauf 60,000. Man denke dabei an die in früheren Zeiten verhöhnten, verhungerten oder wohl gar eingekerkerten oder der Augen beraubten Erfinder und Entdecker! Wir finden ferner 6 neue Sägemühlen, 7 Schindelspalter (shingle-splitters), 20 Hobelmaschinen, 7, welche auf eine neue Art spinnen, 20, welche auf eine noch nicht dagewesene, eigene, verbesserte Weise' weben, 7, welche eben so nähen und einige, die zuschneiden. Uebers Jahr wird wahrscheinlich auch mit der Dampfmaschine Mass genommen. Der Staatssachverständige Lane beschreibt verschiedene neue elektrische Erfindungen, z. B. eine Harpune, durch welche der Walfisch wörtlich von dem Blitze erschlagen wird, der früher ein Monopol des Obersten der Götter war; sodann eine elektro-magnetische Alarm-Glocke, welche einen Heidenlärm macht, sobald Feuer ausoder Diebe einbrechen. Eine andere elektrische Glocke weckt dich zu der bestimmten Zeit auf, sagt dir, wie spät es ist, und steckt dir ein Licht an. Mit einer Erfindung ordnen sich confuse Haufen von Nadeln und stecken sich selbst in der genauesten Parade in's Papier. Eine andere Maschine verschlingt Tabaksblätter und speit dafür die schönsten Cigarren aus. Die eine Maschine schneidet Käse, eine andere putzt Messer und Gabeln, eine dritte wichst Stiefeln, eine vierte wiegt Säuglinge, und acht neue Patente beschäftigen sich mit Waschen und Plätten. Von Gewehren, die sich selbst laden (ohne von selber loszugehen), sind eine grosse Masse patentirt worden. Sonderbar klingt eine Fischfangmaschine, noch sonderbarer eine Rattenfalle, die ihren Fang tödtet, bei Seite wirft und sofort für andere bereit ist, so dass sie in einer Nacht Hunderte von diesen Unholden vertilgen kann. Die Wahrheiten des amerikanischen Patent - Amts klingen zum Theil fabelhafter, als Poesie. Im Patent- Amte concentrirt sich aber auch die amerikanische Dichtkunst und Literatur. Man hat dort noch keine Musse und Muse für die papierne. Hat man sich aber erst aus dem Gröbsten herausgehauen' so wird die Muse dort der Welt auch zeigen, wie herrlich sie zu begleiten verstehe. Göthe sprach ihr mit Recht das Talent zum Leiten ab. Glücklich, wer's erlebt, wie die amerikanische Muse als himmlische Freundin durch die vollkommenste Welt industrieller und wissenschaftlicher Cultur Menschen begleitet, denen die Mechanik alle rohe Plackerei und irdische Nahrungssorge einst abgenommen haben wird.

Londoner Skizzen.

Von Gravesend bis London.

Das ist die englische Küste! Durch den Morgennebel schimmern die Thürme von Yarmouth. Ein gut Stück Weges noch in der Richtung nach Süden, und die Themsemündung liegt vor uns. Da ist sie: Sheerness mit seinen Baken und Tonnen taucht auf. Nun aber ist es, als wüchsen dem Dämpfer die Flügel, immer rascher schlägt er mit seinen Schaufeln die hochaufspritzende Flut, und die prächtige Bucht durchfliegend, von der man nicht weiss, ob sie ein breiter Strom oder ein schmales Meer ist, trägt er uns jetzt, an Gravesend vorbei, in den eigentlichen Themsestrom hinein.

Alles Grosse wirkt in die Ferne: wir fühlen ein Gewitter, lange bevor es über uns ist; grosse Männer haben ihre Vorläufer, so auch grosse Städte.

Gravesend ist ein solcher Herold, es ruft uns zu: 'London kommt!' und unruhig, erwartungsvoll schweifen unsere Blicke die Themse hinauf. Des Dämpfers Kiel durchschneidet pfeilschnell die Flut, aber wir verwünschen den saumseligen Kapitain: unsere Sehnsucht fliegt schneller, als ein Schiff, das ist sein Verbrechen. Und doch lebt London schon rings um uns her. Gravesend liegt nicht im Bann von London, aber doch in seinem Zauberbann. Noch fünf Meilen haben wir bis zur alten City, noch an grossen volkreichen Städten müssen wir vorbei, und doch sind wir bereits mitten im Getriebe der Riesenstadt; Greenwich, Woolwich und Gravesend gelten noch als besondere Städte und doch sind sie's nicht mehr; die Aecker und Wiesen, die zwischen ihnen und London liegen, sind nur erweiterte Hyde-Parks; von Smithfield nach Paddington, quer durch die Stadt hindurch, ist eine schlimmere Reise wie von London-Bridge bis Gravesend; nicht mehr Miles - end ist die längste Strasse Londons, sondern der prächtige Themsestrom selbst: statt der Cabs und Omnibusse befahren ihn hunderte von Böten und Dämpfern, Greenwich und Woolwich sind Anhaltepunkte, und Gravesend ist letzte Station.

Der Zauber Londons ist seine Massenhaftigkeit. Wenn Neapel durch seinen Golf und Himmel, Moskau durch seine funkelnden Kuppeln, Rom durch seine Erinnerungen, Venedig durch den Zauber seiner meerentstiegenen Schönheit wirkt, so ist es beim Anblick Londons das Gefühl des Unendlichen, was uns überwältigt dasselbe Gefühl, was uns beim ersten Anschauen des Meeres durchschauert. Die überschwängliche Fülle, die unerschöpfliche Masse das ist die eigentliche Wesenheit, der Charakter Londons. Dieser tritt Einem überall entgegen. Ob man von der Paulskirche, oder der Greenwicher Sternwarte herab seinen Blick auf dies Häusermeer richtet, ob man die Citystrassen durchwandert und von der Menschenwoge halb mit fortgerissen, den Gedanken nicht unterdrücken kann, jedes Haus sei wohl ein Theater, aus dem eben jetzt seine Zuhörerschwärme wieder in's Freie strömen, — überall ist es die Zahl, die Menge, die uns Staunen abzwingt.

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unserm

Ueberall! aber nirgends so wie auf der grossen Fahrstrasse Londons der Themse. Versuche ich ein Bild dieses Treibens zu geben. Gravesend liegt hinter uns, noch sehen wir das Schimmern seiner hellen Häuser und schon taucht Woolwich, die Arsenalstadt, vor unsern Blicken auf. Rechts und links liegen die Wachtschiffe; drohend weisen sie die Zähne, hell im Sonnenschimmer blitzen die Geschütze aus sechszig Luken hervor. Vorbei! wir haben nichts zu fürchten: Alt-Englands Flagge weht von Mast; friedlich nur dröhnt ein Kanonenschuss über die Themse hin und verhallt jetzt in den stillen Lüften der Grafschaft Kent. Weiter schaufelt sich der Dämpfer, an Ostindienfahrern vorbei, die jetzt eben mit vollen Segeln und voller Hoffnung in Meer und Welt hinausziehen; seht, die Matrosen grüssen und schwenken ihre Hüte! wenn wieder Land unter ihren Füssen ist, so ist es des Indus oder des Ganges Ufer. Glückliche Fahrt! Und jetzt, ein Invalidenschiff sperrt uns fast den Weg. Alles daran ist zerschossen, es selbst und seine Bewohner. Der Dreidecker ist's, auf dem Nelson fiel; jetzt sind die Kanonenluken friedliche Fenster geworden, hinter denen die Sieger von Abukir und Trafalgar, die alte Garde Nelsons, ihre traulichen Kojen haben.

Aber lassen wir die Alten! das junge frische Leben jubelt eben jetzt an uns vorüber. Eine wahre Flottille von Dampfböten, eine friedliche Scheerenflotte, nur heimisch im Themsefahrwasser, kommt unter Sang und Klang den Fluss herunter. In Gravesend ist Jahrmarkt oder ein Schifferfest, da darf der londoner Junggesell, der Commis und Handwerker nicht fehlen; die halbe City, scheint es, ist flügge geworden und will in Gravesend tanzen und

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