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Die nähe" (wortspiel mit: „,u. kürzesten zeit"), in die die aufsteigende kurve gelangt, ist die der heiligen (,,göttlichen") und reinen seele. (Die ganze kurve der verschiedenen natürlichen begabungen reicht nur bis in die nähe der prophetischen. Sie erreicht dieselbe nicht und schliesst sie nicht in ihren kreis, den des natürlichen. Deutlicher kann es nicht ausgedrückt werden, dass die prophetie eine erkenntnis höherer ordnung ist.) Ihr scharfsinn verharrt ungeschwächt bei der erfassung aller begriffe und zwar in der schnellsten zeit. Dieses ist die seele des propheten, die ein wunder (also ein übernatürliches mass) von spekulativer kraft besitzt. Er bedarf keines lehrers, sondern verhält sich wie jemand, der aus sich alles lernt (was allem natürlichen widerspricht). Das öl seiner geistesfackel brennt, auch wenn es von aussen kein feuer entzündet (da gott es von innen erleuchtet)."

„Drittens (65, 4) ist die seelische kraft des handelns nach aussen zu erwähnen. Sie erlangt (im propheten) häufig eine solche intensität, dass sie auf die naturdinge einfluss ausübt und diese sich in deren dienste zwingen lassen. Ein abbild davon ist folgendes: Wenn unsere seele sich etwas vorstellt, so dienen ihr die glieder des leibes und die fähigkeiten, die eine bewegung enthalten. Dann bewegt sich die seele nach der richtung, die sie sich vorstellt und die sie erstrebt. Der leib (65, 9) und die körperlichen kräfte wurden nämlich als diener der seele erschaffen. Dieses verhältnis ist nach den graden der seelenreinheit und ihrer kraft verschieden. Es ist also nicht undenkbar, dass die seelenkraft so intensiv wird, dass ihr die naturkraft in dem leibe eines anderen gehorcht; denn die seele ist nicht etwa „eingeprägt“ (versenkt wie die tierseele) in ihren körper. Sie besitzt nur eine art der bewegung (des antriebes) und des verlangens, den leib (wie der steuermann das schiff) zu leiten (platonische lehre). Dieses wurde wie eine natürliche beschaffenheit in sie hineinerschaffen. Wenn also die teile des eigenen leibes der seele gehorchen können, ist es nicht unmöglich, dass ihr auch ein anderer leib (oder körper) folge (wenn gott ihr die dazu erforderlichen übernatürlichen kräfte verleiht). Daher kann die seele des propheten durch den blossen blick winde wehen, regen fallen, unwetter und erdbeben heranbrausen lassen, um völker zu vernichten. Es ist bekannt, dass solche ereignisse eintreten, wenn kälte, hitze oder bewegung in der luft entstehen. Bei dem propheten ent

steht also aus ihm selbst diese hitze und kälte oder es entstehen von selbst diese dinge, ohne dass eine physische ursache erkennbar zugegen wäre. Dieses ist dann ein wunder zum beweise für die übernatürliche sendung des propheten. Solches ereignet sich jedoch nur in der luft, die prädisponiert ist. Diese wunderbare einwirkung kann nicht so weit gehen, dass sie ein stück holz in eine schlange (vor Pharao) verwandelt und dass der mond gespalten wird, der (als zur quinta essentia gehörig nach philosophischer lehre) „unzerreissbar" ist.",,Dieses ist die lehre der philosophen über die prophetenwunder. Wir (Gazali 65, 16) leugnen nichts von allem, was sie vorbringen, und dass diese wirkungen ausschliesslich nur den propheten zukommen (nicht etwa den zauberern; denn sie sind mit übernatürlicher hilfe gottes gewirkt). Wir (Gazali im namen der theologen) leugnen nur, dass die philosophen ein recht haben, die wunder ihrer zahl nach einzuschränken und zu bestreiten, dass ein stock sich in eine schlange verwandeln könne oder dass tote zum leben auferstehen usw." Gazali will also nur alle wunder als authentisch anerkannt haben. In der theorie über die prophetie stimmt er mit den philosophen überein, die er sonst bekämpft.

AVERROES 1198 †

Heiss umstritten ist die stellung, die Averroes in unserer frage einnimmt. Wie hat der gewaltige und scharfsinnige kommentator des Aristoteles sich zu den glaubensüberzeugungen seiner religion gestellt, das war die frage, die jahrhunderte lang das abendland beschäftigt und deren voreilige und subjektiv konstruierte lösung die sage entstehen lies, Averroes habe die lehre von der doppelten wahrheit aufgestellt. Averroes wurde auf diese weise der typus alles freigeistertums, während Thomas ihm gegenüber den offenbarungsstandpunkt konsequent vertrat. Thomas und Averroes sollen also die ausgesprochensten Antipoden gewesen sein. Als der spanische orientalist Miguel Asin y Palacios dieser frage in den originalquellen nachforschte, musste er sich bald davon überzeugen, dass die genannten christlich-mittelalterlichen vorstellungen auf reiner sagenbildung beruhen. In seiner übergrossen entdeckerfreude schoss auch er nun über das ziel hinaus, indem er Thomas von Aquin, den grossen gegner des Averroismus, als einen treuen schüler des Averroes nach

zuweisen versucht (El averroismo teológico de Sto. Tomás de Aquino, in der Francisco Codera gewidmeten festschrift; Zaragoza 1904). Gauthier (La théorie d'ibn Rochd, Averroès, sur les rapports de la religion et de la philosophie; Paris 1909; vgl. meine besprechung: Orientalistische Literaturzeitung 1910 no. 12 sp. 539 f.) erkannte natürlich ebenfalls, dass in bezug auf glauben und wissen die prinzipien jener beiden „gegner" in wesentlichen punkten übereinstimmen. Wie wäre dies auch anders möglich, da Averroes die existenz einer übernatürlichen offenbarung als selbstverständlich annimmt und auf der von Farabi und Avicenna markierten linie sich fortbewegend bestrebt ist, die dogmen des koran zu verteidigen, den islam mit dem wissen seiner zeit zu versöhnen und in den dogmen seiner religion tiefe, die menschlichen geisteskräfte vielfach übersteigende, übernatürliche wahrheiten zu erblicken. Ein schüler des Averroes braucht Thomas deshalb noch nicht genannt zu werden, da sich für diesen auch unabhängig von Averroes dieselben folgerungen aus aus denselben prämissen ergeben

mussten.

Irreführend, weil im banne der herrschenden vorurteile1 über Averroes stehend ist die sehr fleissige arbeit von Manser (Jahrbuch f. Philos. und spekulative Theologie bd. 24 u. 25, nach d. sonderabdr. zitiert). Auf schritt und tritt sieht man in dieser studie, wie gefährlich es ist, über

1) Diese sind durch die lateinischen übersetzungen verursacht. Averroes lehrt z. b. deutlich die erschaffung der welt. Wie ist nun möglich, dass diese in den lateinischen übersetzungen geleugnet wird? Der terminus ihdat bedeutet das zeitliche erschaffen (oder erschaffenwerden). Dieses leugnet Averroes. Die lateinischen übersetzungen geben dieses wort nun mit creatio wieder! Nach diesen leugnet Averroes dann also die einfache schöpfung. Manser will dem Avicenna die lehre von der doppelten wahrheit (s. 8 f.) zusprechen auf grund eines textes, der mir im Arabischen nur zu besagen scheint, dass die natürliche vernunft nur das geistige fortleben nach dem tode erkennen kann. Die offenbarung bedient sich jedoch sinnlicher bilder, da sie sich an gebildete wendet, um ihre höheren erkenntnisse auszudrücken. Nur die form der auffassung ist verschieden. Die wahrheit ist nur eine einzige (vgl. Horten: Metaphys. Avicennas 658, 10). Dass Averroes, der ein apologet des islam ist, diesen angreifen soll, vertritt noch Mandonnet (Siger de Brabant 1899 s. 168, 8; zu,,averroistischen" irrtümern über Averroes vgl. Bruno Nardi: Sigieri di Brabante) (Rivista di filosofia neo-scolastica 1911 u. 1912). Weitere berichtigungen zu herrschenden Vorurteilen finden sich in: Horten: Die Metaphysik des Averroes; Halle a. S. 1912 u. Horten: Die Hauptlehren des Averroes; Bonn (Marcus u. Weber) 1913.

un

die islamische philosophie zu urteilen, ohne einen einblick in die gesamtkultur des islam zu haben, und sich dabei auf die lateinischen übersetzungen zu stützen.

1. DIE HARMONIE ZWISCHEN GLAUBEN
UND WISSEN 1

DIE RECHTLICHEN BEZIEHUNGEN ZWISCHEN BEIDEN

Grundlegend wichtig ist vor allem die fragestellung: erlaubt der glaube die beschäftigung mit der wissenschaft, oder verbietet er dieselbe? Der glaube tritt hier als eine instanz auf, von der der philosoph sich die erlaubnis zum spekulieren einzuholen hat, die also das recht beansprucht. ihm zu befehlen, eventuell zu verbieten. Mit anderen worten: der glaube ist der wissenschaft übergeordnet. Philosophia est ancilla theologiae. Averroes gibt sich daher eine ängstliche mühe, die erlaubtheit, sogar die gebotenheit der wissenschaft durch den glauben zu erweisen. Er tritt dadurch in die fusstapfen der liberalen theologen, die sich in ähnlicher weise gegen die angriffe von orthodoxer seite zu verteidigen hatten.

Die frage ist also keineswegs die, die wir nach unserer heutigen kulturlage erwarten: sind die resultate der wissenschaft im widerstreite mit dem glauben oder nicht? Im ersten falle würde die alles beherrschende theologie ihre erlaubnis zur spekulation kurzerhand zurückziehen und so den konflikt lösen. Die frage ist im grunde nur eine rechtsfrage und höchstens in sekundärer weise ein sachlichwissenschaftliche. Bezeichnet doch Averroes selbst seine arbeit (1, 7) als eine theologische untersuchung.

Die art, wie Averroes, der sichtlich von theologischer seite angegriffen wurde und in verteidigungsstellung

1) Marcus Joseph Müller veröffentlichte München 1859 (übersetzung ib. 1875) die massgebenden texte zu dieser frage (,,Philosophie und Theologie von Averroes), auf die sich die eingeklammerten zahlen beziehen. In Kairo erschienen dieselben texte 1317 (= 1899 der erste teil s. 26), 1313 (1895) und 1319 (= 1901 beide teile) und zwar nach der Müllerschen ausgabe (ungefähr zehn druckfehler dieser finden sich genau in jener wieder, zudem auch die worte 125, 5, die Müller als konjektur hinzufügte dort als text!). Der text der Kairenser ausgabe ist durch manche nachlässigkeitsauslassungen (homöoteleuton) entstellt. Ferner vgl. Gauthier in: Recueil de mémoires et de textes, publiés en l'honneur du XIVeme congrès des Orientalistes; Alger 1905 s. 271, 7. ,,Accord de la religion et de la philosophie, traduit et annoté..."

steht, seine thesis beweist, lässt über allen zweifel klar erkennen, dass ein sachlicher konflikt zwischen beiden gar nicht als im bereiche der möglichkeit liegend betrachtet wird der koran fordert auf, die geschöpfe zu betrachten, um durch sie zur gotteskenntnis geführt zu werden. Die philosophie führt diesen befehl aus. Folglich ist sie vom koran nicht nur nicht verboten, sondern sogar befohlen1 oder wenigstens geraten (consilium evangelicum; 3 unt.). ,,Dabei darf es keinen anstoss erregen, dass die alten philosophen, bei denen wir belehrung suchen, keine Muslime waren. Das richtige werden wir annehmen, vor dem falschen nötigenfalls warnen (4, 6)." Dieselbe persönliche freiheit der griechischen philosophie gegenüber reserviert sich Averroes ebenso ausdrücklich auf der folgenden seite (5, 9): „Die lehren der alten, die mit der wahrheit übereinstimmen, nehmen wir an, freuen uns ihrer und wir wissen jenen philosophen dafür dank. Auf solche ihrer lehren, die nicht mit der wahrheit übereinstimmen, machen wir (wie auf irrtümer) aufmerksam und warnen vor ihnen, halten sie aber für entschuldigt (da es ihnen im finsteren heidentume nicht möglich war, bestimmte lehren, die wir, die Muslime, durch übernatürliche offenbarung erkannt haben, auf natürlichem wege zu begreifen)."

Dass die offenbarung nicht etwa nur die höchste vollendung des rein natürlichen erkennens des menschen ist oder dieser gleichsteht, sondern dass sie eine wesentlich höhere ordnung des wissens bedeutet, das übernatürlich ist und von der natur aus eigenen kräften nie erreicht werden kann, beweisen folgende texte: „Würden wir den fall setzen, geometrie und astronomie seien bis zu unserer zeit noch nicht vorhanden und ein einzelner mensch wollte von sich aus die masse und gestalten der himmlischen körper und ihre gegenseitigen entfernungen erkennen, SO wäre ihm dies unmöglich, selbst wenn er von natur aus der scharfsinnigste mensch wäre, es sei denn durch offenbarung oder etwas dieser gleiches (z. b. die traumvision, Müller 4, 14 ff.)." Was der natur im erkennen unmöglich ist, erreicht sie also durch übernatürliche offenbarung. Man könnte einwenden: Averroes spricht häufig (6, 17. IO, IO usw.)

1) Dieses ist das resultat, zu dem Averroes gelangt (5, 12). Dass dabei eine sachliche übereinstimmung zwischen den lehren der offenbarung und der philosophie als ganz selbstverständlich gilt, braucht kaum besonders bemerkt zu werden.

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