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die von gott und den engeln herkommt. Diese hört er also, ohne dass dieselbe ein wirkliches wort sei, das von menschen ausgesprochen wird oder von (anderen) irdischen lebewesen stammt."

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Erklärung: Zu beachten ist vor allem, dass der im bereiche des natürlichen vollkommenste mensch nicht etwa der prophet selbst ist dann wäre die prophetie nur graduell von dem menschlichen, d. h. der stufe der gewöhnlichen menschen verschieden sondern nur disponiert (mustaidd) für die aufnahme einer form höherer ordnung, des übernatürlichen charakters des propheten, der sich also wesentlich von der stufe des menschen, auch des vollkommensten philosophen, unterscheidet. Dieser verhält sich wie eine disponierte materie zum prophetentume, zur prophetischen kraft, die eine form höherer ordnung als das natürliche bedeutet. Der terminus,,in eigentümlicher weise" erinnert an den gleichen bei Farabi und bedeutet, dass dem propheten die folgenden bestimmungen mit ausschluss aller gewöhnlichen menschen zukommen, sodass er durch dieselben aus dem bereiche des natürlichen in den des übernatürlichen gehoben wird. Avicenna ist sogar peinlichst bemüht, alle natürliche vermittelung der offenbarung auszuschliessen : Das wort, das der prophet in der vision vernimmt, ist kein irdisches wort. Es gehört einer höheren welt an und setzt den propheten mit gott in verbindung. Nach diesem kurzen texte ist es schon ausgemacht, dass der philosoph sich in seinen spekulationen nach der höheren weisheit des propheten zu richten hat. Diese scheinbare „gebundenheit“ kann keine ,,fessel" für ihn sein. Sie vermittelt ihm ja doch höhere wahrheiten, die untrüglich sind und direkt aus gott stammen. Diese „gebundenheit" ist für ihn also nur eine scheinbare. Im grunde ist sie ein geführtwerden zur wahrheit und daher zur geistesfreiheit und ein bewahren vor dem irrtume.

Nachdem Avicenna im kap. II der abhandlung X seiner metaphysik die notwendigkeit eines propheten für die menschen nachgewiesen hat, erwähnt er zu beginn des kap. III nochmals die person und natur des propheten mit den worten: ,,Diese person, die den propheten darstellt, ist eine solche, deren existenz sich nicht in jeder zeit wiederholt; denn die materie, die eine solche vollendung (entelechie, wie sie die wesensform des propheten dar

stellt) in sich aufzunehmen geeignet ist (oder: aufnimmt), findet sich nur in wenigen mischungen der menschlichen natur. Daher war es unumgänglich notwendig, dass der prophet in eingreifender und grosszügiger weise anordnungen traf, damit seine satzungen (auf gebräuchen des propheten basierend) und gesetzesvorschriften betreffs der wohlfahrt der menschen dauernd erhalten blieben usw."

Erklärung: Je nach der verschiedenen disposition der materie ist die in sie aufgenommene wesensform eine wesentlich verschiedene. Ist die materie in der geringsten weise für eine seelische form disponiert, so emaniert aus der himmlischen welt die niedrigste art der seelenform, die vegetative; ist sie in besserer weise disponiert, dann die nächsthöhere stufe der seelenform, die animalische (sensitive); wenn in noch mehr gesteigerter weise, dann die nächsthöhere form der seele, die menschenseele. Steigert sich die vollkommenheit der disposition noch um einen grad, dann emaniert aus der himmlischen welt eine prophetenseele. Sie verhält sich also zur menschlichen seele wie diese zur animalischen d. h. bildet eine höhere stufe, die wesentlich verschieden ist. Wie die anima sensitiva niemals durch natürliche vervollkommnung zur anima rationalis werden kann, so diese letztere niemals zur prophetenseele. Die höchste vollendung der menschenseele wird als intellectus adquisitus bezeichnet. Wäre die prophetenseele die auf natürlichem wege vollendetste form der menschenseele, dann müsste sie in die klasse dieses erworbenen intellektes fallen. Dies wird aber von Avicenna auch dadurch als unmöglich bezeichnet, dass er die prophetenseele als eine höhere ordnung des intellektes darstellt, die auf den intellectus adquisitus durch verleihung einer besonderen form (also mit wesentlicher verschiedenheit) folgt.

GAZALI IIII †

Als anhang zu Avicenna möge Gazali folgen, zumal er seine ansichten mit denen jenes philosophen nahezu identifiziert. Die prophetie ist eine übernatürliche gabe. Wird ein mensch mit derselben ausgezeichnet, so werden dadurch auch seine rein natürlichen kräfte veredelt und zwar in folgender weise (Gazali: Widerlegung der Philosophen; Kairo 1903 s. 64. 22): „Erstens: Der prophet besitzt eine

besondere (das natürliche mass übersteigende) eigentümlichkeit in seiner kombinierenden phantasie. Wenn diese, so lehren die philosophen, die oberherrschaft gewinnt und und erstarkt und von den sinnen nicht in anspruch genommen und abgelenkt wird, erschaut sie die wohlbewahrte schicksalstafel und empfängt die wesensformen der partikulären dinge der zukunft in sich eingeprägt. Den propheten überkommt dieses (übernatürliche schauen) im wachen zustande, die übrigen menschen im schlafe. (Der traum ist nach diesen vorstellungen kein natürlicher vorgang, sondern eine erscheinung, eine offenbarung. Mit natürlichen kräften ist es unmöglich, die verborgenen schicksalstafeln zu sehen. Es liegt hier also eine von der natürlichen erkenntnis wesentlich, nicht nur graduell verschiedene vor, eine solche übernatürlicher ordnung.) Dieses ist diejenige eigentümlichkeit der prophetie, die ihr in der kombinierenden phantasie zu eigen ist."

,,Zweitens ist eine eigentümliche begabung in der spekulativen geisteskraft zu erwähnen. Sie ist innerlich verwandt mit der kraft des scharfsinnes, der darin besteht, dass der geist mit schnelligkeit von dem bekannten zum unbekannten übergeht. Mancher schlaue erfasst aus sich sofort den beweis, wenn man ihm das indizium zeigt und umgekehrt, kurz: wenn ihm der terminus medius einleuchtet, erschaut er sofort die schlussfolgerung, und wenn in seinem geiste die definition der folgerung präsent ist, erkennt er sofort den terminus medius, der zwischen den beiden termini der folgerung (subjekt und prädikat) vermittelt und sie vereinigt. In dieser begabung zerfallen die menschen in verschiedene gruppen. Die einen erschauen die erkenntnisinhalte aus sich, die andern bei der geringsten hinwendung der aufmerksamkeit, die dritten nur nach mühevoller anstrengung. Wenn das extrem des mangels an dieser begabung so weit reicht, dass der betreffende keine spur von ,,scharfsinn" mehr besitzt, so dass er trotz seiner anstrengung nicht mehr dazu disponiert ist, die begriffe zu erfassen, kann auch das andere extrem, das der kraft und der zunahme (des zuviel, die aufsteigende kurve) so weit gesteigert werden, dass der betreffende alle oder die meisten begriffe (geistigen objekte) und zwar in der schnellsten und kürzesten zeit erfasst. Diese funktion ist nach quantität in allen oder nur einigen problemen und qualität verschieden, so dass sich verschiedene intensitätsgrade in der schnelligkeit heraus

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bilden. Die „,nähe" (wortspiel mit:,,u. kürzesten zeit"), in die die aufsteigende kurve gelangt, ist die der heiligen („,göttlichen") und reinen seele. (Die ganze kurve der verschiedenen natürlichen begabungen reicht nur bis in die nähe der prophetischen. Sie erreicht dieselbe nicht und schliesst sie nicht in ihren kreis, den des natürlichen. Deutlicher kann es nicht ausgedrückt werden, dass die prophetie eine erkenntnis höherer ordnung ist.) Ihr scharfsinn verharrt ungeschwächt bei der erfassung aller begriffe und zwar in der schnellsten zeit. Dieses ist die seele des propheten, die ein wunder (also ein übernatürliches mass) von spekulativer kraft besitzt. Er bedarf keines lehrers, sondern verhält sich wie jemand, der aus sich alles lernt (was allem natürlichen widerspricht). Das öl seiner geistesfackel brennt, auch wenn es von aussen kein feuer entzündet (da gott es von innen erleuchtet)."

,,Drittens (65, 4) ist die seelische kraft des handelns nach aussen zu erwähnen. Sie erlangt (im propheten) häufig eine solche intensität, dass sie auf die naturdinge einfluss ausübt und diese sich in deren dienste zwingen lassen. Ein abbild davon ist folgendes: Wenn unsere seele sich etwas vorstellt, so dienen ihr die glieder des leibes und die fähigkeiten, die eine bewegung enthalten. Dann bewegt sich die seele nach der richtung, die sie sich vorstellt und die sie erstrebt. Der leib (65, 9) und die körperlichen kräfte wurden nämlich als diener der seele erschaffen. Dieses verhältnis ist nach den graden der seelenreinheit und ihrer kraft verschieden. Es ist also nicht undenkbar, dass die seelenkraft so intensiv wird, dass ihr die naturkraft in dem leibe eines anderen gehorcht; denn die seele ist nicht etwa ,,eingeprägt" (versenkt wie die tierseele) in ihren körper. Sie besitzt nur eine art der bewegung (des antriebes) und des verlangens, den leib (wie der steuermann das schiff) zu leiten (platonische lehre). Dieses wurde wie eine natürliche beschaffenheit in sie hineinerschaffen. Wenn also die teile des eigenen leibes der seele gehorchen können, ist es nicht unmöglich, dass ihr auch ein anderer leib (oder körper) folge (wenn gott ihr die dazu erforderlichen übernatürlichen übernatürlichen kräfte verleiht). Daher kann die seele des propheten durch den blossen blick winde wehen, regen fallen, unwetter und erdbeben heranbrausen lassen, um völker zu vernichten. Es ist bekannt, dass solche ereignisse eintreten, wenn kälte, hitze oder bewegung in der luft entstehen. Bei dem propheten ent

steht also aus ihm selbst diese hitze und kälte oder es entstehen von selbst diese dinge, ohne dass eine physische ursache erkennbar zugegen wäre. Dieses ist dann ein wunder zum beweise für die übernatürliche sendung des propheten. Solches ereignet sich jedoch nur in der luft, die prädisponiert ist. Diese wunderbare einwirkung kann nicht so weit gehen, dass sie ein stück holz in eine schlange (vor Pharao) verwandelt und dass der mond gespalten wird, der (als zur quinta essentia gehörig nach philosophischer lehre),,unzerreissbar" ist.“ „Dieses ist die lehre der philosophen über die prophetenwunder. Wir (Gazali 65, 16) leugnen nichts von allem, was sie vorbringen, und dass diese wirkungen ausschliesslich nur den propheten zukommen (nicht etwa den zauberern; denn sie sind mit übernatürlicher hilfe gottes gewirkt). Wir (Gazali im namen der theologen) leugnen nur, dass die philosophen ein recht haben, die wunder ihrer zahl nach einzuschränken und zu bestreiten, dass ein stock sich in eine schlange verwandeln könne oder dass tote zum leben auferstehen usw." Gazali will also nur alle wunder als authentisch anerkannt haben. In der theorie über die prophetie stimmt er mit den philosophen überein, die er sonst bekämpft.

AVERROES 1198 †

Heiss umstritten ist die stellung, die Averroes in unserer frage einnimmt. Wie hat der gewaltige und scharfsinnige kommentator des Aristoteles sich zu den glaubensüberzeugungen seiner religion gestellt, das war die frage, die jahrhunderte lang das abendland beschäftigt und deren voreilige und subjektiv konstruierte lösung die sage entstehen lies, Averroes habe die lehre von der doppelten wahrheit aufgestellt. Averroes wurde auf diese weise der typus alles freigeistertums, während Thomas ihm gegenüber den offenbarungsstandpunkt konsequent vertrat. Thomas und Averroes sollen also die ausgesprochensten Antipoden gewesen sein. Als der spanische orientalist Miguel Asin y Palacios dieser frage in den originalquellen nachforschte, musste er sich bald davon überzeugen, dass die genannten christlich-mittelalterlichen vorstellungen auf reiner sagenbildung beruhen. In seiner übergrossen entdeckerfreude schoss auch er nun über das ziel hinaus, indem er Thomas von Aquin, den grossen gegner des Averroismus, als einen treuen schüler des Averroes nach

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