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nen und durchaus gleichen Klang abzugewinnen, und beherrscht diese Tonreihe mit achtungswerther Bravour und einem besondern Geschick für das sanfteste, oft in der That an Unhörbarkeit streifende Piano; eine Geschicklichkeit, die ihn verleitet, das Pianissimo vielleicht zu häufig anzubringen. Die Sontag bedient sich bekanntlich desselben Reizmittels; denn das ist es in der That, und zwar ein bis zur Nerven-Affizirung angreifendes, den Klängen bis in ihr Ersterben nachzulauschen und zwischen dem letzten Hauch und dem Nichts zu bangen. Aber eben desshalb liegt das Reizmittel ausser der Gränze des Schönen, wo es nicht gewiss nur in seltnen Momenten durch die Idee des Kunstwerks nothwendig gefodert wird. Herr Schalk ist in dem Grade und der Frequenz dieser Manier viel weiter gegangen, als jene Sängerin, und machte dadurch einzelne stark hervortretende tiefe Töne um so auffallender. Indess gab er daneben genug Anlass, den seelenvollen und geschickten Virtuosen in ihm zu erkenuen, und wurde mit dem Beifall des Publikums belohnt.

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Der zweite Virtuos, Herr Hamann, Schüler des Herrn Kammermusikus Mohs, trug eine Konzert-Polonaise (E-dur) von H. Herz mit Geläufigkeit und (soweit das etwas kurztönige Instrument und die Komposition verstattete) mit Sinn und Geschmack vor, und ärndtete ebenfalls den Beifall des Publikums. Möge er seine Fertigkeit nur bald dem Studium unsrer Meisterwerke widmen und sich an ihnen mit hinlänglicher Kunstliebe erfüllen, um in dem Vortrag eines Beethoven'schen Konzerts oder ähnlicher Werke seinen wahren Ruhm zu suchen. Wer sie recht kennt, wird nicht zweifeln, dass sie auch das Publikum ihm gewinnen müssen, oder er hätte eine ungerecht geringe Meinung von diesem.

Allerlei.

M.

Zwei katholische Choralmelodien. Ich will sie hier niederlegen, wie ich sie vor einigen Wochen in Bonn gehört, ungewiss,

wie viel die begleitenden Umstände und ein lebhafter Antheil an jedem Gottesdienste beigetragen haben, ihre Wirkung zu erhöhen. Was ich erzähle, ist nicht Erdichtung, auch nicht aufgeschmückte, sondern ganz einfache Wahrheit.

Schon am Abend meiner Ankunft hatt' ich in der Wohnung meines Freundes aus der Minoritenkirche gegenüber starken Orgelklang, breite, klar und würdig geführte Akkordenmassen, gehört.,,Es sei das Wallfahrtsfest der heiligen Maria zu Keflaar," sagt er mir nicht ohne Unmuth,,,und schon in den achten Tag währe das Singen und Beten, dass man keinen eignen Gedanken festhalten könne." Das führte denn auf die alte Beschwerde: der Gottesdienst bei diesen Wallfahrten sei ja doch nur blosses Cermonial, Geist und Herz erführen wenig davon und schwärmten oft in gar andern Regionen. Die Peterskirche wurde erwähnt, die manches Liebesabentheuer unter dem Messelesen gesehen haben. soll; von der Frohnleichnams-Procession in München erzählt, wo die türkische Musik Aubers Stummen-Ouvertüre voraufgespielt und alles so bunt und lustig gewesen.

Auch am folgenden Morgen der Regen goss in Strömen nieder musste ich manches dergleichen mit anhören. Die bunten Heiligenschreine, die Kruzifixe voll Gold und Blumen, die mich im Tyrol so erfreut, die Himmelfahrten und Wunder und Verklärungen, mit denen da die Häuser strassenweit, sogar in den Dörfern, von aussen al fresco und ganz sehenswerth bemalt sind: das sollte vollends baarer Bilderdienst sein. Und wenn ich meinte, dass in dem hellen, lebenbrausenden Südlande, für das heisserregte sinnlich beseelte Volk auch der Gottesdienst ein andres Ansehen gewinnen müsse, wenn ich gar meinte, vielleicht thäte man im Norden etwas zu wenig, wie dort zu viel: musst' ich mich gar wahren, nicht für einen Verführten zu gelten. Endlich vertieften wir uns in ein Gespräch über den Nutzen der Harmonie im Allgemeinen und des Quartsextenakkordes im Besondern.

Plötzlich unterbricht uns ein starkes, hundertstimmiges Reden von der Strasse herauf. Noch wehte der Regen nieder. Die lange Strasse war nach beiden Seiten mit Betenden gefüllt. Jetzt

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Redakteur: A. B. MARX. -Im Verlage der Schlesinger'schen Buch- und Musikhandlung.

ALLGEMEINE MUSIKALISCHE ZEITUNG.

Den 16. Oktober

Siebenter Jahrgang.

No 42.

David, Oratorium, Gedicht von C. G. Körner, Musik von Bernhard Klein. (Zum Erstenmale aufgeführt bei dem fünften Elb-Musikfeste in Halle a/S. Am 5. Juni 1830 *).

Ausserdem, dass Musikfeste ein Hauptmittel sind, den Sinn für gute, namentlich religiöse Musik im Volke zu wecken und zu veredeln und dem musikalischen Volksleben einen höhern Schwung zu geben, bieten sie auch lebenden Komponisten die beste Gelegenheit dar, ihre Werke in diesem Fache der Tonkunst zur Aufführung zu bringen und der Welt bekannt zu machen. Wie viel herrliche Werke im Fache der Kirchenmusik mögen, ohne eine solche Gelegenheit, spurlos an ihren Zeitgenossen vorübergegangen und gänzlich vergessen sein? Wohl

uns,

dass der Kunstsinn unsers Zeitalters eine Stufe betreten hat, wo man ernstlich darauf bedacht ist, solchen Uebeln zu steuern. Dem Vereine der Elbstädte für grosse Musikaufführungen gebührt die Ehre, ein Werk an das Licht gezogen zu haben, welches, nach dem Urtheile des Rec. und aller Sachverständigen, welche der Aufführung desselben bei dem Musikfeste in Halle am 3ten Juni d. J. beigewohnt, zu den ersten Meisterstücken der Kunst, die in dieser Gattung die neuere Zeit herangebracht hat, zu rechnen ist. Dieses Werk ist der ,,David," Oratorium von Körner und Klein. Ein Werk, welches sich eines solchen Ruhmes erfreut, verdient auch schon vor seinem Erscheinen im Drucke, öffent

*) Da dieses Werk in Kurzem hier aufgeführt werden wird, so nimmt die Redaktion mit Vergnügen Gelegenkeit, es durch einen (in der Einsendung verspäteten) so erfreulichen Bericht den Lesern näher zu stellen.

M.

1830.

lich bekannt gemacht zu werden, damit das musikalische Publikum auf die Genüsse aufmerksam werde, welche dasselbe zu erwarten hat *). Ehe wir jedoch an die Beurtheilung der Komposition dieses Werkes gehen, müssen wir erst einen Blick auf die poetische Idee, welche derselben zum Grunde liegt und auf das Gedicht selbst werfen. Zwei Hauptmomente aus dem Leben Davids stellt uns der Dichter vor. Der erste Theil zeigt uns David auf der Höhe des Glücks, von Gott begünstigt, jedoch zuletzt übermüthig; im zweiten sehen wir ihn durch eigne Schuld gefallen, von Gott verlassen, aber in Folge seiner Reue wieder zu Gnaden aufgenommen. Dieser Gegenstand ist vom Dichter im Ganzen, namentlich im zweiten Theile sehr interessant durchgearbeitet, obgleich einige Mängel sowohl in der Anlage als in der Durchführung nicht übersehen werden können. Die Personen, welche handelnd auftreten sind: David (Bass), Joab (Bass), Absalon (Tenor), der Prophet Nathan (Alt), Sulamith und Thirza (Sopran). Die erstern sind historisch, und um dieselben dreht sich die dargestellte Begebenheit. Sulamith und Thirza dagegen sind zwei Jungfrauen aus dem Volke, welche nicht im geringsten in die Begebenheit eingreifen und bloss betrachtend dastehn. Man fühlt nur zu sehr, dass der Dichter diese beiden Personen herbeigezogen hat, um Soprane zu haben, und das Interesse, was sie erwecken, ist sehr gering. Es würde gewiss nicht schwer gewesen sein, diesem Uebel abzuhelfen, zumal da ein Theil der Katastrophe aus Davids Leben, welche den Stoff zum Gedichte geliefert hat, nicht ohne weibliche Einwirkung ist.

*) Der Klavierauszug ist seitdem bei Brüggemann in Halberstadt erschienen.

M.

Diese Katastrophe beginnt mit dem Zeitpunkte, wo David, nach Besiegung seiner innern und äussern Feinde, seinen Thron fest gegründet hat, und wo er das Ziel aller seiner Wünsche und Bestrebungen erreicht sieht. Der beständig glückliche Erfolg seinen Unternehmungen erweckt in ihm ein zu grosses Selbstvertrauen und mit despotischem Sinne weist er die Rathschläge und Bitten seines Sohnes Absalon und des ganzen Volkes, das feindlich drohende Syrien mit Krieg zu überziehen, zurück. Dieser despotische Sinn zeigt sich in den Worten:

Die Milde reizt zum Widerstreben,
Die Strenge führt zur Pflicht zurück.
Des Königs Wille ist der Fels,

Der fest im Sturm der Wogen steht,
Und möchten alle Völker flehen,

Sein Wort gebietet einer Welt.

Die Strenge des Vaters reizt den ehrgeizigen Sohn zum höchsten Unwillen, und hierin finden wir den Grund zu seiner spätern Empörung. Dies ist der Inhalt des ersten Theils, unverkennbar etwas zu arm an Handlung. Zu Anfange des zweiten Theiles tritt Nathan auf, eine grossartige Erscheinung, welcher, an Gottes Statt, über David Gericht hält. Durch ihn erfahren wir erst das eigentliche Verbrechen Davids, nämlich die Ermordung des Urias, eine Folge seiner despotischen Gesinnungen. Aber auch dieses Ereigniss wird nur in wenigen Worten erwähnt, welche leicht an den Ohren des Zuhörers unbemerkt vorüber gehen können. Würde der erste Theil nicht an Lebendigkeit und an Interesse gewonnen haben, wenn diese Begebenheit, der Knoten des Ganzen, darin weitlaufiger dargestellt wäre? Nachdem Nathan dem David die Ungnade des Herrn verkündigt hat, erkennt dieser die Grösse seines Verbrechens, und Reue ergreift sein Herz. Nathan tröstet ihn mit der Barmherzigkeit Gottes, welche dem reuigen Sünder zu Theil wird; in diesem Augenblicke aber dringt das Volk herzu und flehet um Schutz wider heranziehende feindliche Schaaren. Noch wagt es, David sein Gebet zum Herrn zu erheben, wenn auch nicht für sich, sondern um Rettung für sein Volk. Als man ihm aber verkündigt, dass die Feinde Empörer seien, geführt von Absalon, stellt sich ihm die Grösse seines Verbrechens in den grell

sten Farben dar, und Verzweiflung ergreift sein Herz, denn er betrachtet die Empörung seines Sohnes als Strafe seiner Vergehungen. Ergreifend und das innigste Mitleid erweckend ist der Zustand seines Gemüths, den er in folgenden Worten ausspricht:

Täglich drohte mir einst der Tod,

Kaum entrann ich der Macht des Verderbens;
Aber selig durch innern Frieden,
Blickt' ich vertrauend empor zum Herrn!
Jetzt von Scham und Reu' gequält,

Steh' ich schaudernd am Rande des Abgrunds,
Wage die Augen nicht aufzuschlagen,
Bebe vor des Richters Zorn;

Furchtbar dringen durch Mark und Gebein
Donnernde Stimmen vom Sinai,

Sind ein vergehend Feuer dem Sünder,
Den des Gesetzes Fluch zermalmt.

Endlich ermannt sich der tiefgebeugte Vater wieder, sein altes Gottvertrauen kehrt zurück, er ist stark genug, seine Gefühle als Vater zu unterdrücken und einen Beschluss zur Rettung seines von Gott ihm verliehenen Reichs zu fassen. Mit seinem Gottvertrauen kehrt auch die Gnade Gottes wieder. Absalon, die Warnungen eines Nathan verachtend, fällt. Schmerz beugt den Vater; aber Trost findet er in der Liebe seines Volks und im Gebet.

Ueberblicken wir den zweiten Theil, so bemerken wir einen ausserordentlichen Reichthum der Begebenheit, welcher dem Komponisten ein grosses Feld darbot, und wodurch die geringere Vollkommenheit des ersten Theils in dieser Hinsicht leicht vergessen gemacht wird. Vielleicht wird hierdurch sogar der Eindruck des Ganzen erhöht, indem bis zu Ende eine beständige Steigerung statt findet. Die Karaktere der einzelnen Personen sind wahr und scharf gezeichnet. Vor allen ist der des David gelungen zu nennen, wegen der vollkommnen psychologischen Richtig. keit, womit sich derselbe entwickelt. Im Karakter des Nathan liegt die erhabenste Würde, wie man sie von einem Gottgesendeten erwartet. Der Grundzug von Absalons Karakter ist Leichtsinn, verbunden mit wildem Ehrgeiz, die Quellen seiner verderblichen Unternehmungen. Joab, der Feldherr Davids, ist ein tapferer Krieger. Sulamith und Thirza haben, ihrer Stellung zum Ganzen wegen, keinen ausgeprägten Karakter.

Die Sprache ist gedrängt und körnig und dem Gegenstande angemessen; nur selten stösst man auf etwas prosaisch klingende Phrasen, z. B. ,,Mit Achtung hör' ich Deinen Wunsch, mein Sohn."

Nun zar der Beurtheilung der Musik dieses Oratoriums. Diese ist durchaus kirchlich, würdevoll und einfach; dabei höchst effektvoll und von der ergreifendsten dramatischen Wahrheit. Originalität vereinigt sich mit künstlerischer Vollendung. Die Auffassung der Karaktere der handelnden Personen ist eben so wahr und richtig als deren Durchführung. Die Deklamation ist überall vortrefflich; nie opfert der Komponist die Reinheit derselben zu Gunsten einer Melodie auf. Die Chöre sind, mit wenigen Ausnahmen fünfstimmig (zwei Soprane), und in denselben hat der Meister in einem noch höhern Grade gezeigt, was er vermag, als im Sologesange. Die Instrumentation ist nicht dominirend, sondern dem Gesange stets untergeordnet und die Wirkung desselben erhöhend; wo es jedoch der Zweck erfodert, reich und glänzend. Eine besondre Eigenthümlichkeit des Komponisten, welche ihre grosse Wirkung nie verfehlt, besteht darin, dass er sehr häufig die Saiten-Instrumente figurirend im Unisono fortschreiten lässt, während die Blas-Instrumente in einfachen Akkorden den Gesang begleiten und tragen. Um diese allgemeinen Urtheile zu bestätigen, wird Recensent zur Darstellung des Einzelnen übergehen.

Das Oratorium beginnt mit einem Hymnus: „Der Herr ist gross in Zion u. s. w." (D magg. C) einem Chore voll Kraft und Würde. An dieses schliesst sich ein Duett der Sulamith und Thirza an, begleitet vom Chore der Jungfrauen (G magg. dreistimmig) preisend die segensvolle Regierung Davids, nachdem der Held auf Zions Burg seinen Thron fest gegründet. Wahr und treu ist die Darstellung des weiblichen Karakters, welcher selbst die Empfindung des Glücks mit Zartheit und Innigkeit an den Tag legt. Den wirkungsvollsten Kontrast bildet in dieser Hinsicht der folgende, dreistimmige Priesterchor C maggiore, eine der erhabensten Kompositionen des ganzen Werks. Die Beziehung, in welcher dieser Chor zu dem Ganzen steht, lernen wir aus dem folgenden Recitativ Davids kennen. Die Philister haben die Bundeslade geraubt und entweihen dies Heiligthum dadurch, dass sie dasselbe zu Dagons Füssen stellen. Solchen Hohn aber erreicht die Strafe bald: Dagons Bild liegt zerschmettert in Trümmern, und angstvoll senden die Feinde das Heiligthum zurück. Der Chor der Priester begleitet dasselbe auf die Burg Zion. Der Gesang ist äussest einfach, voll Würde und Kraft, noch mehr gehoben durch die sinnreiche, ergreifende Instrumentirung. Die Blasinstrumente begleiten und tragen meistentheils die Singstimmen, während die Saiteninstrumente in Viertel-Fortschreitungen, forte, einfache Harmoniegewebe wie mit einem starken Faden umschlingen.

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