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Mit einem Worte: Die Statue ist Chabrias.

Der Beweis ist folgende Stelle des Nepos in dem Leben dieses FeldHerrn. b Hic quoque in summis habitus est ducibus: resque multas memoria dignas gessit. Sed ex his elucet maxime inventum ejus in proelio: quod apud Thebas fecit, quum Boeotiis subsidio venisset. Namque in eo victoriae fidente summo duce Agesilao, fugatis jam ab eo conductitiis catervis, reliquam phalangem loco vetuit cedere, obnixoque genu scuto, projectaque hasta impetum excipere hostium docuit. Id novum Agesilaus contuens, progredi non est ausus, suosque jam incurrentes tuba revocavit. Hoc usque eo tota Graecia fama celebratum est, ut illo statu Chabrias sibi statuam fieri voluerit, quae publice ei ab Atheniensibus in foro constituta est. Ex quo factum est, ut postea athletae, ceterique artifices his statibus in statuis ponendis uterentur, in quibus victoriam essent adepti.

Ich weis es, man wird noch einen Augenblick anstehen, mir Beyfall zu geben; aber ich hoffe, auch wirklich nur einen Augenblick. Die Stellung des Chabrias scheinet nicht vollkommen die nehmliche zu seyn, in welcher wir die Borghesische Statue erblicken. Die vorgeworffene Lanze, projecta hasta, ist beyden gemein, aber das obnixo genu scuto erklä= ren die Ausleger durch obnixo in scutum, obfirmato genu ad scutum: Chabrias wieß seinen Soldaten, wie sie sich mit dem Kniee gegen das Schild stemmen, und hinter demselben den Feind abwarten sollten; die Statue hingegen hält das Schild hoch. Aber wie, wenn die Ausleger fich irrten? Wie, wenn die Worte obnixo genu scuto nicht zusammen gehörten, und man obnixo geno besonders, und scuto besonders, oder mit dem darauf folgendem projectaque hasta zusammen lesen müßte? Man mache ein einziges Komma, und die Gleichheit ist nunmehr so vollkommen als möglich. Die Statue ist ein Soldat, qui obnixo genu, c scuto projectaque hasta impetum hostis excipit; sie zeigt, was

b) Cap. I.

c) So fagt Statius obnixa pectora (Thebaid. lib. VI. v. 863.)

Pectora.

rumpunt obnixa furentes

welches der alte Gloffator des Barths durch summa vi contra nitentia erklärt. So sagt Ovid Halievt. v. 11.) obnixa fronte, wenn er von der Meerbramse (Scaro) spricht, die sich nicht mit dem Kopfe, sondern mit dem Schwanze durch die Reisen zu arbeiten sucht:

Non audet radiis obnixa occurrere fronte.

Chabrias that, und ist die Statue des Chabrias. Taß das Komma wirklich fehle, beweiset das dem projecta angehängte que, welches, wenn obnixo genu scuto zufammen gehörten, überflüßig seyn würde, wie es denn auch wirklich einige Ausgaben daher weglassen.

Mit dem hohen Alter, welches dieser Statue fonach zukäme, stimmet die Form der Buchstaben in der darauf befindlichen Aufschrift des Meisters vollkommen überein; und Herr Winkelmann selbst hat aus derselben geschlossen, daß es die älteste von den gegenwärtigen Statuen in Rom seh, auf welchen sich der Meister angegeben hat. Seinem scharfsichtigen Blicke überlasse ich es, ob er sonst in Ansehung der Kunst etwas daran bemerket, welches mit meiner Meinung streiten könnte. Sollte er sie seines Beyfalls würdigen, so dürfte ich mich schmeicheln, ein besseres Exempel gegeben zu haben, wie glücklich sich die klassischen Schriftsteller durch die alten Kunstwerke, und diese hinwiederum aus jenen aufklären lassen, als in dem ganzen Folianten des Spence zu finden ist.

XXIX.

Bey der unermeßlichen Belesenheit, bey den ausgebreitesten feinsten Kenntnissen der Kunst, mit welchen sich Herr Winkelmann an sein Werk machte, hat er mit der edeln Zuversicht der alten Artisten gearbeitet, die allen ihren Fleiß auf die Hauptsache verwandten, und was Nebendinge waren, entweder mit einer gleichsam vorfeßlichen Nachlässigkeit behandelten, oder gänzlich der ersten der besten fremden Hand überliessen.

Es ist kein geringes Lob, nur solche Fehler begangen zu haben, die ein jeder hätte vermeiden können. Sie stoffen bey der ersten flüchtigen Lectüre auf, und wenn man sie anmerken darf, so muß es nur in der Absicht geschehen, um gewisse Leute, welche allein Augen zu haben glauben, zu erinnern, daß sie nicht angemerkt zu werden verdienen.

Schon in seinen Schriften über die Nachahmung der Griechischen Kunstwerke, ist Herr Winkelmann einigemal durch den Junius verführt worden. Junius ist ein sehr verfänglicher Autor; sein ganzes Werk ist ein Cento, und da er immer mit den Worten der Alten reden will, so wendet er nicht selten Stellen aus ihnen auf die Mahlerey an, die an ihrem Orte von nichts weniger als von der Mahlerey handeln. Wenn

3. E. Herr Winkelmann lehren will, daß sich durch die blosse Nachahmung der Natur das Höchste in der Kunst, eben so wenig wie in der Poesie erreichen lasse, daß sowohl Dichter als Mahler lieber das Unmögliche, welches wahrscheinlich ist, als das bloß mögliche wählen müsse: so sett er hinzu; die Möglichkeit und Wahrheit, welche Longin von einem Mahler „im Gegensaße des Unglaublichen bey dem Dichter fodert, kann hiermit „sehr wohl bestehen.“ Allein dieser Zusaß wäre besser weggeblieben; denn er zeiget die zweh größten Kunstrichter in einem Widerspruche, der ganz ohne Grund ist. Es ist falsch, daß Longin so etwas jemals gesagt hat. Er sagt etwas ähnliches von der Beredsamkeit und Dichtkunst, aber keinesmeges son ber Didtfunft und Stableret. Ως δ' έτερον τι ἡ ῥητορικη φαντασια βουλεται, και έτερον ἡ παρα ποιηταις, ουκ ἀν λαθοι σε, [dreibt er an feinen Terentian;α οὐδ' ότι της μεν ἐν ποιήσει τελος ἐςιν έκπληξις, της δ' ἐν λογοις ἐναργεια. lub mieberum: Ου μην άλλα τα μεν παρα τοις ποιηταις μυθικωτεραν έχει την ὑπερεκπτωσιν, και παντῇ το πιστον ύπεραιρούσαν· της δε ρητορικης φαντασίας, καλλιςον άει το εμπρμκτον και ἐναληθες. Sur Sunius fciebt, anfiatt ber Beres= samkeit, die Mahlerey hier unter; und bey ihm war es, nicht bey dem Longin, wo Herr Winkelmann gelesen hatte: b Praesertim cum Poeticae phantasiae finis sit εκπληξις, Pictoriae vero, εναργεια. Και τα μεν παρα τοις ποιηταις, ut loquitur idem Longinus, u. f. 1. Sehr wohl; Longins Worte, aber nicht Longins Sinn!

Mit folgender Anmerkung muß es ihm eben so gegangen seyn: „Alle „Handlungen, sagt er,c und Stellungen der griechischen Figuren, die mit „dem Charakter der Weisheit nicht bezeichnet, sondern gar zu feurig und „zu wild waren, verfielen in einen Fehler, den die alten Künstler Paren,,thyrsus nannten." Die alten Künstler? Das dürfte nur aus dem Junius zu erweisen seyn. Denn Parenthyrsus war ein rhetorisches Kunstwort, und vielleicht, wie die Stelle des Longins zu verstehen zu geben scheinet, aud nur sem einigen Theobor eigen. d Τουτῳ παρακειται τριτον τι κακιας εἶδος ἐν τοις παθητικοις, όπερ ὁ Θεόδωρος παρεν θυρσον ἐκαλεῖ· ἐςι δε παθος άκαιρον και κενον, ένθα μη

α) Περι Υψους, τμημα ιδ'. Edit. T. Fabri p. 36. 39.

b) De Pictura Vet. lib. 1. cap. 4. p. 33.

c) Von der Nachahmung der griech. Werke 2c. S. 23.

α) Τμημα β.

δει παθους· ἡ ἀμετρον, ενθα μετριου δει. Sa id gweifle fogar, ob sich überhaupt dieses Wort in die Mahlerey übertragen läßt. Denn in der Beredsamkeit und Poesie giebt es ein Pathos, das so hoch getrieben. werden kann als möglich, ohne Parenthyrsus zu werden; und nur das höchste Pathos an der unrechten Stelle, ist Parenthyrsus. In der MahTereh aber würde das höchste Pathos allezeit Parenthyrsus seyn, wenn es auch durch die Umstände der Person, die es äussert, noch sowohl entschuldiget werden könnte.

Dem Ansehen nach werden also auch verschiedene Unrichtigkeiten in der Geschichte der Kunst, bloß daher entstanden seyn, weil Herr Winkelmann in der Geschwindigkeit nur den Junius und nicht die Quellen selbst zu Rathe ziehen wollen. 3. E. Wenn er durch Beyspiele zeigen will, daß bey den Griechen alles Vorzügliche in allerley Kunst und Arbeit besonders geschäßet worden, und der beste Arbeiter in der geringsten Sache zur Verewigung seines Namens gelangen können: so führet er unter andern auch dieses an:e „Wir wissen den Namen eines Arbeiters von sehr „richtigen Wagen, oder Wageschaalen; er hieß Parthenius." Herr Winkelmann muß die Worte des Juvenals, auf die er sich desfalls beruft, Lances Parthenio factas, nur in dem Catalogo des Junius gelesen ha= ben. Denn hätte er den Juvenal selbst nachgesehen, so würde er sich nicht von der Zweydeutigkeit des Wortes lanx, haben verführen lassen, sondern sogleich aus dem Zusammenhange erkannt haben, daß der Dichter nicht Wagen oder Wageschaalen, sondern Teller und Schüsseln meine. Juvenal rühmt nehmlich den Catullus, daß er es bey einem gefährlichen Sturme zur See wie der Biber gemacht, welcher sich die Geilen abbeißt, um das Leben davon zu bringen; daß er seine kostbarsten Sachen ins Meer werffen lassen, um nicht mit samt dem Schiffe unter zu gehen. Diese kostbaren Sachen beschreibt er, und sagt unter andern:

Ille nec argentum dubitabat mittere, lances
Parthenio factas, urnae cratera capacem

Et dignum sitiente Pholo, vel conjuge Fusci.
Adde et bascaudas et mille escaria, multum

Caelati, biberet quo callidus emtor Olynthi.

Lances, die hier mitten unter Bechern und Schwenkkesseln stehen, was können es anders seyn, als Teller und Schüsseln? Und was will Juvenal e) Geschichte der Kunst Th. I. S. 136.

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anders sagen, als daß Catull sein ganzes silbernes Eßgeschirr, unter welchem sich auch Teller von getriebener Arbeit des Parthenius befanden, ins Meer werffen lassen. Parthenius, fagt der alte Echoliast, caelatoris nomen. Wenn aber Grangäus, in seinen Anmerkungen, zu diesem Namen hinzusest: sculptor, de quo Plinius, so muß er dieses wohl nur auf gutes Glück hingeschrieben haben; denn Plinius gedenkt keines Künstlers dieses Namens.

„Ja, fährt Herr Winkelmann fort, es hat sich der Name des Sattlers, wie wir ihn nennen würden, erhalten, der den Schild des Ajax von Leder machte." Aber auch dieses kann er nicht daher genommen haben, wohin er seine Leser verweiset; aus dem Leben des Homers, vom. Herodotus. Denn hier werden zwar die Zeilen aus der Iliade angeführet, in welchen der Dichter diesem Lederarbeiter den Namen Tychius beylegt; es wird aber auch zugleich ausdrücklich gesagt, daß eigentlich ein Lederarbeiter von des Homers Bekanntschaft so geheissen, dem er durch Einschaltung seines Namens seine Freundschaft und Erkenntlichkeit bezeigen wollen:f Απεδωκε δε χαριν και Τυχιῳ τῷ σκυτει, ὡς εδέξατο αυτον ἐν τῷ Νεῳ τείχει, προσελθοντα προς το σκύτειον, ἐν τοις έπεσι καταζεύξας εν τη Ιλιαδι τοιςδε.

Διας δ ̓ ἐγγύθεν ήλθε, φηρων σακος ήυτε πυργον,
Χαλκεον, έπταβοειον· ὁ ὁι Τυχιος καμε τευχων
Σκυτοτομων ὀχ' άριςος, ὅλῃ ένι οικια ναιων.

Es ist also gerade das Gegentheil von dem, was uns Herr Winkelmann versichern will; der Name des Sattlers, welcher das Schild des Ajax gemacht hatte, war schon zu des Homers Zeiten so vergessen, daß der Dichter die Freyheit hatte, einen ganz fremden Namen dafür unterzuschieben.

Verschiedene andere kleine Fehler, sind blosse Fehler des Gedächtnisses, oder betreffen Dinge, die er nur als beyläuffige Erläuterungen anbringet. 3. E.

Es war Herkules, und nicht Bacchus, von welchem sich Parrhasius rühmte, daß er ihm in der Gestalt erschienen sey, in welcher er ihn ge= mahlt. g

f) Herodotus de Vita Homeri, p. 756 Edit. Wessel.

g) Gesch. der Kunst Th. I. S. 176. Plinius lib. XXXV. sect. 36. Athenaeus lib. XII. p. 543.

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