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perspectivischen Gegend. Ein allgemeiner Beweisgrund dafür kann auch schon aus der Menge der Figuren auf dem Schilde gezogen werden, die „nicht alle in ihrer vollen Grösse ausgedruckt werden konnten; woraus „es denn gewissermaassen unstreitig, daß die Kunst, sie nach der Perspectiv „zu verkleinern, damaliger Zeit schon bekannt gewesen." Die blosse Beobachtung der optischen Erfahrung, daß ein Ting in der Ferne kleiner erscheinet, als in der Nähe, macht ein Gemählde noch lange nicht perspectivisch. Die Perspectiv erfordert einen einzigen Augenpunkt, einen bestimmten natürlichen Gesichtskreis, und dieses war es was den alten Gemählden fehlte. Die Grundfläche in den Gemählden des Polygnotus war nicht horizontal, sondern nach hinten zu so gewaltig in die Höhe gezogen, daß die Figuren, welche hinter einander zu stehen scheinen sollten, über einander zu stehen schienen. Und wenn diese Stellung der verschiednen Figuren und ihrer Gruppen allgemein gewesen, wie aus den alten Basreliefs, wo die hintersten allezeit höher stehen als die vordersten, und über sie wegsehen, sich schliessen läßt: so ist es natürlich, daß man sie auch in der Beschreibung des Homers annimt, und diejenigen von seinen Bildern, die sich nach selbiger in Ein Gemählde verbinden lassen, nicht unnöthiger Weise trennet. Die doppelte Scene der friedfertigen Stadt, durch deren Straffen der fröhliche Aufzug einer Hochzeitfeher ging, indem auf dem Markte ein wichtiger Proceß entschieden ward, erfordert diesem zu Folge kein doppeltes Gemählde, und Homer hat es gar wohl als ein einziges denken können, indem er sich die ganze Stadt aus einem so hohen Augenpunkte vorstellte, daß er die freye Aussicht zugleich in die Strassen und auf den Markt dadurch erhielt.

Ich bin der Meinung, daß man auf das eigentliche Perspectivische in den Gemählden nur gelegentlich durch die Scenenmahlerey gekommen ist; und auch als diese schon in ihrer Vollkommenheit war, muß es noch nicht so leicht gewesen seyn, die Regeln derselben auf eine einzige Fläche anzuwenden, indem sich noch in den spätern Gemählden unter den Alterthümern des Herculanums so häuffige und mannigfaltige Fehler gegen die Perspectiv finden, als man ipo kaum einem Lehrlinge vergeben würde. g

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Doch ich entlasse mich der Mühe, meine zerstreuten Anmerkungen über einen Punkt zu sammeln, über welchen ich in des Herrn Winkelmanns g) Betracht. über die Mahlereh S. 185.

versprochener Geschichte der Kunst die völligste Befriedigung zu erhalten hoffen darf. h

XX.

Ich lenke mich vielmehr wieder in meinen Weg, wenn ein Spaßiergänger anders einen Weg hat.

Was ich von körperlichen Gegenständen überhaupt gesagt habe, das gilt von körperlichen schönen Gegenständen um so viel mehr.

A

Körperliche Schönheit entspringt aus der übereinstimmenden Wirkung mannigfaltiger Theile, die sich auf einmal übersehen lassen. Sie erfodert also, daß diese Theile neben einander liegen müssen; und da Dinge, deren Theile neben einander liegen, der eigentliche Gegenstand der Mahlerey find: so kann sie, und nur sie allein, körperliche Schönheit nachahmen.

Der Dichter der die Elemente der Schönheit nur nach einander zeigen könnte, enthält sich daher der Schilderung körperlicher Schönheit, als Schönheit, gänzlich. Er fühlt es, daß diese Elemente nach einander ge= ördnet, unmöglich die Wirkung haben können, die sie, neben einander geordnet, haben; daß der concentrirende Blick, den wir nach ihrer Enumeration auf sie zugleich zurück senden wollen, uns doch kein übereinstimmendes Bild gewähret; daß es über die menschliche Einbildung gehet, sich vorzustellen, was dieser Mund, und diese Nase, und diese Augen zusam= men für einen Effect haben, wenn man sich nicht aus der Natur oder Kunst einer ähnlichen Composition solcher Theile erinnern kann.

Und auch hier ist Homer das Muster aller Muster. Er sagt: Nireus war schön; Achilles war noch schöner; Helena besaß eine göttliche Schönheit. Aber nirgends läßt er sich in die umständlichere Schilderung dieser Schönheiten ein. Gleichwohl ist das ganze Gedicht auf die Schönheit der Helena gebauet. Wie sehr würde ein neuerer Dichter darüber luxurirt haben!

Schon einen Constantinus Manasses wollte seine kahle Chronike mit einem Gemählde der Helena auszieren. Ich muß ihm für seinen Versuch danken. Denn ich wüßte wirklich nicht, wo ich sonst ein Exempel auftreiben sollte, aus welchem augenscheinlicher erhelle, wie thörigt es seh, h) Geschrieben im Jahr 1763.

etwas zu wagen, das Homer so weislich unterlassen hat. Wenn ich bey ihm lese: a

Ην ἡ γυνη περικαλλής, ἐνοφρυς, ευχρουςατη,
Ευπαρειος, ευπροσωπος, βοωπις, χιονοχρους,
Ελικοβλεφάρος, άβρα, χαριτων γεμον άλσος,
Λευκοβραχίων, τρυφερα, καλλος ἀντίκρυς ἐμπνουν,
Το προσωπον καταλευκον, ἡ παρεια ροδοχρους,
Το προσωπον ἐπιχαρι, το βλεφαρον ὡραιον,

a) Constantinus Manasses Compend. Chron. p. 20. Edit. Venet. Die Fr. Dacier war mit diesem Portrait des Manasses, bis auf die Tavtologieen, sehr wohl zufrieden: De Helenae pulchritudine omnium optime Constantinus Manasses, nisi in eo tautologiam reprehendas. (Ad Dictyn Cretensem lib. I. cap. 3. p. 5.) Sie führet nach dem Mezeriac (Comment. sur les Epitres d'Ovide T. II. p. 361.) auch die Beschreibungen an, welche Dares Phrygius und Cedrenus von der Schönheit der Helenä geben. In der erstern kömmt ein Zug vor, der ein wenig seltsam klingt. Dares sagt nehmlich von der Helena, sie habe ein Mahl zwischen den Augenbraunen gehabt: notam inter duo supercilia habentem. Das war doch wohl nichts schönes? Ich wollte, daß die Französin ihre Meinung darüber gesagt hätte. Meines Theiles. halte ich das Wort nota hier für verfälscht, und glaube, daß Dares von dem reden wollen, was bey den Griechen uɛdopovov und bey den Lateinern glabella hieß. Die Augenbraunen der Helena, will er sagen, lieffen nicht zusammen, sondern waren durch einen kleinen Zwischenraum abgesondert. Der Geschmack der Alten war in diesem Punkte verschieden. Einigen gefiel ein solcher Zwischenraum, andern nicht. (Iunius de Pictura Vet. lib. III. cap. 9. p. 245.) Anakreon hielt die Mittelstraffe; die Augenbraunen seines geliebten Mädchens waren weder merklich getrennet, noch völlig in einander verwachsen, fie verlieffen sich sanft in einem einzigen Punkte. Er sagt zu dem Künstler, welcher sie mahlen sollte. (Od. 28.)

Το μεσόφρυον δε με μοι
Διακοπτε, μήτε μιόγε,
Εχετω δ' όπως εκείνη
Τι λεληθότως συνοφρυν

Βλεφαρων ίτυν κελαινην.

Nach der Lesart des Pauw, ob schon auch ohne sie der Verstand der nehmliche ist, und von Henr. Stephano nicht verfehlet worden:

Supercilii nigrantes

Discrimina nec arcus,

Confundito nec illos:

Sed junge sic ut anceps
Divortium relinquas,
Quale esse cernis ipsi.

Wenn ich aber den Sinn des Dares getroffen hätte, was müßte man wohl fodaun, anstatt des Wortes notam, lesen? Vielleicht moram? Denn so viel ist gewiß, daß mora nicht allein den Verlauf der Zeit ehe etwas geschieht, sondern auch die Hinderung, den Zwischenraum von einem zum andern, bedeutet.

Ego inquieta montium jaceam mora,

wünschet sich der rasende Herkules beym Seneca, (v. 1215.) welche Stelle Gronovius sehr wohl erklärt: Optat se medium jacere inter duas Symplegades, illarum velut moram, impedimentum, obicem; qui eas moretur, vetet áut satis arcte conjungi, aut rursus distrahi. So heissen auch beh eben demselben Dichter lacertorum morae, soviel als juncturae. (Schroederus ad v. 762. Thyest.)

Καλλος ἀνεπιτηδευτον, ἀβαπτιςον, αυτοχρουν,
Εβαπτε την λευκοτητα ροδοχρια πυρίνη.

Ως εἰ τις τον έλεφαντα βαψει λαμπρα πορφυρα.
Δειρη μακρα, καταλευκος, όθεν ἐμυθουργηθη
Κυκνογενη την ένοπτον Ελενην χρηματίζειν.

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so dünkt mich, ich sehe Steine auf einen Berg wälzen, aus welchen auf der Spize desselben ein prächtiges Gebäude aufgeführet werden soll, die aber alle auf der andern Seite von selbst wieder herabrollen. Was für ein Bild hinterläßt er, dieser Schwall von Worten? Wie sahe Helena nun aus? Werden nicht, wenn tausend Menschen dieses lesen, sich alle tausend eine eigene Vorstellung von ihr machen?

Doch es ist wahr, politische Verse eines Mönches sind keine Poesie. Man höre also den Ariost, wenn er seine bezaubernde Alcina schildert: b Di persona era tanto ben formata,

Quanto mai finger san Pittori industri:
Con bionda chioma, lunga e annodata,
Oro non è, che piu risplenda, e lustri,
Spargeasi per la guancia delicata
Misto color di rose e di ligustri.

b) Orlando Furioso, Canto VII. St. 11-15. „Die Bildung ihrer Gestalt war so reißend, „als nur künstliche Mahler sie dichten können. Gegen ihr blondes, langes, aufgeknüpftes Haar „ist kein Gold, das nicht seinen Glanz verliere. Ueber ihre zarten Wangen verbreitete sich die „vermischte Farbe der Rosen und der Lilien. Ihre fröhliche Stirn, in die gehörigen Schranken „geschloffen, war von glattem Helfenbein. Unter zween schwarzen, äusserst feinen Bögen glänzen zwey schwarze Augen, oder vielmehr zwo leuchtende Sonnen, die mit Holdseligkeit um sich „blickten und sich langsam drehten. Rings um sie her schien Amor zu spielen und zu fliegen; „von da schien er seinen ganzen Köcher abzuschieffen, und die Herzen sichtbar zu rauben. Weiter „hinab steigt die Nase mitten durch das Gesicht, an welcher selbst der Neid nichts zu bessern „findet. Unter ihr zeigt sich der Mund, wie zwischen zweh kleinen Thälern, mit seinem eigen„thümlichen Zinnober bedeckt; hier stehen zwo Rethen auserlesener Perlen, die eine schöne sanfte „Lippe verschließt und öffnet. Hieraus kommen die holdseligen Worte, die jedes rauhe, schänd„liche Herz erweichen; hier wird jenes liebliche Lächeln gebildet, welches für sich schon ein Pa„radies auf Erden eröffnet. Weisser Schnee ist der schöne Hals, und Milch die Brust, der „Hals rund, die Brust voll und breit. Zwo zarte, von Helfenbein geründete Kugeln wallen „sanft auf und nieder, wie die Wellen am äussersten Rande des Ufers, wenn ein spielender Zephyr die See bestreitet." (Die übrigen Theile würde Argus selbst nicht haben sehen können. Doch war leicht zu urtheilen, daß das, was versteckt lag, mit dem, was dem Auge bloß stand, übereinstimme.) „Die Arme zeigen sich in ihrer gehörigen Länge, die weisse Hand etwas läng„lich, und schmal in ihrer Breite, durchaus eben, keine Ader tritt über ihre glatte Fläche. Am „Ende dieser herrlichen Gestalt sieht man den kleinen, trocknen, geründeten Fuß. Die englischen „Mienen, die aus dem Himmel stammen, kann kein Schleyer verbergen." (Nach der Ueber. seßung des Herrn Meinhardt in dem Versuche über den Charakter und die Werke der besten Ital. Dicht. B. II. S. 228)

Di terso avorio era la fronte lieta,
Che lo spazio finia con giusta meta.

Sotto due negri, e sottilissimi archi
Son due negri occhi, anzi due chiari soli,
Pietosi à riguardar, à mover parchi,
Intorno à cui par ch' Amor scherzi, e voli,
E ch' indi tutta la faretra scarchi,

E che visibilmente i cori involi.

Quindi il naso per mezo il viso scende
Che non trova l'invidia ove l'emende.
Sotto quel sta, quasi fra due vallette,
La bocca sparsa di natio cinabro,
Quivi due filze son di perle elette,

Che chiude, ed apre un bello e dolce labro;
Quindi escon le cortesi parolette,

Da render molle ogni cor rozo e scabro;
Quivi si forma quel soave riso,

Ch' apre a sua posta in terra il paradiso.

Bianca neve è il pel collo, e'l petto latte,
Il collo è tondo, il petto colmo e largo;
Due pome acerbe, e pur d'avorio fatte,
Vengono e van, come onda al primo margo,
Quando piacevole aura il mar combatte.
Non potria l'altre parti veder Argo,
Ben si può giudicar, che corrisponde,
A quel ch' appar di fuor, quel che s'asconde.
Mostran le braccia sua misura giusta,
Et la candida man spesso si vede,
Lunghetta alquanto, e di larghezza angusta,
Dove nè nodo appar, nè vena eccede.
Si vede al fin de la persona augusta

Il breve, asciutto, e ritondetto piede.
Gli angelici sembianti nati in cielo

Non si ponno celar sotto alcun velo.

Milton sagt bey Gelegenheit des Pandämoniums: einige lobten das Werk, andere den Meister des Werks. Das Lob des einen ist also nicht allezeit

Lessing, sämmtl Werke. VI.

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