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waren. fonnte.

Sie waren ein Stirnschmuck, den er auffeßen und ablegen

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Tibi, cum sine cornibus adstas
Virgineum caput est:

heißt es in der feyerlichen Anruffung des Bachus beym Ovid. b Er konnte sich also auch ohne Hörner zeigen; und zeigte sich ohne Hörner, wenn er in seiner jungfräulichen Schönheit erscheinen wollte. In dieser wollten ihn nun auch die Künstler darstellen, und mußten daher alle Zufäße von übler Wirkung an ihm vermeiden. Ein solcher Zusatz wären die Hörner gewesen, die an dem Diadem befestiget waren, wie man an einem Kopfe in dem Königl. Cabinet zu Berlin sehen kann.c Ein solcher Zusatz war das Diadem selbst, welches die schöne Stirne verdeckte, und daher an den Statuen des Bacchus eben so selten vorkömmt, als die Hörner, ob es ihm schon, als seinem Erfinder, von den Dichtern eben so oft beygeleget wird. Dem Dichter gaben die Hörner und das Diadem feine Anspielungen auf die Thaten und den Charakter des Gottes: dem Künstler hingegen wurden sie Hinderungen größere Schönheiten zu zeigen, und wenn Bacchus, wie ich glaube eben darum den Behnamen Biformis, Aquoogos, hatte, weil er sich sowohl schön als schrecklich zeigen konnte, so war es wohl natürlich, daß die Künstler diejenige von seiner Ge= stalt am liebsten wählten, die der Bestimmung ihrer Kunst am meisten entsprach.

Minerva und Juno schleidern bey den römischen Dichtern öfters den Bliz. Aber warum nicht auch in ihren Abbildungen? fragt Spence. d Er antwortet: es war ein besonderes Vorrecht dieser zwey Göttinnen, wovon man den Grund vielleicht erst in den Samothracischen Geheimnissen erfuhr; weil aber die Artisten bey den alten Römern als gemeine Leute betrachtet, und daher zu diesen Geheimnissen selten zugelaßen wurden, so wußten sie ohne Zweifel nichts davön, und was sie nicht wußten, konnten sie nicht vorstellen? Ich möchte Spencen dagegen fragen: arbeiteten diese gemeinen Leute vor ihren Kopf, oder auf Befehl Vornehmerer, die von den Geheimnissen unterrichtet seyn konnten? Stunden die Artisten auch beh den Griechen in dieser Verachtung? Waren

b) Metamorph. lib. IV. v. 19. 20.

c) Begeri Thes. Brandenb. Vol. III. p. 242. d) Polymetis Dial. VI. p. 63.

die römischen Artisten nicht mehrentheils gebohrne Griechen? Und so weiter.

Statins und Valerius Flaccus schildern eine erzürnte Venus, und mit so schrecklichen Zügen, daß man sie in diesem Augenblicke eher für eine Furie, als für die Göttin der Liebe halten sollte. Spence siehet sich in den alten Kunstwerken vergebens nach einer solchen Venus um. Was schließt er daraus? Daß dem Dichter mehr erlaubt ist als dem Bildhauer und Mahler? Das hätte er daraus schließen sollen; aber er hat es einmal für allemal als einen Grundsaß angenommen, daß in einer poetischen Beschreibung nichts gut seh, was unschicklich seyn würde, wenn man es in einem Gemählde, oder an einer Statue vorstellte. e Folglich müßen die Dichter gefehlt haben. „Statius und Valerius sind aus einer „Zeit, da die römische Poesie schon in ihrem Verfalle war. Sie zeigen „auch hierin ihren verderbten Geschmack, und ihre schlechte Beurtheilungskraft. Bey den Dichtern aus einer beßern Zeit wird man dergleichen „Verstoßungen wider den mahlerischen Ausdruck nicht finden.“f

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So etwas zu sagen, braucht es wahrlich wenig Unterscheidungskraft. Ich will indeß mich weder des Statius noch des Valerius in diesem Fall annehmen, sondern nur eine allgemeine Anmerkung machen. Die Götter und geistigen Wesen, wie sie der Künstler vorstellet, sind nicht völlig ebendieselben, welche der Dichter braucht. Bey dem Künstler sind fie personifirte Abstracta, die beständig die ähnliche Charakterisirung behalten müßen, wenn sie erkenntlich seyn sollen. Bey dem Dichter hingegen sind sie wirkliche handelnde Wesen, die über ihren allgemeinen Charakter noch andere Eigenschaften und Affecten haben, welche nach Gelegenheit der Umstände vor jenen vorstechen können. Venus ist dem Bildhauer nichts als die Liebe; er muß ihr also alle die sittsame verschämte Schönheit, alle die holden Reiße geben, die uns an geliebten Gegenständen entzücken, und die wir daher mit in den abgesonderten Begriff der Liebe bringen. Die geringste Abweichung von diesem Ideal läßt uns sein Bild verkennen. Schönheit, aber mit mehr Majestät als Scham, ist schon keine Venus, sondern eine Juno. Reiße, aber mehr gebietherische, männliche, als holde Reiße, geben. eine Minerva statt einer

e) Polymetis Dialogue XX. p. 311. Scarce any thing can be good in a poetical description, which would appear absurd, if represented in a statue or picture. f) Polymetis Dial. VII. p. 74.

Venus. Vollends eine zürnende Venus, eine Venus von Rache und Wuth getrieben, ist dem Bildhauer ein wahrer Widerspruch; denn die Liebe, als Liebe, zürnet nie, rächet sich nie. Bey dem Dichter hingegen ist Venus zwar auch die Liebe, aber die Göttin der Liebe, die außer diesem Charakter, ihre eigene Individualität hat, und folglich der Triebe des Abscheus eben so fähig seyn muß, als der Zuneigung. Was Wunder also, daß sie bey ihm in Zorn und Wuth entbrennet, besonders wenn es die beleidigte Liebe selbst ist, die sie darein versezet?

Es ist zwar wahr, daß auch der Künstler in zusammengefeßten Werken, die Venus, oder jede andere Gottheit, außer ihrem Charakter, als ein wirklich handelndes Wesen, so gut wie der Dichter, einführen kann. Aber alsdenn müßen wenigstens ihre Handlungen ihrem Charakter nicht widersprechen, wenn sie schon keine unmittelbare Folgen desselben sind. Venus übergiebt ihrem Sohne die göttlichen Waffen: diese Handlung kann der Künstler, sowohl als der Dichter, vorstellen. Hier hindert ihn nichts, der Venus alle die Anmuth und Schönheit zu geben, die ihr als Göttin der Liebe zukommen; vielmehr wird "sie eben dadurch in seinem Werke um so viel kenntlicher. Allein wenn sich Venus an ihren Verächtern, den Männern zu Lemnos rächen will, in vergrößerter wilder Gestalt, mit fleckigten Wangen, in verwirrtem Haare, die Pechfackel ergreift, ein schwarzes Gewand um sich wirft, und auf einer finstern Wolke stürmisch herabfährt: so ist das kein Augenblick für den Künstler, weil er sie durch nichts in diesem Augenblicke kenntlich machen kann. Es ist nur ein Augenblick für den Dichter, weil dieser das Vorrecht hat, einen andern, in welchem die Göttin ganz Venus ist, so nahe, so genau damit zu verbinden, daß wir die Venus auch in der Furie nicht aus den Augen verlieren. Dieses thut Flaccus;

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Iam tumet; aut tereti crinem subnectitur auro,
Sidereos diffusa sinus. Eadem effera et ingens
Et maculis suffecta genas; pinumque sonantem
Virginibus Stygiis, nigramque simillima pallam. g
Eben dieses thut Statius:

Illa Paphon veterem centumque altaria linquens,
Nec vultu nec crine prior, solvisse jugalem

g) Argonaut. Lib. II. v. 102–106.

Ceston, et Idalias procul ablegasse volucres
Fertur. Erant certe, media qui noctis in umbra
Divam, alios ignes majoraque tela gerentem,
Tartarias inter thalamis volitasse sorores
Vulgarent: utque implicitis arcana domorum
Anguibus, et saeva formidine cuncta replerit
Limina. h

Oder man kann sagen: der Dichter allein besißet das Kunststück, mit negativen Zügen zu schildern, und durch Vermischung dieser negativen mit positiven Zügen, zwey Erscheinungen in eine zu bringen. Nicht mehr die holde Venus; nicht mehr das Haar mit goldenen Spangen geheftet; von keinem azurnen Gewande umflattert; ohne ihren Gürtel; mit andern Flammen, mit größern Pfeilen bewafnet; in Gesellschaft ihr ähnlicher Furien. Aber weil der Artist dieses Kunststückes entbehren muß, soll sich seiner darum auch der Dichter enthalten? Wenn die Mahlerey die Schwester der Dichtkunst seyn will: so seh sie wenigstens keine eifersüchtige Schwester; und die jüngere untersage der älteren nicht alle den Puß, der sie selbst nicht kleidet.

IX.

Wenn man in einzeln Fällen den Mahler und Dichter mit einander vergleichen will, so muß man vor allen Dingen wohl zusehen, ob sie beyde ihre völlige Freyheit gehabt haben, ob sie ohne allen äußerlichen Zwang auf die höchste Wirkung ihrer Kunst haben arbeiten können.

Ein solcher äußerlicher Zwang war dem alten Künstler öfters die Religion. Sein Werk zur Verehrung und Anbetung bestimmt, konnte nicht allezeit so vollkommen seyn, als wenn er einzig das Vergnügen des Betrachters dabeh zur Absicht gehabt hätte. Der Aberglaube überladete die Götter mit Sinnbildern, und die schönsten von ihnen wurden nicht überall als die schönsten verehret.

Bacchus stand in seinem Tempel zu Lemnos, aus welchem die fromme

h) Thebaid. Lib. V. v. 61-64.

Hypsipile ihren Vater unter der Gestalt des Gottes rettete, a mit Hörnern, und so erschien er ohne Zweifel in allen seinen Tempeln, denn die Hörner waren ein Sinnbild; welches sein Wesen mit bezeichnete. Nur der freye Künstler, der seinen Bacchus für keinen Tempel arbeitete, ließ dieses Sinnbild weg; und wenn wir, unter den noch übrigen Statuen von ihm keine mit Hörnern finden, b so ist dieses vielleicht ein Beweis, daß es keine von den geheiligten sind, in welchen er wirklich verehret worden. Es ist ohnedem höchst wahrscheinlich, daß auf diese letteren die Wuth der frommen Zerstörer in den ersten Jahrhunderten des Christenthums vornehmlich gefallen ist, die nur hier und da ein Kunstwerk schonte, welches durch keine Anbetung verunreiniget war.

Da indeß unter den aufgegrabenen Antiken sich Stücke sowohl von der einen als von der andern Art finden, so wünschte ich, daß man den Namen der Kunstwerke nur denjenigen beylegen möchte, in welchen sich der Künstler wirklich als Künstler zeigen können, bey welchen die Schönheit seine erste und legte Absicht gewesen. Alles andere, woran sich zu merkliche Spuren gottesdienstlicher Verabredungen zeigen, verdienet diesen Namen nicht, weil die Kunst hier nicht um ihrer selbst willen gearbeitet, sondern ein bloßes Hülfsmittel der Religion war, die bey den sinnlichen

a) Valerius Flaccus Lib. II. Argonaut. v. 265-273.

Serta patri, juvenisque comam vestesque Lyaei
-Induit et medium curru locat; aeraque circum
Tympanaque et plenas tacita formidine cistas.
Ipsa sinus hederisque ligat famularibus artus:
Pampineamque quatit ventosis ictibus hastam,
Respiciens; teneat virides velatus habenas

Ut pater, et nivea tumeant ut cornua mitra,
Et sacer ut Bacchum referat scyphus.

Das Wort tumeant, in der legten ohn einen Zeile, scheinet übrigens anzuzeigen, daß man die
Hörner des Bacchus nicht so klein gemacht, als sich Spence einbildet.

b) Der so genannte Bacchus in dem Mediceischen Garten zu Rom (beym Montfaucon Suppl. aux Ant. T. I. p. 254.) hat kleine aus der Stirne hervorsprossende Hörner; aber es giebt Kenner, die ihn eben darum lieber zu einem Faune machen wollen. In der That sind solche natürliche Hörner eine Schändung der menschlichen Gestalt, und können nur Wesen geziemen, denen man eine Art von Mittelgestalt zwischen Menschen und Thier ertheilte. Auch ist die Stellung, der lüfterne Blick nach der über sich gehaltenen Traube, einem Begleiter des Weingottes anständiger, als dem Gotte selbst. Ich erinnere mich hier, was Clemens Alerandrinus von Alexander dem Grossen sagt (Protrept. p. 48. Edit. Pott.) Eẞovλeto de nai Αλεξανδρος Αμμωνος ύιος ειναι δοκειν, και κεραόφορος ἀναπλαττεσθαι προς των αγαλματοποιων, το καλον άνθρωπον ύβρισαι σπευδων κερατι. Es war Alexanders ausdrücklicher Wille, daß ihn der Bildhauer mit Hörnern verstellen sollte: er war es gern zufrieden, daß die menschliche Schönheit in ihm mit Hörnern beschimpft ward, wenn man ihn nur eines göttlichen Ursprunges zu seyn glaubte.

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