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überhaupt zu erhalten bestrebet. Diese lautere Quelle gebe ich seinem Betragen, ob ihm gleich Herr Basedow eine ganz andere giebt. „Die „Selbstvertheidigung, sagt er, wenn sie nicht zu unvollständig scheinen „sollte, müßte oftmals in einem Tone reden, der von denjenigen, die „alles, was sie sehen und hören, in Fehler und Laster verwandeln, für den Ton einer verdächtigen Zufriedenheit mit sich selbst könnte ausgegeben „werden. Ueberdem pflegen Seelen von einer gewissen Würde so wenig „furchtsam und argwöhnisch zu seyn, daß sie, wenn ihre Unschuld in ,,einem gewissen Grade klar ist, bey der verständigen und billigen Welt „keine Verantwortung derselben zu bedürfen glauben." - Nicht doch! So ein grosses Air hat Herr Cramer gewiß nicht affectiren wollen. Hätte er es aber affectiren wollen, so hätte sein Freund keinen solchen Commentarium darüber schreiben müssen. Er hätte es müssen darauf ankommen lassen, ob man diesen edlen Stolz, den Seelen von einer gewissen Würde haben, von selbst merken werde. Denn nur alsdenn thut er seine Wirkung. Keine Großmuth will mit Fingern gewiesen seyn. Sind es gar die Finger eines Freundes, o so wird sie vollends lächerlich! zc.

Hundert und dritter Brief.

Auch nicht in der geringsten Kleinigkeit will mich Herr Basedow Recht haben lassen. Lieber stellt er sich unwissender als ein Kind, verwirret die bekanntesten Dinge, und verfälscht auf die hämischste Art meine Worte, die ich mit vielem Bedachte gewählt hatte.

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Ich habe gezweifelt, ob man dem Herrn Cramer ein poetisches Genie zugestehen könne. Ich habe aber mit Vergnügen bekannt, daß er der vortrefflichste Versificateur ist. Ich nehme beyde Ausdrücke so, wie sie die feinsten Kunstrichter der Engländer und Franzosen nehmen. „Ein poetisches Genie, sagt einer von den ersten, den ich eben vor mir liegen habe, „ist so außerordentlich selten, that no country in the fuccession of many ages has produced above three or four persons that deserve the title. The man of rhymes may be easily found; but the genuine poet, of a lively plastic imagination, the true Maker of Creator, is so uncommon a prodigy, that one is almost tempted to subscribe to the opinion of sir William Temple, where 1 Der Verfasser des Essay on the Writings and Genius of Pope, S. 111.

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he says: >>That of all the numbers of mankind, that live within >>>the compass of a thousand years, for one man that is born ca»pable of making a great poet, there may be a thousand born ca»pable of making as great generals, or ministers of state, as the >>most renowned in story. Und ich habe ein Verbrechen begangen, daß ich gezweifelt habe, ob der Herr Hofprediger ein solcher ausserordentlicher Mensch ist? Wenn er es wäre: er würde ganz sicherlich ein schlechter Hofprediger seyn. Eben dieser Engländer erkennet unter seinen Landsleuten eigentlich nur drey Männer für Poeten, den Spenser, den Schakespear, den Milton. Eben derselbe spricht Popen den Namen eines Poeten schlechterdings ab. Popen spricht er ihn ab, der unter so vielen vortrefflichen Werken, auch eine Ode auf die Musik gemacht hat, die wenigstens nicht schlechter ist, als die beste Cramersche Ode. Und wozu macht er dafür Popen? Eben dazu, wozu ich Cramern mache: zu dem vortrefflichsten Versificateur. Und ich habe Cramern geschmäht, daß ich ihn mit Popen auf Eine Bank sete? Ist denn ein Versificateur nichts als ein Reimer? Kann man der vortrefflichste Versificateur sehn, ohne ein Mann von vielem Wize, von vielem Verstande, von vielem Geschmacke zu seyn? Diderot, der neueste, und unter den neuen unstreitig der beste französische Kunstrichter, verbindet keinen geringern Begriff mit dem Namen eines Versificateurs. Quelle difference entre le Versificateur et le Poete! Cependant ne croyez pas que je meprise le premier: son talent est rare. Mais si vous faites du versificateur un Apollon, le poete sera pour moi un Hercule. On supposez une lyre à la main d'Hercule, et vous n'en ferez pas un Apollon. Appuyez un Apollon sur une massue: jettez sur ses epaules la peau du lion de Nemée, et vous n'en serez pas un Hercule. Dieses seltene Talent gebe ich dem Herrn Cramer, und gebe es ihm in dem höchsten Grade: und doch habe ich ihn ge= schmäht, doch habe ich ihn auf eine ungezogene Art geschmäht? Sind seine Schmeichler nicht die unverschämtesten, die unwissendsten, die unter der Sonne seyn können? Wenn sie noch nicht gelernt haben, wie sehr und worinn der Poet von dem Versificateur unterschieden ist: so mögen sie es doch nur erst lernen, ehe sie einen ehrlichen Mann, der es zu begreiffen gesucht hat, und sich diesem Begriffe gemäß ausdrückt, darüber chicaniren. Wäre das nicht billig? Oder suchen sie es erst aus

unsern Briefen zu lernen? Jeder von uns wird ihnen sagen: пαg' ἐμοι ποκος οὐ κναπτεται.

Und der aufrichtige Herr Basedow! Mit aller seiner Aufrichtigkeit ist er ein offenbarer Falsarius. Ich habe, wenn Sie meine alten Briefe nachsehen wollen, Cramern den vortrefflichsten Versificateur genennt: und Herr Basedow macht seinen Lesern weiß, ich hätte ihn nur einen guten Versificateur genennt, und läßt diese beyden Worte mit Schwabacher drucken, als ob es meine eigene Worte wären. Welch eine schamlose Dreistigkeit! mich seines eigenen Ausdrucks zu bedienen. Ist denn ein guter, mit welchem Beyworte man oft eine kalte Ironie verbindet, eben das, was der vortrefflichste ist, mit welchem Beyworte sich leicht nichts zwehdeutiges, nichts ironisches verbinden läßt? Ich fage ferner: Cramer besigt die beneidenswürdigste Leichtigkeit zu reimen; und Basedow läßt mich ihm nur eine beneidenswürdige beylegen. Ich brauche nicht gern einen Superlativum ohne Ursache. Und wo ich ihn brauche, will ich, daß mir ihn mein Gegner lasse, wenn ich an seiner Aufrichtigkeit, mit der er so pralet, nicht sehr zweifeln soll.

Aber wie elend führt er, auch nach dieser Verfälschung, die Sache seines Freundes. Hören Sie doch nur. „Das poetische Genie des Herrn „Hofpredigers, und besonders zu erhabenen und zugleich lehrreichen Oden, „ist zu bekannt, als daß der Journalist mit Grunde hätte hoffen können, „Beyfall zu finden, da er es ihm despotisch absprach, und nichts als die „Vollkommenheit eines Versificateurs lassen wollte. Es ist zu bekannt? Was ist denn zu bekannt? Daß in den Cramerschen Oden, (weil es doch mit aller Gewalt Oden heissen sollen) sich Genie zeiget? Das habe ich nie geleugnet. Aber Genie eines Versificateurs, und nicht Genie eines Poeten. Dieses spreche ihm ab; nicht jenes. Oder ich müßte glauben, daß man der Vortrefflichste in seiner Art seyn könne, ohne Genie zu haben. Hören Sie doch den guten Basedow noch weiter: „Ob desselben drey Oden, im ersten Theile des Nordischen Aufsehers, „Anlaß geben, ein solches Urtheil zu fällen, werden die Leser aus folgenden Strophen sehen. Aus einzeln Strophen will Herr Basedow beweisen, daß Cramer ein poetisches Genie habe? Und wenn diese Strophen auch die vollkommensten von der Welt wären; so könnten sie das nicht beweisen. Hier sind sie.

1 Seite 9.

Aus der Ode über die Geburt Chrifti.

Erst wird er niederknien und streiten.
Der Löw aus Juda. Ewigkeiten
Voll Ehre sind der Preis des Siegs!
Er leidet, Gott uns zu verfühnen,
Dann werden ihm die Völker dienen,
Wir sind die Beute seines Kriegs.

Nun werden wir wieder den Himmel bewohnen,

Uns, wenn wir nur kämpfen, erwarten auch Kronen!

Wie herrlich ist der Sieger Lohn?

O kämpfet, o kämpfet, uns krönet der Sohn.

Aus der Ode über das Leiden Jesu.

Ich, ewig hab ich es begehret,

Ich habe, Vater, dich verkläret,
Verklären will ich dich noch mehr.
Ich hätte tief in Qual versunken,
Schon mehr als einen Kelch getrunken,
Ach wie ist deine Hand so schwer?
Allein ich will sie ganz versühnen,
Laß sie in diesen Wunden ruhn.
Vergib, vergib, o Vater, ihnen,

Sie wissen, Herr, nicht was sie thun.

Aus der Ode auf den Geburtstag des Königs.

Da sie dem Throne nahe kamen,

Ertönt auf einmal ihr Gesang,

Und alle nennten Friedrichs Namen,

Und alle neunten ihn voll Dank:

Uns hat Jehovah sein Leben,

In einer der gnädigsten Stunden gegeben,

Fleug unser Dank, fleug mit umher,

Er, der ihn gab, gedenke Seiner!

Wer liebt nicht seine Beherrscher? doch keiner

Wird billiger geliebt, als Er.

Können Sie sich des Lachens enthalten? Diese Strophen sollen

beweisen, daß Herr Cramer ein Poet ist, und ich ein Verleumder bin? Bald bewiesen sie, daß ich ein Schmeichler wäre. Denn wenn nicht in sehr vielen Cramerschen Oden, sehr viele, viel schönere Strophen wären: so wäre ich es wirklich, und ich würde mir es nimmermehr vergeben, daß ich einen solchen Sänger den vortrefflichsten Versificateur genennet hätte. In diesen Strophen ist er kaum ein leidlicher.

XX. . Den 15. May. 1760.

Hundert und vierter Brief.

Ich habe geurtheilet: Viele Worte machen; einen kleinen Gedanken durch weitschweifende Redensarten aufschwellen; labyrinthische Perioden flechten, bey welchen man dreymal Athem hohlen muß, ehe man einen ganzen Sinn faffen kann: Das seh überhaupt die vorzügliche Geschicklichkeit desjenigen von den Mitarbeitern an dem Nordischen Aufseher, der die meisten Stücke geschrieben zu haben scheine." Soll ich mein Urtheil widerrufen, weil es Herr Basedow für eine Verleumdung ausschreyet? Es ist wahr, ich habe es mit keinen Beyspielen bestätiget. Aber mit wie vielen will er es noch bestätiget haben? Mit unzähligen? Ich darf das Buch nur auffallen lassen, wo es auffallen will. — Aber, wer wird mir abschreiben helfen? Und o des armen Papiers, das ich so verschwenden muß! Was hilfts? Herr Basedow hat einen zu starken Trumpf darauf gesezt. Ich muß, liebe Hand.

Also, z. E.

„Große Beyspiele der Frömmigkeit und Tugend unter denen, welche sich durch Geburt und Würden über andere Menschen erheben, sind „nicht allein so rührend, sondern auch so unterweisend und lehrreich, „daß nach meinem Urtheile, selbst die, welche sie nicht nach ihrer ganzen „Grösse kennen, aus Ehrfurcht und Liebe gegen die Religion das An,,denken derselben zu erhalten und fortzupflanzen verbunden sind, und „von der blossen Furcht, nicht genug von ihnen sagen zu können, nie „zurückgehalten werden dürfen, öffentlich auszubreiten und zu rühmen, „was sie davon wissen, wenn sich zumal alle Stimmen zu ihrem Ruhme ,,vereinigen. 2c.

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„Die Trunkenheit ist eine so schändliche Beleidigung der Tugend;

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