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ward. In diesen Fällen ward das Bürgerrecht factisch entzogen, aber immer indirect, nicht durch geraden, ausdrücklichen Spruch. Es trat alsdann capitis deminutio media ein 35). Nur wenn der geänderte Wille des Volkes den Beschluss aufhob, kehrte der Verbannte in seinen früheren status zurück, ohne postliminium 36).

Die in der Kaiserzeit häufige Strafe der relegatio beraubte nicht der Civität und veranlasste nicht capitis deminutio. Anders die schwere Verbannungsstrafe der deportatio, welche nach Dig. L. 13, 55, 3 (der Ausdruck ist unbestimmt) zur capitis deminutio media, nach Boethius ad Cic. top. 4. p. 302 zur maxima zählte. Da der deportatus nicht servus war, so kann nach der Theorie ein Zweifel nicht entstehen. Doch vgl. unten p. 71.

Wir kommen endlich zur schwierigen capitis deminutio minima und wollen, bevor wir den Begriff nach den unbestimmten Erklärungen der Alten zu bezeichnen suchen, sogleich die einzelnen Fälle. prüfen, über die ja mancherlei Zweifel herrschen.

1. Dass die arrogatio, der Uebergang eines homo sui iuris in die patria potestas eines Anderen, capitis deminutio minima nach sich zog, ist mehrfach überliefert 37) und niemals bestritten.

2. Aber dieselbe traf nach Paullus 38) auch die Kinder des Arrogirten. Savigny muss seiner Auffassung der capitis deminutio minima zu Liebe diese Stelle streichen 39). Dass er die Begründung unklar findet, ist unberechtigt. Die Worte lauten: liberos, qui arrogatum parentem sequuntur, placet minui capite (al. caput), quum in aliena potestate sint et cum familiam mutaverint. Der erste Grund, das esse in aliena potestate (im Präsens, weil sie es vorher waren und auch bleiben) erklärt, wesshalb sie vom Schicksal des parens nicht trennbar sind (wesshalb sie sequuntur), der zweite, das mutare familiam, bezeichnet den Umstand, der bei dem parens, also auch bei ihnen die capitis deminutio bewirkt.

3. Dass auch die adoptio, der Uebergang eines filius familias

35) Gai. I, 161; Ulp. XI, 12; Dig. L, 13, 5 § 3; Paul. Diac. p. 70; Ov. Trist. I, 2, 71f.

36) So heisst es bei Gai. 1, 128; IV, 153 und sonst von den deportati.
37) Gai. IV, 38; III, 83. 84; Paull. III, 6, 29.

38) Dig. IV, 5, 3.

39) System des röm. Rechts II, p. 493 f.

aus der Gewalt seines natürlichen Vaters in die patria potestas eines anderen, capitis deminutio veranlasste 40), wird von den Neueren allgemein anerkannt, wie weit sie auch in der Motivirung auseinandergehen 11).

4-6. Anders ist es mit den Eheformen. Während Savigny") eine capitis deminutio nur für den Fall gelten lassen will, dass eine Frau, die vorher sui iuris war, eine Ehe mit manus einging, weiss die Ueberlieferung von solcher Beschränkung durchaus nichts, sondern erwähnt die capitis deminutio schlechthin, wo in manum conventio stattfindet 3). Dass sie bei einer freien Ehe ohne manus nicht eintrat, geht hieraus hervor und ist selbstverständlich. Dass im Uebrigen die Formen der Ehe mit manus keinen Unterschied machten, wird allgemein anerkannt, und es ist Zufall, dass an einzelnen Stellen nur die nächstliegende coemptio) genannt wird. Wenn wir also der Ueberlieferung trauen wollen, so müssen wir den Fällen, in welchen capitis deminutio minima eintrat, die confarreatio, coemptio und die Ehe durch usus, wenn manus nicht vermieden ward, hinzuzählen.

7. Durch mancipatio, d. h. einen Scheinkauf, entstand in Nachbildung des wirklichen Verkaufs in die Sklaverei (als imaginaria causa servilis) das Verhältniss des homo liber in mancipio, wenn der Vater auf Grund der potestas den Sohn, den Enkel oder die Tochter, der Gatte auf Grund der manus die Frau einem Andern mancipio gab. Dieser Act führte unbestritten capitis deminutio minima herbei45).

8. Endlich die emancipatio, d. h. die durch künstliche Rechtsformen bewerkstelligte Befreiung einer Person aus der patria potestas oder manus. Da in diesem Falle die capitis deminutio nicht wegzuleugnen ist, so wird sie von mancher Seite aus der stets vorhergehenden mancipatio erklärt 46). Dem widersprechen folgende

40) Gai. I, 162; Ulp. XI, 13; Paull. III, 6, 29; Paul. Diac. p. 70 M.
41) Cf. Savigny, System II, p. 498f.; v. Seckendorf de cap. dem. min. p. 39 f.
42) System II, p. 499 f. Aehnlich schon v. Seckendorf p. 23 ff.

43) Ulp. fr. XI, 13.

44) Gai. I, 162; III, 83. 84; IV, 38.

45) Gai I, 162; Paul. Diac p. 70 M.

46) Vgl. v. Seckendorf de cap. dem. min. p. 31f.; Savigny System II, p. 496 f.; Becker R. A. II, 1, p. 117, Anm. 269.

Stellen. Inst. I. 16, § 3 u. 4: Quod accidit in his, qui cum sui iuris fuerunt, coeperunt alieno iuri subiecti esse, vel contra47). Servus autem manumissus capite non minuitur, quod nullum caput habuit. Dig. IV. 5, 35, 1: Emancipato filio et ceteris personis capitis minutio manifesto accidit, quum emancipari nemo possit, nisi in imaginariam servilem causam deductus. Aliter atque quum servus manumittitur, quia servile caput nullum ius habet, ideo nec minui potest. In beiden Stellen wird gleichmässig das Verhältniss des Sklaven verglichen, um zu motiviren, wesshalb derselbe bei manumissio nicht capitis deminutio erleide. Also wird in dem vorhergehenden Satze der Austritt aus einem analogen Verhältnisse besprochen, welcher als capitis deminutio zu betrachten sei, aus einer imaginaria servilis causa. Hiernach haben die Alten die emancipatio selbst als Anlass der deminutio angesehen und zwar, da unter imaginaria servilis causa das Befinden in der patria potestas oder manus nicht verstanden sein kann, die manumissio aus dem Verhältniss des mancipium an sich. Dieselbe Anschauung spricht aus der Stelle, welche alle erwähnten Fälle der capitis deminutio vollständig umfasst. Gai. I, 162: Minima capitis deminutio est. ... et libertas ret. . . . in his, qui adoptantur, item in his, qui coemptionem faciunt, et in his, qui mancipio dantur, quique ex emancipatione manumittuntur; adeo quidem ut, quoties quisque mancipetur a . . . . . tur, toties capite minuitur 48). Nachdem die Fälle der Adoption und der Ehe mit je einem Ausdruck angedeutet sind, folgen, wie der einfache Wortlaut ist, noch zwei Fälle, von denen der mit quique angeschlossene zum vorhergehenden etwas nähere Beziehung hat. Hiernach bildete neben der mancipatio auch die manumissio ex mancipatione einen Fall der capitis deminutio. Ebenso wie in dem adoptari, coemptionem facere, mancipio dari ist auch in dem manumitti ein Anlass der Deminution zu sehen, nicht in dem beigefügten ex mancipatione, welches (aus derselben Ideenverbindung stammend, die in den beiden vorerwähnten Stellen herrscht) nur desshalb hinzugetreten ist, weil eine manumissio ex causa servili nicht capitis deminutio heissen konnte. Auch in der folgenden Lücke ist es am

47) Theophil. I, 16 § 3: ἢ ἐκ τοῦ ἐναντίου, ὁ ὑπεξούσιος ἐγένετο αὐτεξούσιος. 48) Ueber die zahlreichen Erklärungsversuche vgl. Becker II, 1, p. 117, Anm. 269.

natürlichsten dem mancipetur das wichtigere manumittatur hinzuzusetzen, da manumitti der Hauptbegriff des Gedankens ist, der nun in seine beiden Handlungen zerlegt wird, um hinzuzufügen, dass sich bei mehrmaligem Eintritt derselben auch die Folge wiederhole. Uebrigens ist die Emancipation eine relativ jüngere Einrichtung 49). Wie weit man sich der wiederholt eintretenden Deminutung). tion praktisch bewusst ward, ob wir es mit einer Klügelei der Rechtslehrer zu thun haben, können wir dahin gestellt sein lassen. Ueber die Meinung der Juristen kann meines Erachtens ein Zweifel nicht bestehen.

Die Neueren 50) nennen unter den Anlässen der capitis deminutio noch die causae probatio. Hiervon besagt die Tradition nichts. Vergl. unten p. 84, Anm. 113.

Vergleichen wir nun die acht Fälle, in denen capitis deminutio minima eintrat, so bezeichnet der 1. Fall (arrogatio) den Uebergang aus einer selbständigen Stellung (sui iuris) in eine abhängige (alieni iuris), der 8. Fall (emancipatio) umgekehrt den Uebergang aus einer abhängigen Stellung (in mancipio, vorher in potestate oder in manu) in eine freie Stellung (sui iuris), der 2. bis 7. Fall aber den Uebergang aus abhängiger Stellung (potestas) zu einer Person in abhängige Stellung (potestas, manus, mancipium) zu einer andern Person, nur dass die Frau auch sui iuris sein kann, die in die manus übergeht. Will man nun mit Savigny 51) und seiner Richtung in der capitis deminutio minima eine Verminderung der Rechtsfähigkeit, eine Verschlechterung des Standes sehen, so kann man zunächst nur den 1. Fall, sodann jenen besonderen Fall, wenn eine selbständige Frau eine Manusehe eingeht, geltend machen. Dass der 7. Fall (mancipatio), der Uebergang aus der potestas einer Person in das mancipium einer andern, eine Verschlechterung des Standes bezeichnete, ist nicht zu erweisen 52) und scheint nicht der alten Auffassung, die dem Vater über den Sohn eine grössere Ge

49) Vgl. Gai. I, 132.

50) Ziemlich allgemein, z. B. Schilling Inst. II, p. 121; Savigny System II, p. 494; Rein Pr. R. p. 125; Lange R. A. I, p. 205.

51) System II, p 478 f.

52) Ebensowenig, dass der Sohn des Arrogirten, der dadurch Enkel wird, eine Degradation erfuhr, wie v. Seckendorf annimmt, p. 29.

walt, wie über den wirklichen Sklaven giebt, zu entsprechen 53). Den 3. Fall (adoptio) und den 8. Fall (emancipatio) desshalb als capitis deminutio anzusehen, weil vorher der 7. Fall eintrat, d. h. ein Durchgang durch das Verhältniss in mancipio stattfand, ist sehr künstlich und lässt hier die capitis deminutio als blosse juristische Fiction erscheinen, auch wird nicht begreiflich, wie dem darauf folgenden dauernden Zustande (des Adoptirten resp. Emancipirten) dauernde Qualitäten anhaften können (Verlust der Agnation und Gentilität u. s. w.), die nur durch den vorhergehenden Durchgangszustand begründet waren. Die andern Fälle endlich muss man bei dieser Auffassung der capitis deminutio minima ganz verwerfen. Wenn wir dagegen die Tradition zu wahren suchen, so können wir nicht von einer Verschlechterung, sondern, weil der 8. Fall (emancipatio) zweifellos eine Verbesserung bezeichnet, nur von einer Veränderung des Zustandes sprechen, aber nicht von einer Veränderung des Standes an sich (denn wer adoptio erfährt, war vorher und ist nachher in aliena potestate), sondern von einer Veränderung desselben in Bezug auf andere Personen. Und in der That ist auch in den Fällen, wo sich die Art des Abhängigkeitsverhältnisses (potestas, manus, mancipium) ändert, ein Wechsel der Person stets damit verbunden. Wir würden indess irren, wenn wir damit die Sache genügend bezeichnet zu haben glaubten, denn wer arrogatio erleidet, steht vorher, wer emancipatio erfährt, steht nachher in keiner der beregten Beziehungen zu einer Person. Dazu kommt, dass derjenige, dessen Vater stirbt, und ebenso in Folge besonderer Satzungen wer zum flamen Dialis oder zur virgo Vestalis gemacht wird 54), der patria potestas ledig wird, ohne capitis deminutio zu erleiden. Es bleibt nur übrig als das allen Fällen gemeinsame die Veränderung der Familienbeziehung oder der Stellung zur Familie zu bezeichnen in der Weise, dass eine Vertauschung der Familie stattfindet. Eine solche findet nicht statt beim Tode des Vaters, denn auch der Verstorbene vermittelt die Familienbeziehung, sie ist, obwohl die potestas des Vaters aufhört, besonders verhütet beim

53) Vgl. Rossbach, Römische Ehe, der p. 23 ff. die Analogie von potestas manus mancipium nachweist. Vgl. auch Lange R. A. 3. Aufl. I. p. 205 und Arnold, Cultur und Recht der Römer p. 375-377.

54) Gai. I, 130. 145; III, 114; Gell. I, 12; Ulp. X, 5.

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