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Ueber die Organisation des römischen Heeres, welches nach der

marianischen Reform die letzten Kriege der Republik in Asien und Europa führte, und über den Einfluss, welchen Feldherrn wie Pompejus und Cäsar auf die Entwickelung der Taktik desselben ausüben mussten, sind wir nur unvollkommen unterrichtet. Mühsam sind aus den vereinzelten Angaben gleichzeitiger oder späterer Schriftsteller die Materialien zu einem Gesammtbilde zusammengetragen worden und, da es für diese Periode an einer Grundlage fehlt, wie sie die Darstellung des Polybius für die Blüte der Republik bietet, so ist man genötigt gewesen, die Lücken der Ueberlieferung durch Vermutungen zu ergänzen, die, wenn auch des quellenmässigen Anhalts nicht entbehrend, gleichwohl manchem Zweifel Raum lassen. Nach und nach hat der Scharfsinn der Forscher und fortgesetztes Quellenstudium allerdings viel Irrtümliches berichtigt, dennoch giebt es auf diesem Gebiet noch immer Fragen, die einer wiederholten Besprechung wert erscheinen. Zu diesen Fragen gehört nach meiner Ansicht auch die nach Wesen und Bedeutung der Antesignanen bei Cäsar.

Er erwähnt dieselben zuerst in einem Treffen bei Ilerda mit folgenden Worten1): hoc sperans legiones tres ex castris eduxit acieque in locis idoneis instructa unius legionis antesignanos procurrere atque eum tumulum occupare jussit.

Nach der gewöhnlichen Annahme waren diese antesignani ein Elitecorps, von welchem Göler) behauptet, dass es neben der Legion bestanden habe, vor den drei Treffen derselben, ohne eine zusammenhängende Linie zu bilden kämpfte, und dass es teils die Intervalle der Cohorten deckte, teils die beim Angriff der Cohorten vorangetragenen Feldzeichen schützte und durch keckes Voran

1) Caesar d. bell. civ. I, 43.

9) Göler, Kämpfe b. Dyrrhachium u. Pharsalus. Karlsruhe 1854. S. 101. 130.

schreiten die Soldaten ermutigte. Er meint, dieses Corps habe eine Stärke von mehreren hundert Mann gehabt, habe aus jüngeren3) und älteren) Leuten bestanden. In den Fehler, die Antesignanen, wie Salmasius), für Leichtbewaffnete anzusehen, verfällt er nicht; aber wenn man seine Darstellung genauer prüft, so erkennt man in diesen Antesignanen die ehemaligen Veliten wieder. Andre, darunter Rüstow), sehen gleichfalls in den Antesignanen ein Elitecorps, aber sie halten es für einen integrirenden, innerhalb der Legion stehenden, zu bestimmten Zwecken formirten Teil derselben. Rüstow fügt hinzu, es sei eine Waffe der Handstreiche gewesen, eine gute Pflanzschule für die Ausbildung der Centurionen.

So vieles sich auch für diese in der Hauptsache übereinstimmenden, im Einzelnen etwas von einander abweichenden Ansichten beibringen lässt, so habe ich mich bei näherem Eingehen auf die Sache doch nicht davon überzeugen können, dass mit den bisherigen Erklärungen völlig das Richtige getroffen worden sei. Waren die Antesignanen wirklich eine stehende, wenn auch mannigfachem Wechsel unterworfene Einrichtung in den römischen Legionen, wie kommt es, dass während des ganzen gallischen Krieges Cäsar auch nicht einmal derselben Erwähnung tut? Sollte er in allen seinen Offensiv- und Defensiv-Schlachten nie Anlass gehabt haben, sie zu verwenden? Waren ferner die Antesignanen eine Waffe der Handstreiche, wie viel Gelegenheit bot ihm nicht sein brittanischer Feldzug, sie bei der Verfolgung des Cassivellaunus zu gebrauchen, und doch verwendet er hier immer nur die Cohorten der Legion! Warum unterstützte er auf diesem Zuge über die Themse seine eingeschüchterte Reiterei nicht durch die Antesignanen, wie er es bei Pharsalus tat, wenn eine solche Truppe vorhanden war? Wozu brauchte er germanische Hilfs völker) zu werben, um sie der Reiterei beizugeben, wenn er Antesignanen hatte? War diese Truppe bestimmt, getrennt von den Cohorten vor der Front in aufgelöster Ordnung zu fechten, rasche Bewegungen, kecke Ueberfälle auszuführen, wichtige Punkte schnell zu besetzen und zu behaupten, so waren die Antesignanen, welche Cäsar bei Ilerda hatte, nicht eine darauf ein

3) adolescentes.

4) evocati beneficiarii voluntarii.

5) de re militari Rom. c. 4. c. 18. u. a. O.

6) Rüstow, Heerwesen und Kriegführung Caesars. Gotha 1855. S. 19. Becker - Marquard, Röm. Altert.

Bd. III. Abt. II. S. 264.

7) bell. gall. VIII, 13.

geübte Mannschaft. Ihre Gegner, die Afranianer, besassen die zu solchen Kämpfen nötigen Eigenschaften ) in viel höherem Maasse und hatten sich dieselben im Kriege mit den Stämmen Spaniens erworben 9). Was uns dagegen Cäsar von seinen Truppen überliefert hat, um ihre Verwirrung und Flucht zu erklären, lässt deutlich erkennen, dass die Antesignanen zwar gut geübte Legionssoldaten waren, sehr tapfere Leute, aber nur gewohnt, in Reih und Glied zu fechten 10). Waren endlich die Antesignanen, wie Rüstow will, ein integrirender Bestandteil der Legion, der innerhalb ihrer Organisation seine bestimmte Stelle hatte, so konnte eine solche Verwirrung, wie Cäsar sie schildert, durch das Wiedereintreten der Fliehenden an ihre gewohnten Plätze nicht entstehen; eine Verwirrung, die so gross war, dass die ganze Legion zurückgenommen werden musste 11). Ueberhaupt machen die Cäsarianer in diesem Treffen den Eindruck von Soldaten, die in einer neuen, ihnen ungewohnten Lage sich befinden. Erwägt man nun, dass im Heere des Pompejus Antesignanen sich nicht nachweisen lassen, und dass während des gallischen Krieges sie auch im Heere Cäsars nirgends erwähnt werden, dass ferner Cäsar an jener Stelle, wo uns zum ersten Male die Antesignanen begegnen, ein an sich unbedeutendes Gefecht ausführlich schildert, indem er die Fechtart der Seinigen und die seiner Gegner eingehend bespricht, so möchte wohl die Ansicht, die Antesignanen seien eine schon seit längerer Zeit und bei jeder Legion bestehende Einrichtung gewesen, nicht ganz gerechtfertigt erscheinen, und dagegen die Annahme an Wahrscheinlichkeit gewinnen, dass es sich um eine von Cäsar mit Beginn der Bürgerkriege eingeführte Neuerung handle.

Was veranlasste Cäsar zu dieser Neuerung?

8) b. civ. I. 44 genus erat pugnae militum illorum ut magno impetu primo procurrerent, audacter locum caperent, ordines non magnopere servarent ... cum Lusitanis reliquisque barbaris genere quodam pugnae assuefacti.

9) Antesignanen kommen im Heer des Pompejus nicht vor. Bei dieser Gelegenheit treten bekanntlich die auf Lagerwache befindlichen Legionscohorten den Antesignanen Cäsars entgegen.

10) eod. loc. circumiri enim sese ab aperto latere procurrentibus singulis arbitrabantur, ipsi autem suos ordines servare neque ab signis discedere neque sine gravi causa eum locum quem ceperant dimitti censuerant oportere.

11) Itaque perturbatis antesignanis legio quae in eo cornu constiterat locum non tenuit atque in proximum collem sese recepit.

Während des gallischen Krieges war es ihm nicht entgangen, dass die Organisation und Fechtart der Legionen nicht für alle Erfordernisse des Krieges genügte; für den grossen Krieg berechnet und hier vortrefflich, versagten die Cohorten doch zuweilen im kleinen Kriege, bei Ueberfällen und ähnlichen Unternehmungen, wo es mehr auf Gewandtheit und Beweglichkeit als auf Nachhaltigkeit und Ordnung beim Fechten ankam. Den innern Verband der Legion durch Herausnahme von Cohorten zu zerstören war bedenklich, und der Legionssoldat an und für sich ein zu kostbares Material, um ihn in schwachen Detachements den Gefahren des kleinen Krieges auszusetzen 12); die Schaar der Extraordinarii, welche früher dem Feldherrn zur Verfügung stand, hatte seit der Umbildung der Armee aufgehört; dass er sich auf seine Auxiliartruppen vorkommenden Falls nicht genügend verlassen konnte, hatte Cäsar öfters erfahren. Er hatte erkannt, dass er eines, um mich so auszudrücken, leicht beweglichen, römischen Fussvolkes bedurfte, einer Truppe, die ohne Schwierigkeit der Legion entnommen und dem jedesmaligen Zweck entsprechend formirt werden konnte, ohne dass dadurch der Zusammenhang der Legion gestört wurde. In den ersten Tagen des spanischen Krieges, einem Gegner gegenüber, der sehr zahlreiche und gute Auxiliartruppen hatte, musste ihm dies Bedürfniss recht fühlbar werden, und nach meiner Meinung machte Cäsar bei Ilerda den ersten Versuch mit einer Einrichtung, durch welche er dem empfundenen Mangel abhelfen wollte.

Mit drei Legionen ausgerückt 13), um einen wichtigen, im Angesicht des Feindes liegenden Höhepunkt zu besetzen, greift er, damit er dem Feinde seine Absicht verberge, zu einem ähnlichen Mittel, wie einige Tage zuvor. Die Legionen bleiben an einem günstigen Orte, wie zur Schlacht aufgestellt, stehen, den Antesignanen einer Legion aber wird befohlen, den Hügel rasch zu besetzen. Es war dies dasselbe Manöver, welches später Afranius von Cohorten der Auxiliartruppen ausführen lässt, und welches mit der Vernichtung derselben durch die Reiterei Cäsars endet 14). Wie nun die Formation dieses Detachements sich vollzogen habe, von welchem Rüstow richtig voraussetzt, dass es aus der Legion entnommen war 15), darüber kann einzig und allein das Wort antesignani Aufschluss geben.

12) b. gall. V. 16. VI, 34 u. a. a. O. 13) b. civ. I, 43. 15) Rüstow a. a. O.

14) b. civ. 1, 70.

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