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Flet sibi dementes tam valuisse manus.
At lascivus Amor rixae mala verba ministrat,

Inter et iratum lentus utrumque sedet.

Ah! lapis est ferrumque, suam quicumque puellam
Verberat; e caelo deripit ille deos.

Sit satis ornatus dissoluisse comae,

Sit satis e membris tenuem rescindere cestem,

Sit lacrimas movisse satis; quater ille beatus,

Quo tenera irato flere puella potest.

Sed manibus qui saevus erit, scutumque sudemque
Is gerat et miti sit procul a Venere.

At nobis, Pax alma, veni spicamque teneto,

Perfluat et pomis candidus ante sinus!

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56. Weint dann das Weib, dem die Haare zerrauft, zerzaust, und die Wange geschlagen (zerkratzt, subtusa) ward, da erfafst den Thäter Reue und er beweint die unsinnigen, wahnsinnigen Hände (seinen in der Leidenschaftlichkeit mit den Händen verübten Frevel). Nach gewöhnlicher dichterischer Weise ist den Händen beigelegt, was dem Menschen selbst beizulegen war.

57. Aber der mutwillige, schadenfrohe Amor reicht dar dem Zanke, dem Hader, Scheltworte, schürt die Flammen des Zornes an, während er doch selbst ohne Teilnahme (in gemächlicher Gleichgiltigkeit, lentus) zwischen beiden Streitenden sitzt. Man vergleiche die reizende Schilderung in Theokrits Idyllen I, 33.

60. Wer so handelt, der vergreift sich auch an den Göttern, er handelt wie die himmelstürmenden Giganten.

62. ornatus] der Plural zur Bezeichnung der mannigfachen Arten des Haarschmuckes: die bald so bald anders geordneten Haare. dissoluisse fünfsilbig, wie I, 2 und 40.

65. scutum etc.] Wer so roh ist, der mag ein gemeiner Soldat werden, denn dieser mufste neben den anderen Waffen (hier durch scutum vertreten) auch Schanzpfähle (sudem) auf dem Marsche tragen.

67. Hier erscheint der Friede als Person; er soll kommen mit der Ähre in der Hand und aus dem Lusen des lichten, glänzenden Gewandes, aus den bauschigen Falten seines Kleides reichliche Früchte ausschütten (wörtlich: „es fliesse reichlich, triefe der glänzend weisse Busen vorn, d. h. den der Frieden vorn hält, ante wie circa in der Prosa öfters von Früchten).

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ZWEITE PERIODE.

3. (I, 1.) Delia.

Ein Elegienkranz.

Divitias alius fulvo sibi congerat auro
Et teneat culti jugera multa soli,
Quem labor assiduus vicino terreat hoste,
Martia cui somnos classica pulsa fugent;
Me mea paupertas vita traducat inerti,
Dum meus assiduo luceat igne focus

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3. (I, 1.) Delia. Die folgenden fünf Elegien schliefsen sich eng an einander an und bilden ein Ganzes, einen anziehenden Cyklus von Gedichten, in denen das Liebesverhältniss des Dichters zu einem Mädchen geschildert wird.

1. Mag sich Einer Reichtümer von dunkelgelbem, rötlichgelbem Golde zusammenschaffen, zusammenscharren; wie Horat. Satir. I, 1, 32 sagt: ,Cum sibi sint congesta cibaria". Also hier paret sibi congerendo auro, und zwar, wie das Folgende zeigt, dadurch, dafs er in den Krieg zieht und sich reiche Beute zu verschaffen sucht.

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2. Statt des besser beglaubigten multa haben Andere magna. An und für sich kann Beides stehen. Tenere aber ist hier gleich possidere.

3. terreat] Er lebt in Schrecken und Angst wegen der Nähe des Feindes und hat deshalb auch viele Mühen zu ertragen.

4. Martia class.] das Feld- oder Versammlungszeichen im Kriege, der Stofs in die Kriegstrompete; mit ihm verbindet man canere, flare, inflare, hier aber steht ungewöhnlicher pulsa dabei, was sonst nur von der Lyra und anderen Saiteninstrumenten gesagt wird. Jedenfalls hat es der Dichter absichtlich gewählt, um das Erregen der grofsen Wirkung nachdrücklicher hervorzuheben. Teuffel übersetzt: Wenn die Drommete des Mars schmetternd verscheuchet den Schlaf".

5. Mich möge meine paupertas, mein mäfsiges, gerade für meine einfachen Verhältnisse, für mein einfaches Leben, hinreichendes Vermögen (also nicht „inopia“ oder „egestas"; vergl. 28, 23) begleiten in einem unthätigen, d. h. mühe- und sorgenlosen Leben; ich möge also in dieser Einfachheit fortleben können, und dazu bedarf ich keiner im Kriege gesammelten Schätze. Die Lesart vita inerti findet sich in den besseren Handschriften statt des gewöhnlichen vitae inerti.

6. Wenn nur fortwährend auf meinem häuslichen Herde leuchtet das Feuer und (was der Dichter im Folgenden weiter ausführt) meine Felder mir Getreide und Wein geben. Nach diesem Verse folgt in den Hand

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9 Nec Spes destituat sed frugum semper acervos
Praebeat et pleno pinguia musta lacu.
Nam veneror, seu stipes habet desertus in agris
Seu vetus in trivio florea serta lapis;

Et quodcumque mihi pomum novus educat annus,
Libatum agricolam ponitur ante deum.
Flava Ceres! tibi fit nostro de rure corona
Spicea, quae templi pendeat ante fores,
Pomosisque ruber custos donatur in hortis,
Terreat ut saeva falce Priapus aves. //

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schriften und Ausgaben das Distichon: „,Ipse seram teneras maturo tempore vites Rusticus et facili grandia poma manu", es zerstört aber den richtigen Gedankengang und ist jeden Falls die Randglosse eines gelehrten Lesers, die früh in den Text versetzt ward. Manche Gelehrten, die das fühlten, suchten dadurch zu helfen, dafs sie nach Vs. 6 die Worte „Jam modo non (oder Jam modo jam) possum contentus vivere etc." also Vs. 17 und 18 bis 26 (in den anderen Ausgaben Vs. 25 und 26—36) einschoben.

7. Spes ist hier die personifizierte Hoffnung als göttliches Wesen, und zwar zunächst die Hoffnung des Pflanzers und Gärtners, eine echt Römische Schöpfung. Vergl. Prellers Römische Mytholog. S. 617. destituere steht hier wie auch anderwärts, z. B. bei Livius I, 41, 1, absolut, ohne Objekt, da man das leicht hinzudenkt.

8. Und fettkleberigen, also dicklichen, öligen (dem tenuis entgegengesetzt) Most in voller Kufe (lacus in seiner ursprünglichen Bedeutung, wie sie auch unten 9, 48 und 11, 54 vorkommt). Pinguis verbindet gerade so mit mustum auch Columella de re rustica lib. X, Vs. 432.

9. Nam veneror kann man allerdings freier auffassen: „Denn ich verehre, bin ehrfurchtsvoll, verehre die Gottheit, aber genau genommen ist das Objekt zu vener or im folgenden Nebensatze enthalten, nämlich florea serta, ich bringe meine Verehrung dar jedem noch so einfachen Gegenstande an einsamen oder belebten Orten, den eine fromme Hand geweiht hat. Die Landleute pflegten an den Kreuz- und Scheidewegen (compitis ac triviis) zu opfern und den „Diis triviis" oder „,compitalibus" ländliche Feste zu feiern. Der Blumenkranz also, den auf einsamem (desertus) Felde ein (geweihter) Baumstamm oder an Kreuzwegen ein alter (geheiligter) Stein trägt, der rührt von mir her.

11. Von jeder Frucht meines Feldes, Besitztums, die mir das neue Jahr hervorbringt, lege ich eine Spende (eine der Gottheit geweihte Gabe) vor dem ländlichen Gotte hin. Unter „agricola deus" ist aber kollektivisch jede ländliche Gottheit gemeint, nicht etwa nur Silvanus. Im Folgenden hebt der Dichter noch spezieller die Ceres und den Gartengott Priapus hervor; kurz er erweist sich den ländlichen Gottheiten als eifriger Verehrer, um von ihnen dagegen eine gesegnete Ernte zu erhalten.

13. Ceres heifst hier wie bei Virgil. Georg. I, 96, flava goldgelb, von den Kornähren, ebenso anderwärts „rubicunda" aus gleichem Grunde. Statt fit liest man gewöhnlich sit, was schon Lambinus und Andere verbesserten.

16. Das Bild des Priapus, des Hüters der Obstgärten, das gewöhnlich aus Holz geschnitzt und rot (ruber) bemalt war, hielt vielfach auch in der einen Hand eine Sichel (die hier saeva wild, rasend schrecklich

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Jam mihi, jam possim contentus vivere parvo
Nec semper longae deditus esse viae,

Sed Canis aestivos ortus vitare sub umbra
Arboris ad rivos praetereuntis aquae.
Nec tamen interdum pudeat tenuisse bidentem
Aut stimulo tardos increpuisse boves,

3r

Non agnamve sinu pigeat fetumve capellae
Desertum oblita matre referre domum.

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Hic ego pastor ovemque meum lustrare quotannis

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genannt wird nach dem Dichter gewohnter Übertragung auf die Sache vom Menschen) und diente als Vogelscheuche. Nach diesen Worten folgen in den Handschriften und älteren Ausgaben die Verse, welche Neuere oben nach Vs. 6 eingefügt haben (25-36 der früheren Ausgaben). Ich habe sie aber hier stehen gelassen, da der Übergang nicht unpassend ist; denn nachdem der Dichter gesagt, dafs er bei seinem einfachen Leben von seinem Landgute das Nötige haben möge und zu erhalten hoffe, weil er ja die Schutzgottheiten desselben ehrfurchtsvoll stets verehre, so fährt er einfach in dem begonnenen Gedankengange fort. Unter solchen Verhältnissen wünsche er auf dem Lande zu leben als einfacher Landwirt".

17. Statt der sinnlosen Lesart der meisten Codices: „Jam modo non possum" habe ich mit Lucian Müller: „Jam mihi, jam possim" geschrieben, während Baehrens: „Dum modo jam possim" schreibt. Wie nun hier das ,,contentus vivere parvo" sich auf „mea paupertas (Vs. 5)“, das „vitare sub umbra" auf „vita traducat inerti" bezieht, so mufs man das „,longae deditus (also freiwillig, gern) esse viae" auf das Leben der Krieger beziehen, die, um nur Schätze zu erobern, oft weit von ihrer Heimat fortziehen müssen. 19. Canis aest.] des Hundssterns (Sirius) Aufgang im Sommer für die heifsen Tage in dieser Jahreszeit. Plinius in seiner Histor. Natural. lib. II, § 123 sagt: „Ardentissimo aestatis tempore exoritur Caniculae sidus sole primam partem leonis ingrediente. Vrgl. 1, 21.

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21. Aber dennoch will ich diese ländliche Mufse nicht in völligem Nichtsthun hinbringen, sondern mich auf angemessene Weise beschäftigen, für mein Landgut mit Sorge tragen. Pudeat absolut statt me pudeat; vgl. 4, 27 und 3, 70; ebenso Vs. 23 pigeat und ohne „vos" unten 7, 52.

22. Increpare in der seltenen Bedeutung: laut, kräftig anrufen, auffordern, ermuntern; freier: drohen. Ähnlich ist nur: „impavidus conscendit equos Gradivus et ictu verberis increpuit" in Ovid. Metamorph. XIV, 820.

24. oblita mat.] das, beim Heimkehren, die Mutter vergessen hat. Nun folgt in den Handschriften und Ausgaben das Distichon: „At vos exiguo pecori, furesque lupique, Parcite; de magno est praeda petenda grege", das hier ganz sinnlos ist und wahrscheinlich am Rande von einem Grammatiker beigeschrieben ward, oder auch an eine andere Stelle gehört.

25. Wie der Dichter im Früheren von den Früchten seines Feldes den ländlichen Gottheiten Opfer darbringt, so thut er es hier auch bei dem Viehe, für dessen Gedeihen er der Pales opfert als Hirt (denn es ist statt des unverständlichen „pastoremque meum" schon längst pastor ovemque“ treffend verbessert). Pales, die weit und breit in Mittelitalien verehrte Hirtengöttin, ward alljährlich in der volkstümlichen Palilienfeier am 21. April verehrt. Vgl. besonders Ovid. Fast. IV, 721 figde und Prellers Römische Mythologie S. 364 flgde.

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Et placidam soleo spargere lacte Palem;
Vos quoque, felicis quondam nunc pauperis agri
Custodes, fertis munera vestra, Lares.
Tunc vitula innumeros lustrabat caesa juvencos,
Nunc agua exigui est hostia parva soli;
Agna cadit vobis, quam circum rustica pubes
Clamet: „Jo messes et bona vina date!"
Adsitis, Divi! neu vos e paupere mensa
Dona nec e puris spernite fictilibus.
Fictilia antiquus primum sibi fecit agrestis
Pocula, de facili composuitque luto.

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Non ego divitias patrum fructusque requiro,

Quos tulit antiquo condita messis avo;

Parva seges satis est, satis est, requiescere lecto

Si licet et solito membra levare toro.

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Quam iuvat immites ventos audire cubantem

27. Nachdem also das Vieh gesühnt und die milde, freundliche Pales ein Milchopfer erhalten (ihr Altar oder ihr Bildnis mit Milch besprengt worden war), werden auch die Laren als Hüter und Schützer des ganzen Besitztums (sonst nur des Hauses; vgl. 1, 58) mit Gaben bedacht, angemessen den Verhältnissen des jetzigen Besitzers. Er nennt den Acker felix und pauper nach Dichtergebrauch, nach dem das, was der Besitzer einer Sache allerdings durch diese ist, auf die Sache selbst übertragen wird; felix ist also dives und wir werden am besten ager in solcher Stellung durch „Gut" erklären, also ein sonst gesegnetes und jetzt mässiges Gut.

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30. Aber wenn auch einst ein Kalb für zahlreiche junge Rinder (eigentlich: junge Stiere) und jetzt nur ein Lamm als geringes Opfer für das beschränkte Besitztum dargebracht wird, so herrscht doch dabei frohe Heiterkeit und Lust unter den Landleuten. Vergl. 2, 26 und 4, 33.

33. Darum seid zugegen, seid gnädig, ihr Gottheiten, und nicht die Gaben, die wir in reinen irdenen Gefäfsen, wie sie der Landmann sich fertigte, euch darbringen.

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36. de weist hier auf den Ursprung, auf das Ganze hin, wo. rührt, wozu es als ein Teil gehört. So unten 8 (in der Übera being? Vs. 59: „corona de flore verno". Facilis heifst hier: leicht zu bearbeiten, wie es der geschmeidige Lehm und Thon ist; ebenso vom Wachs.

37. Nochmals kehrt der Dichter zu dem ersten Gedanken zurück und knüpft daran eine weitere Schilderung des Landlebens, wie er es sich wünscht, besonders da Liebe in sein Herz eingezogen sei, ein schönes Mädchen ihn jetzt fessele und er deshalb um so weniger daran denke in den Krieg zu ziehen, und da wohl gar seinen Tod zu finden, der ihn vielmehr in den Armen seiner Geliebten treffen möge, wenn es eben so geschehen solle.

38. Antiquus heifst hier der avus, also kurz: der Vorfahr, wie oben Vs. 35 der agrestis; „Früchte, welche die geborgene, eingeheimste Ernte

meinen Urahnen brachte."

40. solito] und auf dem gewohnten Pfühle, Ruhelager, die (von der ländlichen Arbeit) ermatteten Glieder erleichtern, d. h. eroickon, stär ken kann.

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