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des Tibull und Lygdamus) vergleichen. Wie aber ein Mann wie Gruppe (und neuerdings teilweise auch Kleemann) auf den Gedanken kommen konnte, diese geschraubten und gesuchten poetischen Ausbrüche einem Ovidius zuzutrauen, nur weil mehrfache Ausdrücke und Redeweisen wie auch die gleiche Angabe ihres Geburtsjahres bei Beiden sich finden, lässt sich kaum erklären. Da steht doch Ovidius, dieser geborene geniale Dichter, viel zu hoch und hätte man eher erwartet, dafs Gruppe eine Nachahmung des Ovidius durch Lygdamus behauptet hätte als das gerade Gegenteil.

Die ältesten bis jetzt bekannten Handschriften der Elegien des Tibullus und dieser seiner Zeitgenossen gehören alle erst dem 14. Jahrhundert an, nämlich der Ambrosianus, Vaticanus und Quelferbytanus (Wolfenbüttler); der alte Cujacianus, von dem nur Scaliger ein kleines Bruchstück benutzen konnte, ist verschwunden. An einigen wenigen Stellen der Elegien hat man in den Sentenzensammlungen des Mittelalters, den sogenannten „Excerpta Parisina“ und „Frisingensia“, Gutes zu finden gemeint, und es ist daher über diese Excerpta in neuerer Zeit Mehreres geschrieben worden, so von E. Protzen (de excerptis Tibullianis, Greifswald, 1869) und von G. Meyncke (im Rheinischen Museum für Philologie Bd. 25, S. 369-392). Doch war das nur eine sehr geringe Hilfe und neue Entdeckungen von vollständigen und älteren Handschriften hat man bis jetzt noch immer nicht gemacht. Diese leider bis jetzt nicht erfüllte Hoffnung hat mich Jahre lang abgehalten, meine Arbeit zum Abschlusse zu bringen; konnte doch die Auffindung einer älteren und wertvollen Handschrift eine grofse Anzahl meiner Bemerkungen unnötig machen oder auch als irrig erweisen.

Um noch Einiges über die bisherigen Ausgaben der Elegien, alle, mit einziger Ausnahme der Bauerschen, mit Lateinischen Anmerkungen, zu sagen, so ist die vielfach gerühmte Scaligersche (Paris, 1577 und öfters wiederholt) ein sehr eilig gefertigtes Produkt und leidet an einer Masse Willkürlichkeiten, besonders tollen Umstellungen; denn dass an einigen Stellen einige Verse umgestellt werden mussten, darüber war und ist das Urteil der Spruchberechtigten einig; auch über einige Lücken stimmt man fast allgemein überein. Dennoch nahm Broukhusius diese Umstellungen Scaligers voreilig in seine schön gedruckte aber viel Ungehöriges enthaltende Ausgabe auf. Von allen folgenden Ausgaben ist und bleibt bis jetzt die Heynesche (letzte Auflage Leipzig, 1817-19) die verdienstvollste. Neben dieser bietet die Bachsche (Leipzig, 1819)

manches Eigene, Neue und Gute. Die von P. A. de Goldbéry (Paris, 1826) besorgte Ausgabe ist ein klägliches und ganz wertloses Produkt. Dissens Leistungen endlich in seiner Ausgabe (Göttingen, 1835) sind inir gering erschienen, so hoch ich den Mann stets geehrt habe und den liebenswürdigen Menschen in ihm noch heute achte und liebe. Unter den rein kritischen Ausgaben nenne ich nur Lachmanns Recension (Berlin, 1829), die von Haupt (Leipzig, 1853), Luc. Müller (Leipzig, 1870) und die neueste und vorzüglichste von Baehrens (Leipzig, 1878). Unter den Deutschen Übersetzungen (denn die Französischen sind ganz wertlos) haben mir die von F. W. Richter (Magdeburg, 1831), von Teuffel (Stuttgart, 1853) und von Binder (Stuttgart, 1862) am meisten gefallen; Vofs ist zwar weit wörtlicher und gewifs sorgsam, aber sehr oft kann man seine Übersetzung ohne Zuziehung des Originales nicht verstehen.

Mit Ausnahme von Broukhusius und neuerdings Baehrens folgen alle Ausgaben in der Reihenfolge der Elegien den Handschriften. Da aber Letztere in dieser Hinsicht das Recht des blinden Nachfolgens nicht beanspruchen können, nach den umfänglichen und erschöpfenden Forschungen O. F. Gruppes (Die Römische Elegie, Bd. I, Leipzig, 1838) und W. S. Teuffels (vor seiner Übersetzung und in seiner Geschichte der Römischen Litteratur, Leipzig 1870, § 229) eine bessere Anordnung der ganzen uns unter dem Namen des Tibullus überlieferten Elegiensammlung ein dringendes Bedürfnis war und ist, so habe ich kein Bedenken getragen, diesen Gelehrten zu folgen (bei allen Elegien aber in Einschlufs die alte Reihenfolge bemerkt), und dies um so mehr, als meine Ausgabe für angehende Philologen, für die Privatlektüre der oberen Gymnasialklassen und endlich auch für Freunde des klassischen Altertums bestimmt ist, deren Anzahl wenn auch nicht so gross wie früher, doch trotz der realistischen und materialistischen Bestrebungen der Neuzeit nicht zu gering ist. Während in den jetzigen gröfseren Ausgaben mit Lateinisch geschriebenen Erläuterungen nur der Philolog von Fach bedacht wurde, ging jeder andere Leser in sehr vielen Fällen leer aus, fand auch äussersten Falls gar manches Veraltete und Verkehrte, und schrak daher nicht ohne Grund vor den oft massenhaften und viel Fremdartiges hereinziehenden Kommentaren der bisherigen Herausgeber zurück.

Was die Gelehrten bisher in den Anmerkungen zu ihren Ausgaben des Tibullus, in den Übersetzungen und in einzelnen Abhandlungen

gaben, das habe ich, soweit es meine Billigung finden konnte, dankbar benutzt; öfters liefs man mich freilich im Stiche. Mit Wissen und Willen habe ich keine einzige Stelle unbesprochen gelassen, von denen so manche in den bisherigen mit Anmerkungen versehenen Ausgaben mit Stillschweigen übergangen wurde; ich habe aber auch viele Erklärungen gegeben, von denen der Philolog und besonders der mit der umfänglichen Litteratur über Tibullus nicht näher Vertraute sagen könnte, sie seien als selbstverständlich oder zu Leichtes erläuternd wegzulassen gewesen; sie mufsten gegeben werden, weil sowohl in den Kommentaren als vorzüglich auch in den doch so häufig benutzten Übersetzungen Falsches sich vorfand, ja oft mit auffälliger Willkür verfahren war, was wohl so Mancher nicht geahnt haben mag, und selbst die guten Lexika in Stich lassen. Sollte nun diesem oder jenem Leser Dieses oder Jenes schon bekannt sein, so soll mich das recht freuen, aber der Eine wird eben da und der Andere dort eine Belehrung suchen, und so nehme Jeder, was er eben braucht. Der Zweck der Ausgabe war auch die Ursache, dafs ich von der Anwendung der jetzt mehrfach beliebten Schreibweise einzelner Lateinischer Worte (wie z. B. inmitis, inpius, adsiduus, volgus etc.) ganz absah und die einfache und natürliche Schreibung der früheren Zeit möglichst beibehielt; - ebenso, dass ich einige von Baehrens gegebene Verbesserungen, wenn sie auch dessen Recensenten angriffen und zu verwerfen suchten, doch aufnahm, da ich Besseres nicht geben konnte und die handschriftliche Lesart verdorben und vielfach ganz sinnlos war.

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Wem es nach wiederholter Lektüre dieser Elegien von Interesse sein sollte, über die dichterische Kunst des Tibullus Ausführlicheres zu lesen, der nehme Dissens Ausgabe zur Hand und lese die umfängliche Abhandlung desselben De poesi Tibulli" im ersten Teile S. XXXVII bis CXCII, die freilich schon deshalb mit grofser Vorsicht zu gebrauchen ist, weil sie nur zwischen Tibullus und Lygdamus einen Unterschied macht, sonst aber Alles dem Tibullus beilegt und als Beleg gebraucht. Auch dürfte die Lektüre vom ersten Bande der „Römischen Elegie von Gruppe" empfohlen werden können, eine Darstellung, die, wenn sie auch manches Falsche und Erdachte enthält, doch von grofser Liebe zum Dichter zeugt, dessen grofse Verdienste hervorhebt und überhaupt vielfache Belehrung gewährt.

Dresden, im Februar 1881.

Zusammenstellung

der

in dieser Ausgabe gegebenen Reihenfolge der Elegion mit der in den Ausgaben bisher festgehaltenen.

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ERSTE PERIODE.

1. (I, 7.) Zu Messalla's Geburtstag.

Hunc cecinere diem Parcae fatalia nentes
Stamina non ulli dissoluenda deo,

Hunc fore, Aquitanas posset qui fundere gentes,
Quem tremeret forti milite victus Atax.
Evenere; novos pubes Romana triumphos
Vidit et evinctos brachia capta duces;
At te victrices lauros, Messalla! gerentem
Portabat niveis currus eburnus equis.

5

1. (I, 7.) Nachdem M. Valerius Messalla Corvinus, ein angesehener, reicher und feingebildeter Mann, dem Octavianus nahestehend und von ihm vielfach in Anspruch genommen, die aufständigen Aquitanen Ende 31 oder Anfang 30 v. Chr. unterworfen hatte, war er von Octavianus in wohl rein politischer Sendung im Oriente, nämlich Cilicien, Syrien und zuletzt Ägypten (wo er am längsten verweilte), verwendet worden. Als er endlich heimgekehrt war, feierte er im Herbste des Jahres 27 seinen Aquitanischen Triumph und kurz darauf ward sein Geburtstag von Verwandten und Freunden festlich begangen. Dabei überraschte ihn sein Freund Tibullus mit diesem Gedichte, das die kriegerischen Thaten desselben gewifs sehr passend nur kurz erwähnt, weit länger bei dessen längerem Aufenthalte im Oriente, besonders in Ägypten, jenem Wunderlande für die Römer, verweilt. Auch schon in diesem frühesten der uns erhaltenen Gedichte verrät sich des Dichters Liebe für das Land- und Stillleben.

1. Schon bei der Geburt bestimmten die Parzen, welche die Fäden des Geschickes des Menschen spinnen, den Messalla zu Grofsem.

2. dissoluenda] u nicht v, denn der Vokal bildet hier, wie öfters bei den Dichtern, eine Silbe. Vrgl. Vs. 40 u. 2, 62.

4. Atax] der jetzige Aude, der von den Pyrenäen herabkommt und nordöstlich von Narbonne mündet. Beim Dichter zittert der Flufs statt der an seinen Ufern wohnenden Völkerschaften.

5. pubes] die Jugend Roms sah wieder Triumphe; der verstärkende Pluralis von einem einzigen Triumphe, wie unten 8, 33.

6. evinctos] den gefangenen Anführern, die im Triumphe aufgeführt wurden, waren die Hände (auf dem Rücken) fest zusammen gebunden. Das verstärkte vinctus (evinctus) kommt oft bei Virgilius und Ovidius vor. 8. eburnus ist bei Dichtern häufiger als eburneus; der mit Elfenbein verzierte Wagen des Triumphators.

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