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Poet in Frankreich mit seinem Heldengedichte. Weil aber Herr G. alles „mit der Erwartung feiner Grammatik angefüllt hatte, so wurden unsere „alten wohlverdienten Sprachlehrer wenig gelesen, sondern die meisten sparten ihren Appetit nach grammatikalischer Erkenntniß auf das grosse „Mahl, so er ihnen bereitete, und das ist wohl die Ursache des grossen „Beyfalles, womit die neue Sprachlehre aufgenommen worden. Was „mag er aber in so lieber langer Zeit daran gebauet und ausgefeilet haben! da doch noch iso, nach so vielen gelehrten Erinnerungen „sø vieler Gönner und Freunde, wie in der andern Vorrede stehet, und nun nach so viel wiederhohlten Auflagen, gleichwohl noch so viel, „ich mag wohl sagen, kindische Fehler darinn sind? Herr Gottsched, „schliesset er endlich, hätte daher viel besser gethan, wenn er doch ein „Sprachlehrer werden wollte, daß er die Bödikerischen und Frisch i„schen Grundsätze bloß in bequemere Ordnung gebracht hätte. Ich will damit nicht sagen, daß ers hätte thun sollen, denn meiner Meynung nach, mußte er gar keine Sprachlehre schreiben: weil die grammatische „Muse, nach so vielen feindseligen Angriffen, welche er in dem Bay„lischen. Wörterbuche, und sonst überall, auf sie selbst, und auf ihre „größten Günstlinge gethan hatte, ihm von je her, nicht anders, als „gehäßig seyn konte.“

Was sagen Sie hierzu; vorausgeseßt, daß Herr Heinz ein ehrlicher Mann ist, der im geringsten nichts übertreibt? (Wenn Sie es nicht voraussetzen wollen, so glauben Sie es so lange auf mein Wort, bis Sie Luft bekommen, sich selbst davon zu überzeugen.) Wird es Ihnen noch wahrscheinlich seyn, daß einer, ob er schon ein magrer Philosoph, und ein schlechter Dichter ist, dennoch wohl eine gute Sprachkunst schreiben könne? Oder gestehen Sie es nun bald, daß ein seichter Kopf nirgends erträglich ist?

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Und. Herr Professor Gottsched muß es selbst gefühlt haben, daß ihm dieser Gegner ein wenig zu sehr überlegen seh! Sie glauben nicht, wie seltsam er sich in seinem Neuesten gegen ihn gebehrdet! Ohne sich auch nur auf einen einzigen Tadel einzulassen, eifert und sprudelt erda etwas her, woraus kein Mensch klug werden kann; und begegnet dem Rector mit einem so groben Profefforstolze, als verhielte sich der Rector zum Professor, wie der Schüler zum Rector; da doch das Verhältniß 1 In seinem Heumonde dieses Jahres S. 546.

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in diesem Falle grade umgekehrt ist. „Hier steht abermal," ruft er mit vollem Maule aus, „hier steht abermal ein Grammatiker auf, der an „Herrn Prof. Gottscheds Sprachkunst zum Ritter werden will. Herr „Rector Heinz zu Lüneburg, ist von einem innern Berufe genagt wor-` „den, sich durch einen Angriff eines berühmten Mannes auch berühmt zu machen. Und was war leichter als dieß? Man kann ja bald etliche „Bogen über ein Buch zusammen schreiben, deffen gute Aufnahme ́in ,,Deutschland ihm ein. Dorn im Auge war. Besondre Ursachen zür Feindschaft gegen denselben hatte er nicht: das gestehet er selbst. Die Pflichten der Mitglieder einer Gesellschaft, dergleichen die Deutsche zu „Göttingen ist, werdens ihm vermuthlich auch nicht auferlegt haben, einen „seiner ältern Gesellschafter so stürmend anzugreifen. Um desto mehr „wundern wir uns, daß er dennoch kein Bedenken getragen, einen solchen „Anfall auf einen Mann zu thun, der ihm nicht den geringsten Anlaß ,,dazu gegeben." Wenn werden die schlechten Scribenten einmal aufhören zu glauben, daß nothwendig persönliche Feindschaft zum Grunde liegen müsse, wenn sie einer von ihren betrogenen Lesern vor den Richtstuhl der Critik fordert? „Doch wie?" fährt das Neueste fort; „hat „nicht Herr Prof. G. seine kleine Sprachlehre den sämtlichen berühmten „Schullehrern in Deutschland zugeschrieben? Es ist wahr, und der Augen„schein zeigt es, daß solches mit viel Höflichkeit, mit vielen Lobsprüchen, und in dem besten Vertrauen zu ihnen geschehen ist. War nun das „etwa ein zureichender Grund, denjenigen so grämisch anzuschnarchen, der „ihm zugleich mit andern eine solche Ehre erwiesen? Welcher Wohlgesittete ,,kann das begreifen? Derjenige Wohlgesittete, würde ich hierauf antworten, bey dem die Höflichkeit nicht alles in allen ist. Der die Wahrheit für keine Schmeicheleyen verleugnet, und überzeugt ist, daß die nachdrückliche Warnung vor einem schlechten Buche ein Dienst ist, den man dem gemeinen Wesen leistet, und der daher einem ehrlichen Manne weit besser anstehet, als die knechtische Geschicklichkeit, Lob für Lob einzuhandlen. Zudem weis ich auch gar nicht, was das Neueste mit dem grämischen Anschnarchen will; zwey altfränkische Wörter, die schwerlich aus einer andern, als des Herrn Professors eigener Feder können geflossen seyn. Man kann nicht mit kälterm Blute kritisiren, als es Herr Heinz thyt; und die Stelle, die Sie oben gelesen haben, ist die stärkste in seinem ganzen Buche. Was finden sie darin grämisches

und angeschnarchtes? Grämisch anschnarchen kann niemand als Herr Gottsched selbst; und zwar fällt er in diesen Ton gemeiniglich alsdenn, wenn er satyrisch seyn will. 3. E. Was ist geschnarchter als folgende Stelle? Doch Herr Heinz besorget, es werde bey seinem „Stillschweigen, die Gottschedische Grammatik ein flaßisches Ansehen ge„winnen; da ers zumal nicht ohne Galle bemerket, daß bisher alle seine Herrn Collegen stille dazu geschwiegen: weswegen er glaubet; es sey besser, daß einer, als daß keiner das Maul aufthue, und diesem groffen „Unheile steure und wehre. Allein mit seiner gütigen Erlaubniß, fragen wir hier, ob er denn wohl glaube, daß ein Buch darum gleich zu „Boden geschlagen sey, weil Er, Herr Heinz von Lüneburg, sich „demselben wiederseßet? Wir glauben es gewißlich noch nicht! Die Gott„schedische Sprachkunst hat schon mehr solche grimmige Anfälle überstan= „den, und steht doch noch. Sie wird gewiß, den seinigen auch über„stehn." Welche Schreibart! Und wie wißig ist das? Herr Heinz von Lüneburg, auf welches einige Zeilen darauf der Secundaner Kunz folgt!

Noch eine recht lustige. Stelle aus dem Heumonde des Hrn. Prof. kann ich mich nicht enthalten, Ihnen abzuschreiben. Indem er Herr Heinzen aushunzt, kommen ihm auch die Verfasser der göttingischen gelehrten Zeitung in den Weg, die sich dann und wann unterstehen, ihm eine kleine Wahrheit zu sagen, ohne zu bedenken, daß der Herr Profeffor ein altes Mitglied ihrer deutschen Gesellschaft ist. Er meint, er habe zu dieser Frechheit nun lange genug stille geschwiegen; und wenn sie ihn weiter „böse machten, so werde er einmal aufwachen, und ihnen „durch den Zuruf:

Tecum habita et noris, quam sit tibi curta suppellex „ihre Schwäche bekannt machen. Wir wissen auch nicht, fährt hierauf der Heumond fort, was ihn bisher zu solcher Geduld und Gelassenheit bewogen; zumal da die göttingischen Zeitungen für ein. Werk von „einer ganzen Societät der Wissenschaften gelten sollen, unter deren Aufficht, und mit vermuthlicher Genehmhaltung sie herauskommen. Gewiß in solchen Zeitungen verdammt zu werden, ist kein solcher Spaß, als wenn einen ein jeder unbekannter und ungenannter Kritikaster herunter „macht. Wer also auf seinen guten Namen hält, der ist in seinem Ge,,wissen verbunden, von einem so unbefugten und gewaltsamen Richter

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„sich auf einen höhern zu berufen, und den Ungrund seiner Urtheile zu „zeigen.. Nichts, als die Verbindung mit der göttingischen deutschen Ge„sellschaft kann ihn, unsers Erachtens, bisher abgehalten haben, hier so lange stille zu sißen. Allein wer weis, wie lange es dauert, so schicket er ihr sein Diplom (nach Hrn. Rath Königs in Haag Beyspiele) „zurück; und sezet sich wieder in die natürliche Freyheit, seine Ehre zu ret„ten. Bis dahin kann er ihnen mit dem Achill in der Iphigenia zuruffen: Dankt es dem Bande blos, das meinen Zorn noch hemmet,

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Sonst hätt er schon mein Herz gewaltsam überschwemmet.

Welch eine Drohung! Die arme deutsche Gesellschaft, wenn ihr dieses Unglück begegnen sollte! Ich glaube, sie würde darüber zu einer wendischen. Denn wie kann eine deutsche Gesellschaft ohne Gottscheden bestehen?

hat!

VIII. Den 23. November.. 1759.

Siebenzigster Brief.

Hier ist etwas von einem Verfasser, der ziemlich lange ausgeruhet - Es sind die Fabeln des Herrn Leßings.

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Er meldet uns in der Vorrede, daß er vor Jahr und Tag einen kritischen Blick auf seine Schriften geworfen, nachdem er ihrer lange gnug vergessen gehabt, um sie völlig als fremde Geburten betrachten zu können. Anfangs habe er sie ganz verwerfen wollen; endlich aber habe er sie, in Betrachtung so vieler freundschaftlichen Leser, die er nicht gern dem Vorwurfe aussehen wollen, ihren Beyfall an etwas ganz unwürdiges verschwendet zu haben, zu verbessern beschlossen.

Den Anfang dieser Verbesserung hat er mit seinen Fabeln gemacht. „Ich hatte mich, sagt er, bei keiner Gattung von „Gedichten 2c. [f. Band V, S. 398] Phrygiers gemacht. 2c.

Und kurz; hieraus ist das gegenwärtige kleine Werk seiner Fabeln entstanden, welches man als den ersten Band der gänzlichen Umarbeitung seiner Schriften anzusehen hat. Ich muß die Ordnung, die er darinn beobachtet, umkehren, und Ihnen vorher von seinen beygefügten Abhandlungen über diese Dichtungsart etwas sagen, ehe ich die Fabeln selbst ihrem Urtheile unterwerfen kann.

1 Berlin bey C. F. Voß in 8vo.

Es sind diese Abhandlungen fünfe. Die erste, welche die weitlänfigste und dabey die wichtigste ist, untersuchet das Wesen der Fabel. Nachdem die Eintheilung der Fabeln in einfache und zusammenge= sezte, (das ist in solche, "die bey der allgemeinen Wahrheit, welche sie einprägen sollen, stehen bleiben, und in solche, die ihre allgemeine Wahrheit auf einen wirklich geschehenen, oder doch als wirklich geschehen, angenommenen Fall, weiter anwenden) vorausgeschickt worden, gehet der Verfasser die Erklärungen durch, welche de la Motte, Richer, Breitinger und Batteur von der Fabel gegeben haben. Bey der Erklärung des ersten, die allen folgenden Erklärungen zum Muster gedienet habe, ist er vornehmlich gegen das Wort Allegorie, und behauptet, daß die Fabel überhaupt nicht in der Erzehlung einer allegorischen Handlung bestehe, sondern daß die Handlung nur in der zusammengeset= ten Fabel allegorisch werde, und zwar allegorisch, nicht mit dem darinn enthaltenen allgemeinen Sage, sondern mit dem wirklichen Falle, der dazu Gelegenheit gegeben hat. An der Erklärung des Richer setzet er vornehmlich dieses aus, daß sie ein blosses allegorisches Bild zu einer Fabel für hinreichend hält. „Ein Bild, sagt er, heisset überhaupt x. [f. Band V, S. 413] eine Fabel? Ein jedes Gleichniß x. [f. S. 413] durch das Wort Handlung ausdrücken. Mit diesem Worte verbin= det er aber einen viel weitern Sinn, als man gemeiniglich damit zu verbinden pfleget, und verstehet darunter jede Folge von Veränderungen, die zusammen ein Ganzes ausmachen. Denn daß die Erklärung, welche Batteur von der Handlung giebt, daß sie nehmlich eine Unternehmung seyn müsse, die mit Wahl und Absicht geschieht, bey der Fabel nicht Statt finde, zeiget er umständlich, indem die allerwenigsten Aesopischen Fabeln in diesem Verstande. Handlung haben. Batteux, wie der Verfasser sehr wahrscheinlich zeiget, hat seine Erklärung nur von einem einzigen, in seiner Art zwar sehr vollkommenen, deswegen aber doch zu keinem allgemeinen Muster tauglichen Erempel abstrahiret, und überhaupt die Handlung der Aesopischen Fabel mit der Handlung der Epopee und des Drama viel zu sehr verwirrt. „Die Handlung der beyden leztern, sagt „er, muß x. [s. Band V, S. 421] damit erreichet 2c. Der Grund hievon liegt in den Leidenschaften welche jene erregen sollen, und auf deren Erregung diese ganz und gar keinen Anspruch macht. Diese und verschiedene andere Anmerkungen nimmt der Verfasser nunmehr zusammen, Lessing, sämmtl. Werke. VI.

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