Billeder på siden
PDF
ePub

hätten sie einen Dichter, und zwar einen deutschen Dichter, finden können; nehmlich den Herrn Heinrich Wilhelm von Logau und Altendorf, welcher 1737 ein Poetisches Vergnügen herausgab. Sie werden ihn auch ohne Zweifel gekannt, aber es nicht für anständig gehalten haben, neben einem so groffen Ahnen, poetischen Andenkens, einen Enkel zu nennen, der weiter nichts als ein Reimer ist.

Logau hatte Anfangs nur eine Sammlung von zweh hundert Sinngedichten herausgegeben, die, wie er selbst sagt, wohl aufgenommen worden. Die Herausgeber vermuthen nicht unwahrscheinlich, daß dieses im Jahr 1638 müsse geschehen seyn. Sechzehn Jahr endlich darauf, trat die vollständige Sammlung ans Licht, welche sie bey ihrer Ausgabe zum Grunde gelegt haben. Und nun sehen Sie; ihre Vermuthung ist eingetroffen. Sie haben sie nicht von Wort zu Wort abdrucken lassen; denn drey tausend fünfhundert und dreh und funfzig Sinngedichte können unmöglich alle gut, alle aufbehalten zu werden würdig seyn. Sie haben ihren Dichter auf sein Drittheil herabgesetzt, und hören Sie doch, was sie dabey anmerken! „das ist unter allen Nationen, sagen sie, immer ein „sehr vortrefflicher Dichter, von dessen Gedichten ein Drittheil gut ist.” — Der Ausspruch ist strenge; aber ich glaube doch, er ist wahr. Das ausgesuchte Drittheil haben sie alsdenn in zwölf Bücher vertheilet, die durch ein Paar dazu bequeme Sinngedichte zum Anfange und zum Schlusse, in ein scheinbares Ganze verbunden werden. Der Anfang des ersten z. E. ist folgender. [f. Band V, S. 125.]

Und der Schluß des zehnten: [f. S. 279.]

Nach dem Inhalte oder dem Tone der Sinngedichte, haben sie sich bey ihrer Abtheilung zwar nicht gerichtet; doch scheint es mir, als ob sie es bey dem einzigen sechsten Buche hätten thun wollen. In diesem nehmlich hat fast jedes Stück, eine gewiffe Feinheit, Naivität, Zärtlichkeit, ja nicht selten Schalkhaftigkeit; und Logau erscheint da ganz als unser deutscher Catull; wenn er nicht oft noch etwas besseres ist. Urtheilen Sie selbst.

Ursprung der Bienen. [f. Band V, S. 208.] Welch eine glückliche Fiction! Mit wie viel kleinen Bildern ausgezieret! In welch einer ungekünstelten, anständig tändelnden Sprache vorgetragen! Und auf welche ernsthafte Wahrheit angewandt! Hier sind noch einige aus diesem Buche.

Lessing, sämmtl. Werke. VI.

8

Rückkunft vom Freunde, Ankunft zur Freundin. [f. S. 203.] Auf die Pulchra. [S. 204.]

An einen Bräutigam. [S. 205.]

Ich will Ihnen unterdesssen nicht einbilden, daß alle beybehaltene Stücke von gleichem Werthe sind. Die Herren Herausgeber erkennen es selbst; aber genug, sagen sie, daß in dem unbeträchtlichsten noch stets „etwas zu finden seyn wird, warum es unsrer Wahl werth gewesen. „Ist es nicht allezeit- Wit, so ist es doch allezeit ein guter und groffer Sinn, ein poetisches Bild, ein starker Ausdruck, eine naive Wendung „und dergleichen." Und das muß man ihnen zugestehen! Der gute und grosse Sinn besonders, macht eine Menge von Logaus Sinngedichten, zu so vielen güldenen Sprüchen, die von allen Menschen ins Gedächtniß gefaßt zu werden verdienen.

Einfältiges Gebet. [f. Band V, S. 291.]

Freundschaft. [S. 278.]

Kurz, es ist nichts weniger, als eine Uebertreibung, wenn die Herausgeber sagen: „Es ist unwidersprechlich, daß wir in unserm Logau „allein, einen Martial, einen Catull, und Dionysius Cato be„fißen.

XXVI. Den 29. Junius. 1759.

Bier und vierzigster Brief.

Es war der blosse Logau, von welchem ich mich mit Ihnen in meinem vorigen Briefe unterhielt; und ich habe davon noch nichts erwähnt, wie sehr sich, auch ausser der guten Wahl, die Herren Herausgeber um ihn, und zugleich um alle Liebhaber der deutschen Sprache, verdient gemacht haben.

Sie sind nehmlich mit ihrem Dichter wie mit einem wirklichen alten. flaßischen Schriftsteller umgegangen, und haben sich die Mühe nicht verdriessen lassen, die kritischen Erythräi desselben zu werden. Ihren Anmerkungen über seine Sprache haben sie die Gestalt eines Wörterbuchs gegeben, und sie merken mit Grunde an, daß ähnliche Wörterbücher über alle unsere guten Schriftsteller der erste nähere Schritt zu einem „allgemeinen Wörterbuche unserer Sprache seyn würden.

Die Sprache des Logau, sagen sie, ist, überhaupt zu reden, 2c. [i. Band V, S. 337.]

Von der Sprachenmengerey, die zu seinen Zeiten schon stark eingeriffen war, zeigen sie, daß er völlig frey gewesen ist. Was er mit einem deutschen Worte ausdrücken konnte, das drückte er mit keinem lateinischen oder französischen aus; und er hat verschiedene aus andern Sprachen entlehnte Kunstwörter nicht unglücklich übersetzt. 3. E. Accentus durch Behlaut: Inventarium, durch Fundregister; Profil, durch Durchschnitt, und zwar nicht nur von Gebäuden, sondern auch von einem Gesichte, welches der Maler bloß von der Seite genommen hat; Anatocismus durch Wiederzins x. Doch war er hierinn kein übertriebener Purist; sondern er spottet vielmehr über die zuweitgehenden Neuerungen des Zefen, der damals zu gottfchedisiren anfing.

Es unterscheidet sich aber seine Sprache von derjenigen, welcher sich ißt unsere besten Schriftsteller bedienen, vornehmlich in zwey Stücken; in gewissen Wörtern und Fügungen nehmlich, die wir, es sey nun mit Recht oder mit Unrecht, haben veralten lassen, und in verschiedenen Eigenthümlichkeiten, die er aus der besondern Mundart seiner Provinz beybehalten hat. Von jenen sagen die Herren Herausgeber: „Wir haben alle sorgfältig gesammlet, zc. [f. Band V, S. 338.] Und über die Provinzialsprache ihres Dichters erklären sie sich folgender maaffen: „Die Schlefische Mundart x. [f. S. 339.].

Auf diese beyden Stücke haben sie also in ihrem Wörterbuche ihr vornehmstes Augenmerk gerichtet, von welchem ich Ihnen unmöglich anders einen nähern Begriff machen kann, als wenn ich einige Artikel daraus entlehne, und Sie von diesen auf die übrigen schlieffen laffe. Verschiedene allgemeine Anmerkungen, die in dem Wörterbuche selbst keine fügliche Stelle finden können, machen den Anfang. 3. E. Logau braucht sehr häufig das Beywort in dem ungewissen Geschlechte als ein Hauptwort. Er sagt:

Seither ist unser Frey in Dienstbarkeit verkehret.

Ein solches Klug,

Dafür ein keuscher Sinn Entset und Grauen trug.

Beh welchem freyes Wahr, der Freundschaft Seele wohnt. Für Freyheit, Klugheit, Wahrheit. Die Vortheile, welche dieser Gebrauch besonders einem Dichter verschaffen kann, find so groß, daß eine bescheidene Nachahmung wohl schwerlich zu mißbilligen wäre. Ich

sage aber mit Fleiß, eine bescheidene Nachahmung; denn ich fürchte mich schon im voraus vor den kleinen Affen, die dergleichen substantive Neutra mit einer Verschwendung brauchen dürften, daß wir die wahren Substantiva davon ganz und gar nicht zu haben scheinen könnten. Was ich aber unserer Nachahmung, oder vielmehr unserer uneingeschränktesten Aufnahme für noch weit würdiger halte, ist folgender Gebrauch der Endsylbe, ley. Logau sezt nehmlich diese Endsylbe, die wir ist nur bey den theilenden Zahlwörtern dulden wollen, auch zu fast allen Arten von Fürwörtern, und erlangt dadurch (wie man es nun nennen will) ein Nebenwort oder ein unabänderliches Beywort von befonderm Nachdrucke. 3. E.

Zu etwas Grossem noch wird Sordalus wohl werden,

Denn seinerley Geburt ist nicht gemein auf Erden.

Wie kurz und bequem ist dieses seinerley; und wie weitschweifig müssen wir ist dafür sagen; eine Geburt, wie seine war x. Und so wie er seinerley sagt, sagt er, und andere Alte, auch dieserley, meinerley, deinerley 2c.

Doch ich eile zu einigen Artickeln aus dem Wörterbuche selbst.

„Bieder; [f. Band V, S. 349.]

[ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][merged small][ocr errors][merged small]

Aber ich will aufhören, abzuschreiben. Ich weis gewiß, daß Sie den nun erst auferweckten Logou selbst vor die Hand nehmen, und studiren werden, sobald Ihnen ihre Umstände einen anhaltenden Fleiß wieder erlauben.

Ende des zweyten Theils.

Dritter Theil.

IV. Den 26. Julius. 1759.

Acht und vierzigster Brief.

Sie sollen befriediget werden! - Die grossen Lobsprüche, welche der nordische Aufseher in so manchen öffentlichen Blättern erhalten hat, haben auch meine Neugierde gereitet. Ich habe ihn gelesen; ob ich mir es gleich sonst fast zum Gesetze gemacht habe, unsere wöchentliche Moralisten ungelesen zu lassen.

Kopenhagen hat bereits an dem Fremden (einem Werke des feel. Hrn. Prof. Schlegels) eine dergleichen Schrift von sehr vorzüg= ́ lichem Werthe aufzuweisen. Und nun kann es leicht kommen, daß der nordische Aufseher ein allgemeines Vorurtheil für die deutschen Werke des Wizes, welche in Dänemark erscheinen, veranlaffen hilft. Und würde dieses Vorurtheil auch so ganz ohne Grund seyn? Wenn unsere besten Köpfe, ihr Glück nur einigermassen zu machen, sich expatriiren müssen; wenn

ich will hiervon abbrechen, ehe ich recht anfange; ich möchte sonst alles darüber vergessen; Sie möchten, anstatt eines Urtheils über eine schöne Schrift, Satyre über unsere Nation, und Spott über die elende Denkungsart unserer Groffen zu lesen bekommen. Und was würde es helfen?

Der nordische Aufseher hat mit dem fünften Jenner des Jahres 1758. angefangen, und hat sich in der Fortsetzung weder an einen gewissen Tag noch an eine gewisse Länge der einzeln Stücke gebunden. Diese

1

« ForrigeFortsæt »